Kitabı oku: «Die Morrígan»
MORGAN DAIMLER
Hohe Königin und
Schicksalsgöttin Irlands,
Beschützerin des Feenvolkes
Aus dem Amerikanischen
von Thomas Görden
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Amerikanische Originalausgabe:
The Morrígan. Meeting the Great Queens
Deutsche Erstausgabe im AMRA Verlag
Auf der Reitbahn 8, D-63452 Hanau
Hotline: + 49 (0) 61 81 – 18 93 92
Service: Info@AmraVerlag.de
Herausgeber & Lektor | Michael Nagula |
Einbandgestaltung | Guter Punkt |
Layout & Satz | Birgit Letsch |
Druck | CPI books GmbH |
ISBN Printausgabe 978-3-95447-438-7
ISBN eBook 978-3-95447-439-4
Copyright der britischen Vorlage © 2014 by Morgan Daimler Originally published in the UK by John Hunt Publishing Ltd., Laurel House, Station Approach, Alresford, Hants, SO24 9JH Published in 2020 under licence from John Hunt Publishing Ltd.
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Inhalt
Einige Worte vorab
Einführung: Auf schattigen Flügeln
1Morrigu – Göttin der Schlachten
2Macha – die Souveränitätsgöttin
3Badb – Göttin der Weissagung
4Andere Namen für die Morrígan
5Die Morrígan in der Mythologie
6Tiere und die Morrígan
7Die Morrígan in der modernen Welt entdecken
Schlusswort
Anmerkungen
Danksagung
Bibliografie
Stimmen zum Buch
Über die Autorin
Einige Worte vorab
Es gibt bereits einige sehr gute Bücher über die Morrígan. Die meisten von ihnen sind akademischer Natur, und manche lassen sich wegen ihres hohen Preises oder Alters nur schwer beschaffen. Menschen, die sich zu dieser immer beliebter werdenden, aber oft rätselhaften Göttin hingezogen fühlen, geraten in eine Zwickmühle; einerseits gibt es umfangreiche, in die Tiefe gehende, doch leider nur schwer erhältliche Bücher, andererseits kursieren im Internet kurze, leicht verständliche Texte von zweifelhafter Qualität. Dieses Buch füllt die Lücke, indem es solide, wissenschaftlich fundierte Informationen über die Morrígan mit Anekdoten von Begegnungen mit dieser Göttin verbindet – in einem zugänglichen, leicht lesbaren Format. Es soll als grundlegende Einführung in die Welt der Morrígan und mehrerer Göttinnen dienen, die nahe mit ihr verwandt sind. Zugleich ist es als Brücke gedacht, die den Leserinnen und Lesern den Zugang zu den umfangreicheren wissenschaftlichen Veröffentlichungen erleichtert.
Die zahlreichen Quellen, die ich in diesem Buch zitiere, habe ich sorgfältig dokumentiert. Ich besitze einen Studienabschluss in Psychologie und bevorzuge daher die APA-Zitiermethode, bei der direkt nach dem Zitat in Klammern der Nachname des Autors und das Erscheinungsjahr angegeben werden. Weitere Informationen zum zitierten Werk sind dann in der Bibliografie am Ende des Buches angeführt. Ich mag diese Methode und verwende sie lieber als Fußnoten oder andere Zitiermethoden.
Dieses Buch kann durchaus für sich allein stehen und genutzt werden, aber ich hoffe, dass die Leserinnen und Leser idealerweise dazu angeregt werden, mehr erfahren zu wollen und ihre Suche fortzusetzen. Hierzu finden sie Quellenangaben und weiterführende Literatur in der Bibliografie. Die Bücher, die ich dort empfehle, bieten zahlreiche Anregungen und Interpretationen für die Beschäftigung mit der Morrígan.
Ich denke nicht, dass der Bezugsrahmen, den wir für unsere religiöse Praxis wählen, entscheidend ist. Viel wichtiger erscheint mir, dass wir uns die Mühe machen, die alten Götter in die moderne Welt zurückzuholen und sie auf eine Art zu verehren, die respektvoll mit der historischen Überlieferung umgeht. Dafür ist es nicht nötig, einer speziellen Religion zu folgen, sei es der Rekonstruktionismus, also die Rekonstruktion alter Praktiken, Wicca oder das keltische Neuheidentum, solange wir mit aufrichtigem Herzen und guten Absichten zu den Göttern kommen. Entsprechend hatte ich beim Verfassen dieses Büchleins über den generellen Polytheismus hinaus keinen bestimmten religiösen Glauben im Sinn. Es bleibt ganz Ihnen überlassen, den Leserinnen und Lesern, selbst zu entscheiden, wie Sie das hier präsentierte Material nutzen und in Ihre Weltsicht integrieren. Allerdings ist mein persönlicher religiöser Weg der Rekonstruierende Polytheismus, und manche Ansichten, die ich in diesem Buch äußere, sind unvermeidlich etwas davon eingefärbt.
