Kitabı oku: «Ritter, Thronerbe, Prinz », sayfa 3
KAPITEL VIER
Lucious schwenkte sein Schwert herum und erfreute sich daran, wie es im Morgengrauen funkelte bevor er es in dem alten Mann, der ihm in die Quere gekommen war, versenkte. Um ihn herum sorgten seine Männer dafür, dass sowohl diejenigen die es wagten, sich zu widersetzen als auch jene, die so dumm waren zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein, mit ihrem Leben bezahlen mussten.
Er grinste als sich die Schreie um ihn erhoben. Es gefiel ihm, wenn die Bauern versuchten zu kämpfen, denn es gab seinen Männern die Gelegenheit ihnen zu zeigen, wie schwach sie mit ihnen verglichen wirklich waren. Wie viele hatte er bereits in Plünderungen wie dieser umgebracht? Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, mitzuzählen. Warum sollte er diesem Pack über das notwendige Maß hinaus auch nur die geringste Aufmerksamkeit schenken?
Lucious sah, wie die Bauern begannen davonzurennen und gestikulierte in Richtung einiger seiner Männer. Diese rannten ihnen nach. Rennen war fast noch besser als kämpfen, denn darin lag die Herausforderung sie wie Beute, die sie schließlich waren, einzufangen.
„Euer Pferd, Hoheit?“ fragte einer der Männer, der Lucious’ Hengst zu ihm führte.
Lucious schüttelte seinen Kopf. „Ich denke, ich brauche meinen Bogen.“
Der Mann nickte und reichte Lucious einen eleganten in Silber gefassten Recurvebogen aus Weißesche und Horn. Er spannte einen Bogen ein, zog die Sehne und ließ los. In der Ferne ging einer der flüchtenden Bauern zu Boden.
Niemand kämpfte mehr, aber das hieß nicht, dass sie hier fertig waren. Noch lange nicht. Bauern die versucht hatten sich zu verstecken, konnten genauso unterhaltsam sein, wie jene die davonliefen oder kämpften. Es gab unzählige Wege einerseits die zu quälen, die so aussahen als besäßen sie Gold und andererseits die zu töten, die für die Rebellen Sympathien hegten. Das brennende Rad, der Galgen, die Schlinge... was würde ihm heute gefallen?
Lucious gab einigen seiner Männer ein Zeichen, die Türen einzutreten. Gelegentlich mochte er es auch, die Häuser einfach in Brand zu setzen, um diejenigen, die sich darin versteckten, herauszulocken. Doch waren die Häuser wertvoller als die Bauern. Eine Frau kam herausgerannt. Lucious fing sie ab und schleuderte sie in Richtung einer der Sklavenhalter, die sich ihnen wie Möwen, die einem Fischerboot folgten, angeschlossen hatten.
Er stolzierte in den Tempel des Dorfes. Der Priester lag bereits auf dem Boden und hielt sich seine gebrochene Nase während Lucious’ Männer Gold und Silber in einen Sack stopften. Eine Frau im Gewand einer Priesterin kümmerte sich um ihn. Lucious bemerkte die blonde Strähne, die unter ihrer Kutte hervorguckte. Die Ähnlichkeit ihrer feinen Züge ließ ihn einen Moment stutzen.
„Das könnt ihr nicht machen“, beharrte die Frau. „Wir sind ein Tempel!“
Lucious griff nach ihr und streifte ihr die Kapuze vom Kopf um sie sich genauer anzusehen. Sie war keine Doppelgängerin von Stephania – keiner Frau von niederer Herkunft wäre das gelungen – aber sie war ihr ähnlich genug, um sie eine Weile zu behalten. Zumindest bis ihm langweilig wurde.
„Ich wurde vom König gesandt“, sagte Lucious. „Sag mir nicht, was ich nicht tun könnte!“
Zu viele Menschen in seinem Leben hatten das versucht. Sie hatten versucht ihn in seine Schranken zu weisen, wenn er doch die einzige Person des Reichs war, dem alles offen stand. Seine Eltern hatten es versucht, doch er würde schließlich eines Tages König sein. Er würde König sein, was auch immer er in der Bibliothek gefunden hatte als der alte Cosmas geglaubt hatte, er sei zu dumm, um zu verstehen. Thanos würde lernen, wo sein Platz war.
