Kitabı oku: «Über die belehrte Unwissenheit», sayfa 3

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ELFTES KAPITEL
Die Mathematik ist ein treffliches Hilfsmittel im Erfassen göttlicher Wahrheiten

Alle unsere weisen und frommen Kirchenlehrer sagen einstimmig, die sichtbaren Dinge seien Abbilder der unsichtbaren Welt, der Schöpfer könne auf diesem Wege wie in einem Spiegel und Rätsel erkannt werden. Daß aber die geistigen, an sich von uns unerfaßbaren Dinge auf dem Wege des Symbols von uns erkannt werden, hat seinen Grund in dem oben Gesagten, weil alle Dinge in einem uns freilich unbekannten Verhältnis zu einander stehen, so daß aus allen das eine Universum sich herausstellt, und alles in dem einen Größten das Eine selbst ist. Und wiewohl jedes Abbild dem Urbilde ähnlich ist, so ist doch außer dem größten Abbilde, welches dasselbe, was das Urbild ist, in der Einheit der Natur kein Abbild so ähnlich oder auch gleich, daß es nicht unendlich ähnlicher oder gleicher sein könnte. Bedient sich nun unser Forschen des Abbildes, so darf natürlich hinsichtlich des Abbildes kein Zweifel obwalten, da der Weg zum Ungewissen nur durch das vorausgesetzte Gewisse geht. Nun bewegt sich aber alles Sinnliche wegen der in ihm überwiegenden materiellen Möglichkeit in einem gewissen beständigen Schwanken. Dagegen hat das Abstrakte (abstractiora istis), nicht als ob es der materiellen Zutat, ohne welche es sich nicht vorstellen läßt, ganz und gar entbehrte, große Festigkeit und Gewißheit, wohin die Sätze der Mathematik gehören. Daher haben die Philosophen in ihnen eine Anleitung zur philosophischen Forschung (exempla indagandarum rerum) gefunden; keiner von den berühmten Alten hat schwierige Untersuchungen anders als mittelst der Ähnlichkeiten, welche die Mathematik darbietet, angestellt. So lehrte Boëthius, der berühmte römische Gelehrte, niemand könne es in den göttlichen Dingen zu einer Wissenschaft bringen, der keine Übung in der Mathematik habe. Setzte nicht Pythagoras, der erste Philosoph dem Namen und der Tat nach, alle Untersuchung der Wahrheit in das Verständnis der Zahl? Ihm folgten die Platoniker und die ersten christlichen Philosophen in dem Grade, daß unser Augustin und nach ihm Boëtius behaupteten, die Zahl sei im Geiste des Schöpfers das Urbild der zu erschaffenden Dinge gewesen. Wie konnte uns Aristoteles, der durch Widerlegung seiner Vorgänger als einzig dastehen wollte, in der Mathematik anders die Differenz der Arten lehren, als indem er sie mit den Zahlen verglich? Indem er uns über die Gestalt der Naturwesen und wie eine in der andern enthalten ist, belehren wollte, nahm er zu den mathematischen Formen seine Zuflucht, wenn er sagte: Wie das Dreieck in dem Viereck, so ist das Niedere in dem Höheren enthalten, um nichts von unzähligen andern Vergleichungen zu sagen … Hat nicht die Lehre der Epikuräer von den Atomen und vom leeren Raume, eine Ansicht, die Gott leugnet und alle Wahrheit aufhebt, nur durch den mathematischen Beweis der Pythagoräer und Peripatetiker ihre Widerlegung gefunden, indem sie zeigten, man könne nicht auf unteilbare und einfache Atome kommen, die Epikur als Prinzip annahm? Auf diesem Wege der Alten also, mit ihnen vorgehend, sagen wir, daß wir uns, da man einmal zum Göttlichen nur mittelst der Symbole gelangen kann, der mathematischen Zeichen wegen ihrer unzerstörlichen Gewißheit am passendsten bedienen können.

