Kitabı oku: «Roter Mond», sayfa 5

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Das zweigeteilte weibliche Wesen

In vielen Geschichten werden Frauen auf zwei verschiedene Weisen dargestellt: entweder als positiver Aspekt in der Gestalt der keuschen Jungfrau oder guten Mutter oder als negativer Aspekt in Gestalt der hässlichen, zerstörerischen Hexe oder schönen und bösen Zauberin. Die ursprüngliche Bedeutung der Geschichte wird dabei oft durch das Einfließen der weiblichen Rolle in einer von Männern beherrschten Gesellschaft bis zur Unkenntlichkeit verzerrt. Der dunklere Aspekt der Frau wird als zerstörerisch geschildert, fungiert aber in vielen Fällen als Initiator eines neuen Lebens- oder Bewusstseinsstadiums. Die Geschichten von »Lady Ragnell« aus dem Umkreis der Artuslegenden oder von »Schneewittchen« und »Dornröschen« sind hierfür Beispiele. Sie können tatsächlich auch als Mythos des Menstruellen gelesen werden, das heißt als Lehrgeschichten über die Erfahrungen des menstruellen Zyklus und des Überganges vom Mädchendasein zum Frausein.

Die Geschichte von »Lady Ragnell« beginnt damit, dass König Artus von einem geheimnisvollen dunklen Ritter herausgefordert und im Zweikampf besiegt wird. Doch anstatt ihn zu töten, gibt der dunkle Ritter ihm ein Rätsel auf, das Artus binnen dreier Tage (in anderen Versionen binnen eines Jahres, A. d. Ü.) lösen muss, andernfalls verliert er sein Leben und sein Land. Die Rätselfrage lautet: »Was ist es, wonach Frauen am allermeisten verlangen?« Auf dem Weg zurück nach Camelot spricht Artus jede Frau an, derer er ansichtig wird, um ihr diese Frage zu stellen. Doch leider bekommt er ebenso viele Antworten wie er Frauen fragt. Schließlich stößt Artus auf ein grässlich unförmiges und hässliches altes Weib in einem Eichenhain, das behauptet, das Rätsel lösen zu können, was es aber nur tut, wenn Artus ihm einen Wunsch erfüllt. In seiner Verzweiflung willigt dieser in den Handel ein und erhält die Lösung des Rätsels, was ihm sein Leben und Reich rettet. Doch zu seinem Entsetzen muss er erfahren, dass die alte Vettel als Preis dafür einen von Artus Rittern heiraten will.

Artus nimmt die schreckliche Frau mit an seinen Hof und stellt ohne Überraschung fest, dass alle seine Ritter nur Entsetzen und Abscheu bei ihrem Anblick empfinden und der Gedanke an eine Eheschließung mit einem so grässlichen Weib mehr ist, als sie ertragen können. Nur der galante Ritter Gawain erbietet sich schließlich, die Aufgabe zu übernehmen, und zum Erstaunen des ganzen Hofes heiratet er sie in aller Feierlichkeit.

Als Gawain in der Hochzeitsnacht schließlich diese grässliche alte Frau zum Hochzeitsbett führt, verwandelt sie sich plötzlich in eine junge und wunderschöne Dame. Sie erklärt ihm, dass sie unter einem Zauberbann steht, und dass Gawain durch die Hochzeit mit ihr schon die Hälfte dieses Banns aufgehoben hat und sie nun völlig erlösen kann, wenn er ihr eine Frage richtig beantwortet. Die Dame stellt dann folgende Frage: »Möchtest du lieber, dass ich am Tag oder in der Nacht schön bin?« Gawain ist nicht in der Lage eine Entscheidung zu treffen. Wenn sie in der Nacht schön ist, wird sie eine akzeptable und begehrenswerte Geliebte sein. Ist sie am Tag schön, werden ihn alle beneiden, und er wird bei Hof an Status gewinnen. In seiner Verzweiflung erklärt er ihr, dass sie selbst entscheiden muss. Und das ist natürlich die richtige Antwort auf die ihm gestellte Frage. Im Moment, da er ihr selbst die Wahl überlässt, ist der Bann gebrochen, und seine Frau bleibt schön bei Nacht und Tag.

Die Antwort auf die an Artus gestellte Rätselfrage und auf die Frage an Gawain lautet in beiden Fällen gleich. Eine Frau muss ihrer eigenen Natur treu bleiben, oder in den Worten Artus ausgedrückt, die er schließlich dem Schwarzen Ritter übermittelt: »Wonach eine Frau am allermeisten verlangt, ist ihr Recht, ihren eigenen Willen auszuüben.« Eine Frau verlangt es am allermeisten danach, als sie selbst akzeptiert zu werden. Eine männlich orientierte Gesellschaft hat die Tendenz, Frauen in ein vom linearen Denken geprägtes, klischeehaftes Bild zu zwängen, und ignoriert deren zyklische Natur. Da ihr die Wahl zwischen den beiden Polen ihres Wesens überlassen blieb, konnte sich Lady Ragnell ihre gesamten Aspekte aneignen und zu einer schönen, ausgeglichenen Frau werden. Achten Sie darauf, dass dies in beiden Fällen den Männern zu Bewusstsein gebracht werden musste. In unserer westlichen Gesellschaft darf eine Frau nur selten ihrem Wesen treu sein – oft muss sie den Männern dieses Rätsel aufgeben, um in ihnen ein entsprechendes Verständnis zu erwecken.

Im Märchen »Schneewittchen« tritt der dunklere weibliche Aspekt in der Gestalt der bösen Stiefmutter in Erscheinung, während Schneewittchen selbst die lichte Jungfrau- oder Mädchengestalt darstellt. In der ursprünglichen Version der Geschichte ist die böse Stiefmutter oder Königin eine reife, schöne, erfahrene Frau, die die magischen Kräfte des Frauseins vollkommen beherrscht. In der Verkleidung einer alten Frau bietet sie Schneewittchen einen auf seiner roten Seite vergifteten Apfel an – die Farbe ist hier von großer Bedeutung. Die Königin übernimmt die Rolle der Initiatorin; sie vernichtet das junge Mädchen und bietet ihr durch den roten Apfel die Kräfte der Menstruation an.

Nachdem Schneewittchen in den Apfel gebissen hat – und nun für tot gehalten wird –, legt man sie in einen gläsernen Sarg, der von drei Vögeln aufgesucht wird; einer Eule, einem Raben und einer Taube. Die Eule wird schon seit alters mit dem Tod, der Weisheit des Unterbewussten und mit Selbstverwirklichung in Verbindung gebracht. Der Rabe ist ebenfalls ein Todesvogel, und die Taube symbolisiert Erleuchtung.

Schneewittchen wird später von einem Prinzen »erweckt«, der sie zu seiner Frau und Königin macht. Sie ist nun nicht mehr ein jungfräuliches Mädchen, sondern eine durch ihre Menstruation zu ihrer Sexualität und ihren schöpferischen Energien vollständig erwachte Frau. So kann die gesamte Geschichte als eine Allegorie der Initiation ins Erwachsenenleben, in die Sexualität und letztlich in die Lebensphase der Mutter verstanden werden.


Interessant hierbei ist auch, dass zu Beginn der Geschichte Schneewittchens Mutter nähend an einem Fenster mit einem Rahmen aus Ebenholz sitzt. Und während sie auf die fallenden Schneeflocken hinausblickt, sticht sie sich mit der Nadel in den Finger und ein Blutstropfen fällt in den Schnee. Dieser Blutstropfen im Schnee sieht so wunderschön aus, dass sie sich ein Mädchen wünscht, so weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarz wie Ebenholz. Bald darauf bringt sie eine Tochter zur Welt, deren Haut weiß wie Schnee ist, deren Lippen rot sind wie Blut und deren Haar schwarz ist wie Ebenholz. Diesen Farben kommt eine wichtige Bedeutung zu, denn es sind die Farben der Aspekte der dreifaltigen Göttin im Leben einer Frau.

