Kitabı oku: «Juristische Methodenlehre», sayfa 6

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1. Teil Einführung › D. Rechtsanwendung

D. Rechtsanwendung

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Ist die von ihrer Rechtsfolgenseite her im konkreten Fall scheinbar „passende“ Vorschrift nach dem Vorstehenden wirksam und anwendbar, so ist nunmehr zu prüfen, ob diese auch tatsächlich einschlägig ist, d.h. der gegebene Sachverhalt wirklich von ihrem Tatbestand erfasst wird.[1] Die zur Beantwortung dieser Frage erforderliche Anwendung des Rechts auf einen Fall (Rechtsanwendung[2]) vollzieht sich im Wesentlichen in den nachfolgenden Schritten.[3] Die danach zwingend gebotene Gesetzesanbindung darf keinesfalls etwa gegen eine bloße Wertung anhand der subjektiven Wertvorstellungen des jeweiligen „Rechtsanwenders“ ausgetauscht werden.[4]

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1. Welche Tatbestandsmerkmale (Voraussetzungen; Rn. 80, 83 ff.) müssen nach der betreffenden Rechtsnorm erfüllt sein, damit die in dieser enthaltene Rechtsfolge (Rn. 81, 94 ff.) zur Anwendung gelangt?
2. Was genau bedeutet jedes einzelne dieser jeweils abstrakt-generell formulierten Merkmale (Definition bzw. Gesetzesauslegung; Rn. 120 ff.)?

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3. Wird der konkret-individuelle Sachverhalt vom Tatbestand der auf diese Weise zu interpretierenden Rechtsnorm erfasst, d.h. fällt Ersterer unter Letzteren (sog. Subsumtion)?
4.

„Das gedankliche Verfahren, durch das konkrete Rechtsfolgen aus der abstrakten Norm hergeleitet werden, ist die Subsumtion.“[6] Logisch wird die Subsumtion, die sich im Gutachtenstil (Rn. 276) widerspiegelt, in Form eines Syllogismus vollzogen, wobei der vierschrittige juristische Syllogismus bzw. Justizsyllogismus vom dreischrittigen Syllogismus im Sinne der klassischen Logik[7] abweicht.[8]

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Beispiel[9]

Bevor Z im „Cocktailbar-Fall“ (Rn. 2) dem A dessen Portemonnaie gewaltsam entriss, hatte Z einen der Bleistiftstriche, mit denen Kellner K die Anzahl der von Z bestellten Cocktails auf einem Pappdeckel vermerkt hatte, ausradiert, um später weniger zahlen zu müssen. Hat sich Z hierdurch wegen Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 Var. 2 StGB strafbar gemacht?


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Zusammenfassung

Maßstab für die Beantwortung juristischer Fragestellungen ist das „Recht“, welches in der bundesdeutschen Rechtsordnung überwiegend aus dem geschriebenen Gesetzesrecht besteht. Dieses wiederum lässt sich unterteilen in Gesetze im formellen Sinn (Parlamentsgesetze) und Gesetze im materiellen Sinn (von einem Hoheitsträger erlassene abstrakt-generelle Regelungen). Darüber hinaus existieren außerhalb des nationalen Rechts mit dem Völkerrecht und v.a. dem primären (z.B. AEUV, EUV) sowie sekundären EU-Recht (z.B. Verordnungen, Richtlinien) weitere Rechtsquellen. Die Bedeutung des Gewohnheitsrechts ist demgegenüber gering.

