Kitabı oku: «Macht»

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Inhalt

Einleitung

Die Macht Gottes

Religionsgeschichte

Bibel und Dogmatik

Die Macht Jesu: exousia, dynamis, energeia

Die Macht des Menschen

Definition von Macht

Die Macht des Menschen als Gabe Gottes

Die verschiedenen Formen, Schauplätze und Instrumente der Macht

Der Missbrauch der Macht

Die Versuchung zum Machtmissbrauch im Lukasevangelium

Die dunkle Seite der Macht

Die verborgene Macht in der Kirche

Machtmissbrauch im politischen Bereich

Machtmissbrauch in Unternehmen

Machtmissbrauch im persönlichen Bereich

Lebensgeschichtliche Gründe für den Machtmissbrauch

Der angemessene Umgang mit Macht

Wege zur Durchsetzung von Zielen

Macht-Gestalter anstatt Macht-Asketen und Macht-Menschen

Macht übernehmen – Voraussetzungen und Bedingungen

Haltungen bei der Machtausübung

Schluss

Literatur

Anselm Grün

MACHT

Eine verführerische Kraft


Vier-Türme-Verlag

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie. Detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.




Printausgabe

© Vier-Türme GmbH, Verlag, Münsterschwarzach 2020

ISBN 978-3-7365-0299-4

E-Book-Ausgabe

© Vier-Türme GmbH, Verlag, Münsterschwarzach 2020

ISBN 978-3-7365-0300-7

Alle Rechte vorbehalten

E-Book-Erstellung: Dr. Matthias E. Gahr

Lektorat: Marleme Fritsch

Covergestaltung: Dr. Matthias E. Gahr

www.vier-tuerme-verlag.de

Einleitung

Die Kirche ist durch die Aufdeckung des sexuellen Missbrauchs in so vielen Fällen und in einem so großen Ausmaß in eine tiefe Krise gestürzt. Die Ursachen dieses Missbrauchs sind vielfältig. Aber eine wesentliche Ursache liegt ganz sicher im Missbrauch der Macht. Dies wurde jedoch vor allem dadurch möglich, weil innerhalb der Kirche bisher keine Theologie der Macht oder eine Theologie der Sexualität entwickelt wurde. Beide hat man ausgeblendet, und weil sie zu wenig bedacht wurden, sind sie zum Problem in der Kirche geworden.

Was nicht bewusst gemacht wird, gerät ins Unbewusste und wirkt sich von dort her destruktiv auf die Menschen aus. Das hat Carl Gustav Jung, der berühmte Schweizer Psychologe und Therapeut, immer wieder aufgezeigt: Was verdrängt wird, gerät in den Schatten. Der Schatten ist für C. G. Jung der Bereich im Unbewussten, in den der Mensch all das, was er bei sich bewusst nicht wahrnehmen will, gleichsam abstellt. Der Schatten ist das Reich des Verdrängten in der menschlichen Seele. Doch durch Verdrängen werden die Leidenschaften und Bedürfnisse des Menschen nicht aufgehoben. Im Gegenteil: Sie zeigen ihre Wirkungen oft entweder in der Projektion auf andere oder im unbewussten Ausleben des Schattens. So wird beispielsweise verdrängte Aggression zur passiven Aggression: Sie macht all jene aggressiv, die mit einem solchen Menschen zu tun haben. Oder die Aggression wird auf andere projiziert, indem ich zum Beispiel den anderen die Aggressionen andichte, die ich bei mir nicht wahrhaben will. Ich werfe dann anderen vor, dass sie aggressiv seien. In Wirklichkeit aber bin ich selbst der aggressive Mensch.

In der Kirche und ihrem Umfeld gibt es jedoch noch eine dritte Variante: Die Aggression wird unter dem Deckmantel der Liebe ausagiert. Wenn etwa ein Pfarrer in der Gemeinderatssitzung bei einem Konflikt sagt: »Wir Christen streiten nicht, wir lieben uns«, dann übt er Macht aus über die Mitglieder des Rates. Denn er vermittelt ihnen ein schlechtes Gewissen, allein dafür, dass sie anderer Ansicht sind.

