Kitabı oku: «Crash-Kommunikation», sayfa 5

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Wenn der Kapitän am Steuerknüppel sitzt

Arbeitsteilung im Cockpit

Gleichgültig, mit welcher Gesellschaft Sie heute fliegen, ob Sie in Südamerika oder in Europa, in den USA oder in Kenia in ein Flugzeug steigen: Im Cockpit gibt es eine eindeutige Arbeitsteilung. Dort sitzen ein »Pilot Flying« (PF) und ein »Pilot Monitoring« (PM). Der PF steuert das Flugzeug und trifft alle wesentlichen Entscheidungen; der PM übernimmt Assistenz- und Kontrollfunktionen sowie den Funk. Außerdem hat der PM die Aufgaben, alle Aktionen des PF zu überwachen und zu kontrollieren – auch wenn der PF sein Chef ist. Diese Rollen sind nicht mit der des Kapitäns und des Kopiloten identisch – beide können sowohl PF als auch PM sein. Hand aufs Herz: Wann wäre Ihnen als Fluggast wohler: wenn der erfahrene und länger ausgebildete Kapitän oder wenn der weniger erfahrene Kopilot am Steuer sitzt? Die meisten Flugreisenden würden vermutlich den Kapitän vorziehen. Doch die Unfallstatistik spricht eine deutlich andere Sprache: Als Reisender sollten Sie beruhigt sein, wenn der weniger erfahrene Kopilot fliegt.

Das Kapitänsparadoxon: mehr Erfahrung = mehr Unfälle

Ist Erfahrung alles?

Flugzeuge sind sicherer, wenn der weniger erfahrene Pilot fliegt. Das verblüfft uns, denn Erfahrung ist in unserem Alltagsverständnis ein ziemlich zuverlässiger Garant für ein gutes Arbeitsergebnis. Egal ob Zahnarzt, Steuerberater oder Handwerker – wir vertrauen uns lieber jemandem mit mehr Praxis an als einem »Grünschnabel«. Warum gilt diese Regel nicht mehr, wenn es um die Arbeitsteilung im Cockpit geht?

Die wichtigen 5 Prozent

Vergegenwärtigen wir uns kurz, worauf es beim Fliegen ankommt. »Pilot« wird gerne zu den stressigsten Berufen gezählt, vergleichbar mit dem des Fluglotsen, Rettungssanitäters oder Gefängnisaufsehers.10 Meiner Erfahrung nach stimmt das nur bedingt: 95 Prozent der Arbeit beim Steuern eines modernen Verkehrsflugzeuges sind bloße Routine, man könnte fast sagen: Langeweile. Im Normalfall fliegt so ein Vogel fast von selbst; der Pilot bedient ein paar Hebel, drückt ein paar Knöpfe, kaum anders als ein Busfahrer. Doch die restlichen 5 Prozent haben es in sich: Wenn die Routine durchbrochen wird, Unvorhergesehenes passiert, schwierige Bedingungen herrschen, sind Piloten extrem gefordert. Gut, wenn dann nicht blanke Panik ausbricht. Und noch besser, wenn sie überhaupt rechtzeitig bemerken, dass die aktuelle Situation alles andere ist als »Business as usual«. Dem Pilot Monitoring kommt vor diesem Hintergrund eine wichtige Funktion zu: Er beobachtet die Instrumente, gibt wichtige Hinweise, macht im Rahmen der »Standard Operating Procedures« (SOPs, siehe Kapitel 1) vorgeschriebene Ansagen (»Call-outs«) – kurz, er unterstützt und kontrolliert den Piloten, der am Steuer sitzt. Er ist sogar befugt (und angewiesen), dem PF das Steuer aus der Hand zu nehmen, wenn dieser gravierende Fehler macht. Er signalisiert das mit dem Kommando »My Controls« oder »I have Control«. Preisfrage: Wem fällt es wohl leichter, dem anderen die Kontrolle zu entziehen – einem Flugkapitän oder einem Kopiloten?

Korean Airlines: die KatastrophenFluggesellschaft der 1990er

Es ist nicht einfach für einen Mitarbeiter, seinem Chef zu widersprechen. Das muss man niemandem erklären, der ein Unternehmen mehr als zwei Tage von innen gesehen hat; und dabei ist es völlig gleichgültig, ob es um die Produktion von Autoteilen oder Sauerkonserven geht und ob wir uns in einem Krankenhaus oder im Maschinenbau befinden. Im Flugzeugcockpit kann diese Scheu tödliche Folgen haben. Und je größer die Scheu ist, desto gefährlicher wird das Fliegen. Die Geschichte von Korean Airlines ist eines der besten Beispiele für diese These. In den 1980er- und 1990er-Jahren machte diese Fluggesellschaft durch eine Reihe spektakulärer Abstürze auf sich aufmerksam: Zwischen 1988 und 1998 verzeichnete sie 17 Mal so viele Unfälle wie die US-Fluglinie United, hat der Wissenschaftsjournalist Malcolm Gladwell errechnet. In seinem Buch Überflieger zeichnet er einige von ihnen nach, vom Beinaheabschuss einer Boeing 707 im sowjetischen Luftraum über der Barentssee, den Absturz einer Boeing 747 in Seoul, den Abschuss einer Boeing 747 durch russische Kampfjets bis zu einer Boeing 747, die in den frühen Morgenstunden des 6. August 1997 auf Guam, der größten Insel der Marianengruppe, an einem Berg zerschellte.11 Den in Südkorea stationierten Angehörigen der US Army war es zeitweise untersagt, mit Korean Airlines (heute: Korean Air) zu fliegen.

Erschwerende Umstände

Auch dem Absturz der Maschine auf Guam, bei dem 228 der 253 Insassen an Bord ums Leben kamen, ging wieder die sprichwörtliche Verkettung unglücklicher Umstände voraus: Das Instrumenten-Landesystem auf Guam (ILS) stand wegen Wartungsarbeiten an diesem Tag nicht zur Verfügung; das Sicherheitshöhen-Warnsystem (MSAW) war durch einen Programmierfehler lahmgelegt. Der Flugsicherung in Agana (Guam) fiel nicht auf, dass die Maschine viel zu niedrig flog.12 Dennoch: Am Steuer saß ein ehemaliger Luftwaffenpilot mit fast 9000 Stunden Flugerfahrung, der bereits acht Mal nach Guam geflogen war und das Terrain gut kannte. Sein Flugzeug funktionierte technisch einwandfrei. Was war passiert?

Die Situation im Cockpit

Der Kapitän hatte sich entschieden, eine Sichtlandung durchzuführen. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt darin, eventuell umständliche Anflugstrecken abkürzen zu können. Aber: Wie der Name schon sagt, braucht man für dieses Anflugverfahren Sicht. Sicht zum Boden und Sicht nach vorn, auf die Piste. Der Himmel war bedeckt, die Sicht schlecht, es regnete. Das Flugzeug durchstieß für einen kurzen Moment die Wolkendecke, die Besatzung sah in der Ferne Lichter, die sie für den Flughafen hielt. Doch selbst, als sich die Maschine nur noch 500 Fuß (160 Meter) über dem Boden befand, war keine Landebahn zu sehen. Die Maschine steuerte stattdessen auf die Flanke von Nimitz Hill zu, eines Berges direkt in der Einflugschneise. Der Stimmenrekorder hat aufgezeichnet, wie sich die Besatzung wunderte. »Nichts zu sehen?«, fragt der Kopilot, und der Bordingenieur stößt ein erstauntes »Eh?« aus. Kostbare Sekunden später schlägt der Kopilot vor, die Landung abzubrechen: »Führen wir einen Fehlanflug durch.« Hätte er zu diesem Zeitpunkt eingegriffen und die Kontrolle übernommen, wäre der Absturz wahrscheinlich vermieden worden, so der spätere Untersuchungsbericht. Doch das tut er nicht. Der Bordingenieur wiederholt: »Nicht in Sicht.« Darauf der Kopilot noch einmal »Nicht in Sicht, Fehlanflug.« Der Bordingenieur: »Durchstarten.« Endlich sagt auch der Kapitän: »Durchstarten.« Doch es ist bereits zu spät: Drei Sekunden später erfolgt der Aufprall. Von den ersten vorsichtigen Warnungen seitens Kopilot und Bordingenieur bis zu diesem Kommando ist fast eine halbe Minute vergangen, während der die Maschine auf den Berg zusteuerte. Dem Kopiloten war längst klar, dass man die Orientierung verloren hatte. Dennoch griff er nicht ein. Offenbar setzte er lieber sein Leben aufs Spiel.13

Koreanische Höflichkeit …

Heute gilt Korean Air als eine der sichersten Fluglinien der Welt. Was ist in der Zwischenzeit passiert? Ganz einfach: Die koreanischen Bordingenieure und Kopiloten lernten systematisch, ihre Stimme zu erheben, und zwar auch dann, wenn ihr Vorgesetzter das Flugzeug fliegt. Sie wurden darin trainiert, ihr Kommunikationsverhalten zu verändern. Wo sie sich früher nur auf höfliche Andeutungen und Vorschläge beschränkten, äußern sie sich heute eindeutig und klar. Feste, unmissverständliche Formeln sind wesentlicher Bestandteil des Crew Resource Management. Ein Beispiel: Während des Anflugs auf Guam sagt der Bordingenieur in Anbetracht der schlechten Sicht vorsichtig zum Kapitän: »Das Wetterradar hat uns heute sehr geholfen.«14 Was er eigentlich meint, ist vermutlich: »Angesichts dieses Wetters sollten wir nicht auf Sicht fliegen, sondern einen sicheren Anflug nach Instrumenten machen.« Das bekommt der fliegende Kapitän jedoch nicht mit. Kein Mensch versteht vorsichtige Andeutungen, wenn er müde und gestresst ist oder sich beispielsweise gerade fragt, wo die verd… Landebahn geblieben ist.

… und westliche Höflichkeit

Es ist kein Zufall, dass das umfassende Training, das Korean Air ab 2000 für alle Crewmitglieder zur Pflicht machte, von einem westlichen Trainingsunternehmen durchgeführt wurde. Die koreanischen Piloten der Unglücksmaschinen wurden im Grunde zu Opfern ihrer nationalen Kultur, die sich durch fein abgestufte Hierarchien, extreme Höflichkeit und eine indirekte, verklausulierte Form der Kommunikation auszeichnet. Doch was im allgemeinen gesellschaftlichen Umgang für ein formvollendetes Miteinander sorgt, erwies sich im Flugzeugcockpit als verheerend. In Krisensituationen ist rücksichtsvolles Übersehen von Versäumnissen und Fehlern gefährlich, und höfliche Andeutungen bergen ein hohes Risiko. In westlichen Nationen wird (wenn auch mit Unterschieden) direkter kommuniziert, und die reglementierende Macht von Hierarchien ist schwächer. Insbesondere in individualistisch orientierten Gesellschaften wie der nordamerikanischen, in der jeder das Recht (und damit schon fast die Pflicht) hat, sein Glück selbst zu machen, fällt es leichter, miteinander Tacheles zu reden. Dass ein US-Kopilot lieber sein Leben opfert, als seinem Boss zu widersprechen, ist nur schwer vorstellbar. Man könnte also sagen, die Koreaner lernten, sich im Cockpit »westlicher« zu verhalten.

Das Konzept der Machtdistanz

Gladwell weist in diesem Zusammenhang auf das Konzept der »Machtdistanz« hin, das der Wirtschaftspsychologe Geert Hofstede auf der Basis umfangreicher internationaler Studien zu den prägenden Dimensionen einer Kultur zählt (andere sind Individualismus versus Kollektivismus und Risikobereitschaft versus Unsicherheitsvermeidung). Je größer die Machtdistanz in einer Gesellschaft ist, desto größer ist der Respekt vor Autoritäten und desto höher sind die Hemmungen, einen Konflikt mit jemandem zu riskieren, der hierarchisch übergeordnet ist.15 Es wird Sie kaum noch überraschen, dass Wissenschaftler eine statistische Korrelation von hoher Machtdistanz zwischen Pilot und Kopilot und Zahl der Flugzeugabstürze nachweisen konnten. Je autoritärer und hierarchischer die Beziehung im Cockpit ist, desto größer ist die Gefahr eines Crashs.16

Zunehmende Komplexität in Cockpit und Management

Das Fliegen ist in dem guten Dutzend Jahren, die seit dem Crash auf Guam vergangen sind, sicher nicht einfacher geworden, auch wenn (und gerade weil) die Bordelektronik immer leistungsfähiger und komplexer wurde und den Piloten immer mehr Arbeit abnimmt. »Bereits jetzt ist der Mensch im Cockpit vor allem visuell an der Grenze dessen angelangt, was sein Wahrnehmungssystem noch verarbeiten kann«, sagt beispielsweise der Flugpsychologe Reiner Kemmler, und: »Der Pilot von heute muss mehr wissen, besser planen, das System mehr verfolgen und vorausdenken können.«17 Erinnert das nicht fatal an die Rolle des Managers in einer globalisierten und immer komplexeren Wirtschaft? Ebenso wenig wie der Pilot heute mit dem Steuerknüppel alle Ruder direkt bedient und manuell alles im Griff hat, kann der Manager in den meisten Unternehmen alle Teile seines Verantwortungsbereichs im Detail übersehen und beeinflussen. In beiden Fällen ist es gut, wenn es starke Instanzen gibt, die den Mann (oder die Frau) am Steuer unterstützen und notfalls korrigieren.

ANTI-CRASH-FORMEL

Achtung – wenn der Kapitän selbst am Steuerknüppel sitzt, ist die Crashgefahr umso höher, je weniger der Kopilot gehört wird. Wenn Sie schon unbedingt selbst steuern wollen, dann sorgen Sie für einen Ko, der Ihnen widerspricht!

Wenn Chefs nicht loslassen können

Ist Erfahrung immer gut?

Mein Fluglehrer hat immer gesagt: »Erfahrung ist die Summe aller überlebten Fehler.« Wer sich mit Flugzeugabstürzen beschäftigt, beginnt allerdings unweigerlich, den Faktor »Erfahrung« mit gemischten Gefühlen zu betrachten. Einerseits macht Praxiserfahrung zweifellos kompetenter, souveräner und sicherer. Wer Erfahrung hat, urteilt im Allgemeinen schneller und zutreffender. Er kann die aktuelle Situation mit vorigen ähnlichen Situationen vergleichen und seine Schlüsse daraus ziehen. Wahrscheinlich hat man schon den einen oder anderen Fehler begangen und vermeidet diesen Fehler beim nächsten Mal. Insofern macht Erfahrung tatsächlich klug. Doch andererseits scheint Erfahrung auch »dumm und blind« machen zu können – oder zumindest sorglos. Was ist, wenn der Situationsvergleich hinkt, wenn die eigenen Transferschlüsse nicht stimmen? Der Pilot der Korean Airlines hatte den Flughafen auf Guam schon acht Mal angeflogen und war sich sicher, »wieder« auf die Landebahn zuzufliegen. Sie war ja immer da und musste gleich auftauchen. Ein fataler Irrtum. Stattdessen flog er mit circa 250 Kilometer pro Stunde auf einen nur fünf Kilometer entfernten Berg zu.

Sorglosigkeit als Folge von Erfahrung

Je öfter eine Sache gut gegangen ist, desto sorgloser werden wir Menschen offenbar. Auch dieser Effekt ist nicht auf Flugzeugcockpits beschränkt: Denken Sie an die Investmentbanker in den internationalen Bankenmetropolen, die sich noch als »Masters of the Universe« fühlten, als sie die Weltwirtschaft mit Unterstützung sorgloser Anleger längst an einen tiefen Abgrund spekuliert hatten. »Herren des Universums« – schöner und entlarvender kann man die eigene Selbstüberschätzung und Sorglosigkeit kaum auf den Punkt bringen. Diese Sorglosigkeit des »Es ist noch immer gut gegangen« ist so verbreitet, dass wir ihr ein eigenes Kapitel widmen (siehe Kapitel 3: Landen bei schlechtem Wetter).

ANTI-CRASH-FORMEL

Erfahrung macht klug und dumm zugleich. Klug, weil man Vergleichssituationen heranziehen und danach entscheiden kann. Und dumm, weil Vergleiche manchmal kräftig hinken können.

Chefs am falschen Platz

Ein anderer Nebeneffekt dieser »erfahrungsbedingten« Selbstüberschätzung ist der Glaube, man könne »es« selbst am allerbesten. Er veranlasst Vorgesetzte, auch dort ins operative Geschäft hineinzuregieren, wo sie eigentlich für Übersicht, Kontrolle und Planung gefragt wären. Einer meiner Kunden ist eine kleine, anfänglich sehr erfolgreiche Firma, die Stahlkonstruktionen herstellt und montiert. Der Chef montierte mit, auch als das Unternehmen größer wurde. Die Folge: Man versank im operativen Geschäft und versäumte wichtige Weichenstellungen für die Zukunft, etwa in den Bereichen Organisation, Marketing und Neukundenakquise. Als die Verantwortlichen sich dessen bewusst wurden, war es schon fast zu spät. Lieferengpässe und bürokratisches Chaos hatten etliche Kunden vergrault. Auch hier hatte intern niemand interveniert, obwohl die Schwierigkeiten kaum mehr zu übersehen waren – ganz ähnlich wie bei türkischen Chefpiloten oder koreanischen Kapitänen.

Lieber Kleinarbeit als Übersicht

Umfassende Erfahrung wird weitaus effektiver eingesetzt, wenn sie nicht im Sumpf der Detailarbeit erstickt. Gerade wer das Geschäft »aus dem Effeff« kennt und »von der Pike auf« gelernt hat, tut sich mit diesem Rollenwechsel auf einem kontrollierenden Beobachter- und Planerposten oft schwer und flüchtet gerne weiterhin in die Niederungen des Operativen. Das betrifft nicht nur Chefs kleiner Familienunternehmen. Ich kenne den Vorstandsvorsitzenden eines großen Mittelständlers, der qua Ingenieursausbildung zeitlebens ein begeisterter Tüftler blieb. Bei Rundgängen durchs Unternehmen erschreckte er seine Entwicklungsingenieure regelmäßig mit konkreten Tipps. Niemand wagte zu widersprechen, und manche Idee wurde nur deshalb weiterverfolgt, weil sie »von oben« kam, auch wenn die Zeit längst über den propagierten Lösungsansatz hinweggegangen war. Dabei hätte es auch hier, im hart umkämpften Maschinenbaumarkt, genügend strategische Aufgaben gegeben. Statt sich selbst in die Entwicklung einer neuen Steckverbindung zu vertiefen, hätte der CEO besser im Auge behalten sollen, ob die Arbeit seiner Ingenieure insgesamt in die richtige Richtung ging.

Die wertvolle Rolle des PNF

Eine solche Flucht in »Lieblingsaufgaben« ist so selten nicht. Schauen Sie sich einmal in Ihrem Kollegen- oder Bekanntenkreis um: Vermutlich kennen Sie selbst einen Juristen, der auch als Geschäftsführer mit Vorliebe seiner Rechtsabteilung ins Handwerk pfuscht, einen Personalfachmann, der sein Faible für Personalarbeit auch dann nicht verleugnen kann, wenn er längst eine ganze Firma führt, oder einen Informatiker, der auch als Chef einer mittelgroßen IT-Beratung gerne mal selbst programmiert, statt Budgets zu planen und Kunden zu akquirieren. Dabei lehrt uns die Fliegerei: Als PM – als »Pilot Monitoring« – sind Sie viel wertvoller! Es ist gut, wenn Sie Ihren Erfahrungsschatz einbringen, aber nicht, indem Sie selbst das operative Geschäft übernehmen, sondern indem Sie das operative Geschäft optimal überwachen und wirklich nur im Notfall eingreifen.

ANTI-CRASH-FORMEL

Als Führungskraft machen Sie als »Pilot Monitoring« den besten Job. Behalten Sie das Gesamtsystem im Auge und greifen Sie nur ein, um Fehlentwicklungen zu korrigieren. Hüten Sie sich vor »Lieblingsaufgaben«!

Machtdistanz und Firmenerfolg

Kooperative Führung: Theorie …

Bei einer komplexen Aufgabe ist es gut, wenn nicht nur eine Stimme Gehör findet. So könnte man die Ergebnisse aus dem Cockpit auch interpretieren. Die meisten Arbeitsaufgaben in Unternehmen sind heute komplex. Natürlich ist es besser, wenn nicht einer allein das Sagen hat und alle anderen zu reinen Statisten oder ausführenden Organen degradiert. So neu ist das nicht, meinen Sie? Autoritäre Führung sei schließlich nicht erst seit gestern verpönt? Mag sein. In der Theorie führen alle »kooperativ«, jedenfalls wenn man im Vorstellungsgespräch danach fragt. Doch wie sieht die Praxis wirklich aus?

Wie ist die Führungskultur in Ihrem Unternehmen?

… und Praxis

Wie oft kommt es vor, dass in einem Meeting bei Ihnen im Unternehmen tatsächlich die Chefposition hinterfragt wird? Wie oft kommt es vor, dass ein Mitarbeiter zumindest im Zweiergespräch vorsichtig Bedenken anmeldet? Machen wir uns nichts vor: Das Vertrauen vieler Menschen in die tatsächliche Kooperationsbereitschaft ihrer Vorgesetzten scheint gedämpft. Zur Erinnerung: »Kooperative Führung« bedeutet im Kern, dass ein Vorgesetzter ein offenes Ohr für Ideen und Anregungen seiner Mitarbeiter hat und deren Meinungen in wichtigen Fragen systematisch berücksichtigt, bevor er selbst seine Entscheidung fällt. (Anders als im Cockpit muss im Unternehmen glücklicherweise nur selten binnen Minuten oder sogar Sekunden entschieden werden.) Kooperative Führung hat also nichts mit demokratischer Mehrheitsbildung und erst recht nichts mit führungslosem Laisser-faire zu tun. Vernünftig ist eine kooperative Vorgehensweise auch deshalb, weil kein noch so fähiger Manager heute alles wissen kann und weil eine Führungskraft so am meisten von der Kompetenz ihrer Mannschaft profitiert – vom Motivationseffekt des Gehörtwerdens für die Mitarbeiter einmal ganz zu schweigen.

Was autoritäre Führung bewirkt

Die negativen Folgen autoritärer Führung sind bekannt. Thomas Gordon hat sie schon vor über 30 Jahren in seinem zigfach aufgelegten Buch Managerkonferenz beschrieben. »Widerstand«, »Trotz«, »Feindseligkeit«, »Lügen«, »Mogeln«, »Unterwürfigkeit«, »Konformismus«, »Speichelleckerei«, »Rückzug«, »Flucht«, »Angst, etwas Neues oder Kreatives zu wagen« nennt Gordon unter anderem.18 Das erinnert nicht zufällig an die Atmosphäre früher in der Schule, wenn der gefürchtete »strenge« Lehrer das Regiment führte: Die meisten in der Klasse tauchten ab und warteten im Wesentlichen auf die ersehnte Pausenklingel, ein paar Mutige begehrten auf, provozierten und riskierten eine Strafe und die kleine Abteilung der Streber versuchte sich möglichst beliebt zu machen und hing zumindest äußerlich wie gebannt an den Lippen des herrischen Pädagogen. Eine Unternehmensabteilung, in der nach diesem Muster kommuniziert wird, ist nicht gerade das, was man sich im harten Wettbewerb des 21. Jahrhunderts als Vorgesetzter wünschen sollte.

Die Folgen rigider Führung

Dennoch ist die Kritik am autoritären Gestus bis heute notwendig. Barbara Kellerman, Harvard-Professorin und Führungsexpertin, hat ein Buch über »Bad Leadership« geschrieben, in dem sie sieben Spielarten schlechter Führung differenziert. Eine davon (neben Inkompetenz, Korruption usw.) ist »rigide Führung«. Als Beispiel nennt die Autorin US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld: »Er war sicherlich kein Idiot und auch nicht inkompetent, aber er war unfähig, aus seinen Fehlern zu lernen und neue Ideen zu akzeptieren.«19 Die Folge einer solchen Haltung: Die Mitarbeiter halten sich mit Vorschlägen oder gar Kritik ängstlich zurück und sie zögern, ihrem Boss reinen Wein einzuschenken, wenn es Probleme gibt. Dieses »Schonverhalten« ist in den Topetagen vieler Unternehmen zu beobachten. Da heißt es dann oft, dies oder jenes könne man dem Chef »jetzt aber nicht sagen« – ganz so, als werde der Überbringer schlechter Nachrichten auch heute noch geköpft. Oder können Sie sich vorstellen, dass jemand halbwegs entspannt zu Dieter Zetsche ins Büro marschiert und lässig sagt: »Chef, wir haben ein Problem. Gerade ist etwas richtig schiefgelaufen«? Wenn Sie jetzt grinsen müssen, ist Ihr Vertrauen in eine offene Kommunikationskultur – als Voraussetzung »kooperativer Führung« – offenbar auch nicht allzu groß. Genau diese vorsichtige Zurückhaltung der »Untergebenen« kostete Korean Airlines ein Flugzeug nach dem anderen und viele Menschen ihr Leben.

Autoritäre Führung: eine Frage des Alters?

Natürlich kann man anzweifeln, dass das Verhalten der Alphatiere im Topmanagement repräsentativ ist für das Führungsverhalten mittlerer Manager, die 20 oder 30 Jahre jünger und entsprechend anders sozialisiert sind. Diesen Führungskräften kommt das Bekenntnis zur Kooperation im Allgemeinen recht flott über die Lippen, und es ist in den allermeisten Fällen sicher von echter Überzeugung begleitet. Doch was bleibt von dieser Überzeugung im Führungsalltag übrig, insbesondere dann, wenn mal nicht alles »rundläuft«?

Führungsverhalten in unterschiedlich schwierigen Situationen

Der Autor Franz Reither ist dieser Frage empirisch auf den Grund gegangen. Er untersuchte das Entscheidungsverhalten von rund 5700 Führungskräften bei »niedriger«, »mittlerer« und »hoher« Problemlage. Das Ergebnis ist interessant: Bei ruhiger Geschäftssituation (»niedrige Problemlage«) handelt die Mehrzahl der Führungskräfte überraschenderweise entschlossener und »rabiater« als bei durchschnittlicher Problemlage, vermutlich in dem Bemühen, dem Unternehmen neue Impulse zu geben. Noch weit drastischer sind die Reaktionen jedoch bei schwieriger Geschäftslage. Typisch sind hier Handlungsmuster, »die missliebige Zustände unter schwierigen Bedingungen – womit noch keine Krisen- oder Katastrophenszenarien gemeint sind – bereits nach wenigen moderaten Bewältigungsversuchen mit Stumpf und Stiel auszumerzen trachten«. »Hemdsärmeliges Zupacken« oder auch die Neigung, »Gewaltmaßnahmen anzuwenden«, scheint in diesen Situationen charakteristisch zu sein. Reithers Fazit: »Beim Umgang mit komplizierten Problemen besteht die Tendenz, sich dominant zu verhalten. Unerwünschte Entwicklungen werden frontal bekämpft, und es wird versucht, das gesamte Geschehen ausschließlich nach den eigenen Prinzipien zu erklären und zu steuern.«20

Die Folgen einsamer Entscheidungen

Einfacher ausgedrückt: Man führt zwar »eigentlich« kooperativ, aber wenn es ernsthafte Probleme gibt, ist Schluss mit lustig. In der Politik spricht man in solchen Fällen auch gerne vom »Machtwort«. Und in der Tat wird gerade in heiklen Situationen deutlich, wie groß das Machtgefälle in einer Abteilung tatsächlich ist. Wer unter Druck autoritär agiert, darf sich nicht wundern, wenn seine Mitarbeiter auch in Normalsituationen anschließend lieber die Klappe halten. Dabei geht ein sachliches, objektiv nachweisbares Risiko ein, wer unter Druck zu einsamen Beschlüssen neigt und diese autoritär durchzieht. Das ist in etwa so, als sagte beim Fliegen der Pilot Flying gerade in dem Moment, in dem die Maschine ins Trudeln gerät, alle Warnlämpchen hektisch zu blinken beginnen und ein schriller Alarmton ertönt, zum Pilot Non-Flying: »Ruhe! Sie halten sich da jetzt mal raus!«

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