Die vorgenannten Rechtsquellen stehen in einem hierarchischen Verhältnis zueinander (siehe das Schaubild in Rn. 49). Widerspricht eine hiernach rangniedere Rechtsnorm einer ranghöheren, so ist Erstere nach dem lex superior-Grundsatz nichtig (Geltungsvorrang) bzw. bei Verstoß einer Vorschrift des nationalen Rechts gegen das EU-Recht unanwendbar (Anwendungsvorrang). Verletzt ein nachkonstitutionelles Gesetz im formellen Sinn das Grundgesetz, so ist die Nichtigerklärung dem BVerfG vorbehalten (Verwerfungsmonopol, Art. 100 Abs. 1 GG). Konkurrieren zwei Rechtsnormen derselben Hierarchiestufe miteinander, so verdrängt die spezielle Vorschrift die allgemeine (lex specialis-Grundsatz) und die die jüngere die ältere (lex posterior-Grundsatz).

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Anmerkungen

[1]

Vgl. Wank, Auslegung, S. 5 f. Zu den Folgen, wenn im konkreten Fall kein Rechtssatz einschlägig ist, siehe Rn. 226 ff.

[2]

Zur insoweit uneinheitlichen Terminologie („Rechtsfindung“, „Rechtserkenntnis“, „Rechtsgewinnung“) siehe die Nachweise bei Vogel, Methodik, S. 95, der selbst neutral vom „Umgang mit dem Recht“ spricht.

[3]

Vgl. Bitter/Rauhut, JuS 2009, S. 289 (296); Horn, Einführung in die Rechtswissenschaft und Rechtsphilosophie, 6. Aufl. 2016, Rn. 163 f., 167; Vahle, DVP 2012, S. 2 (7 f.). Zum Folgenden vgl. Muthorst, Grundlagen, § 6 Rn. 9, 12; ders., JA 2013, S. 721 (722).

[4]

Staake, Jura 2011, S. 177 (183); ders., Jura 2018, S. 661 (673). Demgegenüber handele es sich BVerfGE 34, 269 (287) zufolge speziell bei der Verfassungsanwendung um einen „Akt des bewertenden Erkennens, dem auch willenhafte Elemente nicht fehlen“ (Hervor. d.d. Verf.).

[5]

Zum Ganzen siehe Rüthers, JuS 2011, S. 865 (867).

[6]

Schmalz, Methodenlehre, Rn. 12. Nach Vogel, Methodik, S. 174 seien „Syllogismus und Subsumtion […] zwingende Struktur (Logik) der Darstellung von Rechtsanwendung“.

[7]

Dazu siehe Putzke, ZJS 2014, S. 83 (mit Fn. 1): „Alle Menschen sind sterblich (= Obersatz). Alle Könige sind Menschen (= Untersatz). Deshalb sind alle Könige sterblich (= Konklusion).“

[8]

Vgl. Bäcker, JuS 2019, S. 321 (321 f.) m.w.N.; Muthorst, Grundlagen, § 6 Rn. 22. Vgl. auch Vahle, DVP 2012, S. 2 (8) und Vogel, Methodik, S. 173, wonach die Rechtsnorm den Obersatz und der Sachverhalt den Untersatz (seinerseits binnengegliedert in die „Entfaltung des Tatbestandes“ und die eigentliche Sachverhaltsprüfung) bildet, die beide im Schlusssatz miteinander verbunden werden. Ferner siehe Staake, Jura 2018, S. 661 (665).

[9]

Nach RG, DStrZ 1916, S. 77; Wank, Auslegung, S. 45. Siehe auch den Übungsfall in Rn. 283 f.

2. Teil Handhabung des Gesetzes

2. Teil Handhabung des Gesetzes

Inhaltsverzeichnis

A. Struktur von Rechtsnormen

B. Gesetzesauslegung

2. Teil Handhabung des Gesetzes › A. Struktur von Rechtsnormen

A. Struktur von Rechtsnormen

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Der sich aus einer Rechtsnorm typischerweise ergebende Verhaltensbefehl (Imperativ[1], z.B. eine Verhaltens- bzw. Unterlassungspflicht[2] in Gestalt eines Ge- bzw. Verbots als Grundformen des „Sollens“ [Rn. 6]) für den Bürger und Entscheidungsmaßstab für Behörden und Gerichte gilt i.d.R.[3] nicht ohne Weiteres, sondern nur bedingt (konditional); d.h. er ist an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen geknüpft, sog. „Regel“[4] i.S.e. „Wenn-Dann-Schemas (z.B. hat die zuständige Behörde die Rechtsfolge „Untersagung der Gewerbeausübung“ gem. § 35 Abs. 1 GewO nur dann auszusprechen, wenn die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen erfüllt sind):[5] „,Wenn der Tatbestand (T) erfüllt ist, dann soll die Rechtsfolge (R) eingreifen‚ – oder kürzer: ,T→R‘.“[6]