ZWÖLFTES KAPITEL
Wie man sich der mathematischen Zeichen für den vorliegenden Zweck zu bedienen habe

Da aus dem Früheren bekannt ist, daß das schlechthin Größte nicht zu dem gehört, was wir wissen oder erfassen, so muß man, wenn man es auf dem Wege des Symbols erforschen will, über die Ähnlichkeit hinausgehen (transilire). Da alle mathematischen Zeichen endlich sind, so muß man zuerst die mathematischen Figuren mit den Veränderungen, die sie zulassen (cum suis passionibus), als endliche betrachten, sodann die endlichen Verhältnisse entsprechend auf derlei unendliche Figuren übertragen, endlich diese Verhältnisse der unendlichen Figuren auf das schlechthin Unendliche, das von jeder Figur frei ist, übertragen. Dann wird unser Nichtwissen auf eine unbegreifliche Weise belehrt werden, wie wir, die wir in rätselhaftem Erkennen uns abmühen (nobis in aenigmate laborantibus), über das Höchste mit mehr Wahrheit urteilen können. So verglich der fromme Anselm die höchste Wahrheit mit der unendlichen Linie; nach seinem Vorgange bringe ich die Linie der Geradheit als gerade Linie in Anwendung. Andere haben die hochheilige Trinität mit einem Dreieck von drei gleichen Seiten und rechten Winkeln verglichen. Und weil ein solches Dreieck notwendig unendliche Seiten hat, so ist es ein unendliches Dreieck. Wir folgen auch dieser Auffassung. Wieder andere wollten die unendliche Einheit darstellen und nannten Gott den unendlichen Kreis. Diejenigen endlich, welche die höchste Wirksamkeit (actualitatem) Gottes darstellen wollten, bezeichneten Gott als die unendliche Kugel. Ich werde zeigen, daß sie alle zusammen eine richtige Auffassung Gottes gehabt und alle ein und dasselbe gedacht haben.

DREIZEHNTES KAPITEL
Von den möglichen Veränderungen (de passionibus) der größten und unendlichen Linie

Ich sage also: Gäbe es eine unendliche Linie, so wäre sie ein Dreieck, Kreis und Kugel; ebenso, gäbe es eine unendliche Kugel, so wäre sie Dreieck, Kreis und Linie; das gleiche gilt vom unendlichen Dreieck und Kreise.



Fürs erste erhellt, daß die unendliche Linie eine gerade ist. Denn der Durchmesser eines Kreises ist eine gerade Linie, die Peripherie eine krumme, größer als der Durchmesser. Wenn nun diese krumme Linie kleiner wird, je größer der Kreis ist, so ist die Peripherie des größtmöglichen Kreises gar nicht krumm, folglich ganz gerade; es koinzidiert also das Kleinste mit dem Größten, wie aus der hier stehenden Figur erhellt. Fürs zweite, um zu zeigen, daß die unendliche Linie das größte Dreieck, Kreis und Kugel sei, müssen wir sehen, was aus der endlichen Linie werden kann (quid sit in potentia liniae finitae); was sie werden kann, ist die unendliche Linie wirklich (actu). Erstens wissen wir, daß die endliche Linie länger und gerader sein kann, und es ist bereits gezeigt, daß die größte Linie die längste und geradeste ist. Zweitens, wenn die Linie a b um den festen Punkt a so herumbewegt wird, bis b zu c kommt, so entsteht ein Dreieck. Wird die Umdrehung vollendet, bis b zu seinem Anfange zurückkehrt, so entsteht ein Kreis. Wird endlich b zu seinem entgegengesetzten Punkte, d, gebracht, so entsteht ein Halbkreis; und wird nun dieser Halbkreis um den unbeweglichen Durchmesser b d herumbewegt, so entsteht die Kugel. In ihr gelangt die Potenz der Linie zur letzten und vollsten Entfaltung. Ist nun die unendliche Linie alles actu, was die endliche in der Potenz ist, so folgt, daß sie Dreieck, Kreis und Kugel zugleich ist, was zu beweisen war.

