Kitabı oku: «Trevellian und der Henker von Harlem: Action Krimi», sayfa 2

Yazı tipi:

5

Bob Franklin war trotz der Angst, die in ihm nagte und trotz seiner Fesseln, die ihm das Blut abschnürten, auf dem Stuhl eingeschlafen.

Er schreckte hoch, als die Tür zu dem fensterlosen Verlies, in dem er eingesperrt war, quietschend aufschwang. Der Neonstab an der Decke flammte auf. Die beiden Kerle, die ihn hergebracht hatten, traten in den Raum.

Verstört blinzelte Franklin sie an. Und im nächsten Moment kam mit aller Schärfe wieder die Panik. War seine letzte Stunde angebrochen? Der Aufruhr seiner Empfindungen raubte ihm fast den Verstand.

Er kannte die beiden. Sie waren die Mittelsmänner zwischen dem Boss und den Kerlen, die die Schmutzarbeit verrichteten, zu denen auch er, Bob Franklin, zählte. Allerdings wusste er nur die Vornamen der beiden Gorillas. Sie hießen Igor und Semjon. Der blondhaarige Kleiderschrank war Igor, der dunkelhaarige Kleiderschrank war Semjon. Beide hatten sie milimeterkurz geschorene Haare, und sie erinnerten den gefesselten Dealer an Agenten des KGB aus den Zeiten des kalten Krieges, wie er sie immer wieder in verschiedenen Thrillern gesehen hatte.

„Du hast noch einmal Glück gehabt, Nigger“, knurrte Igor und schnitt die Fesseln Bob Franklins auf. Franklin spürte den Schmerz in seinen Fingerkuppen, dieses Hämmern und Stechen, als seine Hände jäh durchblutet wurden. „Normalerweise sollte dein Kadaver schon auf irgendeiner Müllhalde liegen. Aber es ist etwas dazwischen gekommen, und du hast einen Sonderauftrag in der Tasche. Danke deinem großen Boss da oben, ich meine den hinter den Wolken.“

Er zog mit dem letzten Wort Franklin den Knebel aus dem Mund.

Der Schwarze atmete zuerst einmal tief durch. Nicht nur, weil der Knebel seine Zunge nicht mehr gegen den Gaumen drückte wie ein welkes Blatt, sondern weil er noch einmal eine Chance erhielt. Seine Hinrichtung war ausgesetzt, verschoben worden. Und wenn er sich anstrengte, fand er vielleicht sogar Gnade bei seinem Boss – seinem irdischen Boss natürlich.

„Sonderauftrag“, schnappte er. „Das ist gut. Ich mache alles, was der Chef von mir verlangt.“

„Das wollen wir dir auch geraten haben“, versetzte Semjon, der dunkelhaarige Mafioso mit der Figur eines Catchers.

„Was soll ich tun?“

Bob, das Wiesel, war plötzlich richtig quirlig vor Elan. Er fühlte sich wie neugeboren.

„Dasselbe wie bisher“, knurrte Igor zwischen den Zähnen. „Du verkaufst weiterhin deinen Stoff. Und zwar vor dem Maxim.“

Bob Franklin schaute verdutzt. „Ist das nicht Floyd Tanners Domäne?“

„Floyd wurde heute morgen mit einer fetten 45er Kugel in der Brust gefunden. Und du übernimmst seinen Platz.“

Bob Franklin zuckte zusammen.

Sie verbanden ihm die Augen, dann führten sie ihn nach oben. Er wurde zwischen Rücksitz und Lehne des Beifahrersitzes ins Auto gedrückt, so dass er nicht mehr zu sehen war, nachdem die Tür geschlossen wurde.

Bei der Mother African Methodist Episcopal Zion Church in der West 137th Street nahmen sie ihm die Augenbinde ab, gaben ihm eine Tüte voll mit exakt portioniertem Heroin, und warfen ihn aus dem Ford.

Igor sagte grollend: „Das ist Stoff für zehntausend Dollar. Deine zehn Prozent musst du draufschlagen. Aber du weißt ja Bescheid, Wiesel. Solltest du wieder mehr als zehn Prozent draus machen, dann finden sie dich auch mit einem Stück Blei in der Figur in irgendeinem Rinnstein. Klar?“

„Klarstens!“, versicherte Bob Franklin, verstaute das Rauschgift in den Taschen seiner Kleidung und warf die leere Tüte achtlos fort.

