Kitabı oku: «Crash-Kommunikation», sayfa 3

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ANTI-CRASH-FORMEL

Fragen Sie sich gerade in schwierigen Situationen gelegentlich: Wer führt hier gerade Regie – Stammhirn oder Großhirn?

Die Tücken der menschlichen Wahrnehmung

Solche Beispiele machen Betrachter oft ratlos: Sehen die Akteure denn nicht, was sie anrichten? Die Umsatzzahlen liegen doch auf dem Tisch; die negativen Presseberichte kann man »eigentlich« ebenso wenig übersehen wie die Flut von Uhren der Billigkonkurrenz im Schaufenster um die Ecke oder auf Branchenmessen. Das führt uns zu einer heiklen Frage.

Wie wirklich ist die Wirklichkeit?

Die »objektive« Wahrnehmung der Welt

So lautet der provokative Titel eines Buches von Paul Watzlawick. Der bekannte Kommunikationspsychologe und Philosoph war radikaler »Konstruktivist«. Watzlawicks Antwort auf die Titelfrage lautet schlicht: Die Welt ist nicht, wie sie ist – sie ist das, was wir aus ihr machen. Jeder von uns »konstruiert« sich seine eigene Wirklichkeit. Wir leben in dem sicheren Glauben, die Welt »objektiv« wahrzunehmen. Doch diese lieb gewonnene Wahrheit stellen schon lange nicht mehr nur Kognitionspsychologen infrage, denn menschliche Wahrnehmung ist hochgradig selektiv und subjektiv. Ein ebenso simples wie augenfälliges Beispiel: Sie haben sich gestern Abend entschieden, ein neues Auto der Marke XY zu kaufen – Sie denken nur noch über die Farbe nach. Heute Morgen auf dem Weg ins Büro sehen Sie auf dem Arbeitsweg überall Wagen der Marke XY und vergleichen im Geiste die Farben. Hat sich die Zahl der Autos dieser Marke über Nacht explosionsartig vermehrt? Sicher nicht. Gestern haben Sie sie nur nicht gesehen.

Die Tücken der Wahrnehmung

Ein anderes Beispiel für die Unzuverlässigkeit unserer vermeintlich »objektiven« Wahrnehmung liefert ein Film, der gerne in Vorträgen gezeigt wird: Zwei Teams mit je fünf Personen werfen sich Bälle zu. Ein Team trägt schwarze, das andere weiße T-Shirts. Das Publikum wird gebeten, bei der kurzen Filmsequenz mitzuzählen, wie häufig das weiße Team Ballkontakt hat. Die meisten Anwesenden schauen daraufhin hochkonzentriert zu. Doch nachdem die Ergebnisse der Zählung im Plenum verglichen worden sind, überrascht der Vortragende mit der Frage: »Wer von Ihnen hat den Gorilla gesehen?« Wer den Film noch nicht kennt, reagiert in der Regel ungläubig. Und doch stimmt es: Mitten in der Filmsequenz läuft ein Mann in einem Gorillakostüm durch das Bild, er blickt sogar direkt in die Kamera. Kaum einer der Zuschauer sieht ihn.5 Wie kommt das?

WAHRNEHMUNGSFILTER

Filterfunktion im Gehirn

Bei der Fülle von Informationen, die ständig auf uns einströmen, kann unser Gehirn gar nicht anders, als radikal auszuwählen. Jeder Bewohner einer Industrienation wird tagtäglich allein mit circa 2000 Werbebotschaften konfrontiert, und das ist nur ein winziger Bruchteil dessen, was wir an einem ganz normalen Tag zu sehen und zu hören bekommen. Damit wir bei dieser Reiz- und Informationsfülle handlungsfähig bleiben, ist unser Gehirn mit einer erstaunlichen Fähigkeit ausgestattet: Das Gehirn selektiert, bewertet und verarbeitet schon einmal sämtliche eingehenden Informationen, bevor sie in unser Bewusstsein gelangen. Der erste und ganz entscheidende Schritt dieser Vorverarbeitung des Gehirns sind die Wahrnehmungsfilter. Vergleichbar mit einem Spamfilter blendet das Gehirn einen Großteil aller eingehenden Informationen und Reize als unbedeutend aus. Wir nehmen diese Informationen dann nicht mehr (bewusst) wahr. Das Problem bei einem Spamfilter ist aber, dass öfter auch Informationen abgefangen werden, die für uns wichtig sind. Dasselbe passiert bei unserer Wahrnehmung.

Filtertypen

Wahrnehmungsfilter lassen sich grob in drei Gruppen einteilen.

– Biologische Filter: Wir sehen nur einen bestimmten Teil des Lichtspektrums; wir hören nur einen bestimmten Teil der Schallwellen und auch unser Empfinden ist auf einen bestimmten Bereich beschränkt.

– Filter der Vorerfahrungen: Unsere Wahrnehmung wird etwa durch bisherige Erfahrungen und Erlebnisse, Ausbildung und Kenntnisse beeinflusst. Ein Architekt nimmt eine Altstadt anders wahr als ein Polizist, ein Sternekoch beurteilt ein Restaurant anders als ein Fast-Food-Fan, und jemand, der schon einmal aufgrund einer Insolvenz den Arbeitsplatz verloren hat, registriert Warnsignale, die ein unbekümmerter Kollege vermutlich gar nicht sieht.

– Filter des Interesses: Wir nehmen nur wahr, was wir wahrnehmen wollen. Wer sich nicht für Mode interessiert, sieht kaum, was sein Gegenüber trägt (von Extremfällen, also besonders starken Signalen, einmal abgesehen). So zucken viele Männer nur hilflos die Achseln, wenn es am Tag nach einer Feier heißt: »Frau Mai war aber elegant angezogen!«

VERZERRUNGEN

Veränderung von Informationen

Unter Verzerrungen versteht man die Prozesse der Wahrnehmung, bei denen die ursprüngliche Bedeutung der Information verändert wird. So wird einer Information eine unangemessen hohe oder unangemessen niedrige Bedeutung zugeordnet. Am bekanntesten dürften hier das »Schönreden« oder das »Madigmachen« sein. Aber auch viele rational nicht begründbare Ängste lassen sich den Verzerrungen zuordnen. Verfolgungswahn ist ein Extrembeispiel für dieses Phänomen. Eine der schönsten positiven Wahrnehmungsverzerrungen dagegen ist das Verliebtsein: Zwei Menschen sitzen an einer Bushaltestelle in einer Plattenbausiedlung im Regen, und es ist für sie der schönste Platz der Welt – da muss das Gehirn manchmal richtig was leisten. Aber: Wir können eben nicht nur Beton und Dauerregen ausblenden und uns auf andere Dinge konzentrieren. Manchmal blenden wir auch besorgniserregende Verkaufszahlen oder Umsatzeinbrüche aus. Wer möchte, dass es weitergeht und noch dazu unter Stress steht, sieht möglicherweise Indizien dafür, dass es demnächst wieder besser wird, auch wenn Außenstehende längst Realitätsverlust wittern.

ERGÄNZUNGEN

Reparaturen im Gehirn

Was nicht passt, wird passend gemacht. Der menschliche »Wahrnehmungsprozessor« strebt nach Konsistenz, also nach innerer Logik, Stimmigkeit und Struktur. Nun kommt es immer wieder vor, dass Informationen unvollständig oder nicht zusammenhängend ankommen. Sind diese Inkonsistenzen groß genug, werden sie bewusst. Häufig jedoch fällt uns entweder gar nichts auf oder wir versuchen uns zu erinnern: »Wie war das noch …?« Das Gehirn schaltet nun so etwas wie eine »Auto-Repair-Funktion« ein, die Unklarheiten repariert oder beseitigt. Diese Funktion fügt scheinbar passende Bruchstücke ein, wenn Sie zum Beispiel einen Moment lang nicht richtig zugehört haben. Auch Buchstaben oder Worte, die in einem Text (wiederholt) fehlen, werden so ergänzt – mehr noch: Wir machen ohne Probleme aus einem Buchstabensalat eine sinnvolle Botschaft. Oder fällt es Ihnen etwa schwer, den folgenden Text zu verstehen?