Ich werde jedoch noch deutlicher im Folgenden zeigen, daß, was in der Potenz endlich, in Wirklichkeit unendlich ist.

VIERZEHNTES KAPITEL
Die unendliche Linie ist Dreieck

Was die Vorstellung (imaginativa), die über das Sinnliche nicht hinauskommt, nicht fassen kann, die Linie könne ein Dreieck sein, ist der Vernunft leicht verständlich.

Nach einem geometrischen Lehrsatze können von einem Dreieck, dessen eine Seite eine unendliche ist, die beiden andern zusammen nicht kleiner sein. Weil nun jeder Teil des Unendlichen unendlich ist, so müssen auch diese beiden andern Seiten unendlich sein. Da es nun aber nicht mehrere Unendliche geben kann, so kann das unendliche Dreieck nicht aus mehreren Linien zusammengesetzt sein. Es ist daher eine unendliche Linie, aber als wahres Dreieck hat es doch drei Linien: Eine Linie sind drei und drei eine. Ebenso verhält es sich mit den Winkeln: Es ist nur ein unendlicher Winkel und dieser ist drei Winkel und drei Winkel sind einer. Das größte Dreieck ist nicht aus Seiten und Winkeln zusammengesetzt, sondern die unendliche Linie und Winkel ist ein und dasselbe. Denkt man sich den einen der drei Winkel bis zu 2 R erweitert, so jedoch, daß das Dreieck bleibt, so fällt das Dreieck zu einer Linie zusammen, und es ist nur ein Winkel, der zugleich die drei Winkel darstellt. Im Konkreten ist dies freilich unmöglich, aber übertragen auf das höhere Gebiet, wo das Quantum aufhört, sehen wir die Notwendigkeit hiervon ein.

FÜNFZEHNTES KAPITEL
Das unendliche Dreieck ist Kreis (und Kugel)


Denkt man sich das Dreieck a b c, entstanden durch Herumführen der Linie a b von dem festen Punkte a bis zu c, so müßte, wenn a b eine unendliche Linie ist und b ganz bis zu seinem Anfange herumbewegt wird, ein größerer Kreis entstehen, von welchem b c ein Teil ist. Weil Teil eines unendlichen Bogens, so wäre b c eine gerade Linie, und da jeder Teil des Unendlichen unendlich ist, so wäre b c nicht mehr bloß ein Teil, sondern der ganze Umkreis. Da ferner b c eine gerade Linie ist, so ist die unendliche Linie a b nicht größer, da es im Unendlichen kein Mehr oder Weniger gibt, und aus demselben Grunde sind es keine zwei Linien. Es ist folglich die unendliche Linie, die Dreieck ist, auch Kreis.

Endlich: Die Linie a b ist die Peripherie des größten Kreises, ja selbst, wie bewiesen ist, ein Kreis. Sie ist aus b nach c geführt, b c aber, wie ebenfalls bewiesen ist, eine unendliche Linie. Daher kehrt a b in c zurück, nachdem es sich um sich selbst bewegt hat, aus welcher Bewegung die Kugel entsteht. Es ist somit die unendliche Linie auch Kugel.

SECHZEHNTES KAPITEL
Das Größte verhält sich zu allem wie die größte Linie zu den Linien

Nachdem wir nun gezeigt haben, daß die unendliche Linie alles in unendlicher Wirklichkeit ist, was die endliche der Potenz nach ist, sagen wir mit Übertragung auf das absolut Größte, daß es in Wirklichkeit (actu) im höchsten Grade alles ist, was in der Potenz des absoluten einfachsten Wesens liegt. Was möglich ist, ist das Größte in Wirklichkeit auf die größte Weise, nicht sofern es aus dem Möglichen ist, sondern sofern es dies im höchsten Grade ist (non ut ex possibili est, sed ut maxime est), wie aus der Linie das Dreieck entsteht (educitur). Die unendliche Linie ist aber nicht ein Dreieck, wie es aus einer endlichen Linie entsteht, sondern in Wirklichkeit das unendliche Dreieck, das mit der (unendlichen) Linie eins ist. Sodann ist die absolute Möglichkeit im Größten nicht etwas anderes (non aliud) als das Größte in Wirklichkeit selbst, wie die unendliche Linie die Kugel in Wirklichkeit ist. Aus dem Obigen folgt auch die wichtige philosophische Wahrheit, daß im Größten das Kleinste das Größte ist und daß es über allen Gegensätzen steht. Ja, die ganze Gotteslehre, so weit sie von uns erkennbar ist, folgt aus unserm Prinzipe, weshalb der große Erforscher der göttlichen Dinge, Dionysius der Areopagite in seiner mystischen Theologie sagt, der selige Bartholomäus habe die Theologie meisterhaft verstanden, indem er sagte, dieselbe sei die größte und kleinste zugleich; denn wer dies versteht, versteht alles, er geht über den natürlichen Verstand hinaus. Denn Gott, das absolut Größte, ist nicht Dieses und ein Anderes nicht, er ist nicht da und dort nicht, sondern gleichwie alles, so auch nichts von allem. Eben deshalb ist er unbegreiflich, nur er begreift sich selbst. Dionysius suchte von keinem andern Prinzipe aus, als dem unsrigen, zu zeigen, daß Gott nur durch die Wissenschaft des Nichtwissens gefunden werde. In Anwendung dieses Prinzips müssen wir sagen: Gott ist die einfachste Wesenheit (essentia) von allen Wesenheiten; alle sind, was sie sind, waren oder sein werden, aktuell und ewig nur in ihm. Die Wesenheit von allem ist in der Art eine jede, daß sie zugleich alle ist (ita est quaelibet, quod simul omnes), und keine besonders. Die größte Wesenheit ist wie die unendliche Linie das adäquateste Maß von allen.

SIEBZEHNTES KAPITEL
Folgerungen voll tiefer Weisheit

Die endliche Linie ist teilbar, die unendliche nicht, allein die endliche ist nicht teilbar in eine Nichtlinie, daher ist die endliche Linie im Wesen der Linie (in ratione lineae) unteilbar, denn die Linie eines Schuhs ist ebensogut Linie, als die eines Kubikfußes. Hieraus folgt, daß die unendliche Linie der rationelle Grund (ratio) der endlichen ist. So ist denn auch das Größte der rationelle Grund (ratio) von allem und als solcher das Maß von allem. Mit Recht sagt daher Aristoteles in der Metaphysik, das Erste sei das Maß von allem, weil der Grund von allem. Ferner: Wie die unendliche Linie unteilbar, deshalb auch ewig und unveränderlich ist, so auch Gott als der Grund von allem. Hier zeigt sich wieder der Geist des großen Dionysius, wenn er sagt, das Wesen der Dinge sei unzerstörlich. Der göttliche Plato sagte mit den Worten des Calcidius im Phädon, Eines sei das Urbild oder die Idee von allem, sofern es in sich ist, in Hinsicht aber auf die Vielheit der Dinge scheint es mehrere Urbilder zu geben. Allein wenn ich eine Linie von 2 und eine andere von 3 Fuß habe, so ist das Wesen der Linie in beiden gleich, die Verschiedenheit bezieht sich auf die Länge. In der unendlichen Linie fällt diese Verschiedenheit weg, und nur der rationelle Grund der Linie bleibt in ihr für beide. Beide haben somit einen rationellen Grund; nicht in diesem liegt der Grund ihrer Verschiedenheit, sondern darin, daß nicht beide auf vollkommen gleiche Weise an jenem einen Grunde partizipieren können. Eben hieraus erhellt auch, warum dieser rationelle Grund aller Linien insofern ganz in jeder ist, als er in keiner besonders ist, weil er im letzten Falle nicht mehr das absolute Maß aller sein könnte. Es ist daher die unendliche Linie in jeder Linie ganz, so daß jede in ihr ist, und diese beiden Sätze sind in ihrer Verbindung (conjunctim) aufzufassen. Sagen wir daher: Das Größte ist in jedem und in keinem Dinge, so heißt dies nichts anderes, als: Da das Größte in demselben Verhältnisse (ratione) in jedem Dinge ist, in welchem jedes Ding in ihm ist und es dieses Verhältnis selbst ist (et sit ipsamet ratio) so ist das Größte in sich selbst. Kein Ding ist also in sich selbst, sondern nur das Größte, jedes Ding ist nur in seinem rationellen Grunde in sich selbst, weil dieser Grund das Größte ist.