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Die Summe der abstrakt-generellen Voraussetzungen, unter denen die in einer Vorschrift enthaltene Rechtsfolge eintritt, nennt man „Tatbestand“ („Rechtsfolgenvoraussetzungen“[7]), jede einzelne dieser Voraussetzungen „Tatbestandsmerkmal“.[8]

81

Rechtsfolge“ einer Vorschrift ist die in dieser abstrakt-generell umschriebene rechtliche Konsequenz („was […] geschehen soll oder sein soll“[9]), die eintritt, wenn der Tatbestand der Rechtsnorm verwirklicht ist.[10]

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2. Teil Handhabung des Gesetzes › A. Struktur von Rechtsnormen › I. Tatbestand

I. Tatbestand

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Da nach diesem sog. „Konditionalprogramm“[11] die in der betreffenden Vorschrift abstrakt-generell angeordnete Rechtsfolge im konkreten Fall immer und nur dann eintritt, wenn in diesem sämtliche normativen Voraussetzungen hierfür vorliegen, ist die Tatbestandsseite eines Rechtssatzes vor dessen Rechtsfolgenseite zu prüfen.[12] Diese Prüfung wiederum beginnt mit der Aufbereitung des Tatbestands der jeweiligen Rechtsnorm, d.h. diese muss in ihre einzelnen (Tatbestands-)Merkmale zerlegt und müssen diese sodann in eine zweckmäßige Reihenfolge gebracht werden (z.B. objektive Merkmale i.d.R. vor subjektive Merkmale, vgl. Rn. 88).[13]

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Hinweis

Von den hier behandelten sog. Klassenbegriffen (z.B. „Verwaltungsakt“), die jeweils durch eine feststehende Anzahl von Eigenschaften definiert sind (siehe z.B. § 35 S. 1 VwVfG[14]), werden nach umstrittener Auffassung die sog. Typusbegriffe unterschieden (z.B. „Arbeitnehmer“).[15] Während bei Ersteren das Nichtvorliegen auch nur eines Merkmals zwingend dazu führt, dass der konkrete Sachverhalt nicht unter den betreffenden Begriff subsumiert werden kann („Entweder-Oder“[16]), soll es bei Letzteren gerade nicht darauf ankommen, ob die zur Kennzeichnung des jeweiligen Typus herausgearbeiteten Merkmale „1:1“ erfüllt sind.[17] Vielmehr bilden diese ein „elastisches Merkmalsgefüge“[18] i.d.S., als dass der betreffende Typusbegriff auch dann noch erfüllt sein kann, wenn einzelne seiner Elemente im konkreten Fall zwar nur in abgewandelter Form oder gar überhaupt nicht vorhanden sind, andere hingegen in entsprechend stärkerer Ausprägung vorliegen („Merkmalsflexibilität“[19]). Maßgeblich ist letztlich eine wertende Gesamtbetrachtung („Merkmalsgefüge“ anstatt einer „bloße[n] Summe von Merkmalen“[20]).[21] Im Ergebnis führt dies dazu, dass außerhalb der eindeutigen Schwerpunkte eines Typus dessen Ränder nach Art der Fuzzy-Logik[22] unscharf konturiert sind („Mehr-oder-Weniger“[23]).[24] Um zu entscheiden, wo jeweils die Grenze liegt, bis zu der eine Zuordnung zum betreffenden Typus noch möglich ist, wird die der Fallvergleichung (Rn. 123) ähnliche Bildung von Typenreihen vorgeschlagen.[25]

