Kitabı oku: «Raban und Röiven Insel der Elfen», sayfa 2

Yazı tipi:

Insel der Elfen

Im vergangenen Herbst.

Die magischen Sprüche von Sorcha und Kenneth haben Kendras Genesung beschleunigt, trotzdem bedarf sie noch einige Tage der Ruhe. Nachdem der Fairwing dem Wunsch Kendras folgend sie mitgenommen hatte, als er Sorcha, Raban und Röiven in den geheimen Wald der Elfen zurückbrachte, hatten sie einen Tag im Wald und in der Elfenfestung Serengard verbracht. Als sie zurück auf Eilean na sìthichean sind, möchte Kenneth ihre Betreuung und Pflege in zuverlässige Hände geben. Da Kendra weder Mutter noch andere Angehörige hat, die das übernehmen könnten, soll Amelia, die Wirtin des Gasthauses »Wanderers Zuflucht«, das im Viertel der Fairwings steht, diese Aufgabe erfüllen. Kendra bezweifelt, dass eine königliche Jägerin, die von der Herrin des Gasthauses bisher erst zweimal gesehen wurde, von ihr gepflegt werden wird. Doch Kenneth ist anderer Meinung. Er hat auch kaum den ersten Satz seiner diesbezüglichen Frage gestellt, als die resolute Frau ihm bereits über den Mund fährt:

»Bring das arme Kind ruhig zu mir. Ich werde es wieder auf die Beine …« Hier hält sie erschrocken inne, weil ihr Blick auf das bleiche Antlitz der schönen, jungen Frau fällt, die bisher von der Gestalt des Mannes verdeckt wurde. »Was? Da steht sie ja schon. Typisch Mann. Lässt der unvernünftige Bursche das verletzte Mädchen hierher laufen, anstatt ein Transportgefährt oder auch nur sein Pferd zu nutzen.« Die Wirtin unterbricht sich, drängt Kenneth zur Seite, der verblüfft kein Wort der Erwiderung äußert und will die Hände Kendras ergreifen. Dann zögert sie und wischt sich erschrocken ihre Hände an der blütenweißen Schürze ab. Erst jetzt lächelt Amelia wieder und nimmt die der Frau in ihre und zieht sie in die Gaststube herein. »Komm schon, mein liebes Kind. Wir haben oben ein Gästezimmer mit einem schönen, weichen Bett. Dort ist es ruhig und du kannst dich erholen, ohne von unliebsamen Besuchern belästigt zu werden.« Ihr Blick ist dabei drohend auf den Mann gerichtet.

»Kenneth ist aber kein un… und er hätte mich auf Feuerstern, seinem Pferd hergebracht, wenn er nicht den magischen Sprung nutzen könnte«, versucht Kendra, die Wirtin aufzuklären, während Kenneth sofort warnend einen Finger vor seine Lippen hält. Doch die Frauen beachten ihn nicht.

»Na, na, Kindchen. Das ist ja auch wohl das Mindeste, was dieser Mann für dich tun konnte. – Ähem, sein Pferd kenne ich, aber was ist ein magischer Sprung?«

»Er hat mich mit Zauberkraft …« Hier wird sie schnell und energisch von Kenneth unterbrochen.

»Ruhig! Das ist nichts für öffentliche Plätze. Auch wenn in diesem Gastraum nur ehrliche Fairwings Zutritt haben, könnten Lauscher etwas von unserem Gespräch mitbekommen.« Seine Stimme ist eindringlich, auch wenn er nicht laut spricht und sein Blick sucht forschend die wenigen Fenster im Gastraum ab.

»Entschuldigung!«, flüstern Amelia und Kendra erschrocken.

»Ist schon gut. So laut wart ihr jetzt nicht und Fremde habe ich nicht entdeckt. Lasst uns nach oben gehen, dort können wir uns weiter unterhalten. – Außerdem muss ich das Zimmer begutachten, ob es für eine königliche Jägerin angemessen ist!« Die Wirtin will empört auffahren und stemmt bereits ihre Hände in die Seiten, als sie ein feines Grinsen auf seinem Gesicht entdeckt.

»Soweit ich »Wanderers Zuflucht« bisher kennengelernt habe, wird das Zimmer sicher mehr als genügen!«, hält Kendra dagegen und lächelt die andere Frau gewinnend an, während sie den Gastraum durchqueren. »Außerdem fühle ich mich hier sicher und geborgen.« Ohne ein weiteres Wort nutzen sie in dem anschließenden Flur die Stiege nach oben. Der dunkle Schatten, der durch den kleinen Spalt der Außentür zu sehen ist, ist Kenneth entgangen. Das plötzliche Zufallen der Tür fällt ihnen leider ebenso wenig auf.