Lucious griff fester nach dem Haar der Priesterin. Auch Stephania würde lernen, wohin sie gehörte. Wie konnte sie es wagen, Thanos zu heiraten, als wäre er der begehrte Prinz? Nein, Lucious würde einen Weg finden, um das richtigzustellen. Er würde einen Keil zwischen Thanos und Stephania treiben, so wie er die Häupter von allen seinen Widersachern gespalten hatte. Er würde sich Stephania zur Frau nehmen, schließlich gehörte sie nicht nur Thanos, sondern war auch das perfekte Beiwerk für jemanden seines Ranges. Er würde es genießen und bis dahin würde ihm die Priesterin, die er sich hier geangelt hatte, als Ersatz dienen.
Er warf sie einem seiner Männer zur Obhut zu und setzte seine Suche nach weiterer Unterhaltung im Dorf fort. Als er nach draußen trat sah er, wie zwei seiner Männer einen Dorfbewohner, der versucht hatte davonzulaufen, mit ausgebreiteten Armen festbanden.
„Warum habt ihr den am Leben gelassen?“ fragte Lucious.
Einer von ihnen grinste. „Tor hier hat mir von etwas erzählt, das sie Nordmänner tun. Sie nennen es den Blutadler.“
Das gefiel Lucious. Er war schon drauf und dran nachzufragen, worum es sich genau handelte, als er den Ruf einer seiner Späher, die nach Rebellen Ausschau halten sollten, vernahm. Lucious wandte sich um, doch anstatt eine näherkommende Horde Abschaum zu erblicken, sah er eine einzelne Person auf einem Pferd, das in seiner Größen seinem eigenen entsprach, näherkommen. Lucious erkannte augenblicklich die Rüstung.
„Thanos“, sagte er. Er schnipste mit den Fingern. „Nun, es sieht so aus, als würde der heutige Tag interessanter werden als ich angenommen hatte. Bring mir noch einmal meinen Bogen.“
***
Thanos trieb sein Pferd voran als er sah, was sein Halbbruder im Zuge war zu tun. Jeder noch verbliebende Zweifel Stephania zurückgelassen zu haben, verpuffte in der Hitze seiner Wut beim Anblick der toten Bauern, der Sklavenhalter und des an den Baum gefesselten Mannes.
Er sah, wie Lucious nach vorne trat und seinen Bogen hob. Für einen Augenblick konnte Thanos nicht glauben, dass er das tun würde, aber warum auch nicht? Lucious hatte schon zuvor versucht ihn umzubringen.
Er sah, wie der Pfeil von der Sehne pfiff und hob gerade noch rechtzeitig sein Schild. Der Kopf des Pfeils traf das Metall seines Schilds bevor er daran abprallte. Ein zweiter Pfeil folgte sogleich und dieses Mal bohrte er sich hindurch und blieb nur wenige Zentimeter von Thanos’ Gesicht im Holz stecken.
Thanos drängte sein Pferd nach vorne als ein dritter Pfeil an ihm vorbeisauste. Er sah, wie Lucious und seine Männer aus dem Weg sprangen als er über die Stelle, wo sie gestanden hatten, hinwegraste. Er drehte und zog in dem Moment sein Schwert als Lucious wieder auf die Füße kam.
„Thanos, so schnell. Jeder hier würde annehmen, dass du erfreut bist, mich wiederzusehen.“
Thanos richtete sein Schwert auf Lucious’ Herz. „Das hört jetzt auf, Lucious. Ich werde nicht zulassen, dass du auch nur noch einen einzigen mehr aus unserem Volk tötest.“
„Unserem Volk?“ konterte Lucious. „Es ist mein Volk, Thanos. Meines, mit dem ich anstellen kann, was ich will. Darf ich es dir demonstrieren.“
Thanos sah, wie er sein Schwert zog und auf den am Baum festgebundenen Mann zulief. Thanos erkannte, was sein Halbbruder vorhatte und setzte sein Pferd erneut in Gang.