Zusammenfassend hat das BVerfG hierzu erkannt: „Zur Feststellung der Merkmale, die den betreffenden Typus kennzeichnen, ist auf den jeweiligen Normal- oder Durchschnittsfall abzustellen; Merkmale, die sich als bloße Einzelfallerscheinungen darstellen, sind bei der Typusbildung auszuscheiden. Es ist zudem nicht erforderlich, dass stets sämtliche den Typus kennzeichnende Merkmale vorliegen. Diese können vielmehr in unterschiedlichem Maße und verschiedener Intensität gegeben sein; je für sich genommen haben sie nur die Bedeutung von Anzeichen oder Indizien. Maßgeblich ist das durch eine wertende Betrachtung gewonnene Gesamtbild.“[26]

85

Abhängig von der Formulierung der jeweiligen Rechtsnorm kann die Aufbereitung ihres Tatbestands mit mehr oder weniger großen Schwierigkeiten verbunden sein. Während sich etwa § 105 Abs. 1 BGB („Die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen ist nichtig“) insoweit als unproblematisch erweist (Tatbestand: „Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen“; Rechtsfolge: „nichtig“) und in Bezug beispielsweise auf § 104 Nr. 1 BGB, an dessen Anfang die Rechtsfolge steht („geschäftsunfähig ist“) und erst im Anschluss daran die tatbestandlichen Voraussetzungen genannt werden („wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat“), eine schlichte Umstellung genügt, erfordern andere Vorschriften eine Umformulierung, um die „Wenn-Dann“-Struktur sichtbar zu machen (z.B. § 985: „Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen“ → Tatbestand: „Wenn jemand Eigentümer einer Sache und ein anderer deren Besitzer ist“; Rechtsfolge: „Dann kann der Eigentümer vom Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen“).[27] Ebenso ist vorzugehen, sofern Rechtssätze indikativisch formuliert sind (z.B. § 211 Abs. 1 StGB: „Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft“). Denn weil der Gesetzgeber auch mit derartigen Vorschriften nicht etwa eine tatsächliche Situation lediglich beschreiben will (was im Beispiel denn wohl auch unzutreffend wäre, wird doch nicht jeder Mord aufgeklärt und der Täter anschließend bestraft), sondern vielmehr ein bestimmtes Verhalten anordnet (z.B. nicht zu morden), muss auch insofern die Befehlsform sowie der Bedingungszusammenhang zwischen Tatbestand und Rechtsfolge zunächst herausgearbeitet werden.[28]

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Dabei lassen sich Tatbestands- und Rechtsfolgenseite einer Rechtsnorm freilich nicht stets leicht unterscheiden (z.B. „Schaden“ in § 823 Abs. 1 BGB) und kann diese zusätzlich zu den ausdrücklich in ihr genannten Voraussetzungen noch weitere ungeschriebene[29] (z.B. die haftungsbegründende Kausalität in § 823 Abs. 1 BGB) und/oder sich erst aus anderen Vorschriften ergebende Tatbestandsmerkmale aufweisen.[30] In einem solchen Fall ist der Tatbestand des betreffenden Rechtssatzes (sog. „Grund-“ bzw. „Kerntatbestand“) also unvollständig und bedarf der Komplettierung durch andere sog. „Ergänzungsnormen“ (so folgt z.B. erst aus § 15 StGB, dass nach § 303 Abs. 1 StGB nur die vorsätzliche Sachbeschädigung strafbar ist).[31] Diese für den Rechtsanwender scheinbar komplizierte Gesetzgebungstechnik („Baukastenprinzip“[32]) hat den Vorteil einer Systematisierung der Rechtsordnung und die Vermeidung von Wiederholungen für sich (z.B. „vor-die-Klammer-ziehen“ allgemeiner Bestimmungen im „Allgemeinen Teil“ eines Gesetzes wie etwa dem BGB).[33] Die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Arten von Rechtsnormen (Rn. 94, 98, 100 ff.) dient der Ordnung dieses Gefüges.[34]

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Inhaltlich sind Tatbestandsmerkmale nicht darauf beschränkt, diejenigen Voraussetzungen zu benennen, die „positiv“ erfüllt sein müssen (z.B. § 433 Abs. 1 S. 1 BGB: Vorliegen eines „Kaufvertrags“), damit eine bestimmte Rechtsfolge eintritt (z.B. Pflicht des Verkäufers zur Übergabe und Eigentumsverschaffung). Vielmehr gibt es auch sog. „negativeTatbestandsmerkmale, die verlangen, dass ein bestimmter Umstand gerade nicht vorliegt (z.B. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB: „ohne rechtlichen Grund“).[35]

Miteinander verknüpft sein können die regelmäßig mehreren (positiven/negativen) Merkmale eines Tatbestands zum einen kumulativ („und“; z.B. Art. 8 Abs. 1 GG: „friedlich und ohne Waffen“); dann tritt die Rechtsfolge der betreffenden Vorschrift nur ein, wenn im konkreten Fall alle Tatbestandsmerkmale gleichzeitig erfüllt sind bzw. führt bereits das Nichtvorliegen auch nur eines Tatbestandsmerkmals dazu, dass die Rechtsfolge der betreffenden Rechtsnorm nicht eingreift. Zum anderen gibt es aber ebenfalls solche Tatbestandsmerkmale, die zueinander im Verhältnis der Alternativität stehen („oder“; z.B. § 223 Abs. 1 StGB: „körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt“). Insofern reicht es für den Eintritt der jeweiligen Rechtsfolge aus, wenn nur eines von ihnen erfüllt ist. Ein Beispiel für eine Kombination von „Und-“ mit „Oder-Verknüpfungen“ von Tatbestandsmerkmalen findet sich in § 39 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG, wonach es einer Begründung eines Verwaltungsakts nicht bedarf, „soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift.“[36]

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Beispiel[37]

Im „Restaurant-Fall“ (Rn. 2) hat I dann gem. § 823 Abs. 1 BGB einen Anspruch gegen A auf Zahlung von 500 € (= Rechtsfolge), wenn die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen (= Tatbestandsmerkmale) erfüllt sind.

§ 823 Abs. 1 BGB lautet: „Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.“


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Um zu ermitteln, ob die von A („wer“) umgestoßene Designerlampe im „Eigentum“ des I („eines anderen“) stand, was der (Grund-)Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB voraussetzt, sind hier die §§ 929 ff. BGB heranzuziehen, welche insoweit als Hilfsnormen (Rn. 100 ff.) fungieren. Entsprechendes gilt hinsichtlich der weiteren Merkmale „widerrechtlich“ (siehe z.B. §§ 227 ff., 904 BGB) und „fahrlässig“ (siehe § 276 Abs. 2 BGB) sowie schließlich auch bzgl. der Rechtsfolge „Schadensersatz“ (siehe §§ 249 ff. BGB).

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Diese je nach der vom Gesetzgeber gewählten Formulierung von unterschiedlichem Präzisionsgrad gekennzeichneten – (nach Zahl, Maß oder Gewicht) bestimmten (z.B. § 56 BGB: „sieben“) oder unbestimmten (z.B. § 14 Abs. 1 OBG NRW: „öffentliche […] Ordnung“) – Tatbestandsmerkmale[38] lassen sich ihrer Art nach wie folgt unterscheiden:[39]

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Zum Teil knüpft der Tatbestand einer Rechtsnorm an einen sinnlich wahrnehmbaren oder erfahrbaren (objektiven) Umstand an, sog. äußere Tatsache (z.B. § 823 Abs. 1 BGB: „Körper“);

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demgegenüber gehören innere (subjektive) Tatsachen dem psychisch-seelischen Bereich des Handelnden an (z.B. § 15 StGB: „vorsätzliches Handeln“);

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deskriptive Tatbestandsmerkmale beschreiben Gegenstände, Eigenschaften sowie Zustände aus der Lebenswirklichkeit und können daher i.d.R. ohne Weiteres angewendet werden (z.B. Art. 38 Abs. 2 GG: „achtzehntes Lebensjahr“; § 823 Abs. 1 BGB: „Körper“);

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2. Teil Handhabung des Gesetzes › A. Struktur von Rechtsnormen › II. Rechtsfolge

II. Rechtsfolge

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Ebenso wie auf der Tatbestandsseite der Fall, wo zum Teil sämtliche Bedingungen für den Eintritt der betreffenden Rechtsfolge vollständig in einer Rechtsnorm benannt werden, diese mitunter aber auch noch aus anderen Vorschriften folgen,[41] sind diese ebenfalls auf ihrer Rechtsfolgenseite nur teilweise i.d.S. vollständig (leges perfecta), dass sich aus ihnen unmittelbar die Antwort auf die jeweilige Fallfrage ergibt (z.B. Anspruchsgrundlagen wie § 433 Abs. 1 BGB, Straftatbestände wie § 212 Abs. 1 StGB und Ermächtigungsgrundlagen wie § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG).[42] Innerhalb der Gruppe dieser sog. Antwortnormen lässt sich weiter differenzieren zwischen einerseits Verhaltens- bzw. Primärnormen, aus denen sich selbstständige Rechte und Pflichten ergeben (z.B. Leistungspflicht, vgl. § 241 Abs. 1 BGB), und andererseits Sanktions- bzw. Sekundärnormen, welche die Rechtsfolgen bei Verstößen gegen Primärnormen regeln (z.B. Schadensersatzpflicht nach § 280 Abs. 1 BGB).[43]

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Doch auch sofern sich eine Vorschrift im vorstehenden Sinn als vollständig erweisen sollte, hat die Verwirklichung ihres Tatbestands nur dann ohne Weiteres den Eintritt der in ihr vorgesehenen Rechtsfolge zur Konsequenz, wenn beide darin zwingend (i.S.v. „muss“) miteinander verknüpft sind, sog. gebundene Entscheidung (Signalwort v.a. „ist“; z.B. § 28 Abs. 1 VwVfG: „Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu […] äußern“).[44]

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Demgegenüber existieren gerade – aber nicht nur (siehe z.B. § 315 Abs. 1 BGB) – im Öffentlichen Recht zahlreiche Vorschriften, nach denen bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Normanwender über Ermessen dahingehend verfügt, aus dem gesetzlich jeweils vorgegebenen Kreis möglicher Rechtsfolgen eine bestimmte auszuwählen (Signalwort v.a. „kann“; z.B. § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG: „Ein […] Verwaltungsakt kann […] zurückgenommen werden […]“). Sofern das Gesetz insoweit keine Einschränkungen macht, bezieht sich dieses Ermessen sowohl auf die Frage, „ob“ im konkreten Fall überhaupt eine dieser Rechtsfolgen gesetzt wird oder nicht (sog. Entschließungsermessen) und bejahendenfalls, „wie“ genau diese Rechtsfolge im Einzelnen ausgestaltet ist (sog. Auswahlermessen). Dabei ist jedwede Ermessensausübung im grundgesetzlichen Rechtsstaat nicht etwa „frei“ i.S.v. „beliebig“ bzw. „willkürlich“, sondern unterliegt bestimmten gesetzlichen Vorgaben (z.B. § 40 VwVfG), auf deren Einhaltung sie gerichtlich überprüft werden kann, siehe z.B. § 114 S. 1 VwGO. Nur dann, wenn hiernach bis auf eine sämtliche der nach der jeweiligen Ermessensvorschrift abstrakt in Betracht kommenden Verhaltensvarianten im konkreten Fall ermessensfehlerhaft wären, ist in diesem das Ermessen auf die eine ermessensfehlerfreie Entscheidung reduziert, welche dann in Ermangelung einer rechtmäßigen Alternative getroffen werden muss, sog. Ermessensreduzierung auf Null.[45]