„Na denn – viel Glück.“

Die beiden Russen sprangen in den Wagen und rauschten davon.

Das Wiesel machte sich auf den Weg. Es war noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen.

6

Am Nachmittag dieses Tages zitierte Mr. McKee Milo und mich in sein Büro. Wir nahmen Platz. Unser väterlicher Freund fragte: „Kaffee?“

Natürlich ließen wir es uns nicht entgehen, eine Tasse von Mandys vorzüglichem Kaffee zu genießen.

Mandy bekam den Auftrag von Mr. McKee, dann sah er uns – erst mich, dann Milo, dann wieder mich – an und begann: „In Harlem tut sich was, Leute. Es geht um Rauschgift. In der vergangenen Nacht wurde einer der Straßenverkäufer erschossen. Sein Name ist Floyd Tanner – ein Schwarzer.“

„Dass irgendwo eine Leiche im Rinnstein mit ‘ner Kugel in der Figur aufgefunden wird, ist dort oben an der Tagesordnung“, gab Milo zu verstehen. Er seufzte. „Aber wenn tatsächlich Rauschgift im Spiel ist, dann ist es wohl unser Fall.“

„So ist es“, nickte Mr. McKee. „Mir liegt der Bericht der Mordkommission vor. Einige Jugendliche haben sich heute Vormittag dort gemeldet und eine Aussage gemacht. Habt ihr schon mal was von einer Initiative rauschgiftgefährdete Jugendliche gehört?“

Wir schüttelten synchron die Köpfe. Ich sagte darüber hinaus: „Nein. Muss neu ins Leben gerufen worden sein. Aber irgend welche Initiativen werden täglich geboren, und oftmals lässt das Interesse der Initiatoren sehr schnell wieder nach.“

„Ja“, ergänzte Milo, „und fast jede Initiative ist ein Vorwand, um den eigenen Geldbeutel zu füllen.“

Mr. McKee lächelte. „Also, die Initiative gibt es scheinbar. Einige der Jugendlichen sagten aus, dass sie dabei waren, als Floyd Tanner an ein paar Fixer Heroin verscherbelte. Da gesellte sich ein Mann hinzu, Amerikaner, um die fünfundfünfzig, und stellte sich als Vertreter der Initiative rauschgiftgefährdete Jugendliche vor. Er soll einige Dinge von sich gegeben haben, die die Jugendlichen und auch Tanner wohl zunächst als humoristische Einlage auffassten. Zuletzt warnte er Tanner noch, und dann verschwand er wieder. Und jetzt ist Tanner tot.“

Mandy brachte den Kaffee. Sie schenkte uns ein. Er war heiß und schwarz, und der Duft stieg uns in die Nasen. Nichts gegen ein Kaffeekränzchen am Nachmittag, wenn nur nicht immer Mord und Totschlag die Themen gewesen wären.

Nun, das war so.

„Das sieht mir eher nach einem Racheakt aus“, meinte ich, nach kurzer Überlegung, nachdem ich vorsichtig von dem heißen Gebräu genippt hatte. Ja, er schmeckte genauso, wie er duftete.

„Wahrscheinlich ein Vater oder Onkel, dessen Sohn oder Neffe von diesen verdammten Straßenhändlern in die Sucht oder gar in den Tod getrieben wurde“, vermutete Milo. „Die Kerle, die das Gesetz gern in die eigene Hand nehmen, sind auch im Zeitalter der Saturn-Raketen und der ganzen Hochtechnologie nicht ausgestorben.“

„Daran habe ich auch schon gedacht“, versetzte Mr. McKee. „Nachdem kein Mensch diese Initiative zu kennen scheint, ist es leicht möglich, dass der Mörder Initiator und zugleich einziges Mitglied der Organisation ist. Ein Einzelgänger also, der – wie Sie es ausgedrückt haben, Milo –, das Gesetz in die eigene Hand nimmt.“

„Wir sollen uns sicher darum kümmern, Sir“, sagte ich.

„Ja, Jesse. Nehmt euch mal die Angehörigen der Junkies vor, die in den vergangenen sechs Monaten am Rauschgift gestorben sind.“

„Das dürfte das Problem nicht sein“, sagte ich. „Von den Kollegen des Narcotic Squad bekommen wir sicher eine umfangreiche Liste der Drogentoten. Aber es kann auch der Angehörige eines Süchtigen sein, der noch unter den Lebenden weilt. Und dann wird‘s problematisch.“

Ich trank von meinem Kaffee.