In »Schneewittchen« treten alle drei Aspekte der dreifaltigen Göttin sowie auch der vierte Aspekt der Zauberin in Erscheinung. Schneewittchen steht zunächst für den Aspekt der Mädchengestalt, während ihre echte Mutter den mütterlichen Bereich repräsentiert. Die böse Stiefmutter übernimmt zwei Rollen: Erst spielt sie die Rolle der schönen Zauberin und dann, als alte Apfelverkäuferin verkleidet, die Rolle der weisen Alten.

»Dornröschen« können wir ebenfalls als mit der Thematik des Menstruellen verbunden ansehen. In dieser Geschichte versucht der Vater und König seine Tochter am Erwachsen- und Frauwerden zu hindern. Nach der Geburt seiner Tochter lädt er die weisen Frauen seines Landes ein, dieses Ereignis zu feiern. Leider hat er nur zwölf goldene Teller, und es gibt dreizehn weise Frauen. Deshalb versäumt er es, die am wenigsten attraktive und hässlichste dieser Frauen einzuladen. Während des Festes tritt nun jede weise Frau an die Wiege des Kindes und macht ihm ein Geschenk, das ihm in seinem Leben nützlich sein wird. Und noch während die zwölfte weise Frau an der Wiege des Kindes steht, stürmt die dreizehnte, uneingeladene in die Halle des Königshofes und prophezeit, dass sich das Kind, wenn es fünfzehn Jahre alt ist, an einer Spindel in den Finger stechen und sterben wird. Die zwölfte weise Frau hat zwar nicht die Macht, diese Prophezeiung auszulöschen, kann sie aber mildern, indem sie mit ihrem Wunsch das Kind nicht sterben, sondern in einen hundertjährigen Schlaf fallen lässt.

Die dreizehnte weise Frau steht für das Mondjahr, und indem der König die Dreizehnte auslässt, greift er in den Rhythmus der Natur ein und hindert sie an der Vollendung ihres Zyklus. Wie die uneingeladene Frau prophezeit, ist die unvermeidliche Strafe dafür der Tod, das Ende des Wachstums.

Im hoffnungslosen Versuch, dieser Prophezeiung zu entkommen, verbannt der König alle Spindeln aus seinem Reich – glaubt er doch, so seine Tochter in Sicherheit bringen zu können. Die Spindel ist ein Symbol für die zyklischen Rhythmen des Universums und die spiralförmige Kontinuität des Lebensfadens. Durch die Verbannung aller Spindeln versucht der König wiederum, dem natürlichen Verlauf des Lebens Einhalt zu gebieten und zu verhindern, dass die Menstruation seiner Tochter einsetzt und sie zur Frau wird.

Wie vorhergesagt, wird die Prinzessin in ihrem fünfzehnten Lebensjahr in ein vergessenes Turmzimmer gelockt, in dem sie einer ihr unbekannten alten Frau begegnet, die an einem Spinnrad sitzt und spinnt. Das Mädchen sticht sich mit der Spindel in den Finger und verfällt sofort in Schlaf. Auch hier fungiert der Göttinnenaspekt der alten Frau oder Greisin als Initiatorin der Menstruation, und das »Sich-in-den-Finger-Stechen« dient als Umschreibung für das erste menstruelle Blut der Prinzessin. Es ist von Bedeutung, dass sich dies im fünfzehnten Lebensjahr des Mädchens ereignet. Nicht nur war dies ein Alter, in dem üblicherweise die Menstruation einsetzte, sondern der fünfzehnte Tag des Mondzyklus ist auch Vollmondzeit. Das Mädchen ist kein Mädchen mehr; es ist zur Reife gelangt, und nun beginnt mit dem Übertritt in die Dunkelheit des abnehmenden Mondes die Phase der Menstruation und des Frauseins.