„Haltet ihn still“, ordnete Lucious an.
Seine Männer sprangen gehorsam auf. Einer trat auf Thanos zu und hielt ihm einen Speer vor sein Gesicht. Thanos wehrte ihn mit seinem Schild ab, hieb die Spitze der Waffe mit seiner Klinge ab und trat nach dem Mann, sodass er rücklings zu Boden ging. Er stach einen anderen nieder, der auf ihn zu gerannt kam, indem er sein Schwert kurz durch das Kettenhemd des Mannes in dessen Schulter rammte.
Er drängte unter dem Druck seiner Widersacher nach vorne. Lucious lief immer noch auf das von ihm ausgewählte Opfer zu. Thanos schwang sein Schwert gegen einen von Lucious’ Gaunern und eilte auf Lucious zu, der nun auch sein Schwert zog. Thanos schaffte es gerade noch sein Schild dazwischen zu heben, als schon der Schlag kam und das Geräusch von Metall auf Metall hörbar wurde.
Lucious griff nach seinem Schild.
„Du bist vorhersehbar, Thanos“, sagte er. „Mitgefühl war schon immer deine Schwäche.“
Er übte einen solchen Druck aus, dass Thanos vom Sattel gerissen wurde. Er rollte sich rechtzeitig herum, um einem Schwerthieb auszuweichen. Er befreite seinen Arm aus der Halterung seines Schilds und griff sein Schwert mit beiden Händen als Lucious’ Männer wieder auf ihn zukamen. Er sah, dass sein Pferd davongaloppierte, doch das bedeutete lediglich, dass er nun den Höhenvorteil nicht mehr haben würde.
„Tötet ihn“, sagte Lucious. „Wir werden es den Rebellen anhängen.“
„Darin bist du gut, oder?“ schoss Thanos zurück. „Es ist schade, dass du nicht ihm Stande bist, irgendetwas fertigzubringen.“
Einer von Lucious’ Männern rannte auf ihn zu und schwenkte eine Keule mit Dornen. Als er die Keule schon halb geschwungen hatte, versetzte Thanos ihr einen diagonalen Schnitt, wirbelte dann mit seinem Schwert herum, um so die anderen auf Abstand zu halten.
Sie zögerten nicht lange, als hätten sie gewusst, dass ihre Hoffnung, Thanos im Alleingang zu besiegen, aussichtslos war. Thanos wich zurück bis er mit dem Rücken an der nächstgelegenen Hauswand stand, denn so konnten seine Gegner ihn nicht umzingeln. Drei Männer waren nun in seiner Nähe, einer mit einer Axt, einer mit einem kurzen Schwert und einer mit einer gebogenen sichelähnlichen Klinge.
Thanos hielt sein Schwert nahe bei sich und beobachtete sie, denn er wollte keinem der Söldner die Chance geben, seine Klinge lange genug in einen Kampf zu verwickeln, dass er sich für die anderen angreifbar machte.
Derjenige mit dem kurzen Schwert zu Thanos’ Rechten versuchte sein Glück. Thanos wehrte ihn halb ab und hörte das Klappern seiner Rüstung. Ein Instinkt riet ihm sich umzudrehen und sich zu ducken, gerade rechtzeitig um der Axt in der linken Hand des Mannes auszuweichen. Thanos brachte den Lumpen mit einigen Hieben auf Knöchelhöhe zu Fall. Dann zog er sein Schwert zurück und schlug rücklings zu. Er hörte einen Schrei als der erste Mann in seine Klinge lief.
Der mit der gebogenen Klinge griff mit mehr Vorsicht an.