Das Gästezimmer ist für ein Wirtshaus mehr als luxuriös eingerichtet. Kendra bedankt sich bei der Wirtin, die sich nach unten begibt, um eine kräftigende Brühe bei ihrem Mann in Auftrag zu geben.

»Unsere Spezialhühnersuppe wird dich bald wieder auf die Beine bringen«, sagt Amelia zurückblickend, um die Tür dann leise hinter sich zu schließen.

Die Jägerin berät sich nun mit Kenneth, wie es weitergehen soll. Sie will sich vom Dienst bei den Jägern für ein Jahr beurlauben lassen, um das begonnene Werk ihrer Mutter fortzuführen. Das Anwesen, das jetzt ihr gehört, soll wiederaufgebaut werden, darum will sie sich vor Ort kümmern. Kenneth besteht darauf, dass sie eine Woche in der Obhut der Wirtsleute bleibt, danach will er sie abholen und sicher zu dem Anwesen geleiten.

Ob Kendra nach ihrem Jahr Pause wieder als königliche Jägerin arbeiten möchte, hat sie noch nicht entschieden. Nach dem Tod des Königs ist das Volk der Darkwings jetzt ohne Herrscher. Der durch Duncan getötete Monarch hat zwar Verwandte, sogar einen Bruder, aber keine Kinder. Ein neuer Herrscher wird durch die Vertreter der obersten Adligen gewählt werden müssen, da Seitenlinien von der Thronfolge ausgeschlossen sind. Es gibt viele ehrgeizige Männer und Frauen unter den Aristokraten der Darkwings, die auf diese Position hoffen, aber es würde Kendra nicht gefallen, bei allen von ihnen königliche Jägerin zu sein. Je nach Ergebnis der Wahl, die frühestens nach einem halben Jahr stattfinden kann, so lauten die alten Gesetze, wird feststehen, wer der neue Monarch sein wird. Am ersten Jahrestag des Todes des bisherigen Königs wird der neue dann seine Herrschaft antreten. Wenn das Jahr ihrer Beurlaubung vorbei ist, wird Kendra also entscheiden können, wie ihr zukünftiges Leben aussehen soll.

Kenneth will weiter durch das Land ziehen und Menschen bei der Bewältigung ihrer Probleme helfen. Je nach Situation hilft er nicht nur Fairwings, sondern auch Darkwings. Er macht seine Hilfe nicht davon abhängig, zu welchem der beiden Völker der Bedürftige gehört. Entscheidend ist, ob dieser Mensch offen und ehrlich ist.

Bevor sie sich trennen, möchte der Fairwing der ehemaligen Jägerin helfen, ihre benötigten Habseligkeiten in das Gasthaus zu holen. Gerade, als Kenneth das sagt, wird sachte an die Zimmertür geklopft.

Auf Kendras: »Herein!«, tritt die vom Treppensteigen etwas schnaufende Wirtin mit einem Tablett, auf dem eine dampfende Schüssel steht und einige Scheiben Brot liegen, ein.

»Hier hast du etwas Kräftigendes, mein Kind. Wir wollen doch mal sehen, ob wir dich nicht schnell wiederherstellen können. Ich habe gehört, du wolltest diesen Mörder, den widerwärtigen Magier, mit deinem Schwert richten, was der mit einem auf dich geschleuderten, grässlichen Zauber verhinderte. Der Fluch hat dich derart geschwächt, dass du stundenlang zwischen Leben und Tod schwebtest. Du sollst auch Unmengen deines Blutes verloren haben. Konnte dich dieser junge Mann«, dabei ruht ihr flammender Blick kurz auf dem Fairwing, »denn nicht von einem derart unbedachten Vorhaben abhalten? Ich hätte da mehr Umsicht von ihm …«

»Kenneth wusste nicht, was ich vorhatte. Er war in dem Augenblick ja gar nicht anwesend«, versucht die junge Frau, ihn in Schutz zu nehmen. Amelia stellt das Tablett aufgeregt auf den Tisch, an dem die beiden sitzen, hört aber nicht richtig zu.

»WAS? Er hat dich alleine in seine Nähe gehen lassen? Das schlägt doch dem Fass den Boden aus. Das hätte ich nicht gedacht.« Sie schüttelt den Kopf und stemmt ihre Hände in die Hüften. Ihre Augen blitzen drohend.

»Die Suppe duftet aber toll. Schmeckt sie auch wohl so lecker? Ich sollte sie aber besser nicht kalt werden lassen, oder?« Mit diesem Ablenkungsmanöver schafft es die Jägerin tatsächlich, die aufgebrachte Frau kurzzeitig auf andere Gedanken zu bringen. Sofort leuchten ihre Augen.

»Die Suppe muss am besten heiß gegessen werden. Die Brotscheiben sind mit Butter bestrichen, die solltest du dazu essen. Das wird dir neue Kraft geben.« Plötzlich stutzt sie und will zwei von den vier Schnitten wegnehmen.

»Eigentlich sollte dieser Nichtsnutz sie bekommen, aber jetzt nehme ich sie doch wohl besser …«

»Halt. Kenneth ist kein Nichtsnutz. Er hat mich gerettet. Er wusste ja nicht, wo ich war und was ich vorhatte. Soweit ich weiß, kam er erst dazu, als ich den dummen Versuch schon unternommen hatte.«

»Das stimmt. Ich muss mich zwar nicht vor dir rechtfertigen«, dabei blickt er die soeben noch aufgebrachte Frau mit einem jungenhaften Blick an, »will dich aber aufklären. Ich glaube, das Geschehen ist stark verfälscht worden. Der Zauberer Duncan hatte sich mit einem Schutzzauber umgeben, den Kendra mit ihrem Schwert niemals hätte durchdringen können. Als sie es trotzdem versuchte, wurde sie heftig zurückgeschleudert und verlor beim Aufprall auf den Boden ihr Bewusstsein. Vorher muss sie allerdings bereits durch ein fehlgeleitetes Geschoss oder durch das Streifen eines Blitzes am Oberschenkel verwundet worden sein. Aus dieser Verletzung hatte sie schon sehr viel Blut verloren, bevor sie den Zauberer angriff. Die Elfe Sorcha und ich haben die Wunde mit Heilzauber geschlossen und ihr neue Lebensenergie übertragen.« Jetzt schweigt Kenneth. Er blickt die Wirtin etwas verlegen an. Normalerweise berichtet er nicht von dem, was ihn oder seine Taten gut aussehen lassen.

»Was? Eine Elfe war auch bei dem Kampf dabei? Wo ist sie jetzt? Ich würde sie gern kennenlernen. Ich dachte, Elfen gibt es nur in Geschichten. – Entschuldige bitte, Kenneth. Ich hätte wissen müssen, dass das von mir unterstellte Betragen nicht zu dir passt. Wie kann ich das nur wiedergutmachen?« Sie schaut ihn verlegen an und ringt ihre Hände.

»Indem du die zwei Brotscheiben hierlässt, meine liebe Amelia«, erwidert der Fairwing lachend. Sofort entspannt sich die Wirtin und beginnt erleichtert zu lächeln. Sie reicht ihm die Scheiben.

»Also, Elfen gibt es wirklich?«

»Ja. Außerdem hast du sie doch gesehen, als wir vorgestern hier zusammen in der kleinen Stube saßen. Kendra und ich haben sie, den Jungen Raban und den Kolkraben Röiven bereits wieder in ihre Heimat gebracht.«

»Kannst du mir von Elfen erzählen. Wie sind sie denn so?«

»Das kann Kendra übernehmen, wenn sie möchte. In der kommenden Woche werdet ihr vermutlich genug Zeit dazu haben. Und denke daran, du sollst ihr nichts von meinen Untaten berichten. Ich will, dass sie mich weiter für einen glorreichen Helden hält.« Er droht der älteren Frau mit erhobenem Zeigefinger, kann ein Grinsen aber nicht unterdrücken.

»Was für Untaten? Und wer ist ein ruhmreicher Held?«, fragt Kendra, ihn gespielt erstaunt anblickend.

»Na ich. Das ist doch wohl selbstverständlich. Schließlich habe ich doch die Prinzessin vor einem Monster gerettet.«

Jetzt lachen beide, umarmen und küssen sich. Die Wirtin fällt etwas zögernd in das Lachen ein. Sie hat nicht alles verstanden, will sich aber später von Kendra genauestens informieren lassen.

»Wir werden gleich noch einige von Kendras Sachen holen. Natürlich erst, wenn sie aufgegessen hat«, ergänzt Kenneth schnell, weil sich Amelia auf ihrem Weg aus dem Zimmer erneut zu ihnen umdreht. »Keine Sorge, wir werden langsam gehen, damit sie sich nicht überanstrengt.«

Als die beiden das Viertel in der Residenzstadt verlassen, in dem nur Fairwings wohnen, fällt ihnen die Gestalt in einem dunklen Mantel nicht auf, die ihnen verstohlen und vorsichtig folgt. Wäre Kenneth allein unterwegs und nicht durch das Gespräch mit der jungen Frau an seiner Seite abgelenkt, hätte der Mann keinen Erfolg mit der Verfolgung gehabt. Er wäre sofort entdeckt worden.

Ob alles, was nun folgt, dann anders verlaufen würde? Vermutlich nicht, aber das ist ja jetzt unerheblich!

Der Verfolger hat dunkles, strähniges Haar, das, genau wie sein Gesicht, unter der Kapuze eines weiten, schwarzen Umhangs verborgen ist. Er schafft es sogar, bis dicht an das Paar heranzukommen und einige Gesprächsfetzen aufzuschnappen. Dabei erfährt er, dass die Frau eine königliche Jägerin ist. Erstaunt stoppt er und wird prompt von einem anderen angerempelt, der ihm wohl zu dicht folgte.

»Hey. Warum bleibst du einfach stehen?«, fährt der sofort auf. »Das hätte … Oh, Verzeihung. Ich bitte untertänigst um Entschuldigung. Ihre Hoheit!« Mit diesen Worten macht der Mann eine Verbeugung vor dem Mann, dessen Gesicht er unter der Kapuze, die etwas verrutscht ist, erkannt hat und bewegt sich gebückt rückwärts.

Der Angerempelte winkt ungeduldig mit der Hand, zieht die Kapuze über den Kopf und dreht sich um. Er sucht, wo Kenneth und seine Begleitung geblieben sind. Kurz darauf hat er sie wieder im Blick und beschleunigt den Schritt, um sie einzuholen. Währenddessen grübelt er über die Bedeutung des Gehörten nach.

»Kenneth wird von einer königlichen Jägerin begleitet. Darum kam mir das Gesicht der Frau auch so bekannt vor. Und sie ist sogar eine Anführerin der Jäger. Ob der Fairwing ein Auge auf diese Frau geworfen hat? Er lässt sie wirklich keine Sekunde aus den Augen. Hm. Und was hat das zu bedeuten, dass er zusammen mit ihr einen magischen Sprung ausgeführt hat. Sollte Kenneth über Zauberkräfte verfügen? Das wäre eine wichtige Neuigkeit. – Der getötete Duncan konnte zaubern und hat den Beweis geliefert, wie gefährlich und gleichzeitig fast unüberwindbar ein Zauberer sein kann. Wenn kein anderer Magier stärker ist, hat dieser nichts und niemanden zu fürchten.« Der Dunkle ist durch seine Gedanken abgelenkt und verliert dadurch die beiden aus den Augen. Laut fluchend eilt er in verschiedene Richtungen, doch ohne Erfolg. Er bleibt enttäuscht stehen. Wohin soll er sich jetzt wenden? Zurück zu »Wanderers Zuflucht« im Viertel der Fairwings und dort auf sie warten, falls sie wieder zurückkommen sollten? – Was hat eine Anführerin der königlichen Jäger dort überhaupt verloren? – Oder zu dem Quartier der Jäger? Ja, dort könnten sie hingegangen sein. Der Dunkle schlägt die entsprechende Richtung ein und betritt die Burganlage, die innerhalb der Residenzstadt eine eigene Festung bildet. Er lächelt hämisch bei dem Gedanken, dass diese trutzige und wehrhafte Anlage Duncan nicht hindern konnte, den König zu töten. Ja, ja. Zauberei ist schon etwas sehr Gutes, wenn man der ist, der sie anwenden kann! Der Verfolger steht in Gedanken und in Zukunftsplänen versunken lange ohne Erfolg im Innenhof der Anlage und beobachtet die Aufräumarbeiten, doch Kenneth und Kendra sieht er heute nicht mehr.

Die sind vor dem Zugang zur Burg abgebogen, um, parallel zum Burggraben laufend, zu dem Haus zu gelangen, in dem Kendra wohnt. Es ist ein großes, zweistöckiges Stadthaus, das offensichtlich bessere Zeiten erlebt hat. Der an einigen Stellen abgeplatzte Putz müsste dringend ausgebessert und die Fassade anschließend neu gestrichen werden. Die dadurch sichtbar gewordenen roten Backsteine wirken unter dem abgeplatzten, grauen Mörtel eher schäbig. Trotzdem weist das Haus insgesamt auf den ehemaligen Reichtum seines Erbauers hin. Da Kendra dort nur zur Miete wohnt und als königliche Jägerin sehr oft im Land unterwegs ist, stört sie das nicht besonders. Sie hat die Wohnung gemietet, nachdem ihr Vater gestorben war und ihre Mutter zu ihrem elterlichen Anwesen wegzog, wo sie von Duncan und seiner Bande getötet wurde. Da die Wohnung besonders günstig zum Quartier der Jäger gelegen ist, muss sie nicht Tür an Tür mit anderen in einer Gemeinschaftsunterkunft verbringen, sondern hat mehr Privatsphäre und kann gleichzeitig innerhalb kürzester Zeit verfügbar sein. Der Vermieter wohnt in der unteren Etage und betrachtet den Fairwing argwöhnisch, doch er kommentiert dessen Kommen nicht. Umso erstaunter ist er, als er angesprochen wird.

»Kendra wird für etwa ein Jahr nicht hier sein. Ihre Wohnung will sie aber behalten. Ist das in Ordnung?«

»Ähem. Ja klar. Sie ist auch bisher oft für längere Zeit abwesend gewesen. Als Angehörige der Jäger muss sie das wohl auch. Ein Jahr ist aber schon etwas anderes, da ist die Miete im Voraus fällig.« Der Mann hat zwar ein offenes und ehrliches Gesicht, trotzdem wird sein Blick lauernd. Er scheint zu überlegen, was die hübsche Frau und dieser Mann wohl vorhaben.

»Wieviel?«, fragt Kenneth deshalb kurz angebunden.

»Drei, oder sagen wir vier Goldstücke. Dafür schaue ich auch hin und wieder nach dem Rechten.«

»Drei. Und keine Besuche in der Wohnung! Lass es dir nicht einfallen, die Zimmer zwischenzeitlich anderweitig zu nutzen. Es kann sein, dass Kendra innerhalb des Jahres die Unterkunft unangemeldet aufsucht.«

»Drei und ein halbes. Die Wohnung bleibt unangetastet, versprochen.«

»Einverstanden!« Damit zückt der Fairwing seinen Geldbeutel und entnimmt ihm das geforderte Geld. Kendra versucht vergeblich, ihn zurückzuhalten, sagt aber im Beisein des Vermieters nichts. Sie steigen die Treppe ins Obergeschoss hinauf, in dem sich drei Wohneinheiten befinden. In ihrer Wohnung hält sie sich aber nicht mehr zurück.

»Was fällt dir ein? Das ist meine Wohnung und …« Hier wird sie unterbrochen, weil Kenneth sie umarmt und lange küsst. Sie wehrt sich nicht. Als der Kuss endet, atmet sie heftig.

»Das ändert nichts. Es ist meine Wohnung.«

»Wenn du ein Jahr Urlaub hast, bekommst du kein Geld. Wie willst du sie dann bezahlen? Ich kann es mir andererseits leisten und gebe es gerne.«

»Ich könnte einige Sachen verkaufen, um die Miete zu bezahlen. Und das werde ich auch und dir das Geld dann erstatten.« Ihr Blick ist hart und herablassend, so wie zu Beginn ihrer Bekanntschaft, als sie auszogen, um Duncan zu fangen. »Unabhängig davon würde eine Jahresmiete nur zwei und ein halbes Goldstück kosten«, lächelt sie ihn an. »Darum bekommst du auch nur diesen Betrag von mir.« Sie grinst ihn an und lässt sich gerne erneut küssen.

»Danke!«, ergänzt sie dann ihre unterbrochene Rede. Anschließend packen sie die Dinge zusammen, die sie vorläufig in dem Gasthaus benötigt. Dann wechseln sie mit dem magischen Sprung in Kendras Gastzimmer.

»Du hast Fairwingblut und damit auch das der Elfen des Westens in dir«, beginnt Kenneth im Zimmer. Beide haben es sich auf den zwei Stühlen am Tisch gemütlich gemacht, nachdem die Frau ihre Sachen, darunter auch ihre Waffen, verstaut hat.

»Das habe ich dir gesagt«, bestätigt Kendra. »Warum?«

»Ich werde in den nächsten Wochen meine bisherige Gewohnheit wiederaufnehmen und Bedürftigen beistehen. Auch wenn du nicht direkt zaubern kannst, könntest du eine feine Spur der Zauberkräfte geerbt haben. Vielleicht ist es möglich, dass wir uns deshalb über geistigen Kontakt verständigen können. Es würde mich sehr beruhigen, wenn du mich bei einer drohenden Gefahr sofort an deine Seite rufen könntest. Ich glaube zwar nicht, dass es hier bei den Wirtsleuten eine Gefährdung für dich geben wird, doch vielleicht später, wenn du dich auf deinem Anwesen befindest.«

»Geistigen Kontakt herstellen. Wow, wie geht das denn?«

Kenneth erläutert ihr nun, wie das funktioniert, und übt den Rest des Tages mit ihr. Schließlich gelingt es Kendra, einen Ton in Kenneths Kopf hervorzurufen.

Der Fairwing ist zwar etwas enttäuscht, dass keine richtige Verständigung möglich ist, doch der Ton kann immerhin als Warnsignal dienen. Die königliche Jägerin bezweifelt, dass ihr in der Einsamkeit des Anwesens Gefahr drohen könnte. Sie versteht schließlich, mit Waffen umzugehen und kann sich notfalls wehren. Doch da es ihn beruhigt, versichert sie, ihn über das Warnsignal herbeizurufen, falls sie irgendwie in Gefahr geraten sollte oder seine Hilfe benötigt. Nach einer erneuten Umarmung und einem nicht enden wollenden Kuss, verlässt Kenneth sie. Er wird sie in einer Woche wiedersehen, doch die Zeit bis dahin erscheint ihm jetzt schon zu lang.


Röivens Familie

»Hallo Raban«, wird der Junge bei seinem Erscheinen von Ilea begrüßt, die ihn sofort stürmisch umarmt.

»W… was ist los?«, stottert er verlegen. Ist Leana nicht im Wohnzimmer? Das wäre ja peinlich! Während er schnell nach Ileas Mutter Ausschau hält, löst das Mädchen die Umarmung und haucht ihm noch kurz einen Kuss auf die Wange. Die Mutter hat der mittlerweile sechzehnjährige Junge nicht entdeckt, trotzdem steigt eine leichte Röte seinen Hals hinauf.

»Was ist das denn für … nun ja, für ein unerwarteter Empfang. Nicht, dass mir das nicht gefallen hat«, fügt er schnell hinzu. »Aber damit habe ich nicht gerechnet.«

Helle, blaue Augen mit kleinen, grauen Einsprenkelungen strahlen ihn an. Auf und um Ileas gerader Nase sind vereinzelt schwache Sommersprossen sichtbar.

»Ich freue mich so, einen ganzen Tag mit dir allein zu verbringen.«

»Da sollte ich dich möglichst jeden Tag zu einem Ausflug oder Ähnlichem abholen.«

»Das wäre himmlisch«, lächelt sie ihn an. Sie tritt erneut ganz nah an Raban heran und küsst den verdutzten Jungen schnell auf den Mund. Als er sie umarmen und festhalten will, ist sie schon wieder lachend zurückgewichen. Er will nun seinerseits näher an sie herantreten, da hält er mitten in der Bewegung inne. Er hört Schritte im Flur. Jetzt kommt Ileas Mutter herein.

»Hey. Da habe ich doch wohl richtig gehört. Raban! Schön, dass du gekommen bist. Das ist auch kein Moment zu früh. Ilea konnte deine Ankunft kaum noch …«

»Mom! Bitte!«, unterbricht das Mädchen sie schnell, woraufhin Leana lächelt. Obwohl sie vermutlich etwas anderes sagen wollte, um ihre Tochter zu necken, fährt sie geschickt fort:

»Ilea hat mir gestern noch einmal von eurem Ausflug im Herbst berichtet, den ihr so unerwartet abbrechen musstet. Sie freut sich schon sehr, die damals nicht mehr besuchten Plätze zu sehen. Sie ist entsprechend gespannt und wartete voller Ungeduld auf deine Ankunft.«

»Ich … ich freue mich, dass ich sie auf diesen Ausflug mitnehmen darf. Feindliche Zauberer gibt es ja jetzt nicht mehr, so dass ich Ilea wohlbehütet zurückbringen werde.«

»Davon bin ich überzeugt. Habt ihr genug zum Essen dabei, oder kann ich euch noch etwas mitgeben?«

Raban hat seinen Rucksack, in dem sich Leckereien für ein Picknick befinden, bei der stürmischen Umarmung durch Ilea auf den Boden fallen lassen. Jetzt hebt er ihn auf und hält ihn erneut an einem Riemen über einer Schulter.

»Ähem. Nein, Danke. Meine Mom hat schon viel zu viel eingepackt.«

»Na dann. Verbringt einen schönen Tag.«

»Das werden wir!«, entgegnet Ilea und umfasst den freien Arm Rabans mit beiden Händen. Den Jungen durchläuft ein freudiger Schauer. Bevor die erneut aufsteigende Röte auf seinem Hals erkennbar werden kann, nickt er Leana kurz zu, dann flirrt die Luft.

