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KAPITEL FÜNF
Polizistin Sadie Marlow blickte durch das kleine Glasfenster in den Raum. In dem ansonsten leeren Zimmer sah sie ein Bett an der Wand stehen. Auf dem Bett saß das Mädchen wegen dem sie gekommen war.
Der Psychologe, der an ihrer Seite stand, zog eine Plastikkarte aus der Tasche. Aber kurz bevor er sie über das Türschloss strich, um die Tür zu öffnen und den Polizisten Einlass zu gewähren, hielt er inne und wandte sich ihnen zu.
“Wissen Sie, wir waren noch nicht in der Lage auch nur ein verständliches Wort aus ihr herauszubekommen,” sagte der Psychologe. “Alles was sie sagt ist 'Scarlet. Scarlet. Ich muss Scarlet finden.'“
Nun war Officer Brent Waywood an der Reihe zu sprechen.
“Deswegen sind wir hier,” sagte er und zeigte auf sein offenes Notizbuch. “Scarlet Paine. Der Name taucht immer wieder in unseren Ermittlungen auf.”
Der Psychologe kräuselte die Lippen.
“Ich weiß, warum Sie hier sind,” erwiderte er. “Ich sehe es nur nicht gerne, wenn die Polizei meine Patienten verhört.”
Brent schlug abrupt sein Notizbuch zu, was ein klatschendes Geräusch verursachte. Er starrte den Psychologen genervt an.
“Wir haben tote Polizisten,” sagte er in abgehaktem Ton. “Gute Männer und Frauen, die heute Nacht nicht zu ihren Familien zurückkehren werden, wegen irgend so einem Psychopathen, der jeden tötet, der ihm in den Weg kommt. Was will er? Scarlet Paine. Das ist alles was wir haben. Also können Sie vielleicht verstehen, warum es für uns so wichtig ist ihre Patientin zu befragen.”
Officer Marlow trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen, frustriert von der Tatsache, dass ihr Partner in jeder Situation Streit zu suchen schien. Sie konnte nicht umhin zu denken, dass es sehr viel einfacher sein würde das Interview alleine zu führen. Anders als Brent hatte sie eine ruhige Art mit den Zeugen umzugehen, vor allem mit psychisch verletzlichen, wie dem Mädchen, wegen dem sie hier waren. Darum hatte der Polizeichef sie in die Psychologische Anstalt geschickt. Sie wünschte sich nur sie hätte einen anderen Polizisten als Begleiter gewählt. Dann wurde ihr klar, warum der Polizeichef gerade nicht wirklich viele Polizisten zur Verfügung hatte und ihr Magen verknotete sich. Neben denjenigen, die die High-School bewachten, war der Rest des Reviers entweder tot oder verletzt.
Sie machte einen Schritt nach vorne.
“Wir verstehen, dass die Zeugin in einem zerbrechlichen Zustand ist,” sagte sie diplomatisch. “Wir werden unseren Ton freundlich halten. Keine pressenden Fragen. Keine lauten Stimmen. Vertrauen Sie mir, ich habe jahrelange Erfahrung in der Befragung mit Kindern wie ihr.”
Sie alle schauten zurück durch das Fenster auf das Mädchen. Sie wippte vor und zurück, ihre Knie an die Brust gezogen.
Der Psychologe schien sich damit zufriedenzugeben und ließ die Polizisten eintreten. Er wischte mit seiner Karte über das Türschloss. Ein grünes Lämpchen leuchtete auf, während gleichzeitig ein Biep ertönte.
Er führte die zwei Polizisten in den Raum zu dem zusammengekauerten Mädchen. Erst da bemerkte Marlow die Manschetten an den Knöcheln und Handgelenken. Haltegurte. Das Krankenhaus nutze die Gurte nicht, wenn der Patient nicht eine Gefahr für sich selbst oder andere war. Was auch immer das Mädchen durchgemacht hatte, es war schrecklich gewesen. Warum sonst sollte ein sechzehn Jahre altes Schulkind ohne die geringsten Vorstrafen plötzlich als gefährlich gelten?
Der Psychologe sprach als Erster.
“Es sind Polizisten hier, die dich sehen wollen,” sagte er ruhig zu dem Mädchen. “Es geht um Scarlet.”
Der Kopf des Mädchens schoss nach oben. Ihre Augen waren wild und suchten die Gesichter, der drei Menschen vor ihr, ab. Sadie Marlow konnte die Qualen in ihrem Gesicht sehen und die Verzweiflung.
“Scarlet,” rief das Mädchen und zog an den Fesseln. “Ich muss Scarlet finden.”
Der Psychologe warf den beiden Polizisten noch einen letzten Blick zu, bevor er den Raum verließ.
*
Maria sah zu den Polizisten auf. Irgendwo, weit hinten in ihrem Kopf, arbeitet ihr klarer Verstand noch und war immer noch wach und klar. Aber der Teil, den Lore zerstört hatte, war jetzt die kontrollierende Macht und es fühlte sich an wie eine dunkle Sturmwolke, die ihren Verstand benebelte. Sie musste hier rauskommen und sie musste Scarlet finden. Scarlet wäre bei Sage und Sage, dessen war sie sich sicher, würde ihr helfen können. Er wäre in der Lage rückgängig zu machen, was sein Cousin angerichtet hatte.
Aber egal wie sehr sie sich auch anstrengte, sie konnte niemandem erklären, dass sie nicht verrückt war, dass sie nicht hierher gehörte, festgekettet wie ein Verbrecher. Selbst als ihre Freunde kamen um sie zu sehen, selbst als ihre Mutter ihre Hand hielt und weinte, konnte Maria die Worte nicht aussprechen. Was auch immer Lore in ihren Geist gepflanzt hatte war undurchdringlich. Und es wurde stärker. Mit jedem Moment der verging fühlte sie, wie ihre Kräfte nachließen. Ihre Fähigkeit Lores Gedankenkontrolle zu bekämpfen wurde weniger und ihr klarer Verstand wurde schwächer und schwächer. Maria war sich sicher, dass er schließlich ganz verschwinden würde, sie als eine leere Hülle zurückbleiben würde, wenn sie keine Hilfe bekam.
Der männliche Polizist stand vor ihr und starrte auf sie herunter. Die Polizistin saß neben ihr auf dem Bett.
“Maria. wir müssen dir ein paar Fragen stellen,” sagte sie leise.
Maria versuchte zu nicken, aber nichts passierte. Ihr Körper fühlte sich schwer an. Sie war erschöpft. Sich pausenlos gegen das zu wehren, was Lore ihr angetan hatte, war ermüdend.
“Deine Freundin Scarlet,” fuhr die Frau auf die gleiche, sanfte Weise fort. “Weißt du wo sie ist?”
“Scarlet,” sagte Maria.
Sie wollte mehr sagen, aber die Worte wollten einfach nicht rauskommen. Sie sah frustriert, wie der Polizist mit den Augen rollte.
“Das ist sinnlos,” sagte er zu seiner Partnerin.
“Officer Waywood, Sie müssen etwas Geduld zeigen,” schnappte die Frau.
“Geduld?” schrie der Polizist fast. “Meine Freunde sind tot! Unsere Kollegen sind in Gefahr! Wir haben keine Zeit um geduldig zu sein!”
Gefangen in ihrem eigenen Verstand, fühlte Maria ihre Frustration steigen. Sie verstand Officer Waywoods Sorge. Sie wollte helfen, das wollte sie wirklich. Aber dank Lore konnte sie kaum ein Wort herausbringen. Der Versuch etwas zu sagen war wie auf einem Laufband zu sein - unglaublich anstrengend, aber man kam nirgendwo hin.
Die Polizistin ignorierte den Ausbruch ihres Partners und drehte sich wieder zu Maria.
“Der Mann der nach deiner Freundin sucht heißt Kyle. Hast du ihn schon mal gesehen? Hast du gehört, wie sie seinen Namen gesagt hat?”
Maria versuchte ihren Kopf zu schütteln, aber konnte es nicht. Die Polizistin kaute auf ihrer Unterlippe und bewegte ein Notizbuch in ihren Händen. Maria konnte an ihren Gesten sehen, dass sie in ihrem Kopf etwas abwog, von dem sie nicht wusste, ob sie es sagen sollte oder nicht.
Schließlich griff sie nach Marias Hand und drückte sie. Sie sah ihr tief in die Augen.
“Kyle ... er ist ein Vampir, oder nicht?”
Aus seiner stehenden Position warf Officer Waywood die Arme in die Luft und schnaubte abfällig. “Sadie, du bist verrückt geworden! Der Vampir Kram ist doch Blödsinn!”
Die Polizistin sprang auf und brachte ihr Gesicht nah an seines.
“Wagen Sie es nicht, dass zu sagen,” sagte sie. “Ich bin Polizistin. Es ist meine Pflicht diese Zeugin zu befragen. Wie kann ich ihr ordentlich Fragen stellen ohne ihr zu sagen was wir wissen?” Bevor Officer Waywood auch nur die Möglichkeit hatte zu antworten, fügte Sadie hinzu, “Und es ist Officer Marlow, vielen Dank.”
Officer Waywood warf ihr einen verärgerten Blick zu.
“Officer Marlow,” sagte er und betonte jede Silbe durch zusammengebissene Zähne, “in meiner professionellen Meinung ist es eine schlechte Idee einer labilen Zeugin von Vampiren zu erzählen.”
Auf dem Bett begann Maria wieder hin und her zu wippen. Sie konnte fühlen, wie der klare Verstand, so tief unter dem begraben, was Lore ihr eingepflanzt hatte, anfing hervorzukommen. Irgendwie schien die Tatsache, dass die Polizistin an Vampire glaubte, dabei zu helfen ihren Verstand zu befreien. Sie versuchte zu sprechen und endlich löste sich ein Geräusch in ihrem Hals.
“Krieg.”
Die Polizisten hörten auf zu streiten und sahen zu Maria.
“Was hat sie gesagt?” fragte Brent Waywood mit einem Stirnrunzeln.
Officer Marlow kam sofort zurück an ihre Seite.
“Maria?” sagte sie. “Sag das noch einmal.”
“K ...” versuchte Maria. Sie schloss die Augen und atmete tief durch. Ihr Verstand kam zu ihr zurück. Ihr Geist wurde wieder ihr eigener. Schließlich brachte sie das Wort heraus. “Krieg.”
Officer Marlow sah hoch zu ihrem Kollegen. “Ich glaube sie sagt 'Krieg.'“
Er nickte, jetzt mit Besorgnis auf dem Gesicht.
Maria atmete noch einmal tief ein, zwang den klaren Teil ihres Verstandes die Kontrolle zu übernehmen, um ihnen zu sagen, was sie unbedingt sagen musste.
“Vampire,” sagte sie durch zusammengebissene Zähne. “Vampire. Krieg.”
Officer Marlow wurde blass.
“Weiter,” drängte sie Maria.
Maria leckte sich über die Lippen. Es brauchte größte Anstrengung um präsent zu bleiben.
“Kyle,” sagte sie mit angespanntem Gesicht. “Führer.”
Officer Marlow drückte ihre Hand. “Kyle wird den Vampirkrieg anführen?”
Maria drückte zurück und nickte.
“Scarlet,” sagte sie weiter. “Einzige. Hoffnung.”
Officer Marlow atmete tief ein und setzte sich gerader hin. “Weißt du, wo Scarlet ist?”
Maria biss die Zähne zusammen und sprach dann so sorgfältig wie sie konnte. “Mit Sage ... das Schloss.”
Plötzlich flutete ein tiefer Schmerz Marias Gehirn. Sie schrie auf, riss die Hände an den Kopf und packte ihre Haare mit den Fäusten. Sie wusste sofort, dass ihr klarer Verstand wieder von dem überwältigt wurde, was Lore getan hatte. Sie rutschte zurück in die Dunkelheit.
“Hilf mir!” schrie sie.
Sie fing an wild von einer Seite auf die andere zu schlagen und an ihren Fesseln zu ziehen.
Erschrocken stand Officer Marlow auf. Sie sah über ihre Schulter zu ihrem Partner.
“Gib das ans Revier weiter,” wies sie ihn an.
Sie versuchte Maria zu beruhigen, aber das Mädchen war vollkommen außer sich. Sie schrie immer wieder. Die Tür biepte und der Psychologe rannte herein.
“Was ist passiert?” rief er.
“Nichts,” sagte Marlow und wich zurück. “Sie ist einfach durchgedreht.”
Sie ging einige Schritte zurück, während der Psychologe versuchte Maria zu beruhigen, und stellte sich neben ihren Partner.
“Haben Sie Bescheid gesagt?” fragte sie schwer atmend.
“Nein,” gab er kurz angebunden zurück.
Sadie runzelte die Stirn und griff nach ihrem Walkie-Talkie. Aber Officer Waywood lehnte sich vor und hielt ihre Hand fest.
“Nicht,” schnappte er. “Der Chief will diesen Blödsinn nicht hören. Er muss sich um die ganze Mannschaft kümmern und du willst ihn stören weil ein verrücktes Kind denkt, dass es ein Vampirkrieg gibt!”
Sadie Marlow übertönte die Schreie von Maria mit einer schnellen, beharrlichen Stimme.
“Der Chief hat uns aus einem Grund hier hergeschickt. Warum sollte er wollen, dass wir ein 'verrücktes Kind' befragen, wenn er nicht denken würde, dass sie uns helfen kann?” Kyle sucht Scarlet Paine. Das Mädchen,” sie zeigte auf Maria,” ist der beste Hinweis den wir haben um sie zu finden und diese Sache vielleicht zu beenden. Wenn sie etwas weiß, dann bin ich mir ziemlich sicher, dass der Chief davon hören will.”
Officer Waywood schüttelte den Kopf.
“Fein,” sagte er und ließ ihre Hand los. “Deine Karriere, nicht meine. Lass den Chief denken, dass du durchgeknallt bist.”
Officer Marlow nahm das Walkie-Talkie und drückte auf den Knopf.
“Chief? Marlow hier. Ich bin fertig mit der Zeugin in der Anstalt.”
Das Walkie-Talkie knisterte.
Officer Marlow hielt inne und wog ihre Worte ab. “Sie sagt, dass es einen Vampirkrieg geben wird. Angeführt von Kyle. Und die einzige Person, die ihn aufhalten kann, ist Scarlet Paine.”
Sie sah auf die hochgezogenen Augenbrauen ihres Partners und kam sich wie ein Idiot vor. Dann summte das Walkie-Talkie wieder und die Stimme des Polizeichefs war zu hören.
“Ich komme.”
KAPITEL SECHS
Scarlet hustete und wischte sich den Staub aus den Augen. Ihre Gedanken rasten, als sie versuchte aus dem Sinn zu machen, was um sie herum passierte. In dem einen Moment hatten sich die Unsterblichen auf sie und Sage gestürzt, im anderen war das gesamte Schloss von einer riesigen Explosion erschüttert worden. Dann waren die Wände um sie herum eingestürzt und hatten Ziegel, Holz und schwere Schieferplatten auf sie herunterfallen lassen.
Scarlet sah sich um und fand sich in einem Kokon aus Schutt wieder. Es war so dunkel, dass sie kaum etwas erkennen konnte. Dicker Staub verklebte ihre Lungen und machte ihr das Atmen schwer.
“Sage?” rief Scarlet in die Dunkelheit.
Etwas bewegte sich neben ihr.
“Scarlet?” kam Sages Stimme. “Bist du das?”
Scarlets Herz machte einen Sprung, als ihr klar wurde, dass ihr Geliebter überlebt hatte. Sie kroch über Steine und Schutt auf die eingesunkene Gestalt von Sage zu. Sobald sie ihn erreicht hatte drückte sie ihre Lippen gegen seine.
“Ich habe dich,” flüsterte sie.
“Scarlet, es ist zu spät,” erwiderte er traurig.
Aber Scarlet hörte ihm nicht zu. Sie schlang ihre Arme um seinen nackten Torso und zog ihn in eine sitzende Position. Er sackte zusammen, schwach, kaum in der Lage seinen eigenen Körper hochzuhalten.
“Was ist passiert?” fragte er mit krächzender Stimme und betrachtete die Zerstörung um sich herum.
“Ich habe keine Ahnung,” erwiderte Scarlet.
Sie sah sich um und bemerkte dieses Mal das Gewirr von Unsterblichen, die über den Boden verteilt lagen oder unter Deckenbalken und Klumpen von Ziegeln und Stein gefangen waren. An verschiedenen Stellen loderte Feuer, wie seltsames oranges Unkraut.
Octal lag regungslos auf dem Boden. Sein Stab lag neben ihm, glatt in der Mitte durchgebrochen und die Spitze des Stabs, die er genutzt hatte um Sage zu verletzten, stand in Flammen. Scarlet konnte nicht sagen ob Octal tot oder lebendig war, aber für den Moment schien er keine Gefahr für sie zu sein.
Dann erkannte Scarlet den verdrehten Rahmen eines Militärflugzeugs unter dem Schotter. Sie sog scharf die Luft ein.
“Es war ein Flugzeug,” sagte sie. “Ein Militärflugzeug ist in das Schloss gekracht.”
Sage schüttelte den Kopf, Verwirrung breitete sich auf seinem Gesicht aus.
“Es gibt keinen Grund für ein Flugzeug hier zu sein,” erwiderte er. “Das Schloss steht in der Mitte vom Nirgendwo.”
“Es sei denn, sie haben nach uns gesucht,” fiel Scarlet plötzlich ein. “Es sei denn, sie haben nach mir gesucht.”
In dem Moment rutschte ein schwerer Ziegelstein ab und Sage zuckte zusammen, als er gegen sein Bein fiel.
“Wir müssen weg von hier,” sagte Scarlet.
Es war nicht nur das beschädigte Gebäude, das ihr Sorgen machte - es waren die Unsterblichen. Sie mussten fliehen bevor jemand wieder zur Besinnung kam.
Sie drehte sich zu Sage.
“Kannst du laufen?”
Er sah sie mit müden Augen an. “Scarlet. Es ist zu spät. Ich sterbe.”
Sie biss die Zähne zusammen. “Es ist nicht zu spät.”
Er griff nach ihrer Hand und blickte ihr tief in die Augen. “Hör mir zu. Ich liebe dich. Aber du musst mich sterben lassen. Es ist vorbei.”
Scarlet wandte ihr Gesicht ab und wischte die einzelne Träne weg, die ihr über das Gesicht rollte. Als sie sich wieder zu ihm drehte, griff sie nach Sages Armen, legte ihn über ihre Schulter und zog Sage in eine stehende Position. Er schrie vor Schmerz auf und fiel gegen sie. Als sie ihn über den Schutt und durch die beißenden Rauchwolken führte, sagte sie:
“Es ist nicht vorbei, bis ich es sage.”
*
Das Schloss war im Chaos. Auch wenn das Flugzeug klein gewesen war, hatte es enormen Schaden an dem alten Gebäude angerichtet.
Scarlet hastete durch die Gänge als die Wände um sie herum anfingen einzubrechen. Sie hielt Sage fest an ihrer Seite und er stöhnte vor Schmerz. Er war so schwach und zerbrechlich, dass es Scarlet im Herzen weh tat. Alles was sie wollte war ihn in Sicherheit zu bringen.
Dann hörte sie laute Rufe hinter sich.
“Sie entkommen!”
Scarlet sank der Mut, als sie sah, dass das Verlangen nach Rache die Unsterblichen weiter antrieb, obwohl ihr Schloss zerstört war und viele ihres Clans verletzt oder sterbend am Boden lagen.
“Sage,” sagte Scarlet, “sie kommen. Wir müssen schneller gehen.”
Sage schluckte und verzog das Gesicht.
“Ich gehe so schnell ich kann.”
Scarlet versuchte ihr Tempo zu erhöhen, aber Sages Schwäche verlangsamte sie. Er musste aufhören zu laufen. Sie musste ein sicheres Versteck für ihn finden, damit sie sich wenigstens verabschieden konnten.
Sie sah über ihre Schulter wie mehrere Unsterbliche näher kamen. Dort, hinter ihnen und halb versteckt im Schatten, war Octal. Er war also nicht tot.
Als die Gruppe den Abstand zwischen ihnen weiter verkürzte, sah sie, dass Octals Gesicht zur Hälfte schwere Verbrennungen hatte. Er musste große Schmerzen haben und trotzdem hielt es ihn nicht davon ab sie und Sage verletzen zu wollen. Es machte Scarlet traurig zu denken, dass die Liebe zwischen ihr und Sage die Unsterblichen so entrüstete.
Plötzlich brachte ein mächtiges Krachen Scarlet dazu einen Satz zu machen und ein plötzlicher Schwall eiskalten Wassers durchtränkte sie. Mit einem Blick über ihre linke Schulter sah sie, dass die ganze Seite des Schlosses ins Meer gefallen war und eine riesige Welle verursacht hatte.
Sie hörte Schreie und hinter ihr fielen Unsterblichen ins Meer. Sie fielen so schnell, dass sie nicht einmal Zeit hatten um in Sicherheit zu fliegen und sobald sie auf die Wellen prallten, wurden sie von dem wütenden Wasser verschluckt.
Als die Fliesen unter ihren Füßen nachgaben, warf Scarlet sich mit dem Rücken zur Wand des Ganges und drückte Sage mit einem Arm zurück. Das schwarze Wasser wälzte sich nur wenige Meter unter ihnen. Plötzlich fühlte Scarlet sich, als würden sie an einem steilen Bergabhang entlang balancieren.
Die einzige Person die auf der anderen Seite noch stand war Octal. Scarlet wusste, dass es ihn nicht mehr als wenige Sekunden kosten würde um über den Abgrund zu fliegen. Aber stattdessen stand er da und sah zu.
Er denkt es ist hoffnungslos. Er denkt wir werden sterben.
“Schnell,” sagte sie zu Sage. “Bevor wir ins Meer fallen.”
Kaltes Meerwasser traf sie im Gesicht, als sie ihn über den schmalen Vorsprung führte. Mit jedem Schritt bröckelte mehr von dem Boden ab und fiel in die Wellen. Scarlets Herz schlug gequält. Sie betete, dass sie es aus dem Schloss und in Sicherheit schaffen würden.
“Dort,” sagte sie zu Sage. “Nur noch ein paar Schritte.”
Aber kaum hatten die Worte ihre Lippen verlassen, brachen die Fliesen unter Sages Füßen. Er hatte gerade noch Zeit hochzusehen und in ihre Augen zu blicken, bevor der Boden nachgab und er in die Dunkelheit fiel.
“Sage!” schrie Scarlet, ihre Arme ausgestreckt um nach ihm zu greifen.
Aber er war verschwunden.
Scarlet blickte auf die andere Seite des Abgrunds und sah ein Lächeln auf Octals furchtbar entstelltem Gesicht.
Ohne zu zögern sprang Scarlet von dem Vorsprung und raste auf Sages fallende Gestalt zu. Sekunden bevor er auf der Wasseroberfläche aufschlug fing sie ihn auf.
“Ich hab' dich,” flüsterte sie und drückte ihn gegen ihre Brust.
Sage war schwer. Scarlet schaffte es nur zu schweben. Sie waren wenige Zentimeter von dem tückischen Wasser entfernt. Sie wusste, dass sie nicht hochfliegen konnte, da das Octal gezeigt hätte, dass sie noch am Leben waren und dann würde er sie sofort angreifen.
Dann sah sie Höhlen rechts von sich. Es waren natürlich Höhlen, über Jahrhunderte von dem Ozean ausgehöhlt. Das Schloss musste auf ihnen errichtet sein.
Scarlet verlor keine Zeit. Sie flog mit Sage in ihren Armen in die Höhle und ließ ihn dort auf dem Boden nieder. Er fiel zurück und stöhnte auf.
“Wir sind okay,” sagte Scarlet. “Wir haben es geschafft.”
Aber sie war nass bis auf die Knochen und zitterte. Ihre Zähne klapperten während sie sprach. Als sie Sages Hand nahm, bemerkte sie, dass er ebenfalls zitterte.
“Wir haben es nicht geschafft,” sagte er schließlich. “Ich habe dir die ganze Zeit gesagt, dass ich sterben werde. Heute.”
Scarlet schüttelte den Kopf und Tränen flogen von ihren Wangen.
“Nein.”
Aber sie verstand, dass es keinen Sinn machte. Sage lag im Sterben. Es stimmte wirklich.
Sie hielt ihn in ihren Armen und ließ die Tränen ungehindert laufen. Sie liefen über ihre Wangen und ihren Hals entlang. Sie machte sich nicht die Mühe sie wegzuwischen.
Scarlet war kurz davor sich zu verabschieden, als sie einen seltsamen Schimmer bemerkte, der unter ihrem T-Shirt, direkt neben ihrem Herzen, hervorkam. Sie schüttelte den Kopf, denn das war sicherlich eine Halluzination. Aber der Schimmer wurde heller.
Sie sah runter und ihr wurde klar, dass es ihre Halskette war, die leuchtete und ein weißes Licht durch die Scharniere des Anhängers warf. Sie griff unter ihr T-Shirt und zog sie heraus. Sie war nie zuvor in der Lage gewesen den Anhänger zu öffnen, aber etwas sagte ihr, dass es dieses Mal anders sein würde. Ihre Tränen schienen darauf gefallen zu sein. Vielleicht war das der Weg den Anhänger aufzuschließen.
Die beiden Hälften ließen sich öffnen und weißes Licht ergoss sich in die Höhle und erhellte Scarlets und Sages Gesichter. In der Mitte des hellen Lichts war ein Bild. Scarlet sah es sich genauer an. Es war ein Schloss in der Mitte des Ozeans, aber es war nicht Boldt Castle. Es war kleiner und dünner, eher ein aufwendiger Turm als ein tatsächliches Schloss.
Scarlet schüttelte Sage an der Schulter.
“Schau,” sagte sie.
Sage schaffte es seine müden Augen halb zu öffnen.
Scarlet hörte ihn scharf die Luft einsaugen.
“Du weißt, wo das ist?” fragte sie.
Sage nickte. “Weiß ich.”
Dann fiel sein Kopf erschöpft zurück in ihren Schoß.
Scarlet spürte in ihrem Inneren, dass dieser Ort, wo auch immer er sein mochte, wichtig war. Und wenn Sage davon wusste, dann musste er Bedeutung für die Unsterblichen haben. Warum zeigte ihre Halskette ihr so einen Ort? Und warum hatte sie sich geöffnet als Tränen darauf fielen? Das musste ein Hinweis sein.
Scarlet schloss den Anhänger. Das Licht verschwand und mit ihm das Bild des Schlosses in der Mitte des wilden Ozeans. Irgendetwas in ihr sagte ihr, dass sie Sage retten würde, wenn sie ihn in dieses Schloss brachte. Aber sie hatte keine Zeit mehr.
Sie hob den ohnmächtigen Sage auf ihren Rücken. Er war schwer, aber diesmal war Scarlet entschlossener als je zuvor und mehr als sicher, dass es Hoffnung gab. Sie flog in den Nachthimmel.
Sie würde ihn retten. Egal was es kosten würde.
Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.