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Mitunter wirkt die von einer Rechtsnorm ausgesprochene Rechtsfolge allerdings nicht unmittelbar auf ein Lebensverhältnis ein, sondern steht dem Eintritt der von einer Antwortnorm grundsätzlich angeordneten Rechtsfolge entgegen (sog. Gegennormen[46]; z.B. die rechtshindernden, -vernichtenden und -hemmenden Einwendungen bzw. Einreden der §§ 134, 362 Abs. 1 bzw. 214 Abs. 1 BGB sowie die Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe der §§ 32, 34 bzw. 33, 35 StGB) oder hilft bei der Anwendung einer anderen Rechtsnorm, sog. unvollständiger Rechtssatz (lex imperfecta).[47]

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Hinweis

Namentlich im Zivilprozess ist die Unterscheidung zwischen Antwort- und Gegennormen von großer Bedeutung: Denn nach der sog. Normbegünstigungstheorie trägt der Anspruchsteller „nur“ die Beweislast für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der anspruchsbegründenden (Antwort-)Norm. Demgegenüber obliegt es dem Anspruchsgegner zu beweisen, dass der Tatbestand einer Gegennorm erfüllt ist, so dass der ihm gegenüber geltend gemachte Anspruch nicht entstanden, wieder vernichtet oder aber zumindest nicht durchsetzbar ist.[48]

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Zur letztgenannten Gruppe der sog. Hilfsnormen zählen

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Hinweis

Legaldefinitionen sind entweder in einer separaten Vorschrift enthalten, die einen ganzen Katalog von gesetzlichen Begriffsbestimmungen enthält (z.B. § 11 Abs. 1 StGB: „Im Sinne dieses Gesetzes ist […]“), oder aber über das jeweilige Gesetz verstreut (siehe z.B. § 13 BGB: „Verbraucher ist […]“), wobei der Gesetzgeber sich dann nicht selten der sog. „Klammertechnik“ bedient (z.B. § 48 Abs. 1 S. 2 VwVfG: „Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt) […].“).[50]

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Beispiel[51]

Im „Restaurant-Fall“ (Rn. 2) ist A dem I u.a. nur dann nach § 823 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er dessen Eigentum „vorsätzlich oder fahrlässig“ verletzt hat. Was dabei unter dem Begriff „fahrlässig“ zu verstehen ist, ergibt sich aus der Legaldefinition des § 276 Abs. 2 BGB: „Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.“

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Beispiel[56]

Im „Eckkneipen-Fall“ (Rn. 2) wurde A die nach § 2 Abs. 1 S. 1 GastG notwendige Gaststättenerlaubnis ursprünglich erteilt, obwohl er bereits zu diesem Zeitpunkt trunksüchtig gewesen ist. Als die zuständige Behörde hiervon nunmehr erfährt, beabsichtigt sie, die Erlaubnis wegen „Unzuverlässigkeit“ des A nach § 15 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG zurückzunehmen. Ist A „unzuverlässig“?

„Unzuverlässig“ ist ein Gewerbetreibender nach einhelliger Auffassung dann, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe zukünftig ordnungsgemäß betreibt. Welche Fälle im Allgemeinen genau hiervon erfasst werden, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Denn § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG enthält eine beispielhafte Aufzählung von Umständen, bei denen die erforderliche Zuverlässigkeit stets fehlt („insbesondere“). Einer von diesen („dem Trunke ergeben“) ist in Bezug auf den trunksüchtigen A gegeben, so dass die ihm zunächst erteilte Erlaubnis wegen „Unzuverlässigkeit“ nach § 15 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG zurückgenommen werden muss.

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