»Hallo Raban und hallo Ilea«, werden die beiden kurz nach ihrer Ankunft am Eingang zum geheimen Wald von einem der Wächter empfangen. Sie grüßen freundlich zurück, um dann sofort zu Röivens und Zoes Lieblingsbaum im Wald der Elfen des Nordens zu wechseln. Die große Linde steht auf einer mit Wildblumen übersäten Wiese. Das Gelände steigt sanft in Richtung der Elfenfestung Serengard an. Der Junge und das Mädchen stehen unter der gewaltigen Krone und schauen nach oben. Dort befindet sich das Nest der Kolkraben, das jetzt aber nicht mehr benötigt wird.

»Papa, wer sind die beiden?«, krächzt es in diesem Augenblick über ihnen.

»Ist das der angekündigte Besuch?« Das war eindeutig eine andere Stimme, obwohl sie fast genauso knarzte. Mehrere dunkle Schatten kommen aus der Krone nach unten gesaust, wobei eine weitere Stimme krakeelt:

»Ich habe sie zuerst gesehen! Lasst mich vor.«

»Ist doch egal, wir begrüßen sie alle gemeinsam!«

»Jetzt ist es aber genug. RUHE!« Das war eindeutig Röiven, ist sich Raban sicher. Im nächsten Moment sitzen sieben prachtvolle Kolkraben nebeneinander auf dem untersten Ast des Baumes, auf dem früher oft nur einer hockte. Obwohl Platz genug ist, scheinen besonders die fünf Vögel in der Mitte einander den Platz streitig machen zu wollen. Sie wackeln mal hierhin, dann wieder dorthin, so, wie sich Kinder manchmal schubsen.

Röiven beginnt gerade mit: »Ich freue mich …«, als der schwarze Vogel in der Mitte nach hinten vom Ast fällt. Kurz zuvor sind die beiden an seiner Seite zu ihm herübergerückt, wodurch er wohl vom Platz katapultiert wurde.

»Ihr blöden …«, beginnt der junge Vogel, während er seinen Sturz geschickt abfängt und schnell wieder an Höhe gewinnt. »Das sollt ihr büßen!« Jetzt fliegt er mit vollem Schwung den beiden Verursachern in den Rücken, wodurch sie nach vorne vom Ast fallen.

»Das ist unfair.«

»Von hinten in den Rücken stoßen, ist gegen die Regel!«

»Welche Regel?«, keckert der Rabe zurück, der jetzt seinen ursprünglichen Platz wieder einnimmt.

Die bisher auf dem Ast verbliebenen Raben drehen ihre Köpfe hastig in alle Richtungen. Sie rechnen offenbar damit, dass sich der Tumult ausdehnen wird. Das geschieht aber nicht. Einer dieser Vögel, es ist Zoe, wie Raban an ihrem weißen Fleck auf der Brust erkennt, sitzt ruhig auf ihrem Platz. Sie klappt ihre Augendeckel mehrmals auf und zu, um dann mit scharfer Stimme:

»Jetzt ist es GENUG!«, zu rufen. »Hockt euch nebeneinander und begrüßt artig unsere Freunde!« Dieser Aufforderung folgen die Kolkraben schnellstens. Sie sitzen nun ruhig und ohne einen Rempler still auf dem Ast.

Röiven hüstelt kurz und beginnt erneut:

»Ich freue mich, euch meine Kinder vorstellen zu können. Wie ihr bereits feststellen konntet, sind sie echte Fithich.«

»Jo!«

»Jepp!«

»Klaro!«

»Was du nicht sagst!«

»Sicher das!«, krähen die jungen Vögel zur Bestätigung.

Raban kann sich einen Scherz nicht verkneifen und entgegnet:

»Angenehm. Ihr habt aber seltsame Namen für Fithich. Meiner lautet Raban und das Mädchen hier heißt Ilea.«

Sofort setzt lautes Protestgekreische ein.

