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Magische Märchen - Cuentos mágicos - Magical fairytales
1 Magische Märchen
2 Cuentos mágicos
3 Magical fairytales
4 Impressum
Magische Märchen
Die fünf Stufen der Heimkehr
(1) Der Ursprung in der Einheit
(2) Die irdische Trennung
(3) Der Weg der Vergebung
(4) Die mächtigen Gefährten
(5) Die Heimkehr in die Einheit
An unserem menschlichen Ursprung, bei unserer Zeugung, fühlen wir noch die Einheit unseres Selbst mit dem Ganzen. Die Verbindung zu allem um uns herum macht uns unverletzlich, und wir fühlen uns sicher, geborgen und geliebt. Es kommt jedoch der Moment, an dem wir uns aus dieser Einheit trennen. Diese irdische Trennung geschieht, weil wir beginnen über uns und die anderen zu urteilen, die anderen anzugreifen und uns zu verteidigen. Dies kann schon vor unserer Geburt geschehen. Spätestens jedoch während unserer Kindheit beginnt dieser Prozess der Trennung. Dem Kreislauf von Urteil, Angriff und Verteidigung folgen wir lange Zeit in unseren Beziehungen, unter Umständen unser Leben lang.
Die fünf besonderen Beziehungen
(1) Eltern / Großeltern
(2) Geschwister
(3) Freunde
(4) Partner
(5) Kinder
Innerhalb der fünf besonderen Beziehungen zu unseren Eltern und Großeltern, zu unseren Geschwistern, zu unseren Freunden und Partnern sowie zu unseren Kindern fühlen wir immer wieder - mehr oder weniger stark - diese Trennung. Wir spüren uns separiert von den anderen. Die Identifikation mit unserem Körper verstärkt dieses Gefühl der Separation. In der Regel ist dies oft mit Schmerz, Wut und Trauer verbunden. Wir verletzen uns mit Gedanken, Worten und Handlungen.
Der Friedensschluss
Mit der Zeit spüren wir unser Bedürfnis nach Frieden, dann wenn Urteil, Angriff und Verteidigung uns über die Jahre hinweg geschwächt haben, und wir erahnen, dass sie uns niemals weiter bringen werden. Wir wollen aus diesem scheinbar unendlichen Kreislauf ausbrechen und unsere Gedanken, Worte und Handlungen in eine höhere Weisheit bringen. Indem wir vergeben wird dies möglich. Vergebung entlastet uns davon, den anderen verändern zu wollen und bedeutet gleichzeitig, dass wir uns selbst die Erlaubnis geben, so zu sein wie wir sind, mit all unseren scheinbaren guten und schlechten Seiten.
Vergeben heißt jedoch nicht zwingend vergessen. Es bedeutet vielmehr loslassen und Raum schaffen für etwas Neues.
Auf unserem Weg sind wir nicht allein. Uns begleiten mächtige Gefährten, die uns schützen und uns auf unserem übergeordneten Weg leiten. Wir sind immer zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, mit den richtigen Menschen, damit sich der große Plan erfüllt. Oftmals scheint es einfach nur nicht so. Wir bemerken erst im Rückblick auf unser Leben, wie uns jeder Schritt näher zu uns selbst und damit zur Heimkehr in die Einheit geführt hat.
In der Welt der Märchen ist fast alles möglich. Die Protagonisten haben spezielle Fähigkeiten. Sie erleben und bewältigen fantastische Dinge. Sie ertragen still Urteile und Machtkämpfe.
Die mächtigen Gefährten der Protagonisten treten oftmals als Wesen aus der Tierwelt oder als Naturereignisse auf und auch das akzeptieren wir in der Welt der Märchen.
Märchen öffnen einen Raum des Herzens, wo der Verstand aussetzt und wir intuitiv dem „Magischen“ Eintritt in unser Inneres gewähren. Und auch das Thema Vergebung findet einen Platz, der nicht sofort angezweifelt oder gar abgelehnt wird.
Viele Märchen berühren und heilen die Seele auf eine besondere Art und Weise, still und tief.
1 Das Lied der Amsel
In einem fernen Königreich lebte ein Königspaar mit seinem Sohn. Der Junge war der ganze Stolz seiner Eltern. Er war ein glückliches und gesegnetes Kind. Niemand sah ihn jemals ohne ein Lächeln auf den Lippen.
Jeden Morgen erwachte der Königssohn und lauschte als erstes dem Gesang der Amsel, die im Buchenwald vor dem Schloss saß. Ihr Lied rührte sein Herz, und für ihn gab es nichts, was er als wunderbarer ansah. Dann stürmte er zum Fenster und erzählte dem Vogel von seinen himmlischen Träumen. Und der Vogel lauschte.