Die Prinzessin wird der Dimension der Zeit entrückt, und eine Dornenhecke rankt sich um das Schloss und isoliert es von der Welt. Nachdem hundert Jahre vergangen sind, ist auch hier, wie in »Schneewittchen«, das Erweckungsinstrument der Prinzessin ein Prinz. Der Prinz darf die Hecke durchdringen und erweckt die jetzt menstruelle Prinzessin mit einem Kuss.

Diese Geschichte wirft nicht nur ein Licht auf den Wandel vom Mädchen zur Frau, sondern auch auf die Beziehung zwischen dem Vater und der Tochter, bei der die Menstruation einsetzt. Die Angst des Vaters, dass seine Tochter erwachsen und zur Frau wird und sich dann nach einem anderen Mann umsieht, wird hier in seinen Versuchen ausgedrückt, ihrer Entwicklung zur Frau Einhalt zu gebieten.

In der Geschichte »Die Erweckung« zeigt die Rote Herrin die Gesichter der bösen Stiefmutter, der dreizehnten weisen Frau und Lady Ragnells. Sie ist die Initiatorin, die die dunkleren Energien und das Verstehen in Eva erweckt. Hier steht der Begriff »dunkel« für befähigende, sich sammelnde »innere« Energien und nicht für an sich zerstörerische oder böse Kräfte. Die Herrin des Mondes steht für die vitalisierenden und nährenden Kräfte des Frauseins, und sie führt Eva zu einem Bewusstsein ihres Zyklus und dessen Energien. Die Herrin des Mondes ist die wahre Mutter von Schneewittchen und die wunderschöne Version von Lady Ragnell, und wie diese integriert sie beide Seiten oder Aspekte des Zyklus in sich, um so am Ende der Geschichte zu einer geeigneten, ausgeglichenen Frau zu werden. Eva spielt natürlich die Rolle der archetypischen Mädchengestalt und steht für alle Frauen, die nach dem Wissen um ihre eigene wahre Natur streben.

Die Bewahrerin des Maßes

Die Entwicklung des Menstruationszyklus war ein wichtiges Ereignis im Evolutionsprozess der Frau über das Stadium des Tierreichs hinaus. Durch den Menstruationszyklus waren Frauen während des ganzen Monats zur sexuellen Erregung und Aktivität fähig, anstatt auf periodische Phasen der »Läufigkeit« beschränkt zu sein. Im Laufe des Monats erlebten Frauen Höhepunkte ihrer Sexualität und Kreativität sowohl zur Zeit des Eisprungs wie auch der Menstruation, die ihnen Zugang zu schöpferischen Energien eröffneten, die Tiere nur für den Zweck der Fortpflanzung zur Verfügung hatten. Diese schöpferischen Energien boten Frauen in den Zeiten, in denen sie physisch gesprochen nicht fruchtbar waren, die Möglichkeit zur Hervorbringung neuer Ideen statt neuen biologischen Lebens.

Die Erfahrung des menstruellen Zyklus und dessen Parallelen zum Mondzyklus führten zu den ersten Konzeptionen von Maß und Zeit. Seit Anbeginn der Menschheit wurden der Körper und seine Interaktion mit den ihn umgebenden Dingen als fundamentale Maßeinheit eingesetzt. Zum Beispiel wurden die Länge eines Fußes oder eines einzigen Schrittes zu Einheiten der Abmessung von Entfernungen. Aus den Konzeptionen von Abfolge und Bemessung entstanden die Unterteilung der Zeit und die ersten Uhren und Kalender. In vielen Kulturen wurde die Zeit nach Nächten und Mondmonaten bemessen und die religiösen Feste nach den Zeiten des Vollmondes festgelegt. Selbst heute noch richtet sich das christliche Osterfest nach dem Vollmond, und das Gleiche ist bei vielen islamischen und jüdischen religiösen Festen der Fall.