Auf diesem Wege kann die Vernunft durch Vergleichung des Größten mit der unendlichen Linie sich helfen und im Heiligtum des Nichtwissens (in sacra ignorantia) große Fortschritte machen; denn das sehen wir nun klar, daß wir Gott nur durch Entfernung der Partizipation aller Dinge finden. Alles partizipiert an dem Sein. Nehmen wir dieses Partizipieren hinweg, so bleibt das einfachste Sein selbst, die Wesenheit der Dinge übrig. Der große Dionysius sagt, die Erkenntnis Gottes führe mehr zum Nichts als zu Etwas hin. Das heilige Nichtwissen belehrt uns aber, daß, was der Vernunft Nichts zu sein scheint, eben das unbegreiflich Größte ist.

ACHTZEHNTES KAPITEL
Das Bisherige führt uns auch zum Verständnisse des Partizipierens an dem Sein

Lebhaft durch das Bisherige angeregt, forscht unser unersättlicher Erkenntnistrieb mit größter Lust weiter, wie er sich das Partizipieren an dem einen Größten noch deutlicher denken möge, und indem er wieder die Vergleichung mit der unendlichen, der geradesten Linie zu Hilfe zieht, sagt er:

Die krumme Linie, die ein Mehr oder Weniger zuläßt, kann nicht die absolut größte sein, sie ist als krumme Linie an sich nichts, weil das Krumme der Abfall vom Geraden ist. Das Sein der krummen Linie rührt also von der Teilnahme an der geraden Linie her, denn die absolut größte oder kleinste Krümmung ist eben das Gerade. In ähnlicher Weise partizipieren nun die Dinge an dem Sein, wie das Krumme am Geraden. Wie aber die gerade endliche Linie einfacher und unmittelbarer, die krummen aber vermittelst der geraden an der unendlichen Linie partizipieren, so ist es auch bei den wirklichen Dingen, woraus sich der Unterschied von Substanz und Akzidens und der größere oder geringere Wert der Substanzen und Akzidenzen ergibt. Das adäquateste Maß für beide ist das Größte, das eben deshalb selbst weder Substanz noch Akzidens ist, indes doch eher den Namen von dem unmittelbar am Sein Partizipierenden, der Substanz, entlehnt und daher mit dem großen Dionysius das mehr als Substantiale d. i. das Supersubstantiale genannt wird.

NEUNZEHNTES KAPITEL
Übertragung des Dreiecks auf die Trinität des Größten

Lassen wir uns nun über den Satz: »Die größte Linie ist das größte Dreieck« durch unser System des Nichtwissens belehren!

