Kitabı oku: «Bern ... und seine Machenschaften», sayfa 4

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Erste Erkenntnisse

Es war der Montagmorgen nach den Feiertagen, als Philippe sich auf den Weg zum Bundesamt für Polizei machte. Dort wollte er als erstes seine Arbeit aufnehmen und dort wurde ihm auch ein Büro zur Verfügung gestellt. Er hatte sich am Freitag vorgängig angemeldet und wurde somit auch freundlich vom Direktor des Amtes empfangen.

Dieser liess sich sogleich über die «da oben» aus und meinte damit natürlich seine Vorgesetzten, welche nichts anderes zu tun hätten, als abermals eine Reorganisation des Amtes herbeizureden, wobei das Ganze nach seinem Dafürhalten doch sehr gut laufe. Aus seiner Sicht sei dies völliger Leerlauf und Geld- und Zeitverschwendung. Aber eben, man sei ja nur Knecht und nicht Fürst und folglich habe man der Order nachzukommen. Auf jeden Fall erhalte er von ihm jede Unterstützung, die er brauche und verwiess Philippe an seinen Stabschef.

Stabschef bei fedpol war Mark Binggeli, ein junger, dynamischer Mann, Mitte vierzig, mit vollem Haar und gut gekleidet. Er hinterliess einen sympathischen Eindruck und er führte Philippe zu seinem Büro. Das Gebäude war wirklich gigantisch und vermutlich würde Philippe Wochen, wenn nicht gar Monate brauchen, um sich hier einigermassen zurecht zu finden.

«Wie kann ich Ihnen behilflich sein, Herr Baumann?», war seine erste Frage. Philippe erklärte ihm kurz seinen Auftrag und bat ihn darum, ihm die Verbindungsperson zum Staatssekretariat für Migration, dem SEM, zu organisieren. Er interessiere sich vor allem über den erweiterten Bereich Migration mit all seinen Schattierungen und ob in diesem Zusammenhang mit den Kantonen Bern und Zürich Ermittlungen am Laufen seien. Er wünschte die entsprechenden Unterlagen und Ansprechpersonen. Auch interessiere er sich über die Zusammenarbeit mit der Bundesanwaltschaft in diesem Bereich, sofern es diesen überhaupt gebe. Bekanntlich müsste es sich ja dann um Organisierte Kriminalität handeln. – Mark Binggeli sicherte Philippe zu, die Unterlagen zusammenzutragen, erwähnte allerdings, dass dies doch eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen werde. Philippe war dies selbstverständlich klar.

In der Zwischenzeit wollte er der Bundesanwaltschaft einen Besuch mit gleichem Inhalt abstatten. Auch kam er wohl nicht umhin, ebenfalls beim Nachrichtendienst des VBS, dem Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport vorstellig zu werden, obschon er sich davon nicht allzu viel versprach. Viel interessanter dürften die Kontakte mit den beiden Polizeikorps sein, die im Auftrag erwähnt sind. Er wollte beide aufsuchen und erhoffte sich davon doch schon einiges mehr.

Philippe erinnerte sich an einen ähnlich gelagerten Auftrag, den er zusammen mit zwei weiteren Personen wahrnehmen sollte. So um die Jahrtausendwende verfiel die Schweizer Politik in Aktionismus. Alles sprach von Organisierter Kriminalität und so durfte natürlich die Schweiz dem Mainstream nicht nachhängen. Bereits damals ging es darum, das Zusammenspiel Bund/Kantone zu überprüfen und konkrete Vorschläge für die künftige Zusammenarbeit auszuarbeiten. Es ging vor allem darum, die neuen Kompetenzen des Bundes – vorweg eben jene in den Bereichen Organisierte Kriminalität und Wirtschaftskriminalität – in die Tat umzusetzen. Selbstverständlich dienten dazu die Vorbereitungsarbeiten der beim Bund betroffenen Dienste.

Philippe war von allem Anfang an skeptisch, war die ins Auge genommene Zentralisierung beim Bund aus seiner Sicht doch völlig unnötig, zumal die grossen Polizeikorps bereits über eingespielte Strukturen verfügten, die sich aus seiner Sicht bislang bewährt hatten. Nichtsdestotrotz wurden die Arbeiten an die Hand genommen und endeten, wie nicht anders zu erwarten war, im Sinn der Empfehlungen der Vorarbeiten des Bundes; dies zum Missfallen von Philippe. Er hätte es lieber gesehen, wenn die bestehenden Strukturen gestärkt worden wären, und nicht ein zusätzlicher Apparat aufgebaut worden wäre, welcher – aus seiner Sicht – nur weitere Schnittstellen brachte, die in aller Regel der Sache abträglich waren und effizienten Ermittlungen im Wege standen. Irgendwie fühlte sich dann niemand so richtig verantwortlich und jeder konnte schliesslich dem andern die Schuld in die Schuhe schieben, so die Einschätzung von Philippe.

Trotzdem wurde in der Folge die Bundeskriminalpolizei (BKP) ins Leben gerufen und damit einhergehend musste natürlich auch die Bundesanwaltschaft aufgerüstet werden. Das hierfür notwendige Personal wurde vornehmlich aus den beiden «grossen» Kantonen rekrutiert und fehlte somit dort. – Gut, auf die eine oder andere Person konnte man ja vielleicht noch verzichten und trotzdem war das Ganze aus der Sicht von Philippe völlig unnötig.

Mit der Inkraftsetzung der neuen Strafprozessordnung wurde dem ganzen Übel noch die Krone aufgesetzt. Man verabschiedete sich vom bisherigen Vieraugenprinzip, welches sich nach der Ansicht von Philippe sehr bewährt hatte, ging es doch darum, unbedachte Untersuchungsrichter durch vorgelagerte Staatsanwälte in die Schranken zu weisen und dort korrigierend einzugreifen, wo Unerfahrenheit oder Mut fehlte. – Dies fiel fortan weg, womit der Mist geführt war.

Philippe entschied sich, obschon er ursprünglich eigentlich vorgehabt hatte, vorweg der Bundesanwaltschaft einen Besuch abzustatten, zuerst nach Zürich zu reisen. Er erhoffte sich von diesem Besuch Informationen, mit welchen er die Bundesanwaltschaft direkt konfrontieren konnte. In Zürich angekommen, wurde er auch in breitestem Dialekt empfangen: «Tschau Philippe, wie hesch es? Jo weisch, bi üs lauft das eso.» - Genau so hatte Philippe sich den Empfang in etwa vorgestellt. Er wusste zwar nicht so genau, ob er mit seinem Gegenüber bereits per Du war, dies spielte auch keine Rolle, denn für seinen Gastgeber war sowieso alles in Ordnung, was sich bei ihnen abspielte. «Jo weisch, mer machet das bi üs eifach eso. Das chunt scho guet. Und die z’Bern wösset’s sowieso nöd besser. Also was söll’s?»

Damit war alles gesagt. – Im weiteren Gespräch erfuhr Philippe zwar doch noch einiges über die Zusammenarbeit mit «Bundesbern», jedoch half ihm dies nicht wirklich weiter, wenn es darum ging, Schnittstellen zu bereinigen oder gar Doppelspurigkeit aufzuspüren. Was den Bereich der Fremdenpolizei betraf, so schienen ihm die Abläufe eingespielt und plausibel. Und im Bereich der Organisierten Kriminalität musste man der Kantonspolizei Zürich sowieso nichts vormachen.

Die nächste Station sollte die Kantonspolizei Bern sein. Hier wurde Philippe doch schon einiges herzlicher begrüsst. Der frisch gewählte Kommandant, welcher Philippe von früher her kannte, begrüsste ihn freundlich. Sogleich äusserte er sich zu seinem Vorgänger, welcher leider in seinen Ferien in Albanien schwer erkrankt sei und dort mit dem Tod gerungen habe. Glücklicherweise gehe es ihm in der Zwischenzeit wieder einiges besser, und er habe vor kurzem auch das Spital verlassen können. Er sei nun in einem Haus nahe am Meer und versuche sich dort zu erholen. Er und sein Vorgänger stünden in regelmässigem telefonischem Kontakt, und es sei erfreulich festzustellen, wie es ihm von Mal zu Mal besser gehe. Er selber habe das Kommando der Polizei vor gut einem Monat übernommen und sei – wie er sich ausdrückte – noch in der Findungsphase.

Philippe nahm mit Bedauern zur Kenntnis, dass der Stabwechsel nicht wunschgemäss vonstattengegangen war, und die Verdienste des vorherigen Kommandanten nicht oder noch nicht in gebührendem Rahmen gewürdigt werden konnten. Der neue Kommandant sicherte ihm jedoch zu, dass dies bei passender Gelegenheit nachgeholt werde.

Auf das Zusammenwirken mit der Bundeskriminalpolizei und dem SEM angesprochen, verwies ihn der Kommandant an die zuständigen Vorgesetzten. Dort wurde vor allem die Zusammenarbeit im Bereich der Migration gelobt, dem gegenüber wurde das Zusammenspiel mit der BKP wenig gerühmt, gäbe es dort doch so einiges zu verbessern, so der Grundtenor. – Ok, auch das war für Philippe nicht wirklich neu.

Bei der Bundesanwaltschaft schien sich schliesslich jeder ein wenig mit sich selber zu beschäftigen. Auf gezielte Fragen zur Zusammenarbeit mit den Kantonen kamen nur ausweichende Antworten oder sie wurde gelobt; brauchbar für eine Analyse waren diese Antworten auf jeden Fall nicht.

Philippe blieb nichts anderes übrig, als eine «Tiefenbohrung» zu machen, jedoch brauchte er dafür die entsprechenden Unterlagen des Bundesamtes für Polizei (fedpol) und diese musste er zuerst sichten und studieren. Das Ganze war mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden. Philippe wollte sein Studium trotzdem bei der BKP absolvieren, da ihm dies die Gelegenheit bot, informelle Kontakte in den Pausen zu knüpfen. Und solche waren in der Tat an der Tagesordnung und sie fielen nicht zu knapp aus.

Gefragt oder ungefragt wurden ihm Informationen zugetragen oder gar anvertraut, die einen ganzen Ordner füllen würden, jedoch deutete nichts in Richtung seines ursprünglichen Auftrags, sondern viel eher in Richtung Personalführung, Administration und Organisation. Die komplizierten Strukturen innerhalb des Amtes schienen ein Dauerthema zu sein. – Hier ortete Philippe immerhin ein gewisses Verbesserungspotential, was ihm helfen sollte, seinen Bericht zu schreiben.

Das Studium der Akten nahm wie erwartet einige Zeit in Anspruch und so vergingen die Tage und Wochen recht schnell. In der Zwischenzeit besuchte Philippe noch kurz den NDB, den Nachrichtendienst des Bundes, jedoch waren die dort gewonnen Informationen für Philippe unbrauchbar. – Vielleicht lag dies auch in der Natur der Sache.

Auf jeden Fall war es bereits Ende Februar und Philippe war eigentlich nicht wesentlich weitergekommen und vielleicht doch. Die Informationen des neuen Kommandanten der Kantonspolizei Bern liessen doch aufhorchen und stellten das Ganze in ein neues Licht. Auch stellte er mit einer gewissen Befriedigung fest, dass selbst in seinen informellen Gesprächen mit Mitarbeitenden niemand sich in die Richtung geäussert hätte, dass Kollegen oder Vorgesetzte Dreck am Stecken hätten, mit Ausnahme natürlich der üblichen Querelen, welche aber persönlicher Natur waren.

Nun sollte er sich wohl oder übel wieder einmal bei seiner Auftragsgeberin melden, wozu Philippe allerdings überhaupt keine Lust hatte. Trotzdem wählte er die Telefonnummer von Freddy und freute sich, seine Stimme zu hören. Beide kamen darin überein, sich im Lorenzini zu treffen und dies möglichst bald. – Möglichst bald hiess morgen um die gleiche Zeit.

Freddy erklärte, nach entsprechender Begrüssung, dass er seinen Job wohl hinschmeissen werde. Nachdem sich Philipp erkundigte, worum es den gehe, erklärte Fred, dass die Obigen ihn mitsamt seiner Crew nach Zürich versetzen wollten und er und seine Mitarbeiter damit ganz und gar nicht einverstanden seien. Als Grund für diese Massnahme würden finanzielle genannt, jedoch sei für ihn klar, dass sich hier wieder einmal einer profilieren wolle. «Der Kerl will einfach seinen Kopf durchsetzen», entfuhr es Fred. Dieser Umzug mache absolut keinen Sinn. SRF, das Schweizer Radio und Fernsehen, müsse vor Ort tätig sein und Folge richtig im Sinn des Auftrages in der Bundeshauptstadt. Politik werde schliesslich in Bern gemacht und nicht in Hinterfultigen.

So kannte Philippe seinen Freund eigentlich gar nicht und trotzdem verstand er seine Emotionen. Nachdem sich Fred wieder einigermassen beruhigt hatte, schilderte Philippe ihm seine bislang gewonnenen Erkenntnisse.

«Lieber Freddy, eigentlich könnte ich mich kurzfassen und zu folgendem Schluss kommen: Alle scheinen alles im Griff zu haben und jeder findet, was soll denn das Ganze. Irgendwie hat man sich arrangiert und ist mit der jetzigen Situation nicht unzufrieden, wenngleich man schon Verbesserungspotential ortet. Dieses ist nun aber nicht derart zwingend, als dass man alles Bisherige über den Haufen werfen will. Es geht eigentlich allen recht gut.»

Fred runzelte die Stirn und er konnte dem Fazit von Philippe nicht viel abgewinnen. Seinen Erkenntnissen und Erfahrungen zufolge lief doch nicht alles so rund, wie es hier beschrieben wurde. So seien ihm doch etliche Fälle – namentlich im Bereich der Organisierten Kriminalität – bekannt, wo sich das Zuständigkeitsgerangel negativ auf die Ermittlungen ausgewirkt habe. Auch seinen ihm mehrere Personen aus der Strafverfolgung bekannt, die mit den jetzigen Strukturen ganz und gar nicht einverstanden seien. – Philippe wusste dem nicht zu widersprechen.

Mit Bezug auf seinen eigentlichen Auftrag, könne er hingegen nicht viel sagen, ergänzte Philippe. Immerhin könne er vielleicht etwas Licht in die Rolle des vermeintlich verhafteten Polizeichefs in Tirana bringen.

Fred wurde hellhörig: «Vermeintlich verhaftet, was heisst das?» Philippe gab zur Antwort, dass er noch nicht ganz so weit sei, um hier verbindliche Aussagen machen zu können, dass sich das Ganze jedoch aus seiner Sicht und nach dem jetzigen Stand der Dinge relativ einfach erklären lasse.

Fred fragte nach und erkundigte sich, ob er diese Information an Frau Sütterli weitergehen könne. «Ja, aber nicht zu offensiv, bitte», gab Philippe zur Antwort. «Es gilt doch noch einige Abklärungen zu tätigen.»

Kaum hatten Philippe und Fred sich getrennt, läutete das Telefon von Philippe. Am andern Ende war Bernard. Nachdem sie nun doch schon wieder bald zwei Monate nichts voneinander gehört hatten, verlief die Begrüssung äusserst herzlich. Man erzählte sich kurz, was in den vergangenen Wochen geschehen war, und kam darin überein, dass man sich schon bald wiedersehen sollte.

Philippe erkundigte sich nach Dissan, und Bernard nach Enrico. Selbstverständlich erkundigte man sich auch nach den Ehefrauen. Dissan gehe es gut, er sei schon ein weiteres Stück gewachsen und er lege freudig an Gewicht zu, und Enrico erfreue sich weiterhin am Schnee, welcher in der Schweiz wieder einmal reichlich vorhanden sei. – Den Ehepartnerinnen gehe es gut.

Alsdann kam Bernard zum eigentlichen Grund seines Telefonates und erzählte Philippe was folgt: Gérard habe ihm mitgeteilt, dass ein ihm bekannter Journalist mit Namen Thierry beim ‘midi-libre’, einer weiteren Regionalzeitung im Süden Frankreichs, ihm gesteckt habe, dass eine Schlepperbande in Toulon aufgeflogen sei, die mit «unserem» Fall etwas zu tun haben könnte. Die Bullen hätten einen der Schlepper nach der Art und Weise der «les Ripoux» einvernommen und seien zu interessanten Erkenntnissen gelangt.

«Meinst du mit «les Ripoux», die Bestechlichen, jenen Film von Claude Zidi aus dem Jahr 1984?», erkundigte sich Philippe. «Selbstverständlich, mon cher. Gewisse Polizisten praktizierten diese Machenschaften noch immer. Wirkungsvoll, wenn auch nicht ganz sauber.» So die Antwort von Bernard. Er selber habe nie Hand angelegt, aber er wisse schon von einigen Fällen, wo dies der Fall gewesen sei.

Sei dem wie es soll. Thierry könne Informationen liefern, jedoch sei er ein abgeschlagener Hund, welcher nach dem Prinzip ‘do ut des’ oder umgekehrt handle und folglich nur gegen Bares Informationen liefere. Auch sei es Thierry wichtig ‘face to face’ zu verhandeln.

«Ja, das heisst dann wohl, dass ich eine Dienstreise nach Südfrankreich unternehmen muss», erwidert Philippe amüsiert. «Ja, das heisst es, mein Lieber.» - Philippe sicherte Bernard zu, dass er die Sache abklären und ihn selbstverständlich darüber ins Bild setzen werde, sollte eine Dienstreise in den nächsten Tagen anstehen. Ihm war bewusst, dass die Zeit drängte, solange der «singende» Schlepper noch in Haft war und auf diese Weise allenfalls noch zusätzliche Informationen erhältlich gemacht werden konnten.

Mit diesen News nahm er nochmals mit Freddy Kontakt auf und er bat ihn um Klärung und Kostengutsprache für seinen Trip nach Toulon. Die Antwort kam zeitverzugslos, und die Dienstreise wurde genehmigt, allerdings müsste sich Philippe möglichst CO2 neutral dorthin begeben, was hiess den Zug zu nehmen.

Philippe orientierte in der Folge Deborah über die neuste Entwicklung in dieser Geschichte und er fragte sie, ob sie ihn allenfalls in den Süden begleiten wolle. Sie verneinte, nicht zuletzt deshalb, weil sie Enrico nicht zurücklassen wollte, und Enrico etwas gegen das Zugfahren hatte. Sie wolle ihm dies nicht antun. Im Übrigen sei der Schnee im Moment derart schön, dass sie gerne mit Enrico spazieren gehen wolle und sie gemeinsam die wunderschöne Landschaft geniessen wollten. Sie habe allerdings Verständnis dafür, dass Philippe der Sache auf den Grund gehen wolle und sie wünschte ihm bereits jetzt eine gute Reise.

Auch Philippe hatte Verständnis für die Haltung von Deborah und er hätte sich eigentlich auch eine schönere Zeit für seine Reise in den Süden vorstellen können, aber eben die Zeit drängte. Er orientierte Bernard, dass er am darauffolgenden Tag mit dem TGV von Dijon nach Toulon reisen werde und dort um 2048 Uhr eintreffen werde. Bernard sagte ihm zu, dass er ihn am Bahnhof in Empfang nehmen werde.

Eine Dienstreise in den Süden

Am darauffolgenden Mittag bestieg Philippe den Zug in Richtung Toulon. Die Reise führte ihn mit dem Intercity zuerst nach Basel und von dort weiter mit dem TGV in Richtung Dijon. In Dijon musste er umsteigen in den TGV in Richtung Toulon. Die ganze Reise sollte gemäss Fahrplan sieben Stunden und 12 Minuten dauern. Eine wirklich tolle Leistung, wenn man bedenkt, welchen geographischen Umweg er zugunsten der CO2 Neutralität in Kauf nahm und wie sich trotzdem die Umweltbilanz gemäss der SBB präsentierte: minus 110,5 kg CO2-Ausstoss, minus 36,7 l Energieverbrauch und minus 1,1 h Fahrtzeit gegenüber einem anderen Fahrzeug.

Trotzdem wollte er in Toulon ein Auto mieten, um seine Termine zeitgerecht wahrnehmen zu können und auch, um eine gewisse Flexibilität wahren zu können. Auch wollte er die Nacht nach der Ankunft in einem Hotel in der Nähe des Bahnhofs verbringen, dies nicht zuletzt deshalb, um die nötigen Vorbereitungsarbeiten tätigen zu können. Selbstverständlich wollte er sich aber auch ausgiebig mit Bernard treffen und sich mit ihm austauschen. Das Hotel und das Mietfahrzeug konnte er im Zug buchen, und er war erstaunt über die Stabilität der Internetverbindung. Alles verlief reibungslos und so traf Philippe zur vorhergesagten Zeit im ‘Gare de Toulon’ ein. – Bernard erwartete ihn bereits auf dem Perron.

Beide begrüssten sich herzlich und man spürte, dass sie sich aufrichtig freuten, sich wiederzusehen. Toulon war Bernard natürlich nicht fremd, hatte er ja selbst vor ein paar Jahren hier gearbeitet, und trotzdem schien sich in der Zwischenzeit doch so einiges geändert zu haben. Auf der Strasse erkannte er auf jeden Fall fast keinen der Flics mehr, und die Strassenführung hatte sich auch merklich geändert. Einbahnstrassen hier und dort, und wo vor kurzem noch Gegenverkehr herrschte, wurde das Ganze nun neu mit Pollern beruhigt. Bernard war nicht nur glücklich ob dieser Entwicklung, wenngleich er sich innerlich immer wieder sagte, man müsse Veränderungen positiv gegenüberstehen.

Nachdem Philippe sein Zimmer im Grand Hôtel de la Gare für 69 Euro die Nacht (inklusive kostenloses WLAN!) bezogen hatte, begaben sich die beiden in ein nahes gelegenes Restaurant und wollten dort das Abendessen einnehmen. Die Speisekarte war nicht eben üppig, womit sich beide für ein Schinken-Käse-Sandwich entschieden und mit einem Bier begnügten. Philippe wollte schliesslich noch einiges erledigen und Bernard nannte ihm den Treffpunkt für die morgige Zusammenkunft mit Thierry. Sie kamen darin überein, dass Philippe am Abend zu ihnen, also zu Bernard und Isabelle, kommen soll, und Bernard versprach Philippe, dass Isabelle etwas ganz Besonderes kochen werde. – Philippe freute sich schon sehr und so verabschiedeten sich die beiden.

Am nächsten Morgen erwartete Philippe Thierry in einem nahen gelegenen Café in der Nähe des Bahnhofs. Philippe kannte Thierry zwar nicht, er würde ihn aber sicherlich erkennen, so wie er ihm von Bernard beschrieben worden war: schlaksiger Gang, verwaschene Jeans, Rollkragenpullover und irgendeinen «Trenchcoat» wie ihn nur Journalisten tragen. So eben das Cliché. Und tatsächlich, da trat er doch zur Tür ein. Philippe gab sich zu erkennen und stellte sich ihm vor. Auch Thierry begrüsste ihn und kam sofort zur Sache.

«Wenn du etwas von mir willst, dann nur in bar und auf die Kralle», so in etwa seine Begrüssungsworte. – Philippe wollte bekanntlich mehr über den Schlepper und die Art und Weise seiner Verhaftung erfahren. Auch sei es ihm wichtig, mit beiden, dem Schlepper und dem zuständigen Polizisten, welcher ihn verhaftet habe, sprechen zu können. Es gehe ihm darum ausfindig zu machen, ob in die ganze Angelegenheit auch Schweizer involviert seien.

Thierry erklärte, dass dies ein ganzer Haufen Fragen seien und dieser seinen Preis hätte. Er könne ihm den Kontakt zum Flic vermitteln, welcher Louis Canal, andere nannten ihn auch Louis die Kanaille, verhaftet habe. Der «Schurke» von Toulon war allseits bekannt, und hatte wahrscheinlich in seinem ganzen Leben noch nie einen ‘Sou’ ehrlich verdient.

Philippe reichte Thierry einen Hunderter und dieser sicherte ihm zu, dass sich Jérôme Gaillard, so wie der Flic hiess, bei ihm melden werde. Ein Zusammentreffen sollte im Verlauf des Tages möglich sein. Philippe gab ihm seine Telefonnummer.

Jérôme lebte nach dem Grundsatz: was du heute kannst besorgen, verschiebe lieber auf morgen, dann hat es sich vielleicht schon von selbst erledigt. Ganz offensichtlich suchte er die Arbeit nicht und so war es auch in diesem Fall. Erst im Verlauf des späteren Nachmittags, aber immerhin, meldete er sich bei Philippe und stellte ihm ein kurzes Tête-à-Tête in Aussicht. Dieses fand dann auch um 1700 Uhr im Bahnhofrestaurant statt.

Ja, Louis sei ein schlimmer Finger, und er habe wahrscheinlich schon so alles gemacht, was Gott verboten hat. Bei Louis müsse man gar nicht gross nachfragen, irgendetwas bleibe immer hängen, und so sei es auch in diesem Fall gewesen; so der Tenor von Jérôme. Mit etwas Nachhilfeunterricht habe er angefangen zu singen wie ein Vögelchen. – Jérôme lachte.

Philippe wollte gar nicht nachfragen und erkundigte sich bloss, ob er allenfalls mit Louis zusammenkommen könne. «Oh, c’est difficile», gab Jérôme zur Antwort, aber er werde versuchen für Philippe eine Besuchsbewilligung im Polizeigefängnis zu erwirken. Das sollte mit seinen «Kontakten» eigentlich möglich sein. – Jérôme schaute Philippe tief in die Augen und dieser Verstand seine Aufforderung. Weitere zwei Hunderter wechselten den Besitzer.

Aufgrund dieser kleinen Geste für seine Umtriebe stellte Jérôme Philippe den Besuch bei Louis für morgen Vormittag so gegen 1100 Uhr in Aussicht. Da sei Schichtwechsel im Gefängnis und auf einen Besucher mehr oder weniger werde dann nicht so geachtet. Bis dahin könne er ja noch ein wenig die schöne Stadt besichtigen. Mit diesen Worten verabschiedete sich Jérôme und liess selbstverständlich Philippe die Rechnung begleichen.

Das Ganze kam Philippe nicht ungelegen, wollte er doch – wie in Aussicht genommen – Bernard und Isabelle einen Besuch abstatten; hatten sie ihn doch zum Abendessen eingeladen. Im Verlauf des Nachmittags konnte er sein Mietauto behändigen, welches er im Verleih Sixt, ebenfalls in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof, gebucht hatte.

Die Reise nach Saint-Maxime sollte in etwa eineinviertel Stunden in Anspruch nehmen und betrug gemäss Bordcomputer seines Mietfahrzeuges 95 km. Der Weg führte über die A50, danach über die A57 und A570 und schliesslich über die A98 nach Gassin, wo er noch kurz Halt machen wollte, um Isabelle einen kleinen Blumenstrauss mitzubringen. Danach ging es auf der D559 ins Zentrum von Saint-Maxime und von dort zum Haus von Bernard und Isabelle. – Philippe kündigte seine Ankunft so gegen 2000 Uhr an.

Die Begrüssung war äusserst herzlich und allen voran wollte natürlich Dissan der erste sein, welcher Philippe begrüssen wollte. Dissan war ganz schön gewachsen und er wurde wirklich ein wunderschöner Hund mit seinen aufrechtstehenden Ohren. Isabelle umarmte Philippe und zeigte ihm ihre Zuneigung mit drei «bisous», den in Frankreich üblichen drei Küssen an die Wange, wenn man sich mochte und schon ein wenig besser kannte. Philippe konnte nicht anders als ihre Schönheit zu rühmen und ihre Herzlichkeit zu verdanken.

Bernard war fast schon ein wenig eifersüchtig, jedoch bestand dafür absolut kein Grund. Philippe erklärte sich und er fand, dass er sich selber ganz und gar nicht zu beklagen habe und mit Deborah ebenfalls eine wundervolle und hübsche Frau habe; man sei halt aber «Mann» und da schaue man ab und zu schon einmal ein wenig genauer hin, so der Kommentar von Philippe. – Alle drei lachten und betraten das Haus.

Wie von Bernard in Aussicht gestellt, wollte Isabelle etwas Besonderes zum Abendessen kochen; zwar einfach aber typisch Französisch. Es gab eine Saucisse de Toulouse, eine Bratwurst, die nur in der Stadt Toulouse hergestellt wird und auch nur dort erhältlich ist, wenn sie das Gütesiegel “Label Rouge” trägt. Die Wurst wird aus Schweinefleisch hergestellt und wird gegrillt oder gebraten gegessen. Bernard hatte die Würste von einem Bekannten erhalten, welcher ihn vor allem in der Winterzeit regelmässig damit versorgte. Dazu gab es frischen, grünen Lauch mit einer Rahmsauce verfeinert und ein ausgesprochen schmackhaftes ‘Gratin dauphinois’. – Philippe konnte sich kaum satt essen, so fein mundete das Essen und er war voll des Lobes für die Köchin. Selbst der kredenzte Wein, ein Chateau Cadet-Piola, Saint-Émilion Grand Cru (Grand Cru Classé) mit Jahrgang 2011 mochte hier kaum mithalten, obschon er ausgezeichnet war.

Der Abend verging so schnell, und so baten Bernard und Isabelle Philippe, dass er die Nacht doch bei ihnen verbringen möge. Er sei dann morgen früh schon rechtzeitig für seinen Besuch im Gefängnis. – Philippe nahm das Angebot dankend an und so konnten sich alle noch einen kleinen Digestif gönnen. - Bevor Philippe zu Bett ging, wünschte er Deborah über WhatsApp eine gute Nacht und schickte ihr einen Gutenachtkuss.

Am nächsten Morgen ging es also in Richtung Prison Farlède in Toulon. Das Gefängnis lag am nordöstlichen Rand von Toulon und war etwa 12 km vom Bahnhof entfernt. Pünktlich um 1100 Uhr meldete er sich an der Pforte und er bat um Einlass. Sein Besuch bei Louis war in der Tat angemeldet und somit wurde ihm der Zutritt auch gewährt. In einem kleinen Besprechungszimmer traf er sich sodann mit Louis.

Louis war ein Mann Mitte fünfzig, untersetzt aber muskulös, mit fettigem Haar und Dreck unter den Fingernägeln. «Was willst du? Ich kenne dich nicht. Bist du ein Bulle?», so die Begrüssung von Louis.

Philippe erklärte ihm, dass er weder Polizist noch Journalist sei, sondern ein Buch über die Schleppertätigkeit in Richtung Schweiz schreiben wolle und derzeit am Recherchieren sei. Er habe den Hinweis erhalten, dass er, Louis, ihm da weiterhelfen könne.

«Vielleicht, aber das kostet etwas», war die Antwort von Louis. «Ok, wieviel?», fragte Philippe. «Zweihundert. An die Adresse, die ich dir jetzt sage. Merk sie dir gut. Wenn du mich verarscht, wirst du das bereuen.» - Philippe willigte ein und der Deal war geschlossen. Die Informationen, die Louis liefern konnten waren wirklich interessant und lassen sich in etwa wie folgt zusammenfassen:

Natürlich gebe es Menschenhandel und Menschenschmuggel, aber nicht von der Schweiz aus. Er kenne die Szene bestens und wisse genau, was sich wann, wo und wie abspiele und auch wer beteiligt sei; namentlich in Südfrankreich. Und hier, weder in Nizza, noch in Toulon, noch in Marseille, noch in Toulouse noch sonst irgendwo, hätten Schweizer ihre Finger im Spiel. – Sie liessen sich doch nicht ihr Geschäft vermasseln. Da werde peinlich genau darauf geachtet, wer mit wem Geschäfte treibe und Schweizer seinen keine darunter, so der Tenor. Auch gebe es keine Schiffe – auch keine Kreuzfahrtschiffe –, welche unter Schweizer Flagge fahren und auf diesem Weg Personen illegal die Einreise nach Frankreich ermöglichen würden. - Die Schweiz sei in diesem Bereich sauber. In anderen sehe es vielleicht anders aus.

Philippe war erstaunt ob der Offenheit und Klarheit in der Sprache von Louis und er sah auch keinen Grund, weshalb Louis ihn anlügen sollte. Wie es schien, stimmten die Informationen der Geheimdienste nicht oder waren zumindest zu wenig bestimmt. Man baute hier da ganz offensichtlich auf Quellen vom Hörensagen, ohne die Informationen zu prüfen und das war gefährlich.

Philippe verabschiedete sich von Louis und er sicherte ihm zu, sein Versprechen einzuhalten. Er entschloss sich, zurück ins Hotel zu gehen und über das Ganze nachzudenken. Noch bevor er sein Zimmer betreten konnte, wurde er von zwei Polizisten in Uniform angehalten. Es wurde ihm mitgeteilt, dass er verhaftet sei. Die Handschellen klickten auf seinem Rücken und als Grund für die Verhaftung wurde ihm Bestechung vorgeworfen.

Philippe sah sich im gleichen Gefängnis wieder, wo er noch am Morgen Louis besucht hatte, dieses Mal allerdings nicht im Besucherraum, sondern in einer Einzelzelle.

Natürlich wurden ihm Schnürsenkel und Hosengurt abgenommen und selbstverständlich auch das Portemonnaie und sein Handy. Die Schuhe beliessen sie ihm, hiessen ihn aber mit Deutlichkeit, damit keinen Unfug anzufangen. – Schuhe konnten bekannterweise auch als Schlagwerkzeug eingesetzt werden.

Nachdem Philippe nun doch schon mehr als zwei Stunden in seiner Zelle sass, erkundigte er sich beim Wärter, wie es denn nun weitergehe. Dieser zuckte nur mit den Schultern und schloss die Gefangenentür. – Philippe kam sich vor wie ein Schwerverbrecher. Er musste auf irgendeine Art und Weise Kontakt zur Aussenwelt aufnehmen, aber wie?

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