„Greif ihn an! Töte ihn!“ forderte Lucious mit offenkundiger Ungeduld. „Oh, ich werde mich selbst darum kümmern!“
Thanos wehrte den Schlag des hinzukommenden Prinzen ab. Er bezweifelte, dass Lucious diesen Schritt gewagt hätte, wenn nicht noch ein zweiter Mann zu seiner Hilfe dagewesen wäre und vielleicht waren auch schon mehr auf dem Weg. Alles was Lucious eigentlich tun musste, war, ihn hinzuhalten und Thanos würde sich mit einer ungeheuren Anzahl von Kämpfern konfrontiert sehen.
Thanos würde also keine Sekunde vergeuden. Er griff an. Es folgte ein Schlag auf den anderen, immer im rhythmischen Wechselspiel zwischen Lucious und dem Gauner, den Lucious mitgebracht hatte. Dann hielt er plötzlich inne. Der Sichelkämpfer schnitt ins Leere. Thanos schlug in den entstandenen Freiraum und der Kopf des Mannes flog von dannen.
Sofort ging er auf Lucious los, heftete seine Klinge an die seine. Lucious trat nach ihm, doch Thanos wich den Tritten aus und griff über den Metallschutz von Lucious’ Schwert nach dessen Knauf. Thanos riss es nach oben, befreite die Klinge aus Lucious’ Hand und schmiss sie neben ihn. Seine Klinge prallte gegen Lucious’ Bruststück. Lucious zog einen Dolch und Thanos änderte den Griff um sein Schwert, so dass er das Ende seines Hefts senkte und so mit der Parierstange Lucious’ Knie zu fassen bekam.
Er zog und Lucious ging zu Fall. Thanos trat mit voller Kraft den Dolch aus seiner Hand.
„Sag mir noch einmal, dass Mitgefühl meine Schwäche sei“, sagte Thanos und hob die Spitze seines Schwertes an Lucious’ Hals.
„Das wagst du nicht“, sagte Lucious. „Du willst mir doch nur Angst machen.“
„Dir Angst machen?“ sagte Thanos. „Wenn ich glauben würde, dass es genügen würde, dir Angst zu machen, dann hätte ich dich schon vor Jahren zu Tode erschreckt. Nein, ich werde das zu Ende bringen.“
„Zu Ende bringen?“ sagte Lucious. „Es wird nicht enden, Thanos. Nicht bis ich gewonnen habe.“
„Darauf kannst du lange warten“, versicherte ihm Thanos.
Er hob sein Schwert. Ich musste es tun. Lucious musste aufgehalten werden.
„Thanos!“
Thanos blickte in die Richtung, aus der Stephanias Stimme gekommen war. Zu seiner Überraschung sah er sie auf ihn zureiten, allein und in vollem Galopp. Sie trug ein Reitkostüm, das sich sehr von der eleganten Kleidung unterschied, die sie normalerweise trug. So wie es aussah, hatte sie sich in großer Eile angezogen.
„Thanos, nicht!“ schrie sie als sie näher kam.
Thanos umklammerte das Schwert noch energischer. „Nach allem was er getan hat, glaubst du etwa nicht, dass er es verdient?“
„Es geht nicht um das, was er verdient“, sagte Stephania und stieg von ihrem Pferd. „Es geht darum, was du verdienst. Wenn du ihn tötest, dann werden sie dich dafür umbringen. So wird es sein und ich will dich nicht auf diese Art verlieren.“
„Hör auf sie, Thanos“, sagte Lucious, der auf dem Boden lag.
„Sei still“, fauchte Stephania. „Oder willst du ihn ermutigen, dich umzubringen?“
„Er muss aufgehalten werden“, sagte Thanos.
„Nicht so“, beharrte Stephania. Thanos spürte, wie ihre Hand auf seinem Arm das Schwert zur Seite drehte. „Nicht auf einem Weg, der auch dich tötet. Du hast mir versprochen, dass du mir den Rest unserer Leben gehörst. Willst du, dass es so schnell vorbei ist?“
„Stephania – “ begann Thanos, doch sie ließ ihn nicht aussprechen.