Ich bin seit 1991 irische Heidin, und die Morrígan verehre ich aktiv etwa seit dem Jahr 2000. Als Priesterin der Göttin Macha, die oft als eine der Morrígans bezeichnet wird, kann ich mit Gewissheit sagen, dass der Weg der Macha kein leichter ist und alle, die ihn beschreiten, dazu herausfordert, ständig hinzuzulernen und sich weiterzuentwickeln.
Jedes Kapitel im vorliegenden Buch enthält übrigens einen kleinen Abschnitt, in dem ich von meinen eigenen Erfahrungen mit der Morrígan berichte, denn ich möchte zeigen, dass sie eine aktive Kraft in der heutigen Welt ist und wie wir sie ehren können, und zwar über die Grenzen unterschiedlicher Glaubensrichtungen hinweg. Für manche Menschen mag dieses Buch dadurch zum ersten Schritt einer lebenslangen Reise werden. Andere wird der Ruf der Morrígan nicht so intensiv erreichen, aber sie werden dennoch zu einigen wertvollen Erkenntnissen gelangen, und sei es nur ein größeres Wissen über diese Göttin, ihre Geschichte und moderne auf sie bezogene Glaubensvorstellungen und Praktiken.
Einführung Auf schattigen Flügeln
Die Morrígan spielte von jeher eine wichtige Rolle in der irischen Mythologie. Sie spricht zu uns aus alten Sagen und Legenden, den Erzählungen der traditionellen Geschichtenerzähler und aus modernen Liedern. Sie kommt auf schattigen Flügeln zu uns, in der stillen Dunkelheit und in den schemenhaften Bildern unserer Träume. Wir hören ihre Stimme im Pochen unseres eigenen Herzschlags, im Schrei des Raben und im wilden Wind. Diese Göttin besitzt große Macht, doch jene, die sich zu ihr hingezogen fühlen, machen die Erfahrung, dass sie oft schwer zu begreifen ist. Sie ist auch in der heutigen Welt sehr aktiv.
Wenn wir zum ersten Mal den Ruf der Morrígan spüren, sehen wir uns einem verwirrenden Angebot von Büchern und Internet-Quellen gegenüber, die alle behaupten, uns vermitteln zu können, wer sie war und ist. Es wird aber schnell deutlich, dass die Wahrheit über die Morrígan sich nicht so leicht erschließt. Moderne Annäherungsversuche an diese uralte Göttin kümmern sich oft wenig um historische Erkenntnisse; umgekehrt sind ältere, traditionelle Informationen schwerer zu finden und zu verstehen. Manche Autoren betonen die persönliche Erfahrung zu sehr, während andere diese völlig ignorieren. Idealerweise sollten moderne Sucher anstreben, eine Balance zwischen diesen Extremen zu finden.
Wenn wir versuchen, die Morrígan zu studieren, sehen wir uns mehreren Herausforderungen gegenüber. Erstens lässt sich nur schwer herausfinden, was der Name wirklich bedeutet, weil es darauf keine eindeutige Antwort gibt. Als Nächstes müssen wir uns klarmachen, dass Morrígan als Name verwendet wird, als Titel und als Begriff gleichermaßen. Daher gibt es Geschichten über die Morrígan – auch über die drei Morrignae oder Morrígans –, und ebenso Geschichten, die von Göttinnen handeln, welche in bestimmten Zusammenhängen mit dem Titel Morrígan bezeichnet werden, und obendrein noch Geschichten von übernatürlichen Wesen, die man mit dem Gattungsbegriff Morrígan benennt. Suchende bekommen es daher mit einem umfangreichen Schatz an oft widersprüchlichen traditionellen Überlieferungen zu tun und mit altirischen Konzepten, die anders zu verstehen sind, als wir es heutzutage gemeinhin tun, weil sie aus einem anderen kulturellen Kontext kommen. Mit diesen Schwierigkeiten müssen wir uns gleich zu Anfang auseinandersetzen, um herauszufinden, was die Morrígan früher eigentlich war und wie wir sie heute in einem modernen Bezugsrahmen begreifen können.
