Kitabı oku: «Tara»
Nancy Omreg
Tara
Blutroter Nebel
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Die Reise beginnt
Erice
Auf ins Unbekannte
Flugbekanntschaft
Bukarest
Und die Party geht weiter
Heiße Spur
Vampire, zeigt euch
Vlad, der Retter
Zarte Bande
Um jeden Preis
Jagd auf Leben und Tod
Finnland
Helsinki rocks
Zweifel
Gefühlte Erinnerungen
Hoffnungsschimmer
Bittere Wahrheit
Visionen
Die Wüste ruft
Sahara
Tristan
Tot oder lebendig
Entscheidungen
Reisevorbereitungen
Zeit des Wartens
Zwischen Leben und Tod
Überflug
Und der Sarg passt doch...
Fahrt nach Hause
Wiedersehen
Bange Zeiten
Zeit Zusammen
Auf den Spuren vergangener Zeiten
Das Holländische Viertel
Unverhofftes Wiedersehen
Was wäre, wenn...?
Wenn der Tod leben bringt
Folgenschwere Entscheidung
Geheimnisse
Zeit für Erklärungen
Zu viele Informationen
Falscher Adressat
Alles auf Sicherheit
Unerwartetes Wiedersehen
Wiedervereint
Seelenverwandte
Sechs Fuß tief
Heldentat
Beichte
In ein neues Leben
Zeit zu zweit
Gedankenspiele
Auch ein Toter muss Putzen
Neue Möglichkeiten
Abschied
Shoppingzeit
Fortpflanzungsfrage
Harte Fakten
Weihnachtsvorbereitungen
Diskussionen
Weihnachten
Hoffest
Weil ich dich liebe
Freundschaftsdienst
Vorbereitungen
Silvesternacht
Neujahresmorgen
Zeugung unter Zeugen
Unerwartet
Schlechte Nachricht
Aufbruch
Widmung
Danksagung
Autorenvita
Bisherige Veröffentlichungen
Buchempfehlungen
Taras Kartoffelsalat
Impressum neobooks
Die Reise beginnt
Nancy Omreg
Tara – Blutroter Nebel
Aus der Reihe „Tara und Tristan“, Band 2
Nancy Omreg
Tara
Blutroter Nebel
Impressum
Texte: © 2022 Copyright by Nancy Omreg
Umschlag: © 2022 Coverdesign copyright by:
Nadine Merschmann
https://coverfunken.jimdosite.com/
Bildmaterial: ©Depositphotos.com
Verantwortlich für den Inhalt:
Nancy Omreg
c/o autorenglück.de
Franz-Mehring-Str. 15
01237 Dresden
nancyomreg@web.de
Druck: neobooks – ein Service der Neopubli
GmbH, Berlin
8.15 Uhr. Gebannt starrte ich auf den Lautsprecher, dass er endlich das Boarding ausrufen würde. Ich war bereit. Mein Flugzeug scheinbar noch nicht, denn eigentlich sollte es bereits vor fünfzehn Minuten starten.
8.18 Uhr. Meine Augen wechselten schnell zwischen der großen Uhr im Warteraum und dem Lautsprecher, um diesen erneut zu fixieren. Am liebsten wäre ich wie wild durch den Raum gelaufen, dieses Herumsitzen machte mich noch wahnsinnig. Aber ich hatte Sorge, dass ich mich in meiner Aufregung zu schnell bewegen würde. Schon im Sitzen hatte ich damit zu kämpfen menschlich zu wirken. Auf gar keinen Fall wollte ich Aufsehen erregen und die Security auf irgendeine Art und Weise auf mich aufmerksam machen. Um nichts auf dieser Welt wollte ich diesen Flug verpassen. Der Flug, der mich hoffentlich zu Tristan bringen würde. Der Flug, der mich auf jeden Fall zu unserem Rückzugsplatz bringen würde: Erice, der Ort an dem wir geheiratet hatten.
