Kitabı oku: «Bern ... aus einer anderen Sicht»

Yazı tipi:

Peter Baumgartner

Bern ... aus einer anderen Sicht

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Sainte-Maxime 21.12.2020

Der dritte Lebensabschnitt

«Haute Couture» in Sainte-Maxime

Isidor Habersack

Frédéric

Sankt Peter

Der 1. März naht

Das Intro zum Roman

Serge

Lukas Fisch

Pointe de la Calle

Die Welt ist aus den Fugen

Der Bundesrat

«Die grösste Nation» der Welt

Carla

Ein Besuch bei Bernard

Lupo

Eine Partie Pétanque

Der Dalai Lama

Louis

Der Generalsekretär

Gérard und François

Die Abschiedsfeier

Das Echo der Zeit

Arthur Cohen

Der Polizeidirektor

Ein neuerlicher Auftrag für Philippe

Sonderbeauftragter des Bundesrates

Karim

Giovanni

Dr. Frankenstein alias Dr. Jammer alias …

Hugo Klötzli

Claude

Fernweh

Fritz Loosli

Périgord

Klima

Thermisch-physikalischen und mechanischen Gedanken

Le Bugue

Loosli, der Millionär

Arcachon

Loosli?

Place du Tertre

Le Commissariat de Police

Der Brief an den Bundesrat

Frédéric

Loosli oder Klötzli?

Georges Dubois

«animam efflare»

Siegfried Lenz

Anfang oder Ende?

Impressum neobooks

Sainte-Maxime 21.12.2020

PETER BAUMGARTNER

Bern… aus einer anderen Sicht


Roman

IMPRESSUM

Alle Rechte vorbehalten, einschliesslich derjenigen des auszugsweisen Abdrucks und der elektronischen Wiedergabe.

© 2021 Peter Baumgartner, Bern/Schweiz

peter.baumgartner@bluewin.ch

ISBN

NO JUSTICE, NO PEACE

# Black Lives Matter

Den Inhalt dieses Buches verdanke ich meiner Fantasie. – Ähnlichkeiten mit toten oder lebenden Personen oder realen Ereignissen sind nicht beabsichtigt und wären rein zufällig.

Frédéric sass in seinem Zeitschriftenkiosk im Zentrum von Sainte-Maxime. Als Sitzgelegenheit stand ihm ein Dreibeinsessel zur Verfügung. Dieser war zwar nicht sonderlich bequem, verhinderte jedoch, dass er wieder einschlafen würde. Es war noch früh am Morgen und praktisch niemand anders war bereits auf den Beinen. Wie jeden Morgen gab ihm seine Frau eine Thermoskanne gefüllt mit frisch gebrautem Kaffee, eine Flasche Mineralwasser, zwei Sandwiches und einen Apfel mit auf den Weg. Dies musste bis am Abend hinhalten. Erst dann gab es eine warme Mahlzeit, welche den aufgestauten Hunger stillen konnte.

Die Auslieferdienste der Druckereien hatten ihre Ware wie jeden Morgen sorglos in eine Ecke geworfen, und es lag nun an Frédéric, hier Ordnung in das ganze Wirrwarr zu bringen. Er brauchte dafür gut und gern eine halbe Stunde; erst dann war er bereit, seine Kundschaft zu empfangen.

Noch während er die Jalousie zu seinem Zeitungsstand hochkurbelte, hörte er ein Fahrzeug mit hoher Geschwindigkeit daherkommen. Die Fahrtrichtung war von Osten her. Das Fahrzeug hatte gut und gern 60 km/h drauf, vielleicht auch mehr, und es musste sich dem Motorengeräusch nach um einen schweren Wagen handeln. Frédéric drehte sich in Richtung des Brummens und er erkannte einen schwarzen Mercedes mit zumindest zwei Personen drin. Er schüttelte den Kopf und er war nicht abgeneigt, dem Fahrer seinen «Stinkefinger» der rechten Hand zu zeigen; er liess es dann allerdings sein. – So ein Idiot, dachte er. Und noch während er seine Arbeit fortsetzen wollte, näherte sich ihm das vermutlich gleiche Fahrzeug noch einmal; dieses Mal allerdings von der anderen Richtung.

Etwa 50 Meter von ihm entfernt gab es einen fürchterlichen Knall, und ein Gegenstand – oder war es eine Person? – flog durch die Luft. Der Mercedes suchte mit quietschenden Rädern das Weite.

Der dritte Lebensabschnitt

Philippe wollte sich fortan in seinem dritten Lebensabschnitt voll und ganz dem Schreiben zuwenden. Geschichten zu schreiben war seine Leidenschaft, und er erhoffte sich natürlich, mit seinem Tun ein kleines Zubrot verdienen zu können. Er war davon überzeugt, dass seine Stories, auch wenn sie bewusst fiktional abfasst waren, eine breite Leserschaft ansprechen würden, jedoch sahen dies die angeschriebenen Verlagshäuser anders.

Samt und sonders erhielt er, wenn überhaupt, nur negativen Bescheid, und das Interesse an seinen Büchern war nirgendwo. Philippe war ernüchtert ob dieser Tatsache und er überlegte sich ernsthaft, seine «Schreibe» an den Nagel zu hängen. Dann aber sagte er sich wieder, dass er ja zu seinem Vergnügen schreibe und schon bald griff er von Neuem in die Tasten. Dieses Mal sollte es noch besser werden, dachte er.

Und noch während er diesen Gedanken nachhing, meldete sich eine Mailnachricht auf seinem Handy. Die Adresse kannte er nicht und er überlegte sich, ob er die Nachricht sogleich löschen sollte, hörte man heutzutage doch oft, dass mittels E-Mail Phishing betrieben werde und dies unliebsame Konsequenzen haben könnte. Auch mutete die Adresse doch recht eigenartig an:

ADK-NEW Verlag GmbH

Nach nochmaligem Überlegen öffnete er die Zuschrift dann doch und er erkannte, was die Abkürzung bedeutete: ADK-NEW steht für «Aus dem oder der kann noch etwas werden», und Philippe musste herzhaft lachen.

Philippe überflog kurz die Nachricht, legte sie dann allerdings zur Seite, und er wollte sich lieber wieder seiner Alltagsbeschäftigung zuwenden. Diese bestand darin, mit seinem Hund spazieren zu gehen. Heute wollte er einen ausgedehnteren Spaziergang machen und er zog sich dem Wetter entsprechend an. Es war saukalt, und Philippe musste sich warm anziehen. Mütze und Handschuhe durften nicht fehlen, und die wärmste Jacke im Schrank musste ihren Zweck erfüllen. Enrico waren die Temperaturen egal. Sein dichtes Fell schützte ihn nicht nur vor der Kälte, sondern auch vor der Nässe; es schneite nämlich und dies mit einer Heftigkeit, wie es nur selten vorkam. Ein eigentlicher Schneesturm suchte die Gegend heim. Nichtsdestotrotz wollten die beiden sich der Herausforderung stellen und sie verliessen das Haus.

Philippe bereute seinen Entscheid jedoch schon nach kurzer Zeit und so signalisierte er seinem Hund umzukehren um nach Hause zurück zu gehen. Enrico, der eigentlich recht gut gehorchte, stellte sich allerdings auf taub und er genoss den Schnee mit allen Sinnen: da mussten «Engelsgeschöpfe» in die weisse Pracht gezaubert, Markierspuren hinterlassen und andere Artgenossen – und seien dies auch nur Schneehasen – aufgestöbert werden. Auf jeden Fall war für ihn die Zeit noch lange nicht gekommen, schon wieder umzudrehen; viel zu schön war es für ihn, sein Lieblingswetter voll und ganz zu geniessen.

Philippe wurde langsam ungeduldig, und seine Stimme wurde auch deutlich lauter. Aber auch das beeindruckte Enrico im Moment ganz und gar nicht. Solch leckeren Schnee hatte er schon lange nicht mehr gefressen und das wollte er sich nicht nehmen lassen. – «Du bekommst ja einen ganz kalten Bauch», so die mahnenden Worte von Philippe. Enrico liess sich jedoch nicht davon abhalten, abermals mit Wollust in die weisse Pracht zu beissen. Nach elendiglich langen Minuten bequemte er sich dann doch, seinem Herrchen zu folgen und den Rückweg unter die Pfoten zu nehmen. Aber auch auf dem Heimweg musste noch das eine oder andere sondiert und richtig eingeordnet werden, damit er zufrieden und vielleicht auch mit einer gewissen Genugtuung (?) seinen Spaziergang beenden konnte.

«Wer geht da eigentlich mit wem spazieren?», dachte Philippe laut und er war sich nicht mehr so sicher, wer hier «Ross» und wer «Reiter» war.

Zuhause angekommen sorgte Deborah dafür, dass sich Enrico nicht erkälten würde, und sie trocknete sein nasses Fell mit einem flauschigen Frottiertuch. Philippe musste selber schauen, wie er wieder zu einer annehmbaren Körpertemperatur kam. – Hund müsste man sein, ging ihm leise durch den Kopf. Immerhin hatte Deborah die Güte, ihm einen wärmenden Tee zuzubereiten und sie wollte für das Nachtessen besorgt sein. Es sollte ein feines Käsefondue mit gewürfeltem, frischem Brot geben.

Das Essen mundete vorzüglich, und Philippe erzählte Deborah vom E-Mail, welches er am Nachmittag erhalten hatte. «Und, hast du es schon gelesen?», so die neugierige Frage von Deborah. «Nein, noch nicht richtig. Warte ich lese es dir vor.»

p.b.@gmail.com

Sehr geehrter Herr Baumann

Gerne kommen wir auf Sie zu. Wir sind aufgrund Ihrer Übersendungen an die DNB in Leipzig auf Sie aufmerksam geworden und möchten Sie gerne näher kennenlernen. Ihre Bücher unter dem Titel «0060 – mit der Lizenz zum Altern» sprechen uns an, und wir könnten uns gut vorstellen, diese – vielleicht in einer gewissen abgeänderten Form – in unseren Verlag aufzunehmen. Unser Interesse gilt dabei auch Ihrer kritischen Haltung in Bezug auf die Revision der StPO in der Schweiz und die Konsequenzen hiervon. – Sie haben in Ihren Büchern mehrfach darauf hingewiesen.

Wir könnten uns vorstellen, dies als Aufhänger für Ihr Schaffen zu machen und gezielt immer wieder darauf hinzuweisen. Um dies bewerkstelligen zu können, bedürfte es allerdings einer umfassenden Einleitung, welche an das Thema heranführt. Hierfür müsste von Ihrer Seite etwas ausgeholt werden.

Sollten Sie an unserem Vorschlag interessiert sein, so bitte ich Sie, sich mit uns in Verbindung zu setzen; sei dies telefonisch oder schriftlich. Unsere Kontaktdaten finden Sie untenstehend.

Mit freundlichen Grüssen

ADK-NEW Verlag GmbH

Verlagsleitung

Isidor Habersack

Allgemeiner Kontakt:Telefon: +49 (0)61 09 .. ..-.Fax:+49 (0).. .. .. ..-..E-Mail: info@adk-new.de

PostanschriftADK-NEW Verlag GmbH…60311 Frankfurt am Main

«Das tönt aber speziell. Und wie willst du darauf reagieren?», so die zurückhaltende Frage von Deborah. «Das weiss ich auch noch nicht so genau. Aber vielleicht sollte ich mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen. Wer weiss: vielleicht wird aus mir doch noch etwas.» Und Philippe musste abermals laut lachen.

«Haute Couture» in Sainte-Maxime

Der Winter war auch in Südfrankreich sehr streng, und eisige Temperaturen machten der Vegetation zu schaffen. Die Palmen sahen ob dem Dauerfrost traurig aus, und es galt zu befürchten, dass sie Schaden nehmen könnten. Solch kalte Temperaturen mussten sie in den vergangenen Jahren nie durchstehen. Auch andere Pflanzen wie etwa Oleander, Hortensien oder wilde Orchideen würden unter der Kälte zu leiden haben. Selbst für Kakteen dürfte das Wetter eine Herausforderung sein, hatte es zuvor doch über Tage hinweg geregnet und so viel Nässe stand ihnen nicht gut an. Letztlich musste befürchtet werden, dass selbst der Lavendel mit seiner unvergleichlichen Farbenpracht und dem lieblichen Duft Mühe haben wird, die Landschaft im Frühsommer wieder zu verzaubern.

Die Bewohner von Sainte-Maxime verbrachten die kalten Tage zumeist zuhause und sie versuchten ihr Haus oder ihre Wohnung so gut wie möglich warm zu halten. Touristen waren kaum auszumachen und schon gar nicht auf den Strassen. Wenn überhaupt, hielten sie sich in einem Bistro oder Restaurant auf und genossen dort ein wärmendes Getränk. Glühwein – auch in der schwedischen Variante mit dem Namen «Glögg» und einem guten Schluck Wodka «angereichert» – war begehrt; oder dann heisse Schokolade mit Baileys «verfeinert» war ebenfalls ein bevorzugtes Getränk. Die Einheimischen bevorzugten zumeist einen heissen Apfelpunsch – auch «Hot Mulled Apple Cider» genannt – und sie «verstärkten» ihn mit einem kräftigen Schuss Calvados.

Auch Bernard und Isabelle gönnten sich ein feinschmeckendes Getränk. Sie waren im Beisein von Désirée, der Schwester von Isabelle, und ihrem neuen Freund Francesco. Désirée lebte und arbeitete in Paris und sie wollte die Gelegenheit nutzen, ihre Schwester und ihren Mann wieder einmal zu besuchen. Beide, Désirée und Isabelle, waren einander nach wie vor sehr verbunden und sie freuen sich jedes Mal, wenn sie sich wieder einmal treffen konnten. Dieses Mal wollte Désirée zusammen mit Francesco etwas länger bleiben.

Désirée war von Beruf Kunstschmiedin und sie hatte es in ihrer Passion schon recht weit gebracht. Vor kurzem konnte sie einen Laden am ‘Place du Tertre’ im Montmartre Quartier in Paris eröffnen. Der Laden zog Touristen wie Einheimische gleichsam an und er galt für die Schickeria in Paris als Insider Tipp. Die Schmiedekunst von Désirée in Gold, Silber und Platin liess sich wirklich sehen, und da sämtliche Kunstwerke Handanfertigungen und Einzelstücke waren, liessen sie sich auch entsprechend gut für teures Geld verkaufen.

Francesco, mit den gleichen künstlerischen Genen ausgestattet, konnte sich ebenfalls nicht beklagen. Nach einer Schneiderlehre in Genua widmete er sich dem Modedesign. In einer renommierten Schule in Florenz eignete er sich hierfür das Handwerkszeug an. Schon kurz nach Abschluss seiner Ausbildung erhielt er eine Anstellung an einer «Haute Couture» in Paris. Namhafte Persönlichkeiten – männlichen wie weiblichen Geschlechts – trugen in der Zwischenzeit seine Kleider. Beide, Désirée und Francesco, hatten sich vor nicht allzu langer Zeit an einer Vernissage kennengelernt und waren sichtlich in einander verliebt.

Isabelle hatte sich bereit erklärt, für das Nachtessen besorgt zu sein. Sie wollte bewusst und der Jahreszeit entsprechend ein «rustikales» Menü wählen und sie entschied sich für eine «Saucisse de Toulouse»; eine Bratwurst, die nur in der Stadt Toulouse hergestellt wird und auch nur dort erhältlich ist, sofern sie das Gütesiegel “Label Rouge” trägt. Die Wurst wird aus Schweinefleisch hergestellt und wird gegrillt oder gebraten gegessen. Bernard hatte die Würste von einem Bekannten erhalten, welcher ihn vor allem in der Winterzeit regelmässig damit bediente. Dazu sollte es frischen, grünen Lauch, verfeinert an einer Rahmsauce, und ein schmackhaftes «Gratin dauphinois» geben. Den Wein zum Essen hatte Francesco mitgebracht und er hatte sich dabei nicht lumpen lassen. Ein Karton Friularo DOCG, Jahrgang 2014, sollte die Gastgeber erfreuen. Der Wein stammte aus der Region Venetien, der Heimat von Francesco und er sollte hervorragend zum vorgesehenen Mahl passen.

Die beiden Töchter von Bernard und Isabelle, Michelle und Danielle, waren nicht anwesend. Sie wollten sich im Beisein ihrer Freunde, Julien und Alain, wieder einmal danach erkundigen, wie es ihren Gerätschaften und ihren anderen Gebrauchsgegenständen in Valras-Plage ging. Michelle und Julien betreiben dort eine Surf Schule, die sich nach anfänglichen Startschwierigkeiten nun doch recht gut anlässt. In den Wintermonaten hingegen war in Valras und dort vor allem in Valras-Plage in der Languedoc gelegen nicht viel los, und das junge Paar musste sich für die Wintermonate eine andere Beschäftigung suchen. Als ausgebildete Sportlehrer war dies für sie jedoch nicht allzu schwierig, und sie konnten diverse Aushilfsjobs in Toulon und Umgebung annehmen, welche ihnen halfen über die Runden zu kommen.

Auch für Danielle und Alain war es in der Winterzeit schwierig, ihre angestammte Tätigkeit auszuüben. Sie hatten es sich nämlich vorgenommen, in Sainte-Maxime einen Imbissstand zu betreiben und zu ihrer Freude lief das Geschäft schon ganz gut. Nur, in den kalten Monaten war es schwierig und zum Teil schier unmöglich oder gar nicht möglich, die Snackbar offen zu halten und dies nicht nur, weil die Gäste – vor allem die Touristen – ausblieben, sondern auch, weil das Arbeiten im Freien schlichtweg kein Vergnügen mehr bereitete. Also mussten auch sie schauen, wie sie die kalte Jahreszeit überstehen konnten. Glücklicherweise war dies auch für sie nicht allzu schwierig, und Danielle fand eine auf drei Monate befristete Anstellung im Headoffice ihrer früheren Arbeitgeberin der Firma Orange S.A. Alain hatte ebenfalls Glück und auch er fand bei seinem früheren Arbeitgeber, einem Barbetrieb in Sainte-Raphaël, «Unterschlupf».

Wohnen konnten alle vier im Haus von Isabelle und Bernard. Dieses war gross genug, und wenn man ein wenig Rücksicht aufeinander nahm, war dies kein Problem. Für Dissan war es eine helle Freude sein ganzen «Rudel» um sich herum zu haben!

Isabelle stand in der Küche und bereitete das Nachtessen vor, und Désirée leistete ihr dazu Gesellschaft. Die beiden Männer wendeten sich dem Cheminée zu und legten noch das eine oder andere Stück Brennholz nach, um im Esszimmer eine angenehme Temperatur zu haben. Auch waren die beiden Männer dafür besorgt, den Tisch zu decken und den ausgewählten Wein rechtzeitig zu öffnen, damit er seine ganze Pracht entfalten konnte. Vorgängig gönnten sich die beiden ein kleines Bier; ein «1664» der Brauerei Kronenbourg. Das Bier schmeckt wirklich sehr gut und in den Varianten Blanc und Rosé sagt es auch den Frauen zu.

Das Feuer loderte und es verbreitete eine angenehme Wärme. Bernard und Francesco hatten sich vorgängig noch nie getroffen und so war es an der Zeit, sich besser kennen zu lernen. Die beiden waren sich auf Anhieb sympathisch und sie erkannten verschiedene Gemeinsamkeiten, über die es so einiges zu diskutieren gab. Allem voran stand das politische Geschehen in Frankreich und somit das Wirken des derzeitigen Präsidenten.

Die jüngste Präsidentschaftswahl fand 2017 statt, und als Sieger der Stichwahl ging Emmanuel Macron hervor; er setzte sich mit rund zwei Drittel der Stimmen gegen Marine Le Pen durch. Die Amtszeit des Präsidenten in Frankreich war ohne Wiederwahl auf fünf Jahre begrenzt, womit bereits im nächsten Jahr wieder Wahlen anstanden. Sowohl Bernard wie auch Francesco glaubten allerdings nicht daran, dass sollte der amtierende Präsident sich nochmals der Wahl stellen, er diese auch für sich würde entscheiden können. Zu viel war in der Zwischenzeit geschehen und zu viel hatte sich für sie geändert.

Ursprünglich, als progressive soziale Bewegung unter dem Namen «En Marche !» von Emmanuel Macron gegründet, wollte Macron als unabhängiger Kandidat in den Wahlkampf steigen. Trotzdem löste sein Tun einiges aus und es verhalf ihm zum Sieg. Macron galt als Hoffnungsträger; heute jedoch, vier Jahre später, ist von der damaligen Euphorie wenig bis nichts mehr zu spüren. Die Alltagssorgen hatten die Franzosen eingeholt, und man durfte gespannt sein, wie sich der Wahlkampf für die nächsten Präsidentschaftswahlen abzeichnen wird.

Die Probleme in Frankreich sind allgegenwärtig, und die Protestbewegungen der ‘Gilets jaunes’ sind noch lange nicht vergessen. Dazu kommen die sozialen Unruhen in den Grossstädten Frankreichs und diese reichen von Fremdenhass bis hin zu Rassismus. Die Sicherheitskräfte stossen an ihre Grenzen, und die ewigen Kompetenzgerangel zwischen der ‘Gendarmerie’ und der ‘Police nationale’ sind der Sache auch nicht dienlich.

Frankreich braucht eine grundlegende Erneuerung: Das Land besteht schliesslich nicht nur aus der «Capitale» und der «Côte d’Azur»; die Landstriche dazwischen geben dem Land den besonderen Reiz und zu diesen gilt es Sorge zu tragen. So einfach dies tönt, so schwierig dürfte es sein, neue Wege zu beschreiten. – Marine Le Pen konnte für Bernard und Francesco hier nicht die Alternative sein.

Noch während sich Francesco und Bernard intensiv austauschten, gesellten sich die beiden Damen zu ihnen. Isabelle trug eine wohlgefüllte Platte mit Saucisson und Lauch, und Désirée servierte die Auflaufform mit dem fein riechenden Gratin. Die Teller waren schnell gefüllt und auch der gewählte Wein fand seinen Weg in die Gläser. Alle prosteten sich zu und genossen das köstliche Essen.

Es ist schon beeindruckend, wie leise es an einem Tisch zu und her gehen kann, wenn das Essen mundet, und man hungrig ist. Nach einer knappen Viertelstunde und einem «Nachschlag» kam das Gespräch dann doch wieder in Fahrt. Désirée erzählte von ihrem Geschäft in Paris und von ihrer Idee, das Ganze vielleicht noch etwas ausbauen zu wollen. Sie habe hier in Sainte-Maxime eine Lokalität gesichtet, von der sie sich vorstellen könnte, diese zu mieten und eine Filiale zu eröffnen. Der Name sollte der gleiche sein wie in Paris und wie folgt heissen:

Désirée Bertrand

L’art à la Française

Hingegen würde sie nicht so teuren Kunstschmuck wie in Paris zum Kauf anbieten, sondern eine breitere Kundschaft ansprechen wollen. Es würde ihr dabei vor allem darum gehen, interessierten Kundinnen und Kunden eine Freude zu bereiten und sie an ihrem Erfolg teilhaben lassen. Sie könne sich deshalb auch vorstellen, günstigere Materialien zu bearbeiten und sie auch von ausgewählten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unter Anleitung herstellen zu lassen. Sie denke hierbei an Kork aus Portugal in Verbindung mit Edelstahl in verschiedenster Form. Die Einzigartigkeit müsste allerdings im Vordergrund stehen.

Isabelle und Bernard hörten interessiert zu und erkundigten sich nach der Örtlichkeit. Diese befinde sich am Place Victor Hugo, genau schräg vis-à-vis vom Zeitungsstand. Das Lokal stünde leer, und auf einer Affiche seien die Koordinaten des Vermieters vermerkt. Bernard wusste zu berichten, dass das Lokal tatsächlich zu mieten sei und er kenne auch den Eigentümer der Liegenschaft. Noch vor kurzem habe es dort einen Souvenirshop gegeben, jedoch seien die Auslagen zu wenig einladend gewesen, als dass sich das Ganze gelohnt hätte; zumeist billige Ware aus China, so wie man sie auch in jedem zweiten Supermarkt kaufen konnte. So der Kommentar von Bernard. Die Lage sei allerdings gut, und wenn der Mietpreis stimmen würde, dann wäre dies sicher eine Option.

Désirée ging sogar noch einen Schritt weiter und sie fragte Isabelle, ob sie allenfalls daran interessiert wäre, den Laden zu führen. Diese verneinte spontan, kam dann allerdings auf ihren Entscheid zurück und sagte, dass sie sich das gerne überlegen werde.

Auch Francesco fand die Idee grossartig und er sicherte Désirée seine Unterstützung zu. Mehr noch, er bot ihr an, Eigenkreationen von ihm in ihrem Laden zum Verkauf anzubieten und dies unter den gleichen Bedingungen und Vorstellungen wie Désirée sie habe. Es würde ihm dabei auch nicht darum gehen, möglichst viel zu verdienen, sondern Désirée in ihrem Vorhaben zu unterstützen und, sofern gewünscht, zu ergänzen. – Désirée gab ihrem Freund einen zärtlichen Kuss.

Den Abend verbrachten die vier in trauter Gemeinsamkeit. Bernard kam auf seinen «Type H» (Baujahr 1977) zu sprechen und er schwärmte vom vergangenen Sommer, wo er zusammen mit seinem Freund aus der Schweiz, Philippe, die Strassen von Sainte-Maxime unsicher gemacht habe. Sie seien mit ihrem Music Car von A nach B gefahren und hätten gefällige Musik in einer Lautstärke angepriesen, dass den Leuten Hören und Sehen vergangen sei; nein, in Tat und Wahrheit seien sie sehr wohlwollend empfangen und auch aufgefordert worden, wiederzukommen. Dieser Einladung seien er und Philippe natürlich gerne nachgekommen.

«Und wie sieht denn das Gefährt aus?», so die interessierte Frage von Francesco. «Willst du ihn sehen?» «Ma certo», und beide begaben sich sogleich in die nahe gelegene Garage.

«He, der Wagen sieht ja wirklich toll aus!», und Bernard liess den Sound erklingen. «Umwerfend, toll, einfach einzigartig!» Francesco kam aus dem Staunen und Schwärmen nicht mehr raus und er beglückwünschte Bernard und seinen Freund zu ihrer Initiative. Nun sollten die Temperaturen nur wieder wärmer werden, und dann wollten sie das Gleiche wiederholen. In der Abwesenheit von Philippe stünden ihm François und Gérard, ebenfalls zwei gute Bekannte aus Sainte-Maxime zur Seite und auch mit ihnen mache das Ganze nur Spass. – Francesco glaubte ihm das gern.

Die beiden Schwestern hatten sich in der Zwischenzeit weiter ausgetauscht und Désirée rühmte ihre Beziehung zu Francesco. Er sei einfach anders als andere «Franzosen» in Paris und lange nicht so überheblich und versnobt.

Er sei trotz seines grossen Könnens einfach geblieben und er stehe auch dazu, aus einfachen Verhältnissen zu stammen. Seine Eltern seien zwar in der Zwischenzeit verstorben, jedoch ziehe es ihn trotzdem immer wieder nach Venetien, um dort seine übrigen Verwandten zu besuchen. Sie habe ihn auch schon einmal dorthin begleitet, und die Familie sei wirklich sehr herzlich. Sie sei aufgenommen worden, wie wenn sie Francesco schon hundert Jahre kennen würde.

Bernard machte in der Folge den Vorschlag, dass er Désirée mit dem Besitzer der angesprochenen Liegenschaft zusammenführen könnte. Alsdann könnte sie vielleicht das Lokal von innen besichtigen, wüsste auch um die preislichen Vorstellungen des Vermieters und sie könnte sich so ein besseres Bild machen. Désirée nahm das Angebot gerne an, und Bernard wollte sich am nächsten Tag schlau machen.