Kitabı oku: «Abschied»
Patricia Patrull
Abschied
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Abschied
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Abschied
Wir trafen uns im Café – wie jedes Mal. Ich versuchte, wie jedes Mal, ein paar Minuten vor der verabredeten Zeit dort zu sein. Ich nahm immer ein Buch mit. Es sollte so aussehen, als hätte ich alle Zeit der Welt. Als säße ich schon ewig dort, tiefenentspannt, ganz versunken in meine Lektüre. Und würde nicht wahrnehmen, wie er sich mir näherte.
Tatsächlich beobachtete ich genau, wie er auf das Café zu ging. Er hatte ein wenig den Gang eines Cowboys, hatte er schon immer gehabt. Das fand ich damals schon unsagbar attraktiv, damals, vor 20 Jahren. Damals trug er Jeans, Boots und eine Lederjacke, er ging aufrecht, als gehöre die Welt nur ihm allein, nach ihm die Sintflut. Später liefen wir gemeinsam so durch die Stadt – es war unsere Stadt, alles andere war bedeutungslos. Jetzt wurde der federnde Gang getrübt durch gebeugte Schultern. Er hatte die Augenbrauen leicht zusammengezogen und ging nicht mehr, als gehöre ihm die Welt, die ihn zu tragen hatte. Er ging, als müsse er die Welt tragen. 20 Jahre später.
Ich senkte den Blick wieder auf mein Buch, zog den Bauch ein, versuchte, die Beine lässig und wie unabsichtlich attraktiv zu arrangieren und kam mir gleichzeitig unsäglich dämlich vor. Als er neben meinem Tisch stand, sah ich zu ihm hoch, anscheinend überrascht, dass die Zeit des Treffens schon gekommen war, dass er schon da war.
„Hey, schön dich zu sehen!“
Sein Blick hellte sich auf, für einen Moment entspannte sich die konzentrierte Stirn. Ich stand auf, wir umarmten uns wie gute Bekannte. Meine Hände kribbelten, nach all dieser Zeit juckte es mir noch immer in den Fingern, durch seine dichten, wenn auch ergrauten Haare zu fahren, sie zu zerzausen. Meine Hände nicht nur leicht auf seinen Rücken zu legen, sondern tiefer zu fahren, über seinen Hintern zu streichen, und wieder rauf, unter sein Hemd – früher hatte er T-Shirts getragen – über die Haut auf seinem Rücken. Es schien das Normalste der Welt zu sein, ihn zu berühren, und ich musste an mich halten, mich nicht zu verraten.
Wir lösten uns voneinander, setzen uns hin und bestellten unseren Kaffee. Ich, wie immer, einen Milchkaffee, er Kaffee schwarz. Damals hatte auch er Milchkaffee genommen, immer – ich hatte zu dieser Zeit immer einen Ring mit Giftfach an meinem Finger, gefüllt mit ein paar Pilzlichen Süßstoff. Er mochte es, wenn ich den Ring öffnete und ihm zwei Pilzlichen in den Schaum seines Kaffees fallen ließ. Wir scherzten immer, dass ich eines Tages wirklich Gift darin hätte und er vertrauensvoll seinen Todestrank zu sich nehmen würde.
Jetzt trank er schwarzen Kaffee, ohne Schaum, ohne Süße. Ob das seinem Gemütszustand entsprach?
Ich beobachtete ihn: Er hatte die Stirn wieder in Falten gezogen. Seine Augen lagen auf seinem Kaffee, in dem er rührte, obwohl es nichts zu verrühren gab. Seine Finger, die den Löffel führten, waren so gepflegt wie immer, seit ich ihn kannte. Lange, schlanke, kraftvolle Finger, mit leicht gerundeten, ordentlich gefeilten Nägeln. Was diese Finger mit mir gemacht hatten. Wo sie mich gehalten, mich berührt hatten. Diese Finger hatten meine Kleidung aufgeknöpft, Reißverschlüsse geöffnet, hektisch, leidenschaftlich, um mich möglichst schnell von allen Textilien zu befreien, die irgendwie im Weg waren. Hatten den Ausschnitt meines Tops heruntergezogen, den Schlüpfer zur Seite, um ihr Ziel zu erreichen. Hatten meinen Mund geöffnet und erkundet, bevor sein Mund sich auf meinen senkte, bevor seine Zunge diese Aufgabe übernahm. Hatten mein Haar zärtlich aus dem Weg gestrichen oder, aufgeladen durch sexuelle Energie, energisch gepackt, um meinen Kopf zu sich zu ziehen. Hatten mich zu höchster Erregung gestreichelt, mich überall berührt, mich geöffnet und sind in mich eingedrungen.
„Wie geht es dir?“
Ich zuckte zusammen, hob den Blick von seinen Händen. Er sah mich an – hatte er ähnliche Gedanken? Vermutlich nicht. Er war glücklich, mit seiner Frau, seinem Kind. Seit so vielen Jahren. Warum sahen wir uns immer noch? Ich dachte, ich hätte den Grund gefunden, darum wollte ich mich wieder treffen, noch einmal, noch ein letztes Mal.
Lange Zeit war ich sicher, dass ich ihn immer wieder sehen wollte, um die gute Zeit nicht zu vergessen. Um mich nicht vom Alltag überrollen und davon überzeugen zu lassen, dass es die wahre, einzige Liebe überhaupt nicht gibt. Ich wollte mich erinnern, dass ich all das hatte: Guten Sex, Leidenschaft, Liebe, Zutrauen, Verbundenheit. Das war Wirklichkeit. Das war möglich. Ich konnte es nicht vergessen, wenn ich ihn wieder sah. Jetzt weiß ich, dass es das nicht war. Die ganzen Jahre, in denen wir uns alle paar Monate auf einen oder zwei Kaffees trafen, um über Belanglosigkeiten zu sprechen. Niemals in der Tiefe oder der Vergangenheit stochern. Kein Flirt, keine Anzüglichkeiten, keine Zugeständnisse, keine Verbundenheit. Er, der seinerzeit mein Seelenpartner, mein bester Freund gewesen war, der mich kannte, wie sonst niemand, mich besser kannte als ich mich selbst, ein Fremder. Diese Jahre dienten einem anderen Zweck.
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