Es machte Sinn meine Suche bei Pietro zu starten. Wenn jemand wusste, wo Tristan war, dann bestimmt er. Ich hoffte darauf, dass Tristan auch dieses Mal ihn aufgesucht hatte, nachdem er mich…, naja..., nachdem er mich wieder getötet hatte. Pietro war meine einzige Hoffnung, der einzige Strohhalm, an dem ich mich klammern konnte. Wenn er mir nichts über Tristan sagen könnte, würde meine Reise beendet sein, noch bevor sie richtig begonnen hatte. So sehr ich mich auch freuen würde, schnell wieder bei Maja und Fine zu sein, so wollte ich doch auf keinen Fall ohne Tristan zurückkehren.
Fine wollte mich zum Flughafen bringen, doch ich hatte darauf bestanden mich bei allen zu Hause zu verabschieden. Ich hatte Angst, dass ich mich nicht dazu überwinden könnte meine Maja zurückzulassen. Ihr Lachen fehlte mir schon jetzt.
Verstohlen blinzelte ich eine Blutsträne weg, als ich an meine Patennichte dachte. Nein, keine Emotionen mehr, zumindest bis ich Tristan gefunden hatte. Ich musste jetzt stark sein. Er hatte mich über Jahrhunderte immer wieder gefunden. Nun war es an mir, selbiges zu tun.
8.23 Uhr. Nervös tippte ich mit dem Finger auf die Armlehne. Immerhin ließ mich dies menschlicher erscheinen. Bevor ich heute Morgen losgezogen war, hatte ich meiner Biografin noch einmal geschrieben und ihr die letzten Anmerkungen zu meiner Geschichte gesendet. Nun war ich gespannt, was sie aus meinen Notizen machen würde. Vor allem hoffte ich, dass sie meine Geschichte an einen Verlag verkaufen könnte, der sie richtig groß herausbrachte. Sie sollte soweit bekannt werden, dass Tristan nicht umhinkam, darauf aufmerksam zu werden. Meine Biografin hatte mir versprochen, mich auf dem Laufenden zu halten.
8.27 Uhr. Jetzt reichte es mir. Ich entschloss das Boardingpersonal um Auskunft zu bitten. Ja, ich war eine Vampirin mit einer unendlichen Menge an Zeit, aber in diesem Moment nahm ich es auf menschlicher Weise sehr genau mit der elendigen Verspätung. Gerade als ich auf eine der Schaltuchträgerinnen losstürmen wollte, bewahrte mich die Lautsprecheransage vor größeren Dummheiten. Krächzend und hallend verkündete sie, dass das Flugzeug nun betreten werden konnte.
Mit einem Handgriff nahm ich mein Handgepäck auf und stand als Erste bereit das Gate zu erstürmen.
Aus dem Sturm wurde eher eine gemütliche Kaffeefahrt im Boardingbus, aber immerhin ging es voran. Wenige Minuten später saß ich endlich auf meinem Fensterplatz in der Boeing.
Neben mich setzte sich ein dicker Mann mittleren Alters und daneben einer dieser „Junior Sales“-Typen. Warum musste ich auch Business Class fliegen? Hätte ich nur die First Class gewählt, aber irgendwie kam ich mir dabei zu versnobt vor.
Der dicke Mann rasselte beim Atmen. Er lockerte seine Krawatte und zwinkerte mir zu.
Der Junior-Typ tippte noch etwas nervös in sein Handy ein, bevor er es ausschalten musste. Dann nahm er eine Men's Health aus seiner Aktentasche und bestellte sich einen Tomatensaft.
Auf den würde er noch warten müssen, schließlich mussten wir erst noch abheben. Wahrscheinlich war er es gewohnt, stets bevorzugt behandelt zu werden.
Ich schaute wieder zum Fenster heraus. Die Treppe wurde weggerollt. Der Flugkapitän begrüßte uns mit russischem Akzent und beendete seine Durchsage mit einem Flugwitz.
Endlich fing die Maschine an zu rollen. Es war erst mein dritter Flug in meinem Leben und der erste allein. Ich wusste zwar, dass ein Absturz mich nicht töten würde, dennoch überkam mich ein menschliches Unwohlsein.