„Na denn – Cheerio“, murmelte Milo und hielt seine Tasse in die Höhe, als wollte er mit mir anstoßen. „Das bedeutet zunächst mal Schreibtischarbeit – rückenkrümmende, die Gehirnwindungen mobil haltende Bewältigung von Papierkram.“

Seine Stimme beinhaltete eine gute Portion Galgenhumor.

Schreibtischarbeit war uns beiden ein Gräuel.

„Ich denke“, wandte der Chef ein, „dass es nicht bei dem Vorfall von vergangener Nacht bleibt, Leute. Wenn ich den Täter richtig einschätze, dann ist es einer, der sich zum Richter und Henker aufgeschwungen hat. Denn anders ist es nicht zu erklären, dass er sich als Vertreter oder Angehöriger einer Initiative vorstellte. Hätte er es gezielt auf diesen Floyd Tanner abgesehen gehabt, hätte er wohl vorher kaum über die Gefahren des Rauschgifts gepredigt und Tanner zur Umkehr angehalten. Dann hätte er ihn umgelegt, und für ihn wäre die Sache erledigt gewesen.“

Diese Theorie hatte einiges für sich – eine ganze Menge wahrscheinlich sogar.

Mr. McKee fuhr fort: „Vor allen Dingen drohte der Mörder, dass nicht nur die kleinen Straßenverkäufer zur Rechenschaft gezogen werden würden, sondern auch die Drahtzieher im Hintergrund. Sagt euch der Name Iwan Tschertschenkow etwas?“

„Ja“, erwiderte ich und versuchte in den Zügen meines Chefs zu lesen. „Russenmafia. Ist erst dabei, die Leiter emporzuklettern. Hat immer wieder bei den anderen Syndikaten auf Granit gebissen und schon so manche Schlappe einstecken müssen.“

„Getarnt als Kunstmäzen“, fügte Milo hinzu. „Besitzer einer eigenen Galerie – Schutzgelderpresser und Rauschgifthändler.“

„Genau der“, bestätigte Mr. McKee. „Dass er Schutzgelder erpresst und einen Rauschgifthandel aufgebaut hat, konnten wir ihm allerdings – leider, möchte ich sagen – noch nicht beweisen. Er residiert in der Upper East Side, in der Second Avenue.“

Ich war ein wenig verwirrt. „Besteht ein Zusammenhang zwischen dem Mord an Floyd Tanner und dem Russen?“, fragte ich in der Hoffnung, nicht als begriffsstutzig rüberzukommen. Etwas verunsichert schaute ich von Mr. McKee auf Milo, aber dankenswerterweise zeigte der auch einen ziemlich ratlosen Ausdruck in den Augen.

„Der Name des Russen taucht – hinter vorgehaltener Hand natürlich –, immer wieder in der Harlemer Rauschgiftszene auf. Die Kerle, die die Schutzgelder kassieren, sprechen akzentuiertes Englisch, und manchmal verliert der eine oder andere einen Einwurf auf russisch. Sieht aus, als würde Tschertschenkow seine Hände nach Harlem ausstrecken, um dort das ziemlich lukrative Geschäft an sich zu reißen.“

„Und wenn er dort etabliert genug ist, so dass ihm keiner mehr die Butter vom Brot nimmt, dann expandiert er.“

Ich spürte Zorn in mir. Es war immer dasselbe. Die kriminelle Energie dieser Mafiabosse war unerschütterlich und grenzenlos. Stadtteil um Stadtteil wurde kassiert und mit Verbrechen überschwemmt. Das endete erst, wenn die Schufte entweder uns in die Fänge gerieten, oder wenn einer kam, der das Geschäft mit dem Tod noch besser beherrschte und noch ein Ende skrupelloser war. Das Wort Verbrechen kennt eine Steigerung …

„Okay, okay“, murmelte Milo. „Wir werden also nicht nur Schreibtischkram wälzen, wir werden uns auch Iwan den Schrecklichen vorknöpfen.“

„Das war‘s.“ Mr. McKee klatschte mit der flachen Hand auf den Schreibtisch. „Ich werde von hier aus meine Ermittlungen betreiben und euch auf dem Laufenden halten. Jesse, Milo, trinkt euren Kaffee aus, ihr könnt auch gerne noch eine zweite Tasse bekommen, doch dann lasst Taten sprechen.“

Mr. McKee grinste in der ihm eigenen Art. Es erinnerte mich immer an das Lächeln eines weisen Mannes, der dem Geheimnis der menschlichen Natur auf die Schliche gekommen ist.

Als wir draußen waren, meinte Milo: „Jetzt weiß ich auch, weshalb der Chef bis zum Nachmittag gewartet hat, um uns mit diesem Auftrag zu versorgen. Er …“

„… hat bereits von sich aus recherchiert und für uns die Spur gelegt“, fuhr ich ihm in die Parade.

„Ich bin stolz auf dich, Jesse“, lobte Milo mit süffisantem Gegrinse. „Der alte Spruch, dass irgendwann auch Hackstöcke blüh‘n, bewahrheitet sich bei dir mal wieder auf geradezu frappierende Weise.“

„Danke für die Blumen“, sagte ich und deutete grinsend einen rechten Haken an.

7

Wir fuhren in die Upper East Side, Second Avenue, und fanden die Galerie Tschertschenkows auf Anhieb. Es war ein vierstöckiger Bau, rosafarben angestrichen, mit Jugendstilornamenten um die hohen, schmalen Fenstern und riesigen Schaufenstern im Erdgeschoss.

In den Schaufenstern sahen wir Bilder – Bilder moderner Künstler und richtige Gemälde, die die Patina vergangener Jahrhunderte aufwiesen. Da waren auch Skulpturen und und einige Kunstwerke, von denen ich beim besten Willen nicht sagen konnte, was sie darstellten. Manche sahen aus wie aus Metall geformte, verbogene Kleiderständer.

Wir betrachteten kurz die Auslage, Milo zuckte vielsagend mit den Schultern, dann betraten wir das Geschäft.

Eine schwarzhaarige Dame, zwischen 40 und 45, mit Brille und in einem dunklen Kleid, unter dem sie eine weiße Bluse trug, empfing uns. Sie war nicht gerade eine Schönheit, so wie sich präsentierte, aber sie hatte etwas an sich, dem ich mich nicht zu entziehen vermochte. Sagen wir mal, sie war eine herbe, wenn auch schon etwas verblühende Schönheit. Wenn man ihr die Brille abnahm und die strenge Frisur auflockerte – konnte man sie vielleicht sogar zur gehobenen Mittelklasse der Schönen des Landes zählen. So dachte zumindest ich.

„Gentleman“, sagte sie, nachdem wir einen Gruß ausgetauscht hatten, „was kann ich für Sie tun? Interessieren Sie sich für Bilder oder Skulpturen, oder darf ich Ihnen unsere Ausstellung zeigen, die für jeden Geschmack …“

„Weder noch“, unterbrach Milo nicht gerade zuvorkommend ihren Redefluss. Er zückte seine ID-Card. „FBI, Ma‘am, ich bin G-man Tucker, mein Kollege heißt Trevellian. Wir hätten gerne Mr. Iwan Tschertschenkow gesprochen. Er wohnt doch hier.“

Ihre braunen Augen schienen sich noch um eine Idee zu verdunkeln. Prüfend musterte sie Milo, dann schaute sie auf die Karte mit seinem Bild und den Angaben zu seiner Person, die ihn als Spezial Agent des FBI auswies, und schließlich sagte sie kühl: „Ja, Mr. Tschertschenkow wohnt hier. Seine Wohnung befindet sich in der ersten Etage. Es – es wird Mr. Tschertschenkow aber gewiss nicht gefallen, dass Polizei so einfach in seinen Laden kommt. Wir führen hier ein sauberes Geschäft, G-men.“

„Davon bin ich überzeugt“, versetzte Milo trocken und hintergründig. Er schob seinen Ausweis wieder ein. „Alles legal hier. Es gibt für jedes Kunstwerk sicherlich ein Zertifikat. Legaler kann es gar nicht zugeh‘n.“

„Sie können sich jederzeit davon selbst überzeugen, Gentleman“, versetzte die Lady in Schwarz etwas spitz und einen Ton zu laut.

In eine Tür, die wahrscheinlich zu einem Ausstellungsraum führte, trat ein blonder Mann, ein Brocken von einem Mann, der das Türrechteck geradezu ausfüllte.

„Gibt‘s ein Problem, Sarah?“, fragte er mit dem harten Akzent des Osteuropäers.

„Die beiden Gentleman sind vom FBI, Igor“, klärte ihn die Lady auf. „Sie möchten mit Iwan sprechen.“

Seine linke Augenbraue zuckte hoch. „Mr. Tschertschenkow ist oben. Wen darf ich melden, und in welcher Angelegenheit?“

„Melden Sie ihm die G-men Tucker und Trevellian“, sagte ich, „und in welcher Angelegenheit wir mit ihm reden wollen, dass würden wir ihm gerne selber sagen.“

Seine Brauen schoben sich über der Nasenwurzel zusammen. Seine Kiefer mahlten. „Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?“, fragte er plötzlich.

„Ist das nötig, in einem Haus, in dem alles seine Ordnung hat?“, kam es etwas spöttisch von Milo.

„War nur so eine Frage. „‘n Augenblick. Ich melde Sie beim Boss an.“

Der Bulle zog sich zurück.

Milo und ich schauten uns an. Und ohne ein Wort zu verlieren, waren wir uns einig: Der Goliath war alles andere als ein Bilderverkäufer. Das war ein Bodyguard, ein Gorilla, einer von der Sorte, mit der sich nicht nur Politiker und bekannte Künstler umgaben, sondern auch Gangsterbosse.

Die schwarz gewandete Lady ließ uns stehen, begab sich hinter einen Verkaufstresen mit der Computerkasse und dokumentierte Geschäftigkeit. In Wirklichkeit aber beobachtete sie uns intensiv und pausenlos.

Fünf Minuten später kam der Russe, dem unser Besuch galt. Er war etwa eins-achtzig, rotblond, schlank und von sportlicher Figur. In seinem Maßanzug, der passenden Seidenkrawatte und mit seinem jovialen Lächeln präsentierte er sich als Mann von Format.

Der blonde, stiernackige Kleiderschrank ließ sich nicht mehr blicken.

Iwan Tschertschenkow schüttelte uns die Hand, dirigierte uns in einen Nebenraum zu seiner Sitzgruppe mit einem Glastisch in der Mitte, fragte, ob wir was zu trinken haben möchten, und als wir verneinten, richtete sich sein fragender Blick auf mich.

„Sie kommen doch nicht von ungefähr zu mir, G-men? In was für einer Mission sind Sie unterwegs. Wenn ich Ihnen helfen kann – seien Sie versichert, dass ich es tun werde. Ich stehe mit aller gebotenen Loyalität hinter dem amerikanischen Rechtssystem, denn es schützt die Demokratie und jeden einzelnen Bürger. Ich habe schon andere Systeme kennengelernt, ehe ich vor fünfzehn Jahren …“

Er brach ab.

„Meine Vergangenheit in Russland wird Sie sicherlich kaum interessieren, Gentleman.“

Wenn du uns helfen willst, Mister, dachte ich, dann erzähl uns von deinen Aktivitäten, die du neben deiner Galerie so an den Tag legst. Damit wäre uns mit Sicherheit geholfen.

Aber das war wohl ein wenig zu viel verlangt. Ich musste fast grinsen.

Milo fiel in seiner unnachahmlichen, direkten Art sofort mit der Tür ins Haus. „Man munkelt, Sir, dass Sie drauf und dran sind, in Harlem den Rauschgifthandel zu kontrollieren und dass Sie Ihr Einkommen mit der Erpressung von Schutzgeld immens aufbessern. Können Sie sich vorstellen, wer solche Ungeheuerlichkeiten in die Welt setzt?“

Milos letzter Satz war an Sarkasmus kaum zu überbieten.

Wir beobachteten den Galeristen, warteten darauf, dass er irgendeine Reaktion zeigte – eine verräterische Reaktion.

Sie bestand darin, dass seine Mundwinkel fast belustigt zu zucken anfingen, seine blassblauen Augen zeigten ein strahlendes Grinsen, und schließlich erwiderte er mit einem seichten Lächeln, das seine Lippen kräuselte: „Ja, darauf werde ich öfter mal angesprochen, Gents. Das kommt daher, dass irgend welche Leute aus Russland in Harlem in der Szene mitzumischen versuchen, und ich eben ein sehr bekannter Russe hier in New York bin. Vielleicht werden diese Gerüchte bewusst gestreut, G-men, um von den wirklichen Übeltätern abzulenken. Ich weiß es nicht, und es interessiert mich auch nicht, denn ich stehe darüber. Meine Weste ist weiß, und sie bleibt weiß, denn ich will irgendwann amerikanischer Staatsbürger werden. Das gelingt mir aber nur, wenn ich einen lupenreinen Leumund vorzuweisen habe.“

„Sie sind schon fünfzehn Jahre hier und haben noch immer nicht die amerikanische Staatsbürgerschaft“, wunderte sich Milo.

„Schon etliche Male beantragt, G-men. Meine Anträge werden immer wieder abgelehnt. Die Gründe sind mir unerklärlich. Aber ich lasse nicht locker.“

Ich hätte es ihm sagen können, weshalb er keine Chance hatte. Aber das hätte wohl zu weit geführt.

„Sie wissen also, dass Ihr Name im Police Departement und beim FBI kein unbekannter ist?“ Ich legte meine Ellenbogen auf die Oberschenkel und ließ die Hände zwischen den Knien baumeln. Dieser Mister war aalglatt und clever. Das sagte mir der untrügliche Instinkt, den ich mir im Laufe vieler Jahre als Kämpfer für Recht und Ordnung angeeignet hatte.

„Das weiß ich natürlich, G-man. Aber wie ich schon sagte: Jedes noch so kleine Geschäft, das ich tätige, ist dokumentiert. Ich rechne jeden Cent meiner Einnahmen mit dem Finanzamt ab, lege meine Bücher zur Nachprüfung vor, und kann anhand meiner Kontoauszüge beweisen, dass ich keinen Nickel mehr besitze, als ich es dem Fiskus offenbare. – Sonst noch etwas, Gentleman?“

„Vergangene Nacht wurde in Harlem ein schwarzer Dealer erschossen“, kam es von Milo. „Floyd Tanner sein Name, zweiundzwanzig Jahre sein Alter. Man fand Ihren Namen in seinem Notizbuch, Mr. Tschertschenkow. Was sagen Sie dazu?“

Milo schlug eiskalt auf den Busch.

Floyd Tanner hatte kein Notizbuch besessen. Außer einem Packen Geld hatte man nichts in seinen Taschen gefunden.

„Vielleicht war er ein Kunstliebhaber“, lächelte der Russe schmalzig. „Es gibt viele Gangster, die im Angesicht der Kunst dahinschmelzen wie Schnee in der Sonne. Warum auch nicht ein schwarzer Rauschgiftdealer?“

Mein Blick begegnete sich mit seinem, und ich hatte plötzlich das Gefühl, einer Kobra in die Augen zu sehen, die mir jeden Moment ihren Giftzahn ins Fleisch treiben würde.

„So wird‘s wohl sein“, murmelte ich und stand auf. „Vielen Dank für Ihre Bereitschaft, mit uns zusammenzuarbeiten, Mr. Tschertschenkow. Sollten wir irgend wann weitere Fragen haben, dann dürfen wir uns doch vertrauensvoll an Sie wenden. Bei soviel Loyalität …“

Auch Milo erhob sich.

Tschertschenkow war der Hohn in meinem Tonfall natürlich nicht entgangen. Er schaute mich an, als nähme er Maß. Die Kobra in ihm schien noch einen Deut stärker durchzubrechen. „Jederzeit, Mr. Trevellian. Es wird mir eine Ehre sein, Sie bei Ihrer Arbeit zu unterstützen.“

Er reichte erst mir, dann Milo zum Abschied die Hand.

Als wir wieder auf der Straße standen, fühlten wir uns beobachtet. Milo brummte: „Das ist ein Wolf im Schafspelz, Jesse. Den sollten wir so schnell nicht wieder aus den Augen lassen.“

„Worauf du einen lassen kannst“, antwortete ich.

Wir gingen zum Sportwagen. „Was jetzt?“ Ich schaute auf die Uhr. Es war 16 Uhr vorbei. „Um sich in Harlem ein wenig umzusehen, ist es noch zu früh. Dort kommen die Ratten erst bei Nacht aus ihren Löchern.“

„Zum Field Office“, meinte Milo. „Dort nehmen wir zunächst mal Kontakt mit den Narcs auf, um eine Liste der Rauschgiftopfer der vergangenen Monate zu bekommen. Und dann sehen wir weiter.“

Also fuhren wir zurück zur Federal Plaza, um uns an die Arbeit zu machen.

Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
Hacim:
130 s. 1 illüstrasyon
ISBN:
9783956179402
Yayıncı:
Telif hakkı:
Автор
İndirme biçimi:
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre