Kitabı oku: «Gespalten», sayfa 2
Operation
Vor meinem Start in die Ausbildung stand eine weitere Operation an. Es wurde wieder ein Knochen aus dem Beckenkamm in den Oberkiefer eingepflanzt. Dieser Knochen sollte den Oberkiefer stabilisieren und helfen, dass sich die Schneidezähne festigten. Zudem wurde der rechte Nasenknorpel eingesetzt, um etwas besser Luft zu bekommen und die Nase ästhetischer aussehen zu lassen. Ferner wurde der Ringmuskel, welcher durch die Spalte nicht zusammengewachsen war, verbunden. Wie schon zu früheren Zeiten, wurde diese Operation in den Ferien durchgeführt. Diesmal war’s leider so, dass zu diesem Zeitpunkt unsere Abschlussfeier stattgefunden hat. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass mich meine Klassenkameraden im Krankenhaus angerufen, sich nach meinem Befinden erkundigten und von der Abschlussfeier erzählt haben. Die Schmerzen und die Tatsache, nicht dabei gewesen zu sein, stimmten mich sehr traurig. Ich fühlte mich sehr einsam.
Lehrjahre sind keine Herrenjahre
Mit einem etwas veränderten Gesicht, einem vollkommen anderen Tagesablauf, ungewohnter körperlicher Arbeit und Leuten, die meine Vorgeschichte nicht kannten, begann ein vollkommen neuer Lebensabschnitt für mich.
Die Arbeit mit meinem Altgesellen Werner hat mir sehr viel Freude bereitet. Er war ein begeisterter Fußballfan, wodurch uns die Gesprächsthemen während der Pausen nie ausgingen.
Mein Seniorchef war ein recht entspannter Zeitgenosse. Schwieriger war da schon die Zusammenarbeit mit meinem leicht cholerischen Juniorchef. Lehrjahre sind eben keine Herrenjahre.
In dieser Zeit begann ich, nach ein paar Jahren Pause, wieder Fußball zu spielen. Ich war immer ein sehr ehrgeiziger Sportler, egal ob beim Tennis oder beim Fußball, und habe nie halbe Sachen gemacht, mich immer voll reingehängt. Erfolge waren stets Balsam für meine Seele. Zu der Zeit gab es Phasen, in denen ich am Wochenende abends nichts unternommen habe, weil ich am Samstagmorgen arbeiten musste und am Sonntagmorgen ein Spiel hatte. Dadurch habe ich etliche Monate keinen Alkohol getrunken. Ansonsten gehörte das Trinken standardmäßig zum Wochenende.
Neben dem Alkohol zählte Kaffee zu unseren Aufputschmitteln. Gekifft haben wir in unserer Clique eher selten, im Schnitt vielleicht alle zwei Monate.
Einmal haben wir Kekse gebacken und dort Peace eingearbeitet, es stank nicht nach Rauch und war irgendwie „stilvoller“. Aufgrund des Kiffens hatten wir Kontakt zu etwas zwielichtigen Jungs. Einer dieser „Kein-guter-Umgang-Jungs“ war einer derjenigen, die mich auf dem Schulhof schikaniert hatten. Ich habe das nie thematisiert, wurde aber kein großer Fan von ihm. Wenn die anderen mich gefragt haben, warum ich ihm gegenüber so negativ sei, kam meinerseits nur ein „Ich mag ihn halt nicht.“ Eines Abends haben wir bei Robin im Partyraum Kekse gegessen. Bei Katja waren es so viele, dass sie erst mal ins Krankenhaus gebracht wurde.
Bisher hatten wir uns bei solchen Keks-Treffen immer amüsiert. Aber an diesem Abend wurde mir klar, dass die Gefühle beim Kiffen verstärkt werden und sie bewusstseinsverändernd wirken können. An besagtem Abend war ich sehr schlecht gelaunt, weil der Typ ebenfalls dabei war. In meinem Kopf wirbelten die Halluzinationen wild durcheinander und ich hatte das Gefühl, jeden Moment etwas Schlimmes zu tun.
Einmal sind wir zum Kiffen nach Holland gefahren. Die anderen meinten, dass es dort kein Problem wäre, im Freien zu kiffen. Wirklich wohl war mir dabei nicht. Trotzdem war es spannend.
Als wir nun angekommen waren, sind die zwei älteren zum Einkaufen in einen Coffeeshop gegangen. Erst als sie mit einem recht großen Paket aus dem Shop gekommen waren, wir nur einen kleinen Joint geraucht haben und sie begannen, das Päckchen in der Seitenverkleidung der Tür zu verstauen, hatte ich den Sinn dieser Tour verstanden.
Als wir die Grenze passierten, brach mir der Schweiß aus allen Poren. Ich dachte, das Zeug würde sicherlich gefunden und wir augenblicklich verhaftet werden. Wir hatten Glück. Ich bin jedoch nie mehr mitgefahren.
Meine Mutter hatte Geburtstag, als ich wieder mal bei meinem Kumpel Simon im Wohnzimmer saß und wir harten Alkohol in uns hineinschütteten. In einem lichten Moment vermisste ich Katja und machte mich auf die Suche nach ihr. Sie saß mit einer Schulfreundin im Auto eines der beiden Junkies. Der Wagen war total verraucht, ich bin trotzdem eingestiegen, habe einmal tief durchgeatmet und schon war´s vorbei. Mir wurde kotzübel. Katjas neue Errungenschaft hat mich direkt nach Hause gefahren. Bei einer Geschwindigkeit von 170 km/h hatte ich meine Premiere im Aus-dem-Auto-Kotzen. Ich wundere mich heute noch, dass ich bei diesem Tempo – keine Autobahn versteht sich – meine Brille nicht verloren habe.
Zu Hause musste ich mich in der Garage erst mal auf der Motorhaube unseres Autos erholen. Das ganze Wohnzimmer war voller Gäste. In diesem Zustand konnte ich mich dort unmöglich blicken lassen.
Auf der nächsten Silvesterparty gestand ich Ulrike endlich meine Gefühle für sie. Ich bat sie, mit nach draußen zu kommen, wo ich von Liebe, Treue und solchen Dingen sprach. Leider hat sie mich nicht erhört. Dennoch war ich viele Jahre unsterblich in sie verliebt. Heute sind wir gute Freunde.
Ich fragte mich oft, wie anders mein Leben wohl verlaufen wäre, wenn sie für mich genauso empfunden hätte.
Ulrike war der Grund, warum ich mich fast mit einem anderen Jungen geschlagen hätte. Ein Verehrer von ihr hatte wohl mitbekommen, wie sehr ich Ulrike mag, und war eifersüchtig. Auf einer Party hat er mich dann blöd angemacht und wollte sich mit mir schlagen. Am Ende hat aber doch die Vernunft auf beiden Seiten gesiegt.
Damals ging das Chat-Zeitalter los. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich an einem Sonntagmorgen im Sommer mit einem Mädel aus Kiel gechattet habe. Sie hieß Lua (benannt nach ihrer Geburtsstadt Honolulu). Ihr Vater war Ozeanograf. Wir haben uns damals sehr viele E-Mails geschrieben. Diese digitale Kommunikation kam mir sehr entgegen, da man sein Gegenüber nicht sehen konnte, somit keinerlei Vorurteile hatte und sich nur auf das Inhaltliche konzentrieren musste. Irgendwann war sie dann bei einer Freundin in Bochum und hat gefragt, ob wir uns treffen wollen. Ich wollte nicht, dass wir uns sehen und meinte, ich hätte keine Zeit. Der Kontakt ist mit der Zeit eingeschlafen. Ich hab sie aber nie ganz vergessen.
Durch das Chatten habe ich später weitere Mädels kennengelernt und getroffen. An ein Treffen kann ich mich noch besonders gut erinnern. Sie hieß Silke. Wir hatten recht intime Mails ausgetauscht. Jetzt ging es um die Frage, ob sie bei mir im Bett schlafen sollte, wenn sie zu Besuch kam.
Als sie dann da war, fand sie Robin, einen Freund aus der Realschulzeit, total toll. Sie schlief zwei Nächte bei mir – im Zimmer jedoch nicht mit mir in einem Bett. Danach hatten wir nur einmal Kontakt. Aus dieser Erfahrung habe ich zumindest gelernt, dass ich eine Freundin erst dann meinen Kumpels vorstelle, wenn ich wirklich eine Beziehung mit ihr habe.
Meine Wahrnehmung von „Gefahrensituationen“ brachte mich gut durch die Berufsschulzeit. Personen, die mich angreifen konnten, ging ich einfach aus dem Weg. Dafür war ich, trotz ihrer Beziehung, sehr viel mit Markus und Marie zusammen, bis zu jenem Tag, als Marie versucht hatte, sich das Leben zu nehmen.
Ich habe sie in der Uni-Klinik besucht, in der ich mich ja bestens auskannte, wenn mir auch die Psychiatrie fremd war. Marie hatte eine schwierige Kindheit, sie kam nie so richtig darüber hinweg, dass ihre Eltern sich getrennt hatten. Sie war stets unzufrieden mit sich und hatte immer Selbstzweifel.
Wir alle machten uns große Sorgen um Marie. Ich habe mich während dieser Zeit viel um Markus gekümmert, wenn er das auch nicht so empfunden hat. Später machte er mir Vorwürfe, dass wir alle nur an Marie gedacht und ihn dabei vollkommen vergessen hätten. Das kann ich bis heute nicht nachvollziehen.
Während meiner Ausbildungsjahre begann für mich die Zeit der Rock-Festival-Besuche. Auf diesen Festivals geht es ungemein locker zu. Die Menschen dort wollen nur eins, Spaß haben.
Mein erstes Festival war das Bizarre-Festival. Vor unserem Start dort hin haben wir fleißig einkauft – Dosenfutter und große Mengen Dosenbier. Mit voll beladenen Autos sind wir zum Festival aufgebrochen.
Das Gelände war riesig und es war nicht so einfach, sich zurechtzufinden. Nachdem wir uns für einen Zeltplatz entschieden hatten, schleppten wir unser gesamtes Material vom Parkplatz viele Hundert Meter zu unserem Platz. Da wir bereits am Mittwoch angereist waren und das Festival erst am Freitag begann, hatten wir ziemlich weit vorn einen Platz ergattern können. Um uns herum waren nur die Hardcore Festival Besucher. In den Nächten war nicht wirklich an Schlaf zu denken.
Tagsüber haben sich die Leute die Zeit mit Saufspielen aller Art um die Ohren geschlagen. So konnte jeder recht gut vorsaufen und extrem betrunken auf das Konzertgelände gehen. Das hatte auch den Vorteil, kein Geld mehr für Alkohol ausgeben zu müssen. Mein erster Besuch eines solchen Rock Festivals war eine extreme aber auch eine superwitzige Erfahrung.
Ein Jahr später waren wir zum ersten Mal auf dem Rock am Ring. Wir waren relativ früh vor Ort und es herrschte warmes Sommerwetter. Nachdem wir unsere Zelte aufgestellt hatten, haben wir uns zu dritt auf den Weg gemacht, um uns das Festivalgelände anzusehen. Unterwegs haben wir uns als Aufbauhelfer verkauft und auf diese Weise das eine oder andere Bier erarbeitet. So sind wir dann bei einer Gruppe sitzen geblieben. Als Robin und Simon zu unserem Zelt zurückwollten, hatte ich keine Lust, mitzugehen. Also blieb ich noch eine Weile sitzen. Schließlich verspürte auch ich den Wunsch, zurückzugehen. Inzwischen war es dunkel geworden und ich hatte keinerlei Orientierung mehr. Ich verlief mich und kletterte, nur mit kurzer Hose und Badeschlappen bekleidet, über einen Bauzaun. Das brachte mir erhebliche Kratzer an den Beinen ein. Als ich schließlich in einem Wald landete, kehrte ich wieder um. Beim erneuten Überklettern des Zauns passierte es. Ich bin mit der rechten Hand an einem dieser spitzen Drähte hängen geblieben und riss mir zwischen Ringfinger und Mittelfinger ein Loch in die Handfläche. Nachdem ich mit meiner blutigen Hand noch eine Weile herumgeirrt war, fand ich endlich einen Sanitäter. Er brachte mich in ein Rettungszelt, wo die Wunde ohne Betäubung mit sechs Stichen genäht wurde. Eine Betäubung war aufgrund meines Alkoholpegels nicht nötig. Nachdem die Wunde versorgt war, suchte ich erneut das Zelt meiner Freunde und landete bei der Gruppe, bei der ich zuletzt gesessen hatte. Die Leute wussten, wo unser Zelt stand und brachten mich zu meinen Freunden, die froh waren, als ich endlich wieder auftauchte.
Bis heute war ich auf ca. sechs Rock-Festivals und habe dort nicht einmal eine negative Erfahrung in Bezug auf mein Äußeres gemacht.
Während meiner Ausbildung habe ich recht schnell gemerkt, dass ich nicht bis zu meinem Rentenalter auf der Baustelle arbeiten wollte, und habe mich entschieden, nach meiner Ausbildung das Fachabitur zu machen.
Im Frühjahr vor dem Eintritt in die Fachoberschule stand dann die so ziemlich schwierigste Operation an. Ziel war es, den Unterkiefer zurückzusetzen und den Oberkiefer nach vorne zu drehen, um wieder einen Überbiss zu schaffen.
Vor der Operation war eine der wenigen Situationen, in denen ich mit einem Außenstehenden über meinen Geburtsfehler gesprochen habe. Meinem Fußballtrainer musste ich mitteilen, dass ich eine Zeit lang nicht auflaufen konnte. Ich bin an einem Abend zu ihm gefahren, um darüber zu sprechen. Da ich nie mit jemandem darüber gesprochen habe und ich nicht wusste, inwiefern er diesen Geburtsfehler kannte, war es eine seltsame Situation für mich. Es war ein sehr gutes Gespräch. Mein Trainer hatte damals zwei kleine Kinder und konnte sich in die ganze Sache gut hineinversetzen.
Schmerz – Trauer – Qual
Das Vordrehen des Oberkiefers muss man sich wie bei einer Beinverlängerung vorstellen. Dabei wird der äußere Teil vom Knochen geschnitten und der innere gedehnt. Durch das langsame Vordrehen soll der Knochen Zeit haben, die entstandene Lücke zu schließen. Die Operation ist relativ gut verlaufen. Trotzdem war es eine der extremsten Erfahrungen, die ich in meinem Leben gemacht habe.
Das tägliche Vordrehen des Kiefers wurde in der Kieferorthopädie des Krankenhauses vorgenommen.
An einem Abend machte ich mich wieder auf den Weg durch die langen Krankenhausgänge. Einer der Ärzte, die an diesem Abend Dienst hatten, begrüßte mich und begleitete mich zum Behandlungsstuhl. Ich öffnete meinen Mund und der Arzt setzte seinen Schraubendreher an die Schraube im Oberkiefer an. Zweimal am Tag wurde eine halbe Umdrehung gedreht, so auch diesmal. Es war normal, dass mir direkt nach dem Drehen die Tränen in die Augen schossen. Normalerweise legte sich der Schmerz, sobald ich in mein Zimmer zurückgekehrt war. Doch diesmal war etwas anders, der Schmerz raubte mir fast die Sinne. In der Einsamkeit meines Krankenzimmers konnte ich die Tränen nicht zurückhalten. Das war jener Abend, der meine Beziehung zu Gott grundlegend verändert hat. Ich wusste, dass ich diese Schmerzen allein durchstehen musste, dennoch fragte ich mich, wie Gott so etwas zulassen konnte. Alle Anfeindungen und Hänseleien der letzten Jahre brachen aus mir heraus. Es war einer der Momente, in denen ich ernsthaft an Selbstmord gedacht habe. In meinem rasenden Schmerz und meiner Einsamkeit fragte ich mich, wie es wohl wäre, wenn ich einfach nicht mehr da wäre, nie mehr diesen Schmerzen ausgeliefert wäre. Ich war mir nicht sicher, ob mich jemand vermissen würde.
Später habe ich mich oft gefragt, und tue es noch heute, wie mein Leben in einem anderen Körper verlaufen wäre. Hätte ein hübsches Gesicht wirklich so viel verändert? Es kamen mir auch Gedanken, dass ich vielleicht gar nicht das Kind meiner Eltern war. Dabei läuft es mir noch heute kalt über den Rücken.
Ich weiß, wie ungerecht diese Fragen gegenüber meinen Eltern waren und sind. Sie haben alles für mich getan. Und dafür bin ich ihnen von Herzen dankbar.
Wie wohl mein Leben in einem Rollstuhl, statt mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte verlaufen wäre? Jeder hätte sofort meine Einschränkung gesehen. Im Grund ist es vollkommen unsinnig, solche Situationen miteinander zu vergleichen. Schließlich bewertet jeder Mensch seine Lage anders und geht individuell damit um.
Während des Krankenhausaufenthaltes hatte ich eine Magensonde, über die ich ernährt wurde bzw. mich selbst mit Astronautenkost ernährt habe. An einem Tag habe ich mir überlegt, dass ich mal die hochchalorische Variante nehme und davon ein wenig mehr. Es endete mit den heftigsten Bauchschmerzen, die ich je hatte, es war quasi eine Art Schmerzverlagerung. Ich wurde zwar im Gesicht operiert, hatte aber die Schmerzen in der Bauchgegend.
Unmittelbar vor und während meines Krankenhausaufenthaltes habe ich mit Simone gechattet. Das hat mir über viel hinweggeholfen. Nach meiner Entlassung haben wir uns dann getroffen. Es wurde mal wieder nichts draus. Meine Freunde erzählten von OneNight-Stands und ich wusste sozusagen nicht mal, wie man das Wort schreibt.
Die OP war eigentlich gut gelungen, doch leider entwickelte sich der vorgedrehte Kiefer nach einigen Wochen wieder leicht zurück und wir mussten mit einer Delaire Maske entgegenwirken. Die Maske sitzt auf dem Kinn und auf der Stirn, diese beiden Auflagepunkte sind mit einem Metallbogen verbunden. An diesem Bogen können Gummibänder befestigt werden, die mit Metallhaken, welche an den Zähnen im Oberkiefer befestigt sind, verbunden werden. Durch diese Maßnahme wird ein Zugdruck auf den Oberkiefer ausgeübt, um diesen nach vorne zu ziehen bzw. ihn sich nicht weiter nach hinten entwickeln zu lassen. Es war sehr deprimierend, dass wir diese Maßnahme ergreifen mussten. Eventuell wurde zu früh entschieden, die Schrauben aus dem Oberkiefer zu entfernen. Der Kiefer hatte sich wohl noch nicht genug gefestigt.
Nach dieser Operation waren wir dann auf dem Rock am Ring. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wir die Maske „Moped“ getauft haben, und ich morgens mit dem Teil auf dem Kopf aus dem Zelt gestiefelt war.
Bis heute trage ich nachts immer noch eine Miniplast-Schiene mit Gegenbiss, um den Kiefer und die Zähne in der jetzigen Position zu halten. Da ich nach der Operation entschieden habe, keine kieferorthopädischen Eingriffe mehr vorzunehmen, haben sich die Schneidezähne im Oberkiefer gut gefestigt. Selbst wenn ich die Miniplast-Schiene mehrere Tage nicht trage, passt sie trotzdem noch recht gut.
Nach der Operation begann ich auch mit meiner „Gitarrenkarriere“. Als Kind wollte ich schon immer Gitarre spielen, aber bei meinen sportlichen Aktivitäten hat sich das aus zeitlichen Gründen nie wirklich ergeben. Da ich während der Realschulzeit das ZehnFinger-Schreiben erlernt hatte, habe ich mir gedacht, so viel Fingerfertigkeit zu besitzen, dass das mit der Gitarre nicht so schwer sein konnte. Na ja, wirklich einfach ist es bis heute nicht. Ich hatte das Glück, dass Maries damaliger Freund Boris sehr gut Gitarre spielte und mir viel beigebracht hat. Ich spiele heute noch ab und zu.
Fachabitur – Jennifer – Glückseligkeit
Die letzte Operation war endlich ein Schritt zur Normalität. Hinzu kam, dass die Zeit an der Fachoberschule sehr schön war. Das ganze Jahr mal wieder mit Jan zusammen zur Schule zu gehen, war schon eine lässige Sache.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wir eine wichtige Klausur komplett abgeschrieben haben, weil der Lehrer sie im Raum vergessen hatte. Ein Klassenkamerad hat sie abfotografiert.
Auf einer Klassenfahrt nach Österreich habe ich meine ersten Erfahrungen mit dem Skifahren gemacht. Es war eine super Tour mit der ein oder anderen Après-Ski Party.
Während der Fachoberschule sind wir nach Norderney in der Nordsee gefahren, da Robin dort an einem Beachvolleyball Turnier teilnehmen wollte. Daniel, Simon und ich sind mit seinem Hobby-Volleyball-Klub mitgefahren, um ein wenig zu feiern und ihn zu unterstützen. Es war eine recht witzige Aktion, da wir damals in einer Strandkorbhalle übernachtet haben. Für mich war es schon ein sehr spezielles Erlebnis, zum Duschen zu gehen und nicht zu wissen, dass es keine getrennten Duschen für Jungs und Mädels gab. Ich war natürlich überrascht und aufgeregt, als im Duschzelt ein nacktes Mädchen vor mir stand.
Robins Erfahrungen waren da schon etwas weiter gediehen. Er hatte nachts in der Strandkorbhalle den ultimativen One-Night-Stand, von dem wohl viele träumen. In der überfüllten Halle kamen plötzlich Geräusche aus Robins Schlafsack, die normalerweise allein im Schlafsack nicht üblich sind.
Irgendwann in dieser Zeit habe ich mir gesagt, dass ich die Liebe nicht erzwingen kann und das Leben eben so kommt, wie es kommt. Genau so war es dann auch.
Zwischen dem Fachabitur und meinem Studium bin ich mit Daniel zum Hurricane Festival, das zwischen Bremen und Hamburg stattfindet, gefahren. Zu zweit zu einem Festival zu fahren, war schon eine sehr spezielle, aber im Nachhinein sehr positive Erfahrung. Wir haben uns mal wieder ziemlich betrunken und ein wenig gekifft. Als wir uns beim Rocken aus den Augen verloren haben, bin ich ein wenig nach hinten gegangen und habe mich auf eine britische Schmuserock-Band gefreut. An diesem Abend sah ich sie das erste Mal. Jennifer. Sie stand mit ihrer Freundin direkt neben mir und ihr sympathischer Blick und ihre wundervollen blonden Haare sprachen mich sofort an. Ich fand sogar den Mut, sie anzusprechen, und konnte damals noch nicht ahnen, wie sich diese erste Begegnung entwickeln würde. Am Ende des Abends haben wir tatsächlich unsere Handy-Nummern ausgetauscht. Sie hatte nur eine Tageskarte für diesen Abend, hat also nicht auf dem Camping-Platz übernachtet. Ich war happy und habe später voller Begeisterung Daniel von Jennifer erzählt. In dem Moment ging es mir richtig gut. Ich konnte nicht glauben, dass sie sich so gut mit mir unterhalten hat, obwohl ich jede Menge Alkohol und Gras im Blut gehabt haben musste.
Am nächsten Morgen hat sie mir dann prompt eine SMS geschickt und sich bedankt, dass ich sie durch unser Gespräch von der Kälte abgelenkt habe. Wir haben uns zu einem Telefonat am Montag nach dem Festival verabredet. Was für eine Zeit, das Fachabitur bestanden, einen Studienplatz erhalten und dann noch diese Frau kennengelernt.
Unser Telefonat an dem Montag war sehr schön, wir haben uns auf Anhieb wieder ausgezeichnet verstanden und unterhielten uns über Musik, unsere Interessen und Ausbildungen. In der Folgezeit haben wir oft und lange telefoniert, einmal sogar sechs Stunden – meine absolute Telefongesprächsrekordzeit. Jennifer wohnte in Rothenburg. Zwischen uns lagen 250 km, was unser Kennenlernen nicht unbedingt erleichterte. Sie war so ziemlich die Erste, die meine Gitarren-Künste zu hören bekam. Es war das Lied „Ein Kompliment“ von Sportfreunde Stiller. Was für eine Bedeutung die eine oder andere Textpassage für mich noch haben sollte, war mir zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst. Zwei Wochen nach dem Rock-Festival bin ich zu ihr gefahren. Es war herrliches Wetter und sehr warm im Auto. Um meine verschwitzten Achseln zu trocknen, habe ich mir Taschentücher unter die Arme geklemmt und die Lüftung voll aufgedreht. Jennifer war das erste Mädchen, das ich nicht übers Chatten kennengelernt hatte. Auf dem Festival war es zwar dunkel gewesen, dennoch musste sie mein Gesicht gesehen haben. Außerdem hatte ich ihr per Mail ein Foto von mir geschickt, das ich vorher per Selbstauslöser geschossen hatte. Dabei habe ich eine Nahaufnahme vermieden. Jennifer hat mir im Gegenzug ein Strandfoto geschickt.
Während einem unserer langen Telefonate habe ich meine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte angesprochen. Ich lag im Wohnzimmer auf der Couch und habe ihr davon erzählt. Jennifer hat super reagiert. Für sie war das kein Problem. Sie meinte, sie hätte noch nie so gute Gespräche mit einem Jungen geführt. Das wäre doch das Wichtigste.
Als ich dann vor ihrer Haustür stand, war ich ziemlich aufgeregt. Nach der freundlichen Begrüßung haben wir gemeinsam gefrühstückt. Nach einer kleinen Hausführung sind wir in ihr Zimmer gegangen. Es ist wirklich traurig, wenn ich das so schreibe, aber ich war 21, als ich zum ersten Mal ein Mädchen küssen sollte. Wir saßen auf ihrer kleinen Couch, als ich ihr von meiner ziemlichen Unerfahrenheit beichtete. Es hat ihr nichts ausgemacht. So fühlt sich also der Beginn einer Beziehung an, dachte ich, als ich ihre samtweichen Lippen auf den meinen fühlte.
Fortan sahen wir uns regelmäßig alle zwei Wochen, manchmal auch öfter.
Diese Sommerferien vor dem Studienbeginn war eine der schönsten Zeit in meinem Leben. Dass es alles nicht so einfach werden würde, habe ich damals noch nicht geahnt.
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