Aber nicht nur in der Kirche ist Macht ein zentrales Thema. Wir erleben beispielsweise einen Verfall politischer Macht auf der einen Seite, einen Anstieg populistischer Macht auf der anderen Seite. Wir sehen den Missbrauch der Macht in der Wirtschaft, beispielsweise im sogenannten Diesel-Skandal. Wir erleben den Missbrauch der Macht jedoch auch im persönlichen Bereich. Hier spricht ebenfalls niemand von oder über Macht, sie wird aber gerade in Beziehungen, in der Partnerschaft, der Freundschaft, der Ehe unbewusst ausagiert.

Daher habe ich mich entschlossen, über die Macht zu schreiben. Ich bin mir bewusst, dass ich dieses Thema nicht vollständig behandeln kann. Ich möchte nur die Aspekte herausgreifen, die mir wichtig erscheinen.

Mein Ziel ist, mit diesem Buch Menschen, die Macht haben, dabei zu helfen, sie zum Wohl der Menschen auszuüben. Zudem möchte ich alle Leserinnen und Leser – denn jeder Mensch hat eine gewisse Macht – dazu einladen, über ihre Macht und ihren Gebrauch nachzudenken.

Pater Anselm Grün

Die Macht Gottes

Gott wird in allen Religionen als der Mächtige oder gar Allmächtige bezeichnet. Mit Gott ist also immer auch Macht verbunden. Ein Blick in die Religionsgeschichte und die Bibel soll die Beziehung zwischen Gott und Macht sichtbar werden lassen.

Religionsgeschichte

Die Religionsgeschichte zeigt, dass die Erfahrung von Macht ein religiöses Urphänomen ist: »Da werden zum Beispiel Dinge als ›mächtig‹ erfahren: Steine, Metalle, Bäume, Berge, Wasser und Feuer« (Hauser, 99). Diese Erfahrung ist häufig verbunden mit dem Gefühl, etwas Geheimnisvollem begegnet zu sein, etwas, das unbegreiflich und ungreifbar bleibt. Macht ruft immer Staunen, aber zugleich auch Ehrfurcht und oft genug Angst hervor. So hatten die Menschen beispielsweise Angst vor der Macht des Donners und des Blitzes.

In der Magie wird der Fetisch als Machtträger gebraucht. Man nimmt zum Beispiel einen Stab und ist der Überzeugung, er sei voll von göttlicher Energie, daher könne man damit die Gefahr von Donner und Blitz von sich und vom Dorf abhalten. Ein Weg, mit der Macht umzugehen, war und ist auch heute noch häufig das Tabu: »Es bedeutet eine Art Warnung vor versammelter Macht. Als Gegenwehr umgeht man sie schweigend, spricht nicht von ihr. Der König, das Geschlechtsleben, bestimmte Zeiten zum Beispiel sind tabu. Das Numinose ist gefährlich, wer das Tabu verletzt, ist bedroht« (Hauser, 100).

Zu Beginn der Menschheitsgeschichte – und damit auch der Religionsgeschichte – wird die Macht der Dinge oft nur unklar mit der Macht eines großen Geistes oder eines Urvaters, einer Urmutter in Verbindung gebracht. Man kreist mehr um die einzelnen Dinge, ohne zu klären, woher ihre Macht stammt. Erst in den sowohl matriarchal wie auch patriarchal geprägten Kultreligionen werden die Machterfahrungen einer Göttin oder einem Gott zugeschrieben. Alle menschliche Macht, etwa die der Könige, wird in diesen Konzepten direkt von der Göttin oder von Gott stammend vorgestellt. Zudem erscheint die Macht der Göttin oder des Gottes in den Naturphänomenen, an bestimmten Orten, sogenannten Kraftorten, oder in bestimmten Menschen.

Die stoische Philosophie, die etwa um 300 v. Chr. entstand, gibt diesen Götterglauben auf. Sie setzt die »geheimnisvolle Allkraft, die der Grund des Seins aller Erscheinungen ist, mit der Gottheit gleich« (Hauser, 101). Die Stoa spricht also nicht mehr von einem persönlichen Gott, sondern von der Macht des Weltprinzips, das sie mit der Gottheit gleichsetzt. Hauser meint: »Auch diese unpersönlich abstrakten Aussagen geben noch Zeugnis für das Geheimnis der Macht, die der Mensch im Kosmos erfährt und der er nur mit ehrfürchtiger Scheu begegnen kann« (Hauser, 101).

Die Anschauungen früher Religionen wirken auch heute noch weiter. Viele Menschen schreiben Gegenständen – Medaillons, Anhängern, Steinen oder anderen Symbolen – eine bestimmte Macht zu. Christen halten das häufig für Aberglaube, auch wenn zumindest in der katholischen Kirche Reliquien und andere Symbole noch immer eine große Rolle spielen. Offensichtlich hat auch der heutige Mensch Sehnsucht nach einer Macht, die ihn schützt und der er sich anvertrauen kann.

Bibel und Dogmatik

Im Alten Testament ist Gott der Mächtige. Die Psalmen besingen immer wieder seine Macht. Da bittet der Beter: »Erhebe dich, Herr, in deiner Macht!« (Psalm 21,14). Und im Psalm 24 wird Gott beschrieben als »der Herr, stark und gewaltig, der Herr, mächtig im Kampf« (Psalm 24,8). Die Macht Gottes wird gepriesen, denn vor seiner »gewaltigen Macht müssen die Feinde sich beugen« (Psalm 66,3). Sie zeigt sich vor allem im Zug des Volkes Israel durch das Rote Meer. Mit mächtiger Hand hat Gott das Volk der Macht des Pharao entrissen. Gott handelt machtvoll in der Geschichte. Und seine Macht zeigt sich auch in den Naturgewalten. Das wird zum Beispiel Hiob deutlich, der an seiner Gerechtigkeit zweifelt. Nachdem Gott ihm die Wunder der Natur gezeigt hat, sagt er: »Mit dem Allmächtigen will der Tadler rechten? Der Gott anklagt, antworte drauf!« (Hiob 40,2).

Auch das Neue Testament preist Gott als den allmächtigen. Maria singt im sogenannten Magnificat: »Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten« (Lukas 1,51). In den Wundern Jesu erleben die Menschen »die Macht und Größe Gottes« (Lukas 9,43), vor allem in der Auferstehung Jesu: »Er wird durch seine Macht auch uns auferwecken« (1 Korinther 6,14). Der Kolosserbrief ermutigt die Christen: »Er gebe euch in der Macht seiner Herrlichkeit viel Kraft« (Kolosser 1,11). Im letzten Buch des Neuen Testaments, dem »Buch der Offenbarung«, wird Gott gepriesen: »Würdig bist du, unser Herr und Gott, Herrlichkeit zu empfangen und Ehre und Macht« (Offenbarung 4,11).

Die biblische und frühchristliche Tradition kennt vier Begriffe für die Macht: auctoritas, potestas, dynamis und energeia. Interessant ist, dass das »Reallexikon für Antike und Christentum« (RAC) den Begriff »Macht« an sich nicht behandelt, sondern auf diese vier Stichworte verweist. Alle Begriffe werden zuvor schon im nichtchristlichen Bereich gebraucht. Die Bibel und die frühen Kirchenvätern beziehen sie dann aber auch auf Gott und den Menschen.

Das Wort auctoritas stammt vom lateinischen Wort augere und bedeutet so viel wie »mehren«. Ein Mensch, der auctoritas, Autorität, hat, mehrt also die Kraft eines anderen. Auctoritas ist die »Fähigkeit zur Übertragung einer besonders wirksamen inneren Kraft« schreibt das Reallexikon für Antike und Christentum (RAC I, 902). Wenn einem Menschen Autorität zugestanden wird, dann bezeichnet sie die Fähigkeit, »maßgeblichen Einfluss auf die Entschließungen der anderen kraft überlegener Einsicht auszuüben« (RAC I, 903). Das heißt: Wer auctoritas besitzt, braucht keine äußere Macht zu haben. Er wirkt kraft seiner inneren Macht. Dieses Verständnis von auctoritas wird in der Bibel auf Gott und auf sein Wort angewandt. Die Bibel hat also von Gott her eine Autorität, die das Leben in uns mehren möchte.

Der lateinische Begriff potestas wird im Deutschen mit »Herrschaft« übersetzt. Er bedeutet Verfügungsgewalt. Gott kommt die eigentliche potestas zu. Aber er hat den Menschen als Herrscher über die Schöpfung eingesetzt. Diese Macht soll er jedoch gut gebrauchen, das heißt: zum Wohl der Schöpfung und nicht zur Ausbeutung.

Schaut man jedoch genauer in die Bibel, so hoffen die Israeliten bei aller Herrschaft der Menschen letztlich auf die endgültige Herrschaft Gottes. Nicht die Menschen haben die letzte Macht und das letzte Wort, sondern Gott. Wenn Jesus das Reich Gottes, die Herrschaft Gottes verkündet, dann kritisiert er damit die unbeschränkte Macht irdischer Herrscher, wie sie ihm im römischen Kaiser begegnet ist.

Selbst wenn die Kirche später römische Herrschaftsideen für ihre Repräsentanten übernommen hat, war in Bezug auf ihre Macht niemals von potestas die Rede, sondern von Diakonie. Die Kirche verstand und versteht ihre Ämter als Dienst an den Menschen und nicht im Sinn einer Herrschaft über andere. Allerdings hat sie sich im Lauf der Jahrhunderte immer mehr den römischen Herrschaftsformen angeglichen. Das führte dann auch innerhalb der Kirche häufig zu einem Missbrauch der Macht, zumal der römische Begriff der potestas oft religiös überhöht wurde. Man leitete die Macht direkt von Gott ab und meinte, man übe in seinem Namen diese Macht aus (vgl. RAC 14, 920ff). Als unter Kaiser Konstantin das Christentum Staatsreligion wurde, »erfuhren die kirchlichen Amtsträger eine Aufwertung, die den Rahmen der Glaubensgemeinden überschritt und politische Tragweite einschloss« (RAC 14, 929). Das Amt des Bischofs bekam immer mehr herrschaftliche Züge und dieses Verständnis setzte sich im Mittelalter immer mehr durch, bis dahin, dass die Bischöfe zu Fürstbischöfen wurden, die nicht nur über die Kirche, sondern auch über ein ganzes Land herrschten.

Der dritte Begriff für Macht ist dynamis und bedeutet »Kraft« und auch »Macht«, die dem Menschen oder auch Gott oder verschiedenen Gegenständen inne ist. Dieser Begriff spielte in der griechischen Philosophie eine große Rolle. Hier sprach man von Gott als einer dynamis, einer Kraft, die von Gott ausgeht und die Welt durchdringt. Vor allem Lukas wendet diesen bei den Griechen so beliebten Begriff in seinem Evangelium gerne auf Christus an. So predigt in der Apostelgeschichte (deren Autor mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls Lukas ist) Petrus vor den »Heiden«, also den nichtjüdischen, meist griechisch geprägten Zuhörern, gleichsam ihre Sprache aufgreifend: »wie Gott Jesus von Nazaret gesalbt hat mit Heiligem Geist und mit Kraft, wie dieser umherzog, Gutes tat und alle heilte, die in der Gewalt des Teufels waren« (Apostelgeschichte 10,38).

Jesus verheißt den Aposteln »Kraft aus der Höhe« (Apostelgeschichte 1,8). Diese Kraft aus der Höhe qualifiziert die Apostel zu ihrem Amt der Verkündigung und der Heilung der Kranken (vgl. RAC IV, 435). Lukas bezieht sich mit der Verwendung des Begriffs dynamis auf den griechischen Philosophen Platon, der Macht mit der Vernunft verbunden hat. Seiner Ansicht nach ist nur eine vernunftgemäß ausgeübte Macht gut zu nennen. Aufgabe der Macht ist, eine politische Ordnung aufzubauen und sie zu bewahren. Zur Macht gehört aber nach Platon immer auch die Freiheit.

Der vierte Begriff für Macht ist energeia und bezeichnet »die Wirksamkeit, die Betätigung, auch die Tatkraft« (RAC V,4). Paulus beschreibt im Epheserbrief die energeia als Gabe, die Gott dem Menschen zuteilt. So kann er sagen: »Ihm diene ich dank der Gnade, die mir durch Gottes mächtiges Wirken geschenkt wurde (kata ten energeian tes dynameos)« (Epheser 3,7). Die Tatkraft, die Energie, die Gott uns zuteilt, ist immer Geschenk, ist immer seine Gnadengabe.

Wenn wir also von Macht sprechen, kann es uns helfen, genauer hinzuschauen, welchen Aspekt von Macht wir in diesem Moment meinen. Die verschiedenen Begriffe, wie sie in der Antike und auch in der Bibel gebraucht werden, zeigen uns, dass Macht nicht gleich Macht ist. Es kommt immer darauf an, ob es um äußere Macht und Herrschaft geht oder um Autorität, die keine äußere Macht braucht, sondern allein durch ihr Dasein und ihre Einsicht Macht ausübt. Alle vier Begriffe werden in der Antike sowohl auf Gott als auch auf den Menschen bezogen. Gott ist der eigentlich Herrschende und Mächtige. Aber auch der Mensch hat Teil an der Macht Gottes.

