Kitabı oku: «Schlüssellochfantasien»
Nina Schott
Schlüssellochfantasien
Die Autorin:
Nina Schott, Jahrgang 1972, lebt mit ihrem Mann und mehreren Söhnen in Berlin. Dem Testosteron-Überschuss im Haus wird sie als Autorin Herr, äh Frau, indem sie von Zeit zu Zeit in die Leben ihrer Protagonisten abtaucht.
Ihr Herz schlägt für das Verfassen von erotischen Abenteuern sowie ChickLit-Komödien.
Schlüssellochfantasien ist ihr erstes Buch im Elysion Verlag.
Nina Schott
Schlüssellochfantasien
ELYSION-BOOKS
BAND 4051
Auflage: Februar 2013
ORIGINALAUSGABE
© 2013 BY ELYSION BOOKS GMBH, GELSENKIRCHEN
ALL RIGHTS RESERVED
UMSCHLAGGESTALTUNG: Ulrike Kleinert
FOTO: © Fotolia/ Lesemann
LAYOUT & WERKSATZ: Hanspeter Ludwig
ISBN 978-3-942602-30-3
Inhalt
Fesselspiele
Selbst ist die Frau
Der Zungenakrobat
Schweigen ist Gold
Eine Frau
Zwei Frauen
Drei Frauen und mehr
Sex mit dem Ex
Und täglich grüßt das Murmeltier
Telefonsex
Angezählt …
Ausgezählt …
Sex ist Liebe
Fesselspiele
Stella verlor die Kontrolle. Alles, was jetzt folgen würde, lag nicht mehr in ihrer Macht.
Ein Seil, das beide Handgelenke aneinander fesselte und über Kreuz um den Hals gelegt war, verhinderte jede Bewegung. Die rauen Fasern des Materials fühlten sich unangenehm auf der Haut an. Die Fesseln schnürten sich mehr und mehr in ihre Kehle. Angst stieg ihr in die Knochen, doch für einen Abbruch war es jetzt zu spät. Dazu hatte sie ihm im Chat und in den vergangenen zehn Minuten zu viele Einblicke in ihre intimen Vorlieben gewährt. Das Letzte, was Stella sah, war das schwarze Seidentuch, das ihr heutiger Verehrer, der sich im Internet Patrick nannte, aus seiner Hosentasche zog und ihr auf die Augen legte. Dann war es dunkel. Die wenigen Kerzen, die noch kurz zuvor das Zimmer mäßig stark erhellt hatten, wurden ausgeblasen, wie sie dem Geräusch und dem darauf folgenden Schwefelgeruch entnehmen konnte. Nun saß sie wie eine Fremde in der vertrauten Umgebung ihrer Wohnung und wagte es nicht, auch nur den leisesten Mucks von sich zu geben.
Minutenlang geschah nichts. Sie horchte in den Raum hinein, um herauszufinden, was ihr Gast vorhatte. Stille. Kein Knarren der Dielen, selbst sein Atem war nicht zu hören. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, der sie gleichermaßen anturnte und in Habachtstellung versetzte. Sie überlegte, wie lange sie es aushalten und nicht in Panik geraten würde. In ein paar Minuten wäre es vielleicht zu spät und sie hatte den größten Fehler ihres Lebens begangen, diesen Kerl in ihre Wohnung gelassen zu haben.
Plötzlich nahm sie einen Geruch wahr. Es war sein Parfum, das ihr bei der Begrüßung sofort aufgefallen war und das sie von irgendwo her kannte. Natürlich. Gregor. Ihr Kollege aus der Kanzlei benutzte es ebenfalls. Mit dem Unterschied, dass es an Patrick angenehm duftete.
Er musste jetzt unmittelbar neben ihr stehen. Nur keine Schwäche zeigen. Sie hatte das verdammt noch mal gewollt und platzte vor Erregung. Endlich vernahm sie einen Luftzug auf ihrer nackten Schulter. Er roch an ihr. Wie ein Tier beschnupperte er seine Beute, die wehrlos vor ihm saß, und mit der er vor dem Erlegen noch zu spielen gedachte. Stella fing an zu zittern und sie merkte, wie die nasse Gier aus ihrem Schoß direkt auf den Holzschemel floss, auf dem er sie platziert hatte.
Patrick schien den lockenden Duft zu wittern, denn sogleich schnüffelte er sich auf den Weg. Ohne den Körperkontakt zu verlieren, streifte sein Sinnesorgan um Stellas rechte Schulter herum und zwischen den blanken Brüsten hindurch, hinweg über ihren flachen, makellosen Bauch bis hin in ihren Schritt. Dort ließ er seine Nase ohne Vorwarnung in das Feuchtgebiet eintauchen und sich die Bestätigung seiner Wahrnehmung holen.
Stella stieß einen Seufzer aus und schob ihr Becken vor an den äußersten Rand des Hockers, sodass die Nasenspitze ihres Verführers tiefer in ihre nasse Grotte eindringen konnte. Die Schlinge um ihren Hals zog sich gefährlich zu. Ein unbeschreibliches Gefühl – geil, elektrisierend, ekstatisch. Wenn der Unbekannte, den sie vorhin an ihrer Haustür zum ersten Mal gesehen hatte, sie schon jetzt in diesen Zustand versetzte, was durfte sie dann erst vom weiteren Verlauf des Abends erwarten?
Für gewöhnlich dominierte Stella die Situation, machte die Vorgaben und setzte Grenzen. Heute hatte sie Neuland betreten, weil ihr Bauchgefühl zugestimmt hatte. Sie, die junge Anwältin, wusste genau, dass es genug Psychopathen da draußen gab und vielleicht hatte sie aufgrund ihres unstillbaren sexuellen Hungers einem von ihnen Einlass gewährt. Es war ein Spiel mit dem Feuer, denn ohne seine Hilfe würde sie nicht so einfach aus der Bondage-Nummer rauskommen. Kaum hatte sie diesen Gedanken zu Ende gedacht, spürte sie einen stechenden Schmerz auf ihrer linken Brustwarze. Das prickelnde Gefühl zwischen ihren Beinen war einem überwältigenden Brennen auf ihrem Nippel gewichen, das sich jetzt über die gesamte Brust ausbreitete.
Stella schrie auf und wich zurück. So viel, wie ihr die Fesselung an Spielraum zuließ. Panisch ruderte sie mit den Armen, was den Druck an ihrem Hals verstärkte. Am liebsten hätte sie um Hilfe geschrien, aber da ihr Peiniger dies offensichtlich vorausgeahnt hatte, bekam sie schneller als sie handeln konnte einen Gagball in den Mund gestopft.
»Hab keine Angst, ich werde dir nur ein bisschen wehtun. Du wirst es lieben.«
Seine Stimme beruhigte Stella. Sie hatte etwas Vertrautes.
Im selben Moment führte er zwei Finger in ihre Spalte ein und sie begann, im Wirrwarr ihrer Gefühle zu taumeln. Einerseits hatte sie Angst vor dem, was kam und war deshalb wieder trocken geworden. Andererseits, tief im Inneren, da, wo Patrick sie jetzt stoßartig berührte, blieb nicht verborgen, nach was sie sich sehnte. Und das holte er mit gleichmäßigen Bewegungen ans Tageslicht. Geschickt benetzte er ihre äußeren Schamlippen mit Muschisaft.
»Siehst du«, triumphierte er leise.
Das Ja, das Stella ihrem Gönner entgegenbringen wollte, war nicht zu hören. Vielleicht hatte sie es auch nur gedacht. Sie hegte längst berechtigte Hoffnungen auf eine intime Massage, die sie zum Höhepunkt bringen sollte. Ihr Stöhnen wurde lauter. Sie gab ihm zu verstehen, dass es gut war, was er tat und verzieh ihm seine Grobheit von vorhin. Während er Stella weiter energisch fingerte, brach das Feuer auf ihrer Brust erneut aus. Wie Blitze schlugen die kleinen Wachsspritzer auf ihrer Haut ein, die er mit der Kerze wahllos verteilte. Sie wollte, sie wollte nicht, sie wusste nicht mehr, was sie wollte. Ihre Vulva pulsierte, die Nippel reckten sich in die Höhe und er tat das, was sie halb in Ohnmacht fallen ließ: er saugte nicht nur an den Warzen, er malträtierte sie mit seinen Zähnen.
Stella lechzte vor Vergnügen, denn sie war jetzt bereit, alles zu tun. Auch das war gewollt und Teil seines Spiels. Unverhofft zog Patrick den Gummiball aus ihrem Mund und stopfte ihn mit etwas anderem, etwas hartem, etwas, das sich nach nur wenigen Stößen in ihr entlud. Sie schluckte, was sie kriegen konnte und melkte seinen Schwanz. Nie zuvor hatte sie mit verbundenen Augen einem Mann einen geblasen. Sein Sperma füllte ihre Mundhöhle aus und sie schlang alles hinunter. Einzelne Tropfen rannen ihr Kinn hinab, während Patrick vor Geilheit grunzte. Was für eine Explosion. Gierig lutschte sie den Zauberstab sauber.
Gleich danach war Stella an der Reihe. Zum Dank für ihre Dienste legte Patrick seine Hand erneut auf ihre Möse. Seine Finger trommelten wild auf ihre Perle ein, die vor Erregung stark angeschwollen war. Endlich hatte er Gnade mit ihr und Stella erreichte binnen weniger Sekunden ihr Ziel. Unter lautem Stöhnen genoss sie einen intensiven Orgasmus.
Als Patrick den Seidenschal entfernte, verweilte Stellas verklärter Blick für einen kurzen Moment in seinen Augen: »Danke«.
Patrick genoss seinen Triumpf. Flink und mit breitem Lächeln auf den Lippen befreite er Stella von den Fesseln und trug sie vom Hocker auf ihre Wohnzimmercouch, wo sie sich erschöpft rekelte. In diesem Augenblick hätte sie sich gerne an ihn geschmiegt, doch sie besann sich ihrer Maxime und tat es nicht.
Denn so war sie, zumindest, was die offizielle Nummer anging, und sie fuhr gut damit. Seitdem sie die Entscheidung getroffen hatte, sich ihr Single-Dasein auf eine – sagen wir - männliche Art zu versüßen, fühlte sie sich ausgeglichen, befriedigt und der Sport, für den keiner bezahlte, kam auch nicht zu kurz.
Wie das funktionierte? Ganz einfach: Früh hatte sie verstanden, dass es sich nicht lohnte, ihre Zeit auf der Suche nach dem Richtigen zu verschwenden, sondern sich das zu nehmen, was sie brauchte; alles andere kam von allein. Und was frau brauchte war genau das gleiche, was mann brauchte, nämlich Sex – der kleinste gemeinsame Nenner zwischen den Geschlechtern. Bedingung, er zog keinen Stress nach sich! Das passierte höchstens, wenn Gefühle im Spiel oder die Erwartungen zu hoch waren und genau das blieb für sie tabu. Außerdem fühlte Stella sich zu jung, um all den verbotenen Früchten widerstehen zu können, die ihr jeden Tag aufs Neue feil geboten wurden. Ein weiterer Vorteil war, dass sie grundsätzlich unvoreingenommen in ein Abenteuer ging und sich treiben ließ. Dabei nutzte sie eine wesentliche Erkenntnis: Dumm fickt gut! Eine alte Weisheit, die sie nur bestätigen konnte.
Wenn sie sich für den smarten Business-Typen mit teurem Flitzer vor der Tür entschied, war kein originelles Vorspiel, kein langatmiger Sex, geschweige denn ein gefühlvoller Ausklang zu erwarten. Dieser Mann war zielorientiert; er brachte die Frau zwar behände zum Orgasmus, war aber immer darauf bedacht, dass er gut dabei aussah. Seine Eltern hatten viel in seine Ausbildung investiert und Sex brauchte er, weil es dazu gehörte.
Oder die Rechtsanwälte, Notare und Ärzte. Jene Personengruppen, die zu wissen glaubten, wie es ging, weil sie genug Geld nach Hause brachten und deshalb, laut eigener Einschätzung, kein einfallsreiches Liebesspiel abliefern mussten. Stella sprach da aus Erfahrung.
Sie interessierte sich für die Normalos, die ihre Zeit nicht mit dem Studieren hochtrabender Fachliteratur vergeudeten, so wie die Sesselpupser aus ihrem Büro, und deren größte Zerstreuung bedeutete, ihre sexuellen Fantasien in den Köpfen ablaufen zu lassen, während sie es sich selbst besorgten. Stella gehörte zwar auch zur Kategorie Erfolgsmensch, dennoch wollte sie den Bezug zur realen Welt der Lust nicht verlieren. Und das funktionierte nur über ihr Doppelleben.
Stella hieß natürlich nicht Stella, doch ihren bürgerlichen Namen hielt sie vor ihren Sex-Partnern geheim. Gleich nach dem Abitur hatte sie mit dem Jurastudium begonnen. Es war eine wilde Zeit, Quickies zwischen den Vorlesungen, Orgien auf den Semesterabschluss-Feiern und heiße Flirts mit den Professoren. Von all dem ahnten ihre Eltern nicht das geringste. Es war ein Leben wie im Paradies und eine willkommene Abwechslung zur schnöden Theorie eines staubtrockenen Studiums, das von Zuhause aus finanziert wurde. Stellas Mutter war Staatsanwältin, ihr Vater Strafverteidiger und sie die einzige Tochter, die ihren Eltern mit überdurchschnittlich guten Noten zur Freude gereichte. Niemand kam auf die Idee, in ihr die Venusfalle zu sehen, deren Sexualtrieb sich im Laufe der Jahre weiter potenzierte.
In der Annahme, sich für den richtigen Beruf entschieden zu haben, begann Stella mit 24 Jahren ihr Referendariat in einer alt eingesessenen Berliner Kanzlei, bevor sie schließlich bei Lübben & Partner landete. Lübben & Partner war eine der renommiertesten Kanzleien der Stadt, die sich ausschließlich mit großen Fischen abgab. An dieser Stelle war klar, Stella hatte es geschafft.
Zufall? Nein, keinesfalls. Sie war fest der Meinung, dass man für sein Glück arbeiten musste und das hatte sie mit Bravur getan. Jetzt war sie 29, hatte ihre ersten drei Jahre als Volljuristin hinter sich und war nur auf privater Ebene zu recht enttäuscht: Seit der wilden Ausbildungszeit hatte sich einiges verändert. Bei den Herren im Stall machten sich die ersten grauen Haare breit, was mit Sicherheit kein schlechtes Argument war, aber die ehemaligen Hengste aus dem Studium gaben nur noch an ihrem Schreibtisch eine gute Figur ab – wohlbemerkt hinter, nicht auf.
Um dieser langweiligen Entwicklung entgegenzuwirken, blieb ihr nichts anderes übrig, als sich nach einer anderen Spielwiese mit neuen Sexpartnern umzusehen. Das Internet kam ihr dabei sehr entgegen. Stella stand mit Sicherheit nicht auf Kennlernen-Portale, aber sie waren ein ausreichendes Mittel zum Zweck. Wenn man so ehrgeizig war wie sie und viel arbeitete, blieb einfach keine Zeit, sich abends noch auf die Pirsch zu begeben. Zudem sah sie sich mit einem weiteren Problem konfrontiert: Männer sprachen sie eher selten an. Ihre Freunde attestierten ihr ein zu dominantes Auftreten - zu selbstbewusst, zu nordisch unterkühlt.
Was sie also in ihrer Freizeit ganz bestimmt nicht suchte, war ein Sugar-Daddy, sondern SEX!
Seit vier Jahren wohnte sie in einer charmanten 3-Zimmer-Wohnung zur Miete, Altbau, in Charlottenburg, die sie sich sehr gemütlich eingerichtet hatte. Stella war ihr eigener Herr und verdiente gutes Geld. Vor einem Jahr hatte sie deshalb beschlossen, sich ein Appartement zu kaufen, das in der Zwischenzeit zu ihrem Hauptwohnsitz geworden war.
Bereits jetzt hatte sie im Job durch ihre Kompetenz überzeugt und sich einen hervorragenden Ruf, insbesondere in Schlichtungsfällen, angeeignet. Die junge Anwältin, die für einige zu schnell nach oben gekommen war, rief manchen Neider auf den Plan. Sie tat demnach gut daran, ihr Privatleben so diskret wie möglich zu behandeln, um keine Angriffsfläche zu bieten. Dennoch fiel es nicht immer leicht, ihr großes Verlangen nach sexueller Befriedigung unter Kontrolle zu halten.
Einen entscheidenden Stein diesbezüglich hatte ihre Freundin Anja ins Rollen gebracht, die aufgrund ihrer übermäßig ausgeprägten Neugier von Stella den Namen Else Kling erhalten hatte. Sie war es gewesen, die irgendwann voller Begeisterung das Internet für ihre Beziehungssuche entdeckte. Das passte wie die Faust aufs Auge, denn im gläsernen Käfig ließ sich eine ganze Menge über andere Leute herausfinden. Else konnte ganze Wochenenden an ihrem Rechner verbringen. Schnell hatte sie Profile in diversen Partnervermittlungsportalen angelegt, die im Gegensatz zur Realität eher weniger ihrem Naturell entsprachen. Else war nicht unattraktiv, doch durch ihre burschikose Art eher der Kumpeltyp und damit das ganze Gegenteil von Stella. Tief im Innern war Else konservativ, wenn nicht gar bieder, doch bei ihren virtuellen Partnern verkaufte sie sich gern als Vamp. Verkauf war eben alles. Aber wenn nicht Stella, wer dann, wusste besser, dass die Welt zum großen Teil aus Blendern bestand. Das brachte ihr Beruf nun mal mit sich. Also verfolgte sie amüsiert das Engagement ihrer Freundin.
Die beiden Frauen hatten sich während des Jura-Studiums kennengelernt, wobei Else schnell erkannte, dass sie einen falschen Weg eingeschlagen hatte. Sie sattelte in die Unterhaltungsbranche um, was die einzig richtige Entscheidung gewesen war. Mittlerweile leitete sie ihre eigene kleine Event-Agentur. Auch wenn Else viele Kontakte pflegte und täglich mit Menschen zu tun hatte, wollte es mit der Liebe einfach nicht klappen.
Es war erstaunlich, wie viele Herren auf Elses Profil reagierten. Sie mailte, chattete und telefonierte, was das Zeug hielt, aber ein Mr. Right kam nicht dabei herum. Ihre Hoffnungen auf die große Liebe schwanden mitunter deshalb, weil die meisten Männer ziemlich direkt und gleich zur Sprache brachten, was sie eigentlich von ihr erwarteten. Die Kontaktaufnahme lief stets nach dem gleichen Muster ab: Erst wurden Komplimente gemacht, dann wurden die Zeilen frivoler und letztlich drängte man auf ein Treffen, bei dem es sich nicht um einen Kinobesuch handeln sollte. Nicht selten befanden sich Fotos in der Anlage, auf denen das beste Stück ihrer Verehrer gekonnt in Szene gesetzt war. Als besonders appetitlich stufte Stella ein Bild ein, auf dem eine männliche Hand den Erfolg ihres Besitzers nach dreiminütigem Schaffen in die Kamera hielt, was ihre Freundin gleichermaßen empörte.
Die Enttäuschung auf Elses Seite war groß. Obwohl es sich um solide Tauschbörsen handelte, war die Mehrzahl der Bewerber auf sexuelle Abenteuer aus.
Stella, die diese Tatsache äußerst interessiert zur Kenntnis nahm, wollte sie fortan für ihre ganz persönlichen Zwecke nutzen.
Die Vorgehensweise war simpel: Stella hatte im Netz ein Foto hochgeladen, das gegen das Licht geschossen worden war. Zudem zeigte es sie von der Seite. Die schlanke Figur war gut zu erkennen, die Anonymität blieb gewahrt. Der Kopf war lasziv in den Nacken geworfen, sodass ihre langen Haare, die sie im Büro immer zu einem Zopf gebunden trug, fast bis zu ihrem wohlgeformten Po reichten. Durch die Position mit leicht durchgedrückten Rücken kamen ihre Brüste perfekt zur Geltung. Dass sie ihre Nippel zuvor mit Eiswürfeln aufgerichtet hatte, war nur bei genauerer Betrachtung des kleinen Bildes zu erkennen, doch der geübte Beobachter wusste dieses Detail zu schätzen. Stella lernte schnell, auf was es im Internet ankam, welche Pose wie gedeutet und welcher Satz wie interpretiert wurde. Sie gab nicht viel von sich preis, sondern beschränkte sich auf das Wesentliche und sagte es so, wie es war – JUNG, SCHULDIG, BLOND und mit anderen netten Vorzügen sucht …
Die meisten Männer verstanden den Code auf Anhieb und redeten nicht lange um den heißen Brei. Gut so, denn Stella war nicht zum Spaß bei der Sache. Sie selektierte nach ganz bestimmten Kriterien in Bewerber und Langweiler. Akademiker und Intellektuelle sowie Muskelprotze und Luftpumpen flogen raus. Ihr Interesse galt den einfacheren Männern mit soliden handwerklichen Berufen. Reduced to the max. Sie hatte kein Interesse daran, sich mit ihren Toy-Boys im Anschluss an ein genussvolles Abenteuer geistreich auseinanderzusetzen oder eine politische Diskussion darüber zu führen, warum man wählen gehen sollte. Es ging ihr ums Vögeln, animalischen Sex ohne lästige Verbalattacken oder, wenn’s gut lief, einen gigantischen Fick, der sie noch Tage später in ihren Träumen stimulierte.
Stella hörte, wie jemand im Bad die Dusche ausstellte. Sie musste kurz weggedöst sein. Gleich würde sie sich von Patrick für immer verabschieden. Das Zimmer, in dem er sich jetzt abtrocknete und ankleidete, war puristisch eingerichtet. Ihre persönlichen Sachen verbarg Stella in einem alten Holzschrank, den sie von einem Antiquitäten-Händler erstanden hatte. Er passte hervorragend zu einem mit Kuhfell überzogenen riesigen Sessel, der ebenfalls in dem großzügig geschnittenen Raum seinen Platz fand. Eine freistehende Badewanne aus Urgroßmutters Zeiten bildete das Herzstück des Badezimmers. Stella liebte dieses Zimmer. Nicht, dass sie Unmengen von Zeit vor dem Spiegel verbrachte, doch das Bad war für sie ein Raum der Ruhe, wo sie abschalten und relaxen konnte, in den sie sich im Winter mit einem guten Buch und einer Tasse Tee an kalten einsamen Abenden zurückzog. Sie liebte ihr Refugium, das jeder Gast nur einmal zu sehen bekam, wenn sie sich auf ihn eingelassen hatte. Insofern stellte dieses Entgegenkommen kein Eindringen in ihre Privatsphäre dar. Sie sorgte lediglich für einen angemessenen Rahmen und entschied nach sorgfältiger Prüfung, wer sie in ihrer Wohnung beglücken durfte.
Nun stand Patrick, zumindest war das sein Nickname im Internet gewesen, vor ihr, um sich zu verabschieden. Erst jetzt fiel Stella auf, wie groß er war. Abermals lief ihr ein Schauer über den Rücken bei dem Gedanken, es wäre vorhin nicht bei einem Rollenspiel geblieben. Skeptisch betrachtete sie den mehr oder weniger fremden Mann und wurde sich darüber im klaren, dass sie sich nicht noch einmal derartig in Gefahr bringen würde. Wie leichtsinnig sie gewesen war.
»Bleibt es bei einem nie wieder?«
»Unbedingt«, polterte es aus ihr heraus. »Das war die Abmachung.«
»Schade, mein Schwanz hätte deine anderen Höhlen auch gerne kennengelernt.«
Stella antwortete nicht. Sie räusperte sich und schenkte ihm ein verlegenes Lächeln. So ganz geheuer war ihr diese Begegnung nicht und deshalb wollte sie ihn jetzt nur noch loswerden. Sie hatte heute ihre persönliche Grenze überschritten und die Erkenntnis darüber bereitete ihr auch im Nachhinein Unbehagen.
Wenige Augenblicke später fiel ihre Wohnungstür ins Schloss. Stella legte vorsichtshalber die Sicherungskette vor. Man konnte nie wissen. Dann machte sie sich über das Parkett her, das durch etliche Wachsflecken verriet, was soeben im Wohnzimmer stattgefunden hatte. Dass Stella sich den Luxus zweier Wohnungen gönnte bedeutete leider auch mehr Arbeit, doch ihr Privatleben spielte sich nun mal am Paul-Lincke-Ufer ab. Das 1-Zimmer-Appartment mit traumhaftem Blick auf den Landwehrkanal bestand im wesentlichen aus einem monströsen Kleiderschrank, einer kuscheligen Couch nebst Fernseher und einer offenen Küche. Da sie für später auf ein kleines Häuschen im Grünen sparte, war das Geld nur zwischen geparkt.
Die Mietwohnung in Charlottenburg, in der sich Stellas sexuelles Leben abspielte, garantierte die gewünschte Anonymität. Das Klingelschild trug den Namen ihrer Internet-Identität Stella Block. Keiner ihrer männlichen Besucher würde je auf die Idee kommen, es handelte sich um eine patente Junganwältin mit einem verruchten Geheimnis. Zudem war ein Zweitwohnsitz sicherer, weil die Möglichkeit bestand, einem aufdringlichen Verehrer aus dem Weg zu gehen. Wer war schon gerne einem Stalker ausgeliefert? Müde machte sie sich auf den Heimweg.