Mit den Jahren wuchs der Junge zu einem jungen Mann heran. Nach und nach war auch seine Familie größer geworden. Sechs weitere Söhne hatte das Königspaar bekommen. Sie lebten im Überfluss. Der König und seine Frau waren zudem immer um das Wohl der anderen besorgt, so war auch stets gut für die Diener und das Volk gesorgt.
Der Königssohn verehrte seine Eltern, jedoch machte es ihn unzufrieden, dass die Volksleute dem Vater so viel Zeit raubten. Kaum hatte er Gelegenheit allein mit ihm zu sprechen. Auch seine Brüder verbrachten viele Stunden mit dem Vater, so dass er ihn selten sah. Die Mutter war ihm keine Hilfe, sie kümmerte sich um das Schloss und die Feste.
Verbitterung ergriff den Königssohn, so tief, dass selbst der Gesang der Amsel ihn nicht mehr zu trösten wusste. Er fühlte sich allein. Viele Stunden saß er einsam in seinem Zimmer und litt unter seinen Gedanken.
„Wenn doch bloß das Volk nicht so gierig wäre. Wenn meine Brüder doch bloß nicht so herrisch wären. Wenn meine Mutter doch bloß ein wenig aufmerksamer wäre.“
In seiner Not beschloss er, aus dem Schloss weg zu laufen. Sie würden schon sehen, was sie ihm mit ihrem Verhalten angetan hatten.
So lief er in den Wald, tiefer und tiefer. In Gedanken versunken, bemerkte er nicht, wie weit er schon gegangen war. Der Wald wurde immer dichter, es fiel kaum noch Licht auf den von Moos bedeckten Boden. Feuchte lag in der Luft. Der Königssohn drehte sich hoffnungslos im Kreis. Wie sollte er bloß wieder nach Hause finden?
Als er einen weiteren Schritt machte, brach plötzlich der Boden unter seinen Füßen weg. Er fiel einige Meter tief und erwachte ein paar Augenblicke darauf. Es war eine Falle des Hofjägers. Der Königssohn hatte einmal davon gehört wie der Jäger diese Fallen einrichtete. Sie waren so tief, dass kein Tier ohne Hilfe je wieder aus ihnen heraus kam. Angst überkam ihn. Er tröstete sich jedoch mit dem Gedanken, dass der Jäger die Falle sicher schon bald kontrollieren würde. Bis dahin wollte er abwarten.
Es wurde Nacht und der Königssohn fror in dem kalten Schacht. Seine Träume waren grausam. Am Morgen hatten sich an einem Farn, der sogar noch in dieser Tiefe des Schachts wuchs, ein paar Tautropfen gesammelt, die ihm seinen Durst löschten. Immer wieder schlief er erschöpft und unruhig ein. Doch plötzlich hörte er den Gesang der Amsel. Er lauschte. Wie vertraut ihm ihre Stimme vorkam. Wie lang hatte er nicht mehr auf das Lied der Amsel geachtet? Dankbarkeit überkam ihn, und er fiel in einen tiefen Schlaf.
Als er die Augen wieder öffnete, saß die Amsel auf seinem Bein. Er erschrak. Doch die Amsel war vertrauensselig. Sie schaute ihn ruhig, mit geneigtem Kopf aus ihren dunklen Augen an.
„Tief gefallen bist du“, sang die Amsel plötzlich. Erstaunt starrte der Königssohn sie an und begann stotternd zu berichten: „Mein Vater hat mich verlassen, meine Brüder sind selbstsüchtig, wir streiten alle Tage, und auch meine Mutter hat nur ihr Werk im Sinn. Deswegen bin ich hier hineingefallen.“
Die Amsel flatterte aufgeregt hin und her.
„Mach dich frei!“
„Was meinst du damit?“ fragte der Königssohn.
„Alles was du glaubst beruht auf deiner vergangenen Erfahrung, dadurch bist du unfähig die Gegenwart ohne Verzerrungen und Begrenzungen zu sehen. Du musst dies aufgeben, um wieder frei zu sein, und um die Wahrheit sehen zu können.“
Die Amsel flog und setzte sich auf den Farnblättern nieder. Eifrig zupfte sie am Grün.