„Und was ist mit mir?“ fragte sie. „In was für eine Gefahr bringst du mich, wenn mein Mann den Thronerben tötet? Nein, Thanos. Lass es sein. Tu es für mich.“
Hätte ihn jemand anderes darum gebeten, so hätte Thanos nicht auf ihn gehört. Es stand zu viel auf dem Spiel. Doch er durfte Stephania nicht in Gefahr bringen. Er schlug sein Schwert nur wenige Zentimeter an Lucious’ Kopf vorbei in den Schlamm. Lucious rollte sich bereits zur Seite und rannte auf sein Pferd zu.
„Das wirst du bereuen!“ rief Lucious zurück. „Ich verspreche dir, dass du es bereuen wirst!“
KAPITEL FÜNF
Als er und Stephania zurückkehrten, sah Thanos, wie die Wachen ihn bereits an der langen Brücke des Stadttores erwarteten. Er hob sein Kinn und setzte seinen Ritt fort. Er hatte es icht anders erwartet. Und er würde nicht davor davonlaufen.
Stephania sah sie offenbar auch. Thanos sah, wie sich ihr Körper im Sattel anspannte, wie ihr entspannter Körper innerhalb einer Sekunde eine überkorrekte Haltung annahm. Es war als würde sie eine Maske aufsetzen, und Thanos streckte automatisch seine Hand aus, um sie auf die ihren, die die Zügel hielten, zu legen.
Die Wache kreuzte ihre Helmbarten, um ihnen den Weg zu versperren als sie sich näherten. Thanos brachte sein Pferd zum Stehen. Er stellte sich zwischen Stephania und die Wachen nur für den Fall, Lucious hatte sie bezahlt, ihn anzugreifen. Er sah, wie sich ein Offizier aus der Gruppe von Wachmännern löste und salutierte.
„Prinz Thanos, willkommen zurück in Delos. Meinen Männern und mir wurde aufgetragen Euch zum König zu eskortieren.“
„Und wenn mein Mann sich weigert Folge zu leisten?“ fragte Stephania in einem Ton, dem das gesamte Reich gefolgt wäre.
„Vergebt mir, Gnädige Frau“, sagte der Offizier, „doch der König hat uns klare Anweisungen gegeben.“
Thanos hob eine Hand bevor Stephania einen Diskussion anzetteln konnte.
„Ich verstehe“, sagte er. „Ich werde mitkommen.“
Die Wächter gingen voraus und man musste ihnen zugute halten, dass es ihnen tatsächlich gelang, es wie eine Eskorte aussehen zu lassen. Sie führten ihn durch Delos, und Thanos bemerkte, dass die von ihnen gewählte Route, durch die von Bäumen und herrschaftlichen Häusern gesäumten Straßen, sie durch die schönsten Teile der Stadt führte und die schlimmsten Stadtteile vermied, auch wenn sie einen unmittelbareren Weg geboten hätten. Vielleicht versuchten sie sich schlicht an die sicheren Viertel zu halten. Doch vielleicht dachten sie auch, dass Adlige wie Thanos und Stephania die Misere, die es andernorts gab, nicht sehen wollten.
Schon bald thronten die Mauern des Schlosses vor ihnen. Die Wache führte ihnen den Weg durch die Tore, und Burschen nahmen sich ihren Pferden an. Der Weg durch das Schloss fühlte sich durch die vielen Wachen, die sie in der Enge der Schlossgänge umgaben, bereits feindseliger als gewöhnlich an. Stephania nahm Thanos’ Hand und er drückte sie sanft und in Zusicherung.
Als sie die königlichen Gemächer erreicht hatten, versperrte ihnen die vor der Tür postierte königliche Leibgarde den Weg.
„Der König wünscht Prinz Thanos allein zu sprechen“, sagte einer.
„Ich bin seine Frau“, sagte Stephania in einem derart kalten Tonfall, der, so vermutete Thanos, die meisten Leute sofort zur Seite hätte weichen lassen.
Doch die königliche Leibgarde schien gänzlich unbeeindruckt. „Das tut nichts zur Sache.“
„Es ist schon gut“, sagte Thanos.