Schauen wir uns zuerst an, welche Bedeutungen ihr Name hat und was uns das über das Wesen dieser Göttin verrät. Die Herkunft des Namens Morrígan ist umstritten, aber die heute führende Theorie besagt, dass er in etwa Königin der Albträume bedeutet – oft auch als Phantom- oder Geisterkönigin interpretiert. Andere bevorzugen weiterhin die einst beliebte Deutung des Namens als »große Königin«. Dieser Bedeutungsunterschied hängt davon ab, ob die erste Silbe des Namens mit oder ohne Fada (einem im Irischen gebräuchlichen Längenzeichen) geschrieben wird: Mor oder Mór. Für Mor ist allgemein eine Bedeutung akzeptiert, die eine Verwandtschaft zum althochdeutschen »mara« und dem angelsächsischen »maere« annimmt, was »Albtraum« bedeutet, ähnlich dem englischen Begriff nightmare und dem deutschen Begriff Nachtmahr. Mit Akzent, Mór, bedeutet die Silbe »großartig, groß« (eDIL, o.J.). Einer anderen Theorie zufolge ist mor mit dem indoeuropäischen Wort »móros« verwandt, das mit »Tod« übersetzt wird, was die Morrígan zur Königin der Toten oder Erschlagenen macht (Gulermovich Epstein, 1998). Der zweite Wortteil, rígan oder rigan, bedeutet Königin oder edle Dame (eDIL, o.J.). Leider lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, was die ursprüngliche Bedeutung war. Wir wissen aber, dass der Name im Altirischen Morrígan geschrieben wurde, was nahelegt, ihn mit »Königin der Albträume« zu übersetzen. In der mittelirischen Periode war Mórrígan üblich und damit die Bedeutung »große Königin«. Wenn wir all das zusammennehmen, erkennen wir, dass ihr Name Geisterkönigin, große Königin, Meereskönigin oder Königin der Erschlagenen bedeuten kann und dass all diese Namen darauf hinweisen, wer sie ist und was sie tut.
Der Name Morrígan wird nicht nur für eine bestimmte Göttin verwendet, sondern auch für ihre beiden Schwestern: Badb und Macha. Selbst die Göttinnen Fea und Nemain werden manchmal Morrígan genannt und können mit der zuvor genannten Morrígan ausgetauscht werden, um die verschiedenen Morrígan-Triaden zu bilden. Persönlich ziehe ich es vor, die drei Morrígans als Badb, Macha und Morrigu anzusehen, und ich bin bereit, Anand als Name für die Morrígan zu akzeptieren (darauf werde ich in Kapitel 1 ausführlich eingehen). Manchmal lässt sich nur schwer sagen, ob die individuelle Göttin gemeint ist, die den Titel häufig als ihren Eigennamen benutzt, oder ob von einer Göttin die Rede ist, die als Titel die Bezeichnung Morrígan führt. Hin und wieder lässt sich das aus dem Zusammenhang erschließen, in anderen Fällen jedoch können wir nur Vermutungen anstellen, und nicht einmal die Wissenschaftler sind sich in jedem Fall einig. Zusätzlich verkompliziert wird die Angelegenheit noch dadurch, dass das Wort Morrígan manchmal auch als Übersetzung des griechischen Wortes »lamia« benutzt wurde und in manchen Quellen »Gespenster« bedeutet (Gulermovich Epstein, 1998). Deshalb empfiehlt es sich, bei der Lektüre älterer Texte mit der Interpretation des Namens Morrígan vorsichtig zu sein, solange der Zusammenhang nicht klar ersichtlich ist.
Ein weiteres Problem, mit dem wir uns bei der Beschäftigung mit den historischen Texten auseinandersetzen müssen, besteht darin, dass diese alten Quellen sich häufig widersprechen, was die Geschichten über die Morrígan (und andere Göttinnen und Götter) angeht. Bei so gut wie keiner Geschichte finden sich miteinander übereinstimmende Versionen. Stattdessen existieren zahlreiche, im Detail sehr verschiedene Versionen, manchmal als Bearbeitungen [engl. »redactions«] bezeichnet. Etwas, das in einer Version gewiss erscheint, kann in einer anderen fehlen, oder es findet sich dort eine dazu in völligem Widerspruch stehende Darstellung. Keiner der Texte sollte als die definitive Version betrachtet werden. Vielmehr muss man möglichst alle Bearbeitungen lesen und dann entscheiden, bei welchen Informationen es die größten Übereinstimmungen gibt. In der Mythologie und den Volksmärchen Irlands ist nichts einfach und eindeutig, weder die Genealogien noch die Handlungsstränge der Erzählungen, und oft wird das Bild um so verwirrender, je tiefer wir in die Materie einsteigen.
Zu guter Letzt gibt es bei der Beschäftigung mit der Morrígan als irische Kriegsgöttin ein durch und durch modernes Problem: Wir heutigen Menschen verstehen oft nicht, welche Vorstellung vom Krieg die alten Iren hatten und was entsprechend für sie eine Kriegsgöttin war. Unsere modernen Kriege haben wenig mit diesen alten Schlachten gemein, und unsere Gesellschaft ist völlig anderes strukturiert. Zwar sind Kriege bis heute eine blutige, gefährliche Angelegenheit und werden es auch immer bleiben, aber für die alten Iren ging es dabei oft um Viehdiebstähle, an denen kleine Gruppen von Kriegern beteiligt waren, nicht die großen Armeen, die wir uns vorstellen, wenn wir heute von Krieg sprechen. Schlachten wurden auf streng geregelte, ehrenhafte Weise geschlagen, oft im gleichberechtigten Kampf Mann gegen Mann oder von Heeren, bei denen auf Zahlengleichheit geachtet wurde. Das wird in den alten Erzählungen immer wieder betont.
In ihrer Dissertation War Goddess: The Morrígan and her Germano-Celtic counterparts beschreibt Gulermovich Epstein die Elemente irischer Kriegsführung so: Weissagung vor der Schlacht, Aufstachelung der Krieger, drohendes Schreien und Lärmen, sofortige direkte Attacke, Blutrausch, Verkündigung des Sieges (Gulermovich Epstein, 1998). Alles das sind typische Merkmale für die Beteiligung der Morrígan am Kriegswesen und zeigt, wie diese Göttin eine Verkörperung der irischen Art der Kriegsführung war. Die Morrígan ist in der Tat eine Kriegsgöttin, aber ihre Kriege werden Mann gegen Mann geführt – Schwert gegen Schwert. Es kommt auf das Können des einzelnen Kriegers an, Schlauheit und List beim Viehdiebstahl, Tapferkeit und Siegeswillen.
Sich der Morrígan anzunähern, sie zu verstehen, braucht Zeit. Wir müssen uns nicht nur mit der Morrigu selbst beschäftigen, sondern auch mit den einzelnen Göttinnen, die Morrígan genannt werden. Es gilt, ihre jeweiligen Rollen in der Mythologie und die Bedeutung der Gestalten zu begreifen, in denen die Morrígan erscheinen kann. Und wir müssen verstehen, wie die vielen historischen Informationen sich in die moderne Verehrung dieser Göttin integrieren lassen und den Platz formen, den die Morrígan in der modernen Welt einnimmt.
»Badb, Macha und die Größte des Reichtums,
Morrigu: Quellen des Könnens,
Ursprung bitterer Kämpfe,
waren die drei Töchter der Ernmas.«
(Macalister, 1941)
Morrígan ist ein Titel, aber auch ein Personenname, dem gewöhnlich der bestimmte Artikel vorangestellt wird. Er erscheint in verschiedenen Formen, unter anderem Morrigu, Morrigna und Morrighan; die moderne irische Variante ist Mórríoghain. Sind alle drei Göttinnen gemeint, die gemeinsam den Titel Morrígan tragen, ist von den Morrignae die Rede, aber zur Vereinfachung werde ich in diesem Buch dann einfach die Bezeichnung »die Morrígans« verwenden.
HISTORISCHE QUELLEN
Im Lebor Gabala Erenn erfahren wir: »Delbaeth … hat drei Töchter, die berühmten Kriegsfurien Badb, Macha und Mórrígu. Letztere wird manchmal Anand oder Danand genannt.« (Macalister, 1941) Diesem Text zufolge ist sie die Tochter der Ernmas: »Ernmas hat andere Töchter, Badb und Macha und Mórrígu, die den Namen Anand trägt.« (Macalister, 1941) Ihre Mutter Ernma wird als Bäuerin und Zauberin der Túatha Dé Danann beschrieben, und der Vater der Morrígan, Delbaeth, ist einer der Götterkönige. Durch ihre Eltern besteht also eine Verbindung zu verschiedenen Aspekten von Herrschaft und Magie. Auch erfahren wir, dass Badb und Macha ihre Schwestern sind, die in verschiedenen Quellen ebenfalls als Morrígan bezeichnet werden, und alle zusammen heißen trí Morrignae, die drei Morrígans. Es gibt noch drei weitere Schwestern: Banba, Fotla und Eriu, die drei Souveränitäts-Göttinnen Irlands.
Im Lebor Gabala Erenn lesen wir, dass die Morrígan eigentlich Anand oder Danand geheißen haben könnte (oder Anu oder Danu).1 Tatsächlich werden für sie in verschiedenen Teilen des Textes diese beiden Namen verwendet. Zum Beispiel wird sie in Vers 62 als eine der Schwestern von Badb und Macha erwähnt: »Badb, Macha und Anand, von der die Brüste der Anu in Luachar stammen, waren die drei Töchter der Bäuerin Ernmas.« (Macalister, 1941) Neben der Bezeichnung Anu wird die Morrígan manchmal auch Áine genannt, von der in einem späteren Kapitel noch die Rede sein wird (Berresford Ellis, 1987; Jones, 2009). Die Verbindung zu Danu beruht auf der Vorstellung, dass es sich bei Anu und Danu um dieselbe Göttin handelt; das würde sie zur Urmutter oder Matriarchin der Túatha Dé Danann machen. Im Lebor Gabala Erenn findet sich folgende Stelle: »Die Morrigu, Tochter Delbaeths, war die Mutter von Brian, Iucharba und Iuchair, den anderen Söhnen Delbaeths: Der zusätzliche Name der Morrigu lautete ›Danann‹, und danach sind die Brüste der Ana in Luachair benannt, und ebenso die Túatha Dé Danann.« (Macalister, 1941).
Allerdings werden in vielen Quellen, unter anderem im Cath Maige Tuired, die Morrígan und Danand als unterschiedliche Personen gelistet, was es unwahrscheinlich macht, dass Danu oder Danand eine der drei Morrígans sein könnte. Tatsächlich ist Danand laut einer Version des Lebor Gabala Erenn kein Kind der Ernmas, sondern Tochter der Göttin Flidais (Macalister, 1941). Der Beweis, dass es sich bei der Morrigu um Anu oder Anand handelt, ist wesentlich überzeugender. Allerdings ist Anu eine ziemlich mysteriöse Göttin; dem Sanas Cormaic zufolge ist sie, Anand, die Mutter der Götter Irlands (Jones, 2009). Dass Anand der Name der Morrigu ist, erscheint wahrscheinlich, während ich ihre Verbindung zu Danand weit weniger überzeugend finde, unter anderem weil Anand und Danand sehr unterschiedliche Bedeutungen haben. Der erste Name bedeutet »Fülle«, der zweite »Fließen«. Daher halte ich es für wesentlich wahrscheinlicher, dass es sich um zwei verschiedene Göttinnen handelt, die man später wegen ihrer Namensähnlichkeit vereinte. Auch lassen sich meiner Meinung nach manche Namensvarianten und Verwechslungen damit erklären, dass bei der späteren schriftlichen Aufzeichnung der Erzählungen unterschiedliche regionale Glaubensvorstellungen und -praktiken miteinander verschmolzen wurden.
VERWANDTSCHAFTLICHE BEZIEHUNGEN
Manchmal liest man, die Morrigu sei die Ehefrau des Dagda. Im Buch von Lecan erfahren wir: »Anand .i. in Morrígan … bean aile do’n Dagda«, übersetzt: »Anand, das ist die Morrígan … sie ist die Frau des Dagda.« (Heidja, 2007) Es heißt von ihr, der Dagda hätte mit ihr die Tochter Adair gezeugt, und sie hätte außerdem, mit einem oder mehreren namentlich nicht genannten Vätern, 26 Töchter und 26 Söhne gehabt, allesamt Kriegerinnen und Krieger (Gray, 1983; Gulermovich Epstein, 1998). Fairerweise sei darauf hingewiesen, dass anderen Interpretationen zufolge diese Zweiundfünfzig keine leiblichen Kinder gewesen sein sollen, sondern Menschen, die einen Eid auf die Göttin geleistet hatten.
Ihr bekanntestes Kind ist vermutlich ihr Sohn Meche, von einem unbekannten Vater. In Meches Herz hausten drei Schlangen, die imstande waren, ganz Irland zu vernichten. Daher wurde er erschlagen und sein Herz verbrannt. Man streute die Asche in einen Fluss, in dem daraufhin alle Fische verendeten (Gray, 1983). In den Mythen über die Landnahme hatte die Morrigu die drei Söhne Glon, Gaim und Coscar von einem namentlich nicht erwähnten Vater, und ihr eigener Vater Delbaeth zeugte mit ihr Brian, Iucharba und Iuchair (Macalister, 1941).