»Das war nur zur Bestätigung!«

»So heißen wir doch nicht.«

»Du bist wohl auf Krawall aus.«

»Den kannst du haben!«

»Hier bin ich schon, nimm dich in …«

»RUHE!«, fährt jetzt Röiven dazwischen, bevor sie sich vom Ast erheben können. »Wenn ihr Streit sucht oder nicht wisst, wohin mit euren Kräften, dann nehmt euch einen Schwarm Dohlen oder das andere Lumpenpack, die Elstern, vor. Die haben es verdient und gegen die könnt ihr gewinnen, gegenüber meinem Freund benehmt ihr euch aber vernünftig. Verstanden?«

»Jo!«

»Jepp!«

»Klaro!«

»Wir sind ja nicht schwerhörig!«

»Sicher das!«, klingt es fast wie zuvor. Ilea muss lächeln. Sie konnte die Auseinandersetzung verfolgen, da sie die Sprache der Kolkraben verstehen kann, seit Röiven ihr im letzten Jahr etwas Zauberkraft übertragen hatte. »Röiven und Zoe. Eure Kinder sind prächtig. Sie ähneln euch sehr.«

»Wie meint sie das?«

»Ist das eine erneute Aufforderung zu einem Streit?«

»Wir können uns gerne …«

»Halt!«, unterbricht Raban eine möglicherweise erneut aufflammende Auseinandersetzung. »Ilea will sich nicht mit euch messen und ich auch nicht. Wir wissen, wie groß eure überlegenen Fähigkeiten im Streit Vogel gegen Vogel sind. Ihr habt da die besten Eigenschaften eurer Eltern mitbekommen. Doch wir sind keine Fithich, wie ihr unschwer erkennen könnt, da ihr ja auch deren überragende Intelligenz geerbt habt. Darum solltet ihre einen Kampf auch nur gegen euersgleichen beginnen.«

»Will der jetzt kneifen?«

»Einfach so einen Streit verpuffen lassen …«

»Jetzt ist es genug!«, beginnt Zoe. Röiven vollendet:

»Ihr behandelt unsere Gäste gefälligst mit Respekt. Wie ihr schon wisst, habe ich Zauberkräfte. Raban ist ein ebenso mächtiger Zauberer, den ihr besser nicht herausfordern solltet.«

»Wir haben keine Angst.«

»Das wäre doch gelacht, gegen einen Zauberer kneifen wir nicht.«

»Genau.«

»Attacke!«, krächzen die fünf Jungvögel, um sich vom Ast hinab auf den Jungen und das Mädchen zu stürzen.

Der Junge reagiert schneller als sein Freund.

»Sgiath!«, ruft um ihn eine Schutzglocke hervor, die im nächsten Moment fünfmal nacheinander hell aufleuchtet. Die jungen Raben werden zurückgeschleudert und liegen auf dem Rücken im Gras. Mit »Torpor« verhindert der Raban, dass sich die übermütigen Hitzköpfe erneut auf ihn stürzen können.

Er wundert sich, dass Zoe ihn nicht aufgeregt flatternd ebenfalls angreifen will, da er ihre Kinder doch gelähmt hat. Sie vertraut dem Jungen offenbar und sitzt abwartend auf dem Ast, wobei sie lediglich ihren Kopf schräg hält und ihn anschaut.

»Da seht ihr, wie es euch ergeht, wenn ihr unbedacht einen Zauberer angreift«, ermahnt Röiven seine reglos daliegenden Kinder, während er sie, zwischen ihnen umherschreitend, forschend betrachtet. »Wenn ihr versprecht, euch jetzt anständig zu benehmen, wird mein Freund euch wieder freigeben. – Nun?«

»Sie können nicht antworten«, erwidert Raban, »also werde ich es mal probieren. Inhibeo!«

Im nächsten Moment rappeln sich die fünf Jungvögel auf. Sie klappen ihre Augendeckel ungläubig mehrmals auf und zu, torkeln noch etwas benommen umher, um dann nacheinander flatternd zum Ast neben Zoe zurückzukehren.

»T’schuldigung!«

»War nicht so gemeint!«

»Verzeihung!«

»Genau.«

»Ich finde, Zaubern ist unfair!«

Jetzt sitzen die fünf wieder zwischen ihren Eltern, da Röiven ihnen gefolgt ist. Die jungen Raben halten ihre Köpfe betrübt gesenkt.

»Ich nehme die Entschuldigung an. Nach einem überstandenen Zauber soll man sich unbedingt stärken. Mögen eure Kinder genauso gerne Schokolade wie du, Röiven?«

»Schokolade?«

»Was ist das?«

»Wenn das wieder so ein Zauber ist, verzichten wir!«

»Genau, keine Zauberei!«

»Ich werde euch einige Brocken Schokolade schenken. Die sind sehr nahrhaft. Fragt euren Vater.« Während Raban mit einem Spruch mehrere Häufchen, genau gesagt acht, auf der Wiese erscheinen lässt, fordert er die Vögel auf, an diesem Versöhnungsmahl teilzunehmen.

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Hacim:
301 s. 2 illüstrasyon
ISBN:
9783742745583
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:

Bu kitabı okuyanlar şunları da okudu