Luat enier sidtue an eienr elgnhcsien uvrsnäiett, ist es eagl in wcheler rhnfgeeloie die bstuchbaen in eniem wrot snid. das eniizg whictgie ist, dsas der etrse und der lztete bstuchbae am rtigeichn paltz snid. der rset knan tatol deiuranchnedr sien und man knan es ienrmomch onhe porbelm lseen. das legit daarn, dsas wir nhcit jeedn bstuchbaen aeilln lseen, srednon das wrot als gzanes.*

Echte Information vs. subjektive Veränderung

Besonders kreativ ist unser Gehirn, wenn Zusammenhänge scheinbar unlogisch sind. Hier geht das Gehirn teilweise so weit, Informationen völlig neu zu erschaffen. Im Alltag leistet uns diese Funktion oft gute Dienste. Sie hat nur einen gravierenden Haken: Das Gehirn kennzeichnet nicht, was es verändert oder ergänzt. Wir können also nicht zwischen echter Information und subjektiver Veränderung unterscheiden und könnten Stein und Bein schwören, dass etwas genau so und nicht anders war. Polizeibeamte, die Zeugenbefragungen zum selben Vorfall vergleichen, können ein Lied davon singen. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass drei Zeugen den Hergang drei Mal mehr oder weniger unterschiedlich schildern. Ähnliche Erfahrungen machen wir im Alltag, wenn wir beispielsweise einen Familienkrach nachträglich »aufarbeiten«: Fast immer haben die verschiedenen Parteien ganz unterschiedliche Versionen des Ablaufs im Kopf. Die ebenso beliebte wie fruchtlose Frage, wie alles anfing (oder: wer anfing), lässt sich meist nicht mehr beantworten.

GENERALISIERUNGEN

Die Macht des ersten Eindrucks

Eine einmal gefasste Einstellung hat die Tendenz, sich selbst zu bestätigen und zukünftige Informationen zu überlagern, auch wenn diese neuen Informationen der Einstellung widersprechen. Eine Form dieser Generalisierung ist der Effekt des ersten Eindrucks. Auch wenn neue und andere Informationen eintreffen, die eine andere Einstellung begründen würden, bleibt der erste Eindruck lange einstellungs- und damit handlungsbestimmend. Wer sich zum Beispiel einmal entschlossen hat, jemanden für fähig und vertrauenswürdig zu halten, hält lange daran fest, auch wenn sich Gegenbeweise häufen. Auf diese Weise können Firmenerbinnen durch angestellte Manager ruiniert werden, weil sie Alarmsignale für deren fragwürdiges Handeln bis zum bösen Erwachen systematisch übersehen – man denke nur an Madeleine Schickedanz und ihr unglückliches Händchen bei der Auswahl von Managern für den Karstadt-Quelle-Konzern.

Nimmt man all diese Faktoren zusammen, wird deutlich, dass es so etwas wie eine »objektive Realität« nicht geben kann.

Verschiedene Welten sind möglich

Wahrnehmung – und damit zwangsläufig auch das, was wir als »Wirklichkeit« empfinden – ist hochgradig selektiv und subjektiv. Paul Watzlawick verdeutlicht das mit einem Witz, in dem eine Laborratte zur anderen sagt: »Ich habe diesen Mann so trainiert, dass er mir jedes Mal Futter gibt, wenn ich diesen Hebel drücke.«6 In ihrer Welt hat sie tatsächlich recht – sprechen nicht alle Indizien dafür? Auch wir reden im Alltag ja manchmal davon, dass jemand in einer anderen Welt lebt. Das trifft tatsächlich in stärkerem Maße zu, als wir ahnen. Unsere »Welten« überschneiden sich zwar glücklicherweise, weil wir ähnliche Vorerfahrungen, Kenntnisse und Interessen teilen. Aber jede Welt für sich bleibt eine individuelle Konstruktion – wir können unsere Wahrnehmungsfilter nicht ausschalten. Überrascht es da noch, dass mancher Manager optimistisch in die Insolvenz wirtschaftet, selbst wenn für Außenstehende die Alarmglocken schon Sturm läuten?

ANTI-CRASH-FORMEL

Trauen Sie Ihren Augen und Ohren nicht (immer)! Gleichen Sie Ihre Einschätzung der Situation regelmäßig mit der anderer ab – Führungskollegen, Mitarbeiter, ggf. Außenstehende (Coaches, Berater). Machen Sie sich eigene Erfahrungen und Interessen bewusst: Inwieweit beeinflussen diese Ihre Beurteilung der Situation?

Stress, Wahrnehmung und Kommunikation

Wahrnehmungsveränderungen unter Stress

Unsere Wahrnehmung ist also bereits in »Normalsituationen« höchst unzuverlässig. Doch was passiert, wenn wir unter Stress stehen? Vom Unfallforscher Rüdiger Trimpop haben wir bereits gehört, dass Menschen sich in heiklen Situationen noch stärker auf einen kleinen Wirklichkeitsausschnitt konzentrieren und vom Radfahrer in der Einbahnstraße bis zum Flugzeugcrash auf dem Radarschirm alles Mögliche übersehen. Im Crew Resource Management geht man von folgenden Wahrnehmungsveränderungen in Stresssituationen aus:

– Die Wahrnehmung wird eingeschränkt,

– man entwickelt einen Tunnelblick,

– es kommt zu stressbedingten Wahrnehmungsverzerrungen.

Crash wegen Treibstoffmangel: New York 1990

Gleichzeitig verändert sich auch das Kommunikationsverhalten: Es wird weniger kommuniziert, die Neigung zu stillschweigenden Interpretationen des Verhaltens anderer wächst. Die Hemmschwelle etwa für verbale Angriffe auf das Gegenüber sinkt. Ein typisches Beispiel für einen Flugzeugcrash, der durch mangelnde Kommunikation verursacht wurde, ist der Absturz einer Maschine der kolumbianischen Fluglinie Avianca im Januar 1990 unweit des New Yorker Kennedy Airports. An der amerikanischen Ostküste herrschte schlechtes Wetter mit Nebel und starkem Wind. Deshalb wurde die Maschine, die in Medellin gestartet war, in etliche Warteschleifen dirigiert und erhielt erst mit 90 Minuten Verspätung die Landeerlaubnis für den Kennedy Airport. Ihr Treibstoff reichte für den Flug nach New York sowie für zwei weitere Flugstunden. Unglücklicherweise misslang der erste Landeversuch: Die Piloten mussten wegen starker Scherwinde durchstarten und verloren weitere kostbare Zeit – und Treibstoff. Schließlich fiel ein Triebwerk nach dem anderen aus, die Boeing 707 stürzte auf Long Island ab. 73 der 158 Insassen starben. Die übrigen überlebten, weil kein Feuer ausbrach, denn: Die Tanks der Maschine waren leer.

Kommunikationsprobleme im Cockpit

Der Wissenschaftsjournalist Malcolm Gladwell, der dieses Beispiel in seinem Buch Überflieger verarbeitet, wundert sich über die Passivität der Besatzung, während die Katastrophe immer unausweichlicher wurde: »Und während all dem herrschte im Cockpit bleiernes Schweigen.«7 Zuvor war es dem Kopiloten als eine Folge von Missverständnissen nicht gelungen, der Flugsicherung am Kennedy Airport klarzumachen, wie verzweifelt die Lage inzwischen war. Das simple Wort »Notfall« (Emergency) kam ihm nicht über die Lippen. Stattdessen begnügte er sich mit einem vergleichsweise schwachen »We need priority« (Wir brauchen Vorrang) und dem Hinweis »Wir haben kaum noch Treibstoff«. Da das bei allen landenden Flugzeugen der Fall ist, war niemandem im Tower die Dramatik der Lage klar.8 Wer die aufgezeichneten Cockpitäußerungen liest, bekommt den Eindruck, der Kopilot habe irgendwann resigniert. Hinzu kamen kulturelle Barrieren, die es dem Südamerikaner offensichtlich erschwerten, mit der als »ruppig« bekannten US-Flugsicherung Klartext zu reden.

Intellektuelle Notfall maßnahmen

Rückzug und Resignation, Misstrauen und negative Unterstellungen, Erstarrung und Passivität, ein stures Festhalten am einmal eingeschlagenen Kurs, »Eigenbrötlertum« und weniger Abstimmung im Team – dies sind typische Reaktionsweisen in Stresssituationen, die im Crew Resource Management bekannt sind. Denken Sie an die letzte Krisensituation im Unternehmen zurück: Fallen Ihnen Parallelen auf? Was passiert, wenn Umsätze sinken, Karrieren bedroht sind, drastische Einschnitte angekündigt werden? Wie wirkt sich das auf die Kommunikation im Team aus? Wie differenziert wird noch argumentiert? Wie planvoll wird noch reagiert? Wie nüchtern wird die Situation noch analysiert? Franz Reither diagnostiziert in seinem Buch über Komplexitätsmanagement eine Neigung zum Rückgriff auf »intellektuelle Notfallmaßnahmen« in unsicheren Situationen, in denen Misserfolg droht. Dazu zählt er »Fluchtreaktionen, Ausweichmanöver, Einkapselung, Verharmlosung, Irrationalismus, Resignation, vorschnelles Reagieren, unzuverlässige Vereinfachungen, Herabsetzung der Selbstkontrolle, Gewaltlösungen«.9 Da ist sie wieder: die unheilvolle Trias von Abhauen, Angreifen oder Totstellen, mit der schon unsere Ahnen in grauer Vorzeit Bedrohungen begegneten. Doch was im Neandertal noch wunderbar funktioniert haben mag, kann in den Bürotürmen und Produktionsstätten von heute direkt in die Insolvenz führen. Was also können Sie tun, um Stress im Unternehmen professionell zu managen?

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Vermeiden Sie Sprachlosigkeit, Abschottung und Resignation – fördern und fordern Sie das Gespräch mit Ihrer Mannschaft! Hören Sie zu, auch wenn Ihnen nicht gefällt, was Sie hören.

Professionelles Stressmanagement im Unternehmen

Erfolgsduo: Stressprävention plus Notfallplan

Wie gut ist Ihr Unternehmen auf kritische Situationen vorbereitet? Auch gut ausgebildete Mitarbeiter, ein professionelles Controlling und regelmäßige Abstimmungen und Meetings auf Leitungsebene können nicht verhindern, dass eine Organisation ins Trudeln gerät. Wie vermeiden Sie, dass sich Probleme aufschaukeln, bis Kopflosigkeit um sich greift? Das beste Stressmanagement ist Stressprävention. Und ist die Krise erst mal da, sollten Sie einen Notfallplan haben.

Krisensimulation: Vorbereitung für den Ernstfall

Fehlende Krisenprävention in der Managerausbildung

Das Training im Flugsimulator ist fester Bestandteil jeder Pilotenausbildung, und auch später müssen Linienpiloten ihre Fähigkeiten und ihre »Krisenfestigkeit« regelmäßig im Simulator überprüfen lassen. Wer stressige Situationen vorab durchgespielt hat, kann im Ernstfall besonnener handeln. Diese Erkenntnis steckt auch hinter den Übungen von Einsatzkommandos der Polizei oder im militärischen Bereich: Stress ergibt sich nicht (nur) aus äußeren Stressoren, sondern aus dem Zusammenspiel von Situation und Wahrnehmung durch den Einzelnen. Warum gibt es eigentlich keinen »Krisensimulator« in der Managerausbildung? Rund 30000 Unternehmensinsolvenzen jährlich allein in der Bundesrepublik sollten eigentlich Grund genug sein, über potenzielle Gefahren nachzudenken, auch wenn momentan noch alles rund läuft.

Mögliche Worst-Case-Szenarien überdenken

Wer im schlimmsten Fall nicht kopflos reagieren will, sollte vorbereitet sein. Es lohnt sich daher, Worst-Case-Szenarien durchzuspielen: Was wäre die schlimmstmögliche Entwicklung, mit der Sie in absehbarer Zeit konfrontiert sein könnten? Konkret könnte das der Verlust eines wichtigen Schlüsselkunden sein, mit dem Sie mehr als ein Drittel Ihres Umsatzes bestreiten. Es könnte das Billigangebot eines ausländischen Konkurrenten sein, der zu Konditionen liefert, bei denen Sie nicht mehr mithalten können. Im Konsumgüterbereich könnte es eine Veränderung der Konsumentengewohnheiten geben, die zu drastischen Umsatzeinbrüchen bei Ihrem bis dato bestverkäuflichen Produkt führt. Der Zeitgeschmack könnte sich wandeln, Ihr Produkt könnte – aus welchen Gründen auch immer – Negativschlagzeilen machen. Ihre Bank könnte Ihnen die Kreditlinie streichen, Ihre Finanzierung zusammenbrechen. Nehmen Sie sich die Zeit und sammeln Sie so viele potenzielle Bedrohungsszenarien wie möglich. Hüten Sie sich vor vorschnellen Verharmlosungen à la »Das kann eh nicht passieren«. Spielen Sie den Ernstfall konkret durch: Wie würden Sie handeln? Was spricht eigentlich dagegen, sich im Leitungsteam einmal im Jahr aus der Alltagsroutine auszuklinken und für den Worst Case zu planen?

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Proben Sie den Worst Case im Krisensimulator – mindestens ein Mal jährlich für einen Tag!

Krisensimulation als Chance

Möglicherweise werden bei Vorbereitung wie Durchführung eines solchen Planspiels Sorgen und Befürchtungen zur Sprache kommen, für die im Alltagsgeschäft sonst kein Platz ist. Und sehr wahrscheinlich werden Sie aus der Diskussion möglicher Gefahren auch konkrete Anregungen für den Alltag mitnehmen – sei es, dass Sie Ideen entwickeln, wie man die Abhängigkeit von einem Schlüsselkunden reduzieren und sich »breiter aufstellen« kann; sei es, dass Sie jemanden in der Marketingabteilung zum Trendscout ernennen, der von jetzt ab Verbrauchergewohnheiten sorgfältiger beobachtet. Was wäre beispielsweise passiert, wenn Junghans regelmäßig auch nur 20 Uhrenkäufer unterschiedlichen Alters nach ihren Vorlieben und Kaufgründen befragt hätte? Was, wenn man bei der KfW extreme Verluste im eigenen wie im Tochterunternehmen vorab einmal durchgespielt hätte – spätestens als sich die ersten Krisenwölkchen am Finanzmarkthorizont zeigten? Vogel-Strauß-Politik und Schockstarre wären möglicherweise vermieden worden.

Mögliche Ergebnisse der Krisen simulation

»Was wäre, wenn …?« und »Wie würden wir im Ernstfall reagieren?« beziehungsweise »Was würden wir konkret tun?« sind ebenso simple wie fruchtbare Fragen, die sich jedes Unternehmen regelmäßig stellen sollte. In guten Zeiten lässt sich besonnener für schwierige Situationen planen, als dann, wenn einem das Wasser schon bis zum Hals steht und Panik um sich greift. Außerdem untergräbt ein solches Planspiel, selbst wenn Sie es nur ein Mal pro Jahr veranstalten, die menschliche Trägheit und das Gefühl der Sicherheit, in dem wir uns gerne wiegen. Und: Indem Sie das Undenkbare durchdenken, verliert es einen Teil seines Schreckens. Am Ende eines solchen Krisenstrategietages sollte ein »Notfallplan« stehen, der Gegenmaßnahmen konkret benennt und besonnenes Handeln erleichtert, wenn es hart auf hart geht. Auch für mich ist der Verlust eines Großkunden natürlich ein bedrohliches Szenario. Deshalb liegt in meiner Schreibtischschublade ein Aktionsplan mit konkreten und durchdachten Akquisemaßnahmen, die ich in dem Moment in die Tat umsetzen werde, in dem einer meiner Schlüsselkunden ausfällt.

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