Kitabı oku: «Reichtum des Lebens»

Yazı tipi:


Veröffentlicht bei Flying Grandpa,

Wallisellen, November 2021

Copyright © 2021 by Flying Grandpa GmbH, Wallisellen

Herausgeber: feiyr.com

Umschlaggestaltung: Flying Grandpa GmbH

Satz & Layout: Oliver-Luca Previdoli

Lektorat: Sarah Nierwitzki,

www.wortkosmos.jimdofree.com

ISBN: 978-3-96953-618-6

Auch als Print erhältlich.

Inhalt


Vorwort

Nächstenliebe – wie der kleine Gabriel mein Leben veränderte

Wunder des Lebens

Der Schatz wahrer Freundschaft

Über den Autor


Als ich 2012 die erste Kurzgeschichte über den kleinen Jungen Gabriel geschrieben habe, ahnte ich noch nicht, dass er mir über die Jahre hinweg immer wieder beim Schreiben begegnen würde.

Entstanden sind so drei Kurzgeschichten, in denen Gabriel unterschiedlichen Menschen begegnete, die auf ihre eigene Art mit dem Leben haderten und denen die Begegnung mit Gabriel wieder Hoffnung schenkte.

Für mich symbolisiert Gabriel die Menschlichkeit und sie ist in der heutigen Zeit wichtiger denn je. Gerade jetzt ist es essenziell, dass wir als Gesellschaft die Augen nicht vor jenen Menschen verschließen, denen es weniger gut geht. Jede und jeder von ihnen hat seine eigene Geschichte.

Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen mit meinen drei Kurzgeschichten und wer weiß, vielleicht begegnet Gabriel irgendwann auch Ihnen. Sie müssen nur die Augen offenhalten.

Herzlich


Nächstenliebe – wie der kleine Gabriel mein Leben veränderte


Das schrille Läuten der Tram reißt mich aus meinen Gedanken, als ich auf dem Weg zum Hauptbahnhof die Straße überqueren will. Ich husche schnell auf den gegenüberliegenden Gehsteig. Kurz innehaltend, blicke ich über die Menschenmasse hinweg, die sich wie ein grauer Strom von Büroangestellten Richtung Wochenende schiebt. Von den wenigen Touristen abgesehen, blickt kaum jemand zur funkelnden Weihnachtsbeleuchtung hinauf, die in allen Farben den schwarzen Abendhimmel zwischen den Häusern mit kleinen Sternen übersäht. Ein eisiger Windstoß erinnert mich schließlich daran, dass meine warme Zwei-Zimmer-Wohnung auf mich wartet. Vermutlich werde ich auch dieses Wochenende kaum meine vier Wände verlassen.

Diese Vorweihnachtszeit kann mir gestohlen bleiben.

Ich bin kein Weihnachtsmensch, bin ich nie gewesen. Nicht, dass mir der christliche Hintergrund missfallen würde. Vielmehr ist es die Tatsache, dass heute überall nur noch der Profit im Vordergrund steht. Und diese Einstellung macht auch vor Weihnachten nicht halt. Die traurige Wahrheit dabei ist: Auch ich selbst bin zum Werkzeug dieser Denkweise verkommen. Mein Job ist es, meinen Mitmenschen finanzielle Anlagemöglichkeiten zu verkaufen, bei denen nicht sie, sondern mein Arbeitgeber am meisten Geld verdient. Vor allem jetzt, in der Vorweihnachtszeit, floriert das Geschäft. Wir werden dazu angehalten, unseren Kunden jährlich mindestens einen Weihnachtsbrief und – je nach Vermögen – eine Pralinenschachtel zu senden. Nicht, weil sie uns wirklich wichtig sind, sondern bloß, um sicherzustellen, dass sie uns auch im neuen Jahr treu ihr Geld überweisen.

Vor der Kälte fliehend, erreiche ich endlich die Bahnhofshalle und schreite zielstrebig am Weihnachtsmarkt vorbei. Die allgegenwärtigen Weihnachtsklänge und den lieblichen Duft nach Glühwein ignoriere ich jedoch.

Gerade als ich auf der unteren Etage zu den S-Bahnen eile, erblicke ich aus den Augenwinkeln einen kleinen Jungen. Er lehnt einsam an einer Wand und hat ein Pappschild vor sich aufgestellt. Ein Blick auf meine Uhr verrät mir, dass mein Zug in wenigen Minuten losfährt, doch irgendetwas an dem Jungen lässt mich stehen bleiben. Langsam nähere ich mich und lese, was auf seinem Schild geschrieben steht:

»Verbringen Sie Weihnachten bei Ihrer Familie! Ich habe meine bereits verloren. Ich wünsche Ihnen ein frohes Fest!«

Die Botschaft des einsamen Kindes lässt mich wie angewurzelt dastehen. Der Junge ist kaum älter als acht. Ich blicke mich um. Niemand sonst scheint Notiz von ihm zu nehmen. Ich kann ihn doch nicht einfach so zurücklassen. Also trete ich noch näher an ihn heran. In dem Moment blickt er auf und seine blauen Augen strahlen mich wie zwei funkelnde Sterne an.

»Wie heißt du, mein Junge?«, frage ich behutsam.

Der Junge schiebt seinen grauen Schal beiseite und spricht mit zittriger Stimme: »Gabriel.«

»Hast du Hunger, Gabriel?«

Er nickt stumm. Ich schaue erneut auf meine Uhr. In fünf Minuten wäre die Abfahrt meines Zuges. Von einem spontanen Impuls gepackt, entschließe ich mich, dem elternlosen Jungen zu helfen.

»Magst du mit mir nach Hause kommen? Ich habe zwar nicht viel Platz, aber da kann ich uns etwas Warmes kochen.«

Der Junge sieht mich ungläubig an. Es ist für ihn bestimmt nicht alltäglich, dass ihm jemand einfach so helfen will.

»Ich will aber keine Umstände machen«, sagt Gabriel schüchtern.

»Ach was, wenn wir uns beeilen, erwischen wir gerade noch den Zug.«

Nach anfänglichem Zögern steht er auf, packt sein Schild und einen kleinen Rucksack zusammen und folgt mir in die S-Bahn.

Nach dem Essen machen wir es uns auf meinem Sofa bequem und Gabriel taut langsam auf. Er spricht viel und seine Augen strahlen mit jedem Wort heller. Doch als ich ihn frage, was denn mit seinen Eltern geschehen sei, werden seine Augen feucht und er starrt stumm zu Boden. Ich kann nachfühlen, was ihn bewegt. Auch ich kenne das Gefühl der Heimatlosigkeit nur zu gut.

Meine Gedanken schweifen zu meiner eigenen Kindheit. Wie ich früher zusammen mit meinem Vater in St. Moritz während der Weihnachtszeit die schönsten Schneemänner gebaut habe. Und wie wir abends am warmen Kamin saßen und heißen Kakao tranken. Ich vermisse diese Gegend mit der verschneiten Natur und den Bergen, in der ich so lange gelebt habe. Wie ein Blitz durchfährt mich die Erinnerung an die Scheidung von meiner Frau, die mich schlussendlich gezwungen hat, jenen geliebten Ort zu verlassen.

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