Als er eintrat, wartete der König bereits auf ihn. König Claudius stand auf ein Schwert, dessen Heft die Tentakel eines sich windenden Kraken bildeten, gelehnt da. Es reichte ihm beinahe bis zur Brust, und Thanos war sich sicher, dass die Klinge überaus scharf war. Thanos hörte, wie die Tür hinter ihm zuschlug.
„Lucious hat mir erzählt, was du getan hast“, sagte der König.
„Ich bin sicher, dass er sofort zu dir gerannt ist“, antwortete Thanos. „Hat er dir auch erzählt, was er in jenem Moment gerade vorhatte?“
„Er tat, was ihm befohlen worden war“, polterte der König, „der Rebellion entgegenzuwirken. Doch du bist losgezogen und hast ihn angegriffen. Du hast seine Männer getötet. Er sagt, dass du ihn nur durch eine List besiegt hast und dass du ihn getötet hättest, wenn Stephania nicht dazwischen gegangen wäre.“
„Wie kann das Schlachten von Dorfbewohnern die Rebellion aufhalten?“ konterte Thanos.
„Dich interessieren die Bauern mehr als dein eigenes Verhalten“, sagte König Claudius. Er hob das Schwert, das er hielt, als würde er es wiegen. „Es ist Verrat, den Sohn des Königs anzugreifen.“
„Ich bin des Königs Sohn“, erinnerte ihn Thanos. „Du hast Lucious nicht hinrichten lassen, nachdem er versucht hatte mich zu töten.“
„Deine Geburt ist der einzige Grund, weshalb du noch am Leben bist“, antwortete König Claudius. „Du bist mein Sohn, doch gleiches gilt auch für Lucious. Du hast nicht das Recht, ihn zu bedrohen.“
Wut stieg in Thanos auf. „Ich bekomme nichts Greifbares. Nicht einmal die Anerkennung meiner Person.“
In einer Ecke des Raumes standen Statuen, die berühmte Ahnen des Königshauses darstellten. Sie fielen nicht sofort ins Auge, waren fast versteckt, als wollte der König nicht an sie erinnert werden. Dennoch deutete Thanos auf sie.
„Lucious kann sich auf diese dort berufen und seine rechtmäßige Macht, die bis zu den Gründungstagen des Reiches zurückreicht, einfordern“, sagte er. „Er kann sich auf die Rechte all jener berufen, die den Thron bestiegen haben, nachdem die Uralten Delos verlassen hatten. Und was habe ich? Vage Vermutungen über meine Geburt? Verschwommene Bilder von Eltern, die vielleicht nicht einmal wirklich gelebt haben?“
König Claudius schritt durch den Raum auf seinen großen Stuhl zu. Er setzte sich und legte das Schwert, das er hielt, auf seine Knie.
„Du hast einen ehrhaften Platz am Hof“, sagte er.
„Einen ehrhaften Platz am Hof?“, antwortete Thanos. „Ich bin der Ersatzprinz, den niemand wirklich will. Lucious war vielleicht derjenige, der versucht hat, mich auf Haylon zu töten, aber du warst derjenige, der mich erst dorthin gesandt hatte.“
„Die Rebellion muss zerschlagen werden, wo auch immer sie aufkeimt“, erwiderte der König. Thanos sah, wie er mit seinem Daumen die Klinge des Schwertes entlangfuhr. „Das musstest du lernen.“
„Oh, das habe ich“, sagte Thanos und bewegte sich nach vorne bis er vor seinem Vater stand. „Ich habe gelernt, dass du mich lieber los sein würdest als mich anzuerkennen. Ich bin dein ältester Sohn. Kraft der Gesetze des Reichs sollte ich der Thronerbe sein. Der älteste Sohn ist seit den ersten Tagen von Delos der rechtmäßige Thronerbe.“
„Der älteste überlebende Sohn“, sagte der König leise. „Denkst du, du hättest überlebt, wenn die Leute es gewusst hätten?“
„Tu nicht so, als hättest du mich beschützt“, antwortete Thanos. „Du hast dich selbst geschützt.“
„Besser als Zeit damit zu vergeuden, für Menschen zu kämpfen, die es nicht verdient haben“, sagte der König. „Weißt du eigentlich, wie das aussieht, wenn du umherziehst und Bauern beschützt, die ihren Platz kennen sollten?“
„Es sieht nach jemandem aus, der sich um sie kümmert!“ rief Thanos. Er konnte seine Stimme nicht länger gesenkt halten, denn es erschien ihm der einzige Weg, seinen Vater überhaupt noch zu erreichen. Vielleicht konnte er ihn zur Vernunft bringen und das Reich zu einem besseren Ort machen. „Es sieht so aus, als wären ihre Herrscher nicht auch ihre Feinde, die sie töten wollten, sondern Menschen die sie respektieren. Es sieht so aus, als würden uns ihre Leben etwas bedeuten und wären nicht etwas das wir auf einer unserer pompösen Feste einfach beiseite werfen!“
Der König schwieg eine lange Weile. Thanos konnte den Zorn in seinen Augen sehen. Es machte ihm nichts aus. Es entsprach der Wut, die Thanos selbst spürte.
„Knie dich hin“, sagte König Claudius schließlich.
Thanos zögerte, nur für eine Sekunde, doch es war anscheinend lange genug.
„Knie dich hin!“ bellte der König. „Oder willst du, dass ich dich dazu bringe? Ich bin noch immer der König hier!“
Thanos kniete sich auf den harten Steinboden vor den Stuhl des Königs. Er sah, wie der König mit großer Mühe das Schwert hob, so als wäre es lange her seitdem er dies das letzte Mal getan hatte.
Thanos’ Gedanken wanderten zu dem Schwert, das er an seiner Seite trug. Er bezweifelte nicht, dass es als Gewinner hervorgehen würde, wenn es zu einem Kampf zwischen ihm und dem König käme. Er war jünger, stärker und hatte mit den Besten, die das Stadion zu bieten hatte, gekämpft. Aber das hieße, seinen eigenen Vater zu töten. Mehr als das, wäre es wirklich Vaterlandsverrat.
„Ich habe in meinem Leben vielerlei gelernt“, sagte der König mit noch immer erhobenem Schwert. „Als ich so alt war wie du, war ich genauso wie du. Ich war jung, ich war stark. Ich kämpfte und ich kämpfte gut. Ich habe Männer in der Schlacht getötet und in Duellen im Stadion. Ich habe für all das gekämpft, was ich für richtig erachtete.“
„Was ist mit dir geschehen?“ fragte Thanos.
Die Lippen des Königs verzogen sich höhnisch. „Ich habe dazugelernt. Ich habe lernen müssen, dass, wenn man den Menschen eine Chance gibt, sie dir nicht gleichermaßen entgegenkommen. Sie versuchen anstatt dich zu stürzen. Ich habe versucht, Mitgefühl zu zeigen und die Wahrheit ist, dass es nichts als Dummheit ist. Wenn sich ein Mann gegen dich auflehnt, dann musst du ihn zerstören, denn wenn du es nicht tust, wird er dich zerstören.“
„Oder du machst ihn zum Freund“, sagte Thanos, „und er hilft dir, die Dinge zum besseren zu wenden.“
„Freunde?“ König Claudius hob sein Schwert noch höher. „Männer die Macht haben, haben keine Freunde. Sie haben Verbündete, Bedienstete und Mitläufer, aber glaube nicht, dass sie sich im nächsten Augenblick nicht gegen dich wenden. Ein aufmerksamer Mann hält sie an ihrem Platz oder er wird zusehen müssen, wie sie sich gegen ihn erheben.“
„Die Menschen verdienen etwas besseres“, beharrte Thanos.
„Du glaubst, dass Menschen das bekommen, was sie verdienen?“ polterte König Claudius. „Die nehmen, was sie kriegen! Du sprichst so, als wären diese Menschen uns gleichgestellt. Das sind sie nicht. Wir werden von Geburt an darauf vorbereitet zu herrschen. Wir sind gebildeter, stärker, besser in jeglicher Hinsicht. Du willst Schweinehirten neben dir am Hof haben während ich ihnen zeigen will, wo ihr Schweinestall ist. Lucious versteht das.“
„Lucious versteht nichts als Grausamkeit“, sagte Thanos.
„Genau diese Grausamkeit braucht man um zu herrschen!“
Thanos sah, wie der König das Schwert schwang. Vielleicht hätte er sich ducken können. Vielleicht hätte er sogar nach seiner eigenen Klinge greifen können. Doch er blieb dort knien und sah, wie das Schwert einen Bogen schlug und auf seinen Hals zukam.
Es blieb kurz vor seinem Hals stehen, doch nicht weit von ihm entfernt. Thanos spürte das Brennen, als die Klinge sein Fleisch berührte, doch er reagierte nicht, wie sehr er es auch gewollt hätte.
„Du hast nicht gezuckt“, sagte König Claudius. „Du hast kaum geblinzelt. Lucious hätte es. Er hätte wahrscheinlich um sein Leben gebettelt. Das ist seine Schwäche. Doch hat Lucious das Vermögen, das zu tun, was notwendig ist, um unsere Herrschaft zu sichern. Deshalb ist er mein Erbe. Bis du dir diese Schwäche aus dem Herzen gewrungen hast, werde ich dich nicht anerkennen. Ich werde dich nicht mein nennen. Und wenn du meinem anerkannten Sohn noch einmal drohen solltest, dann wirst du mit deinem Kopf dafür bezahlen. Hast du das verstanden?“
Thanos stand auf. Er hatte es satt, vor diesem Mann zu knien. „Ich habe es verstanden, Vater. Ich habe dich bestens verstanden.“
Er drehte sich um und lief auf die Türen zu ohne auf eine Erlaubnis zu warten. Was konnte sein Vater schon tun? Es würde ihn schwach aussehen lassen, wenn er ihn zurückriefe. Thanos trat durch die Tür, wo Stephania auf ihn wartete. Es sah so aus, als hätte sie ihre Selbstbeherrschung zum Wohle der Leibgarde bewahrt, doch in dem Moment als Thanos durch die Tür kam, lief sie auf ihn zu.
„Geht es dir gut?“ fragte Stephania und hob eine Hand an seine Wange. Sie ließ sie weiter nach unten fahren und Thanos sah, dass Blut an ihrer Hand haftete als sie sie zurückzog. „Thanos, du blutest!“
„Es ist nur ein Kratzer“, versicherte Thanos ihr. „Das muss noch von dem Kampf vorhin sein,“
„Was ist dort drinnen geschehen?“, fragte sie.
Thanos zwang sich zu einem Lächeln, aber es gelang ihm nicht recht. „Seine Majestät hat sich dazu entschlossen, mich daran zu erinnern, dass Lucious, obwohl wir beide Prinzen sind, ihm wichtiger ist als ich.“
Stephania legte ihre Hände auf seine Schultern. „Ich habe dir gesagt, Thanos. Es war nicht der richtige Zeitpunkt. Du darfst dich nicht so in Gefahr bringen. Du musst mir versprechen, mir zu vertrauen und nie wieder so etwas Dummes zu tun. Versprich es mir.“
Er nickte.
„Weil du es bist, meine Liebe, werde ich es dir versprechen.“
Sein Versprechen war aufrichtig. Lucious so offen anzugreifen war nicht die richtige Strategie, denn es erzielte nicht die gewünschte Wirkung. Lucious war gar nicht das Problem. Das gesamte Reich war das Problem. Für einen kurzen Augenblick hatte er geglaubt, den König überzeugen zu können, die Dinge anders anzugehen, doch in Wahrheit wollte sein Vater gar nicht, dass sie sich änderten.
Nein, der einzig wahre Weg der ihm jetzt noch blieb, war, die Rebellion zu unterstützen. Nicht nur die Rebellen auf Haylon, alle von ihnen. Allein konnte Thanos nicht viel bewirken, doch zusammen, könnte es ihnen gelingen, das Reich zu stürzen.
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