Der dicke Mann an meiner Seite schien dies zu spüren, denn er drehte sich mir zu. „Uns kann hier nichts passieren. Immerhin sitzt doch schon ein Engel hier“, er zwinkerte wieder. Ich zwang mir ein höfliches Lächeln ab und widmete mich wieder meinem Fenster.
Inzwischen hatten wir unsere Flughöhe erreicht. Der Junior-Typ bekam seinen Tomatensaft und ich bekam… Klaus-Dieter Herrmann.
So hieß der dicke Mann an meiner Seite, wie ich nun erfuhr. Nach zwei Minuten wusste ich auch, wie seine Geschwister hießen, was sein Wellensittich am liebsten fraß und warum der FC Bayern München der beste Verein war.
Klaus-Dieter war frisch geschieden, seine Kinder lebten bei seiner Ex-Frau und er wäre nun wieder frei für Spaß und Liebe. Er zwinkerte mir so oft zu, dass ich stellenweise überlegte, ob es gewollt war oder er einen Schlaganfall bekam. Leider schien ich so viel Glück nicht zu haben. Stattdessen entpuppte sich Klaus-Dieter als echte Witzkanone. Einen Gassenhauer nach dem nächsten haute er heraus.
Während die Witze immer schmutziger wurden, überlegte ich, wie es seine Frau überhaupt so lange mit ihm aushalten konnte.
Der Junior-Typ schien mit seiner Zeitung fertig zu sein und beäugte mich selbstsicher. Er schien wohl auch gewöhnt zu sein, sich die Frauen zu nehmen, die er wollte.
„Sollte sie der Mann stören, kann ich auch gern mit ihm die Plätze tauschen“, raunte er mir über die Schulter von Klaus-Dieter zu. Ja…, die Wahl zwischen Pest und Cholera…, klasse. Nächstes Mal definitiv First Class, schwor ich mir.
Klaus-Dieter schien langsam die Luft auszugehen. Er gähnte und beschloss ein kleines Nickerchen zu machen.
Der Junior-Typ nutzte die Gelegenheit, um sich nun ins Rampenlicht zu stellen. Gott, wie lange konnte dieser Flug noch dauern?!
Während der Junior-Typ Marcus, „mit C, nicht mit K“, mir von seinen tollen Brokererfolgen berichtete, rutschte Klaus-Dieters schlafender Kopf auf meine Schulter. Zum Glück ging es in diesem Moment endlich zum Landeanflug über. Die Stewardess weckte Klaus-Dieter und Marcus war wieder mit dem Verpacken seiner Zeitung beschäftigt.
Ich glaubte, ich klatschte am lautesten von allen, als der Flugkapitän das Flugzeug gelandet hatte. Nicht vor Erleichterung, dass wir sicher gelandet waren, sondern, weil ich endlich den beiden Testosteronbolzen entkommen konnte.
Eilig steckte mir Marcus noch seine Visitenkarte zu. Klaus-Dieter schien dies beobachtet zu haben und sich nun zu ärgern, dass er nicht selbst diesen Einfall gehabt hatte.
Schnell hatte ich mein Handgepäck aufgenommen und rannte förmlich aus dem Flugzeug.
Erst, als ich meinen Rollkoffer vom Band genommen und den Flughafen verlassen hatte, konnte ich durchatmen. Die Männer war ich los und ich war endlich auf Sizilien.
Erice
Es war ein äußerst merkwürdiges Gefühl wieder hier zu sein. Auf der einen Seite freute ich mich, denn die Erinnerungen bewirkten, dass ich mich Tristan wieder so nah fühlte, als wäre er an meiner Seite. Umso schmerzlicher war es mir bewusst zu werden, dass ich dieses Mal allein hier stand.
Ich schloss für einen kurzen Moment die Augen und sah uns als frisch verheiratetes Paar den Flughafen betreten, um nach Hause zu fliegen. Wären wir nur hiergeblieben, dann wären wir noch beieinander.
Ich öffnete wieder meine Augen und schob die trübseligen Gedanken beiseite. Was nützte es über „Hätte, Wenn und Aber“ nachzudenken? Die Situation war, wie sie nun einmal war. Man konnte sie nicht mehr ändern. Doch die Zukunft war beeinflussbar und diese sollte für uns nun zu einer besseren werden.
Ich steuerte zu dem Autoverleih, welchen Tristan damals aufgesucht hatte. Im Gegensatz zu ihm, begnügte ich mich mit einem kleinen Fiat. Ich legte meinen echten Führerschein auf den Tisch, den ich tatsächlich auf ehrliche Weise mit einer Fahrschule erworben hatte.
Der Fiat war nicht mehr der Jüngste. Insgeheim hoffte ich, er würde bis Erice durchhalten. Doch nachdem er beim Anlassen merkwürdig schnalzte und in den ersten beiden Gängen hoch schnaubte, rasselte der Motor nun gemütlich im Takt mit dem Klappern des Dachfensters die Autobahn entlang.
Tatsächlich erreichte ich mit ihm den Parkplatz, von welchem aus ich zu Fuß weitermusste, um mit der Seilbahn hinauf nach Erice zu fahren. Ich atmete noch einmal tief durch, bevor ich die schwankende Gondel betrat.
Die Aussicht raubte mir erneut den Atem. Doch dieses Mal war es nicht nur der überwältigende Anblick, der sich mir zeigte. Es war auch das nicht auszublendende Gefühl, dass Tristan nicht neben mir stand, um mich zu halten.
Meine Arme um mich schlingend, versuchte ich die Tränen zurückzuhalten. Ich war nicht die einzige in der Gondel. Eine Blutspur im Gesicht konnte ich mir nicht erlauben. Doch so schmerzerfüllt wie in diesem Augenblick hatte ich mich schon lange nicht mehr gefühlt. Ich hatte Tristan immer vermisst. Doch mit diesen Erinnerungen konfrontiert, die ich hier nicht verdrängen konnte, war die Trauer unerträglich.
Als ich aus der Gondel stieg, rannte ich auf dem schnellsten Weg zu Pietros Haus. Ich hoffte, dass ich den Schmerz gleich nicht mehr fühlen müsste, weil er mir sagen würde, wo Tristan war.
Als ich vor der Tür von Pietro zum Stehen kam und die Hand zum Klopfen ausstreckte, zögerte ich.
Was wäre, wenn er nicht wüsste, wo Tristan war? All meine Hoffnung wäre zerstört. Der letzte Rettungsanker wäre für immer verloren.
Doch was wäre, wenn Tristan sich sogar bei Pietro befand? Ich könnte ihn sofort wieder in meine Arme schließen.
Nein, ich musste jetzt wissen, woran ich war. Ich konnte nicht noch länger warten und so klopfte meine zittrige Hand an das Tor.
Ein kleines Mädchen öffnete mir die Tür. Ich war verwirrt.
„Ich möchte zu Pietro“, erst als ich die Worte sprach, dämmerte es mir, dass sie mich gar nicht verstehen konnte.
Ich kauerte mich hin, um auf ihrer Augenhöhe zu sein und versuchte meine hart erlernten Italienischkenntnisse anzuwenden.
„Tua mamma o tuo papà sono a casa?”, fragte ich nach ihren Eltern. Die Kleine nickte und schloss wieder die Tür. Dahinter hörte ich sie rufen. Kurze Zeit später öffnete sich das Tor erneut und eine wunderhübsche, junge Frau stand vor mir.
“Scusa, voglio andare da Pietro”, versuchte ich es mit meinem Anliegen erneut.
Doch die junge Frau schüttelte unverständlich den Kopf. “Non c'è Pietro che vive qui.”
Wie, es wohnte kein Pietro hier? Wo sollte er denn sein?
Nach und nach erfuhr ich, dass die junge Frau mit ihrer Familie in diesem Haus zur Miete wohnte. Der Eigentümer war vor einiger Zeit ausgezogen. Wohin wusste niemand. Dann verabschiedete sich die Frau und ich blieb regungslos vor der Tür stehen.
Meine schlimmsten Befürchtungen waren eingetreten. Ohne Pietro konnte ich Tristan nicht suchen. Ohne Pietro konnte ich Tristan nicht finden..., niemals.
Meine Beherrschung versagte. Ich rutschte mit dem Rücken an der Tür hinunter und kam schluchzend daran angelehnt zum Sitzen. Ich verbarg mein Gesicht hinter meinen Armen, damit niemand meine Blutstränen sehen konnte.
Deses Gefühl in mir war nicht in Worte zu fassen. All die Jahre hatte ich darauf vertraut, dass ich nur zu Pietro gehen brauchte, um zu erfahren, wo Tristan war. Er war mein Rettungsplan gewesen. Doch Pietro, der mir immer eine offene Tür zu seinem Haus versprochen hatte, war nicht mehr da. Mit seinem Verschwinden, schwand auch die letzte Chance Tristan je wiederzusehen.
In meinem Elend versunken spürte ich, wie mich etwas anstupste. Wieder und wieder bohrte sich etwas Spitzes in meinen Arm. Ich versuchte mit dem Ärmel mein Gesicht abzuwischen, eh ich aufblickte.
Eine sehr alte Frau stieß mich immer wieder mit ihrem Gehstock an. Als ich sie anschaute, erschrak sie kurz. Doch dann kam sie erneut näher.
Zunächst verstand ich kaum, was sie sagte. Ihre Stimme war leise und ihr Akzent war für meine ungeübten Ohren sehr schwer zu verstehen. Doch nach und nach begriff ich, was sie mir mitteilen wollte.
Sie fragte, ob ich den früheren Bewohner dieses Hauses suchte. Als ich dies bejahte, berichtete sie, dass eine junge Frau mit blonden Haaren vor einigen Jahren bei Pietro gewesen war. Sie hatte nur Wortfetzen gehört, aber die junge Frau schien ihm etwas gesagt zu haben, woraufhin Pietro erschrak und meinte, er würde ihn von dieser “Dummheit” abbringen. Irgendeine “Dummheit” hatte Tristan also geplant.
Ich war schockiert. Zum einen, dass mir eine wildfremde Frau so etwas erzählen konnte, wovon sie wahrscheinlich nie etwas hätte wissen sollen. Zum anderen, dass meine Vermutung richtig gewesen war. Pietro wusste wo Tristan ist. Doch wohin war er gegangen?
Die alte Frau meinte, dass Pietro noch in derselben Nacht Hals über Kopf Erice verlassen hatte und das Haus seitdem vermietet wurde. Wohin er aufgebrochen war, wusste sie nicht.
Ich musste unbedingt wissen, wie sie darauf kam, dass ich nach Pietro suchte. Daraufhin fing die alte Frau an noch leiser zu reden. Nur ein Flüstern vernahm ich, als sie nah an meinem Ohr sagte, dass sie mich erkannt hatte. Ich wäre wie er, wie Pietro. Ich würde genauso wenig altern wie der, den ich suchte.
Ich starrte die Frau an. Wusste sie Bescheid? Oder ahnte sie nur etwas? Und warum hatte sie keine Angst?
Stattdessen lächelte sie mich aufmunternd an. Dann entschuldigte sie sich, dass sie nicht weiter behilflich sein konnte und setzte ihren Weg fort.
Ich bedankte mich mehrfach bei ihr und versicherte dabei, dass sie mir mehr geholfen hatte, als sie annahm.
Denn was sie nicht wusste, mir war ein Geistesblitz durch mein Gehirn geschossen. “Dummheit”…, dass er in den Ätna gesprungen war, schloss ich aus, sonst hätte ich die Visionen von ihm nicht gehabt. Somit blieb nur eine Möglichkeit, die Pietro mit “Dummheit” gemeint haben konnte: Elisabeth!
Wahrscheinlich wollte Tristan wieder zu ihr zurück um den Schmerz über meinen Verlust nicht mehr spüren zu müssen. Vielleicht wollte er nie wieder fühlen müssen, so wie er es einst in ihrer Gesellschaft gehalten hatte.
Sagte die Alte nicht, dass sie eine junge Frau mit blonden Haaren bei Pietro gesehen hatte? War sie es gewesen, die Pietro aufgesucht hatte, um über ihren Siegeszug zu berichten und hatte er sich daraufhin aufgemacht, Tristan ins Gewissen zu reden und ihn zurückzuholen?
Die Eifersucht übermannte ich. Ich schwur mir Elisabeth umzubringen, sollte sie tatsächlich meinen Tristan berührt haben.
Doch wo konnte ich Elisabeth aufspüren? Ich blickte über die Mauern von Erice hinweg. Als ich den Blick über Trapani gleiten ließ, kam mir ein Gespräch mit Tristan in den Sinn. Elisabeth hatte Freunde in Rumänien. Dort war ihr Rückzugsort.
Folglich stand mein nächstes Reiseziel fest. Es würde nach Rumänien gehen.
Auf ins Unbekannte
Es machte keinen Sinn noch weiter in Erice zu bleiben. Daher nahm ich die nächste Gondel und fuhr wieder nach unten. Ich stürzte in den Fiat und fuhr die ganze Strecke zurück zum Flughafen.
Im Rückspiegel sah ich, wie meine Augen dunkler wurden. Ich bekam Hunger. Mit der Abwesenheit von Pietro war auch ein weiterer Plan von mir gestorben: Ernährung. Ich hatte gehofft, bei ihm meine Mahlzeit einnehmen zu können. Eine Verpflegung hatte ich schließlich auf meiner Reise nicht mitnehmen können.
Nun war ich gezwungen mich auf traditionelle Art zu ernähren. Dies bedeutete, ich musste jagen.
Angewidert von der Idee verzog ich die Mundwinkel. Auch nach den vielen Jahren war es mir immer noch ein Grauen mich einem Menschen anzunähern, um an sein Blut zu kommen.
Ja, ich hatte oft von Menschen getrunken, aber dies stets mit Sex verbunden. Es war die Lust, die im Vordergrund gestanden hatte und nicht der Hunger.
Auf einer Reise, die zum Ziel hatte Tristan zu finden, fand ich Sex mit anderen Männern mehr als unpassend. Daher war eine reine “Jagd” unausweislich.
Ich seufzte. Am besten würde ich dies noch vor dem Flug nach Rumänien hinter mich bringen.
An einer kleinen Autobahnraststätte hielt ich an. Ich beobachtete vom Auto aus, wer allein unterwegs war. Meine Aufmerksamkeit wurde von einem LKW-Fahrer angezogen, der sich an seinem Truck zu schaffen machte.
Ich stieg aus dem Fiat aus und ging zu dem Mann hinüber. Natürlich freute er sich, als ich ihn begrüßte. Seinen leuchtenden Augen entnahm ich, dass er mich ausgesprochen attraktiv fand. Es war daher ein leichtes ihn in ein Gespräch zu verwickeln und ihn um seinen Truck herum zu locken, wo wir vor anderen Augen geschützt waren.
Da ich mit ihm nicht schlafen wollte, ersparte ich mir weitere Flirtereien. Ich packte seine Handgelenke, hielt sie auf seinem Rücken fest und bog seinen Kopf zur Seite, sodass sein Hals entblößt war.
Erschrocken versuchte er sich zu wehren. Doch er hatte gegen meine Kraft keine Chance. In der nächsten Sekunde drangen meine Zähne bereits durch seine Haut.
Ich trank gierig in großen Zügen. Der Mann wimmerte, doch hielt er still.
Als ich fertig war, sank er bewusstlos in meine Arme. Sein Puls war schwach, aber stabil. Ich war mir sicher, dass er diesen Vorfall unbeschadet überstehen würde. Daher legte ich ihn in seine Fahrerkabine und ging zurück zu meinem Auto.
Ich fuhr zurück auf die Autobahn und erreichte frisch gestärkt den Flughafen.
Der Autoverleiher war mehr als überrascht mich so schnell wiederzusehen, da ich das Auto für eine Woche gemietet hatte. Ich erzählte ihm, dass mein Freund mit mir Schluss gemacht hatte und ich daher wieder abreisen wollte.
Er stellte keine weiteren Fragen. Wir erledigten die Formalitäten und kurz danach stand ich bereits am Flughafen, um mir einen Flug nach Rumänien zu buchen.
Doch wo genau wollte ich hin? Bukarest? Siebenbürgen? Târgoviște? Oder war es zu weit hergeholt, dass sich Elisabeth an den Orten aufhielt, die mit Dracula in Verbindung gebracht wurden?
Ich begann zu grübeln. Rumänien war groß. Wo sollte ich anfangen? Tristan und Pietro hatten einmal erzählt, dass sie und ihre rumänischen Freunde unter sich lebten und Menschen ausschließlich als Nahrung betrachteten, welche sie mit großen Freuden in hohem Maße verzehrten.
Demzufolge mussten sie sich in der Nähe von großen Städten aufhalten. In der Abgeschiedenheit hätten sie zu wenig Nahrungsangebot.
Ich entschied daher meine Suche in Bukarest zu beginnen. Die Meute auf Schloss Bran anzutreffen war doch zu klischeehaft.
Also buchte ich einen Flug von Palermo nach Bukarest über Rom. Ich würde mich noch zum Vielflieger entwickeln, wenn diese Reise so weiterging.
Innerhalb eines Tages saß ich erneut im Wartebereich für das Boarding und wartete auf die Lautsprecheransage. Ich hatte keine großen Pläne über den Ablauf dieser Suchreise gemacht, aber so hätte ich mir diese dennoch nicht vorgestellt.
Die Kosten störten mich nicht. Ich hatte genug Geld. Was mich störte war dieses wachsende, nagende Gefühl, dass meine Suche niemals das Ziel erreichen würde. Selbst wenn ich in Bukarest ankam, hatte ich keinen Anhaltspunkt dafür, wie ich die Suche dort fortsetzen sollte.
Mir war so, als würde ich in einem tiefen Meer schwimmen ohne vom Fleck zu kommen und langsam würde ich immer mehr sinken.
Ja, das sinnvollste wäre es nach Hause zu fliegen, meine kleine Maja in die Arme zu schließen und mich mit meinem Schicksal abzufinden.
Doch diesen Weg wollte ich nicht gehen. Nicht, solange ich diese Visionen hatte, von denen ich mir wünschte, sie wären deutlicher.
Tristan in diesem roten Nebel zu sehen…, zu sehen wie er leblos da lag…, diese Bilder hatten sich in mir manifestiert. Ich hatte das Gefühl, dass er Kontakt zu mir suchte. Nein, ich konnte jetzt nicht abbrechen. Ich musste weitermachen mit meiner Suche, wie auch immer diese nun ablaufen würde.
Ich nahm meinen MP3-Player heraus, den ich mir extra für diese Reise gekauft hatte. Den Discman und die ganzen CDs wollte ich nicht mitschleppen. Tolle Erfindung diese kleinen Dinger, nur leider hatte man nun kein Booklet mehr in der Hand, welches man beim Musik hören studieren konnte.
Ich schaltete auf Depeche Mode und schloss die Augen. Angestrengt überlegte ich, wohin ich in Bukarest gehen könnte. Internetcafé, schoss es mir durch den Kopf. Ich würde über eine Suchmaschine versuchen angesagte Clubs zu finden. Sicherlich könnte ich auf irgendeiner Party einen Vampir antreffen und dann würde sich der nächste Schritt schon ergeben.
Die Lautsprecheransage durchdrang meine Musik. Ich nahm mein Gepäck und machte mich auf zum Flugzeug. Dieses Mal hatte ich trotz Last Minute First Class gebucht. Noch so einen Flug wie heute Morgen wollte ich nicht wieder erleben.
Nach Rom konnte ich wieder am Fenster sitzen. Beim Anschlussflug nach Bukarest würde mich ein Mittelsitz erwarten.
Ich genoss den Anblick der ewigen Stadt als wir uns im Landeanflug befanden. Irgendwann würde ich hierher mit Tristan kommen und mit ihm auf der Spanischen Treppe knutschen. Das nahm ich mir fest vor.