Die Theologie hat von Anfang an Gott als den Allmächtigen bezeichnet. Er ist der allmächtige Schöpfer aller Dinge und der ganzen Welt. Er hat alles in seiner Macht. Nach Thomas von Aquin hat Gottes Macht ihren Grund in seiner Freiheit, mit der er wirkt. Augustinus definiert die Allmacht Gottes noch einmal anders: »Aus keinem anderen Grund heißt er allmächtig, als weil er kann, was immer er will« (Hauser, 105).

Diese Allmacht ist gerade in den letzten Jahrhunderten jedoch immer wieder infrage gestellt worden. Der Grund war die gerade angesichts der vielen verheerenden Kriege immer wieder gestellte Frage: Wie kann der allmächtige Gott solches Leid zulassen? Er wäre doch (all)mächtig genug, es zu verhindern! Diese Grundfrage aller Theologie nennt man auch Theodizee und sie wurde in vielen Abhandlungen und Überlegungen bearbeitet, doch letztlich gab und gibt es bisher keine befriedigende Antwort darauf.

Die Macht Jesu: exousia, dynamis, energeia

Die Evangelien sprechen immer wieder von der »Vollmacht« Jesu: Er hat die Vollmacht, Sünden zu vergeben (Matthäus 9,6) und predigt mit Vollmacht. An anderer Stelle heißt es, die Menschen »waren sehr betroffen von seiner Lehre, denn er redete mit Vollmacht« (Lukas 4,32). Im Griechischen heißt es hier: en exousia en ho logos autou. Das könnte man so übersetzen: »In Vollmacht war sein Wort.« Exousia leitet sich vom griechischen Wort ousia = das Sein ab. Jesus sprach also aus dem Sein heraus. Er sprach so von Gott, dass dieser einfach da war, dass das Sein Gottes offenbar wurde. Jesus moralisiert nicht, er spricht nicht vom Sollen, sondern vom Sein. Er übt keine Macht aus, indem er seinen Zuhörern ein schlechtes Gewissen einimpft, sondern seine Macht zeigt sich in seiner Freiheit, so von Gott zu sprechen, wie es dem Wesen Gottes entspricht. Durch sein Wort lässt er ihn gegenwärtig sein. Seine Worte haben zum Beispiel die Macht, in dem Mann, der von einem »unreinen Geist« besessen war, eine heftige Reaktion hervorzurufen.

Durch das Wort Jesu wird hier das dämonische Gottesbild ans Licht gezerrt, das Bild eines Gottes, den ich besitzen kann, der mir dienen soll, der mich belohnen muss, wenn ich bete. Als der Dämon aus dem Menschen ausfährt, staunen die Menschen und sind erschrocken. Sie sagen: »Mit Vollmacht und Kraft befiehlt er den unreinen Geistern, und sie fliehen« (Lukas 4,36).

Neben der exousia ist hier von dynamis die Rede. Dynamis ist die Kraft, die Gott Jesus verliehen hat, und bedeutet die Kraft und die Fähigkeit, etwas auszurichten. Gott hat Jesus die Fähigkeit gegeben, mit Kraft die Dämonen auszutreiben und die Menschen zu heilen. So heißt es bei Lukas: »Die Kraft (dynamis) des Herrn drängte ihn dazu, zu heilen« (Lukas 5,18).

Die Evangelien schreiben dem wiederkommenden Jesus, der das Ende der Welt einläutet, Macht und Herrlichkeit zu: »Sie werden den Menschen mit großer Macht und Herrlichkeit auf den Wolken des Himmels kommen sehen« (Matthäus 24,30). Jesus wird seine Engel aussenden: »Sie werden die von ihm Auserwählten aus allen vier Windrichtungen zusammenführen, von einem Ende des Himmels bis zum anderen« (Matthäus 24,31). Am Ende werden die Mächtigen vom Thron gestürzt. Die Mächte dieser Welt werden entmachtet und Christus wird über alle Menschen und den gesamten Kosmos herrschen. Die Welt ist letztlich in der Hand Christi. Gott hat uns in Jesus Christus »der Macht der Finsternis entrissen und aufgenommen in das Reich seines geliebten Sohnes« (Kolosser 1,13).

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