„Welche Wahrheit? Das was ich dir erzähle ist die Wahrheit.“
„Wenn du das glaubst, wirst du keinen Frieden finden. Du regst dich nicht auf, weil die anderen so handeln, sondern weil dein Verstand dir sagt, dass sie anders handeln müssten. Sei entschlossen, die Dinge anders zu sehen. Du kannst dieser Welt entrinnen, wenn du diese Gedanken aufgibst. Lass die anderen sein wie sie sind. Du bist nicht das Opfer dieser Welt. Betrachte die Welt auf eine neue Art: Sieh statt dessen Frieden.“
„Du hast leicht reden. Dir kann keiner schaden, du singst und fliegst, du bist frei.“
„Mein Sohn, da hast du vollkommen Recht. Ich bin frei, denn ich vergebe dem Regen, der mich schlägt. Ich vergebe dem Wind, der mich aus meiner Flugbahn wirft. Meine Wehrlosigkeit gibt mir Sicherheit. Ich verurteile nicht was geschieht. Und auch die Vergangenheit beeinflusst mich nicht. Im letzten Jahr fand ich kaum Futter, der Sommer war schattig, der Winter war eisig, doch ich schaue darauf, wie es in diesem Jahr wird. Es gibt nichts zu fürchten. Ich bin verantwortlich für das was ich sehe. So wie auch du. Du hast die Wahl.“
„Die Wahl? Siehst du nicht meine Lage? Ich sitze in einem kalten Loch und komme nicht allein wieder heraus. Vielleicht wird mich der Jäger nie finden, und ich werde hier elendig verenden.“
„Du bist tief gefallen. Doch erkenne, dass du einen langen Weg des Urteilens, des Angriffs und der Verteidigung gegangen bist, um in diesem Moment hier zu sein und mit mir über einen Wandel zu sprechen. Du entscheidest. Dein Vater ist sehr traurig, dass er dich verloren hat. Er braucht dich. Er braucht seinen glücklichen Sohn zurück. Glaubst du, er hat nicht bemerkt, dass du unglücklich bist? Doch er weiß, dass du bereit sein musst für die Rückkehr. Es ist dein Weg, und er hängt von deiner Bereitwilligkeit ab. Jeder Schritt auf deinem Weg, sei er voller Angst, Wut oder Schmerz, ist wichtig für deine Entscheidung zur Heimkehr. Keiner hat dir etwas angetan, und du hast keinem etwas angetan. Deine Brüder dienen dir für nichts anderes als dem Erwachen aus diesem schlimmen Traum. Dir mangelt es an nichts. Es gibt nichts außerhalb von dir, um dich zu vervollständigen.“
„Aber wie soll ich meinen Verstand lenken? Die Gedanken überrollen mich, sie drehen sich immer und immer wieder.“
„Vergiss all deine Gedanken - über die Menschen und über die Welt. Lege alle deine Urteile ab und gib Verteidigungen auf. Vergib allen und allem. Das Ziel der Reise besteht darin, mit ihnen nebeneinander zu gehen, so dass keiner anführt und keiner nachfolgt. Es ist der eine Weg, den ihr gemeinsam geht, nicht allein. Wähle noch einmal! Jeder Moment ist dafür geeignet.“
Die Amsel flog in die Höhe zurück in den Wald. Der Königssohn war allein. Er weinte. Lange sann er über die Worte der Amsel nach. Dann fiel er wieder in einen unruhigen Schlaf. In seinem Traum war die Amsel zurückgekehrt und wiederholte in ihrem Lied immer und immer wieder den gleichen Satz: „Wähle noch einmal!“ Stimmengewirr holte ihn aus seinem Traum. Hunde bellten. Erde fiel in den Schacht. Als der Königssohn in die Höhe blickte, sah er den Hofjäger, der den Schacht kontrollierte. Dieser war erschrocken über den ungewöhnlichen Fang den er gemacht hatte.
„Mein Prinz, seid ihr verletzt?“
Der Jäger warf eilig ein Seil hinab, und der Prinz kletterte aus dem Schacht. Der Königssohn war überglücklich den Jäger zu sehen.
Gemeinsam schritten sie zurück zum Schloss. Der Jäger berichtete aufgeregt, dass sie ihn seit sieben Tagen suchten, und er diese Falle jenseits des Buchenwaldes schon längst vergessen hatte. Am Morgen jedoch kam eine Amsel an sein Stubenfenster geflogen und legte ein Blatt Farn auf das Sims. Da erinnerte er sich, dass diese prächtige Pflanze nur allein im Umkreis dieses Schachtes wuchs, und er beschloss nachzuschauen, ob ihm dort ein Tier in die Falle gegangen war. Der Jäger konnte diesen Zufall nicht fassen und schüttelte unentwegt den Kopf.
Der Königssohn jedoch war überwältigt. Tiefer Frieden machte sich in ihm breit. Er war bereit eine neue Wahl zu treffen. Als sie durch das Schlosstor traten, jubelten die Menschen über seine Rückkehr. Sie drückten ihm die Hände und klatschten.
Das Königspaar und die Brüder hörten den Trubel, und sie liefen eilig den Burgweg herab, um zu erfahren was vor sich ging. Als sie den Königssohn erblickten, begannen sie zu strahlen. Sie konnten ihr Glück kaum fassen. Der Königssohn sah sie an. Ihr ganzes Wesen schien zu leuchten und er erkannte, dass sie der wahre Schlüssel zu seiner Heimkehr waren. In diesem Moment vergab er sich all die Jahre des Zweifels und des Leidens und war entschlossen, einen neuen Weg zu gehen.
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