Die größte Linie ist ein Dreieck, und weil die größte Linie die einfachste ist, so ist sie das einfachste Dreifache (trinum) und jeder Winkel des Dreiecks eine Linie, da das ganze Dreieck Linie ist. Die unendliche Linie ist also dreifach, und da es nicht mehrere unendliche geben kann, ist diese Dreiheit Einheit. Ferner: Da der der größeren Seite entgegenstehende Winkel größer und hier von einem Dreieck die Rede ist, das unendliche Seiten hat, so sind die Winkel die größten und unendlich. Einer ist daher nicht kleiner als die anderen, noch zwei zusammen größer als der dritte. Einer ist daher im andern, und alle drei sind das eine Größte. Sodann: Wie die größte Linie nicht mehr Linie ist als Dreieck, Kreis oder Kugel, sondern in Wahrheit alles dieses ist ohne Zusammensetzung, so ist auch das Größte wie die größte Linie, und dies können wir die Wesenheit nennen, wie das größte Dreieck, – das ist die Dreieinigkeit, wie der größte Kreis – die Einheit, wie die größte Kugel – die höchste Wirksamkeit. Die Wesenheit ist nichts anderes als die Dreieinigkeit, diese nichts anderes als die Einheit etc. Wir haben hier nicht einen Winkel, dann noch einen und endlich einen dritten, wie bei endlichen Dreiecken, die etwas Zusammengesetztes sind, sondern das eine ist ohne Vervielfältigung dreifach (unum triniter est). Mit Recht sagt daher der gelehrte Augustin: So wie du anfängst die Dreieinigkeit zu zählen, so verlierst du die Wahrheit. In den göttlichen Dingen muß man in einem einfachen Begriffe, soweit es nur immer möglich ist, die Gegensätze in Eins zusammenfassen, indem man ihrem Auseinanderfallen in Gegensätze zuvorkommt. (Oportet enim in divinis simplici conceptu, quantum hoc possibile est, compecti contradictoria, ipsa antecedenter praeveniendo.) So darf man in den göttlichen Dingen nicht Unterscheiden und Nichtunterscheiden als zwei Gegensätze (contradicentia) auffassen, sondern muß sie a priori (antecedenter) in ihrem einfachsten Prinzip fassen, wo Unterscheiden und Nichtunterscheiden noch nicht etwas Verschiedenes sind; dann versteht man, daß Dreiheit und Einheit dasselbe sind. Denn wo Unterscheiden zugleich Nichtunterscheiden ist, da ist die Dreiheit Einheit, und umgekehrt: Wo Nichtunterscheiden zugleich Unterscheiden ist, da ist die Einheit Dreiheit. So verhält es sich auch mit der Mehrheit der Personen und der Einheit des Wesens; denn wo Mehrheit Einheit ist, ist die Dreiheit der Personen dasselbe wie die Einheit des Wesens, und umgekehrt: Wo die Einheit Mehrheit ist, ist die Einheit des Wesens Dreiheit in den Personen. Klar sieht man dies an unserem Beispiele, wo die einfachste Linie Dreieck ist und das einfachste Dreieck eine Linie. Man sieht hier auch, daß man die Winkel dieses Dreiecks nicht zählen kann, denn jeder ist in jedem, wie der Sohn sagt: »ich im Vater und der Vater in mir.« …

ZWANZIGSTES KAPITEL
Fortsetzung; Vierheit etc. ist im Göttlichen nicht möglich

Das Dreieck ist die einfachste Figur, auf welche jedes Polygon reduziert werden kann. Das absolut größte, oder was dasselbe ist, das absolut kleinste Dreieck faßt alle möglichen Polygone in sich; die vier- und mehrseitige Figur ist also nicht die kleinste, weil die dreiseitige kleiner als sie ist, sie ist folglich auch nicht ohne Zusammensetzung. Es kann mithin dem Größten als dem Einfachsten, das nur mit dem Kleinsten koinzidiert, die vier- und mehrseitige Figur, die stets zusammengesetzt ist, nicht korrespondieren, sie könnte auch unmöglich das adäquateste Maß der Dreiecke sein. So wie daher nur das Dreieck die nächsthöhere Potenz der Linie ist für alle rechtwinkligen, der Kreis für alle kreisförmigen Flächen, die Kugel für alle Breiten und Tiefen, diese aber, unendlich gedacht, Eines sind, und weitere Potenzen der Linie unmöglich, so ist auch in dem Größten keine Vierheit oder Vielheit möglich, sondern die Dreiheit, welche Einheit, ist das einzige adäquateste Maß aller Dinge. Dahin gehören alle Tätigkeiten, die sich in Potenz, Gegenstand und Wirksamkeit verlaufen, alle Operationen des Erkennens, alle Tätigkeit der Natur, die aus einem Wirkenden, Leidenden und dem Resultate aus beiden besteht.

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