Die Vorstellung einer Verbindung zwischen Frauen und ihrer Menstruation, dem Mond, Bemessung und Weisheit spiegelt sich in vielen Kulturen überall auf der Welt und auch in vielen Sprachen wider. Das Wort Menstruation leitet sich aus dem lateinischen Wort für Monat ab, das wiederum in seiner Wurzel mit dem Wort für Maß verbunden ist (wie auch unter anderem mit Seele, Geist, Sinn, Gemüt, Herz; Mens ist die Göttin der Besinnungskraft, A. d. Ü.). Das lateinische Wort für Mond, luna, bedeutet ebenfalls Monat. Diese Vorstellungen fanden in einer ganzen Skala von zum Aufbau der Zivilisation führenden Aktivitäten Ausdruck – im Ackerbau, in der gesellschaftlichen Organisation und Ordnung, in der Kunst und im Handwerk, im Handel, im Unterrichts- und im Weissagungswesen und in der Religion. Viele überlieferte Bilder und Mythen von frühen Göttinnen zeigen diese als Gestalten, die die Menschheit diese Fähigkeiten und Fertigkeiten lehrten. So gesehen war die Menstruation keinesfalls ein »Fluch«, der den Frauen auferlegt war, sondern ein Geschenk, das die Struktur und die Vielfalt menschlicher Kultur entstehen ließ. Das Bild des Mondes als ein Spiegel des Zyklus der Frau wurde zum Symbol der schöpferischen Energien, die sie in ihrer Person verkörperte.

In der Synchronizität von weiblichem und lunarem Zyklus spiegelte sich auch die Verbindung zwischen der Frau und dem Göttlichen wider. Durch ihren Zyklus trug die Frau das Geheimnis des Lebens in ihrem Körper und hatte die Fähigkeit, Leben zu schaffen und die Zukunft ihres Volkes zu sichern. Sie brachte das Unmanifestierte in die Welt der Schöpfung und verfügte somit über die lebengebenden, erhaltenden, schöpferischen Kräfte des Universums.

Ein ähnliches Symbol fand sich in der Gestalt der Spinne. So wie die Spinne ihr Netz aus ihrem Körper heraus webt, wurde die Spinnengöttin als Schöpferin des Netzes von Raum und Zeit betrachtet, die so in alle Schöpfung Struktur und Leben brachte und sich gleichzeitig jeder Schwingung in diesem Netz bewusst war. Als Herrin des Netzes spann sie die Lebensfäden und verwob sie in die Muster und Gewebe aller lebendigen Dinge. Spätere Göttinnen wurden mit der Fähigkeit des Spinnens und Webens assoziiert, und zwar nicht nur als Schutzgöttinnen dieser Kunst, sondern auch als die Spinnerinnen und Weberinnen von Leben und Tod. Die Göttin mit der Spindel spann den Faden eines Menschen aus den Fasern des Lebens, die Göttinnengestalt der Mutter wob den Teppich der Erfahrung, die Zeit schnitt die Fäden durch, und die Dunkle Göttin löste den Teppich wieder in seine Fasern auf, damit der Faden neu gesponnen werden konnte.

Der menstruelle Zyklus der Frau wurde zur Zeit des Eisprungs als Zyklusphase des Lebens und der Fruchtbarkeit, und zur Zeit der Menstruation als Zyklusphase des Todes und der Unfruchtbarkeit gesehen; ein Zyklus, der sich auch in den Phasen des Mondes und in den Jahreszeiten widerspiegelt. In vielen Mythologien wird dieses Mysterium des weiblichen Schoßes durch das Bild des magischen oder transformierenden Gefäßes dargestellt. In den Gralslegenden nimmt es die Form eines Kelchs oder Grals an, in der frühen keltischen Mythologie die Form eines Kessels und in späteren alchimistischen Texten die Form einer Flasche oder Retorte. Alle diese Gefäße boten Fülle, Fruchtbarkeit, Leben, Transformation, spirituelle Inspiration und Initiation.

Vor allem die Gralslegenden hatten ein Verständnis und Bewusstsein von den Energien des Schoßes und des menstruellen Zyklus der Frauen anzubieten. Der Heilige Gral war der Legende nach der Kelch, den Christus beim letzten Abendmahl verwendet hatte und den Joseph von Arimathea in seinen Händen hielt, um das Blut aus den Wunden des sterbenden Christus aufzufangen. Er war eine Quelle des Lebens und des Todes, denn jene, die zu ihm gelangten, erstarben für diese Welt, um in der nächsten wiedergeboren zu werden. Der Gral konnte weißen oder roten Wein spenden, so wie der Schoß die weißen und roten Kräfte des Eisprunges und der Menstruation, des Lebens und des Todes.

Die Frauen in den Gralslegenden jagten dem Gral nicht nach, weil der Gral, das heißt die Mächte des göttlichen Prinzips des Weiblichen, bereits ihrer Natur innewohnte. In allen diesen Geschichten spiegeln die weiblichen Charaktere die Aspekte und Energien des göttlichen Prinzips des Weiblichen wider, und zwar nicht in der Form von vielen verschiedenen Frauen, sondern als viele verschiedene Aspekte in ein und derselben Frau. Die Gralslegenden offenbaren den Frauen ihre eigene wahre Natur und, als Trägerinnen des Grals, die sie sind, die Notwendigkeit, alle Aspekte ihrer Energien in sich zu erkennen, zu akzeptieren und in der äußeren Welt zum Ausdruck zu bringen.

In der Geschichte »Die Erweckung« findet sich die Bewahrerin des Maßes als Sinnbild für alle menstruierenden Frauen. Sie gelangte mit dem Vergießen des ersten menstruellen Blutes zur Existenz und bewahrt den Rhythmus der Frau bis zur letzten Blutung. Sie symbolisiert die Macht der Zeit, die schöpferischen Energien, die Zivilisation und das Leben selbst. Einmal im Monat lässt sie eine salzige Träne, »das Wasser des Lebens«, ein Ei und einen Tropfen Blut, »die Quelle des Lebens«, in einen Gral, in den Schoß fallen.

Der Baum des Schoßes

Es gibt zwei tiefe und wesentliche Sinnbilder in der Mythologie und in den Legenden, die die weiblichen Energien symbolisieren. Das eine ist der Kelch oder Gral, der für das regenerative und transformative Potenzial steht, und das zweite ist der Baum oder die Säule, die die dynamischen, inspirativen, ekstatischen Energien repräsentiert. Das Bild des heiligen Mondbaumes ist sehr alt und taucht immer wieder in der religiösen Kunst so verschiedener Kulturen auf wie der alten assyrischen Kultur bis hin zu der mittelalterlichen und modernen christlichen Kirche. In der assyrischen Kultur wurde der Mondbaum als ein mit Früchten beladener Baum dargestellt, über dessen Zweigen ein Sichelmond schwebt, wobei dieser Baum zuweilen auch zu einer vom Mond gekrönten Säule stilisiert wurde. Oft war dieser Baum auch mit Lichtern oder Bändern geschmückt, ein uns noch heute vertrautes Bild, wenn wir an den Weihnachtsbaum oder Maibaum denken. Der Maibaum kann als stilisierter Mondbaum betrachtet werden, und beim Tanz um den Maibaum werden die verschiedenen weiblichen Energien, dargestellt in weißen, roten und blauen Bändern, zusammengeflochten, um die Fruchtbarkeit des Frühlings anzuregen.

Viele Mondgöttinnen verbanden sich mit einem bestimmten Baum, von denen manche der magischen, andere der allgemein verbreiteten und profanen Art angehörten. In der griechischen Mythologie repräsentierte die Göttin Athene das schöpferische Feuer der Inspiration und wurde durch einen Olivenbaum mit dunklen Früchten dargestellt. Der Lebensbaum der alten Griechen trug goldene Äpfel und wurde Heras Baum genannt – nach der Mondgöttin der Abend- und Morgendämmerung, deren Name auch »Schoß« bedeutet.

Der Apfelbaum taucht auch in zahlreichen Legenden und Geschichten als Baum auf, der die Frucht des Lebens trägt und die Quelle menstrueller Weisheit darstellt. Im Märchen von Schneewittchen und in der Geschichte von Adam und Eva zeigt sich, dass die Frucht des Apfelbaumes sowohl das Erwecken der Menstruation wie auch den »Fluch« des Todes mit sich bringt. In der mittelalterlichen »Vita Merlini«, der Lebensgeschichte Merlins, taucht eine Apfelfrau als die Todesbringerin auf. Vom jungen Merlin zurückgewiesen, versucht sie, Rache zu nehmen, indem sie ihm später in seinem Leben ihre vergifteten Äpfel wiederum anbietet. Merlin entkommt seinem Schicksal, doch seine Gefährten essen die Äpfel und werden in den Wahnsinn getrieben. In den Artuslegenden wird der in der Schlacht von Camlann auf den Tod verwundete König Artus von der Fee Morgane nach Avalon, der anderweltlichen Insel der Apfelbäume gebracht, um dort geheilt zu werden.

Ein anderer Baum, der rote Früchte trägt und stark mit der Symbolik des Mondbaums verhaftet ist, ist die Eberesche oder der Vogelbeerbaum. Die Eberesche wird im Englischen auch quick-beam genannt, was »Baum des Lebens« bedeutet. (In der germanischen Mythologie kennen wir Yggdrasil, die Weltesche, A. d. Ü.) Neben der Haselnuss und dem Apfel wurden die Früchte dieses Baumes als Götternahrung angesehen, und es war ein Tabu, seine leuchtend roten Beeren zu verspeisen. Mit der Farbe Rot verbinden sich uralte Assoziationen mit den Energien des Lebens; sie steht für das Lebensblut, das Blut der Geburt, das Blut der Fruchtbarkeit und das Blut der Menstruation. Wie der Baum des Schoßes sind die Zweige der Eberesche beladen mit Trauben von leuchtend roten Beerenfrüchten, denen man die Kräfte der kreativen Energien, der Inspiration, der Prophezeiung, des Heilens und der Wahrsagekunst zuschrieb.

In »Die Erweckung« stellt der Baum des Schoßes ein persönliches Sinnbild des heiligen Mondbaums dar, des Baums des Lebens und der Erkenntnis. Er hat die Form des Schoßes (der inneren weiblichen Geschlechtsorgane: Eierstöcke, Gebärmutter, Eileiter und Vagina, A. d. Ü.), birgt die Früchte des Lebens und die Form des Mondes in seinen Zweigen und stellt so eine bewusste Verbindung zwischen der Frau, den Energien ihres Zyklus und dem Mond her. Die Wasser des Baums des Schoßes sind die Wasser des weiblichen Unterbewusstseins. Sie sind die innere Quelle schöpferischer Inspiration, und aus diesen Wassern werden Ideen und intuitive Einsichten geboren. Wasser war schon immer eng mit der inneren Welt verbunden, und in früheren Zeiten wurde ein Weiheopfer als Dank- oder Bittgebet ins Wasser geworfen. Wenn wir den Baum des Schoßes visualisieren und eine Bitte in seine Wasser werfen, können wir eine Verbindung mit unserer schöpferischen Quelle herstellen und geistige Kinder zur Welt bringen. Über die Visualisierung des Baums des Schoßes wird im Kapitel »Begegnung mit dem Mond« noch eingehender gesprochen.

Die Frucht des Baums des Schoßes birgt das Wissen und die Leben spendende Macht des menstruellen Zyklus und der Lebensrhythmen in sich. Als Eva diese Frucht pflückt, erweckt sie diese Rhythmen in sich und aktiviert die Beziehung zwischen ihrem Geist, ihrem Schoß und ihren schöpferischen Energien. Die Frucht kann aber nicht ohne die Schlange gepflückt werden, da es die Erfahrung der Schlange mit ihren sich erneuernden Energien ist, die das Wissen des menstruellen Zyklus mit sich bringt.

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Yaş sınırı:
18+
Litres'teki yayın tarihi:
26 mayıs 2021
Hacim:
319 s. 33 illüstrasyon
ISBN:
9783943793499
Yayıncı:
Telif hakkı:
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