Kitabı oku: «Queen intim»

Yazı tipi:


Aus dem Englischen übersetzt

von Alan Tepper


www.hannibal-verlag.de

Impressum

Der Autor: Peter Hince

Deutsche Erstausgabe 2015

Die Originalausgabe erschien unter dem Titel „Queen Unseen” bei John Blake Publishing Ltd., UK mit der ISBN 978-1-84358-894-8

Texte und Fotos © Peter Hince, 2011

Layout und Satz: Thomas Auer, www.buchsatz.com

Coverdesign: www.envydesign.co.uk

Übersetzung: Alan Tepper

Lektorat & Korrektorat: Hollow Skai

© by Hannibal

Hannibal Verlag, ein Imprint der KOCH International GmbH, A-6604 Höfen

www.hannibal-verlag.de

ISBN 978-3-85445-491-5

Auch als Paperback erhältlich mit der ISBN 978-3-85445-490-8

Hinweis für den Leser:

Kein Teil dieses Buchs darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, digitale Kopie oder einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet werden. Der Autor hat sich mit größter Sorgfalt darum bemüht, nur zutreffende Informationen in dieses Buch aufzunehmen. Es kann jedoch keinerlei Gewähr dafür übernommen werden, dass die Informationen in diesem Buch vollständig, wirksam und zutreffend sind. Der Verlag und der Autor übernehmen weder die Garantie noch die juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für Schäden jeglicher Art, die durch den Gebrauch von in diesem Buch enthaltenen Informationen verursacht werden können. Alle durch dieses Buch berührten Urheberrechte, sonstigen Schutzrechte und in diesem Buch erwähnten oder in Bezug genommenen Rechte hinsichtlich Eigennamen oder der Bezeichnung von Produkten und handelnden Personen stehen deren jeweiligen Inhabern zu.

Inhalt

Einleitung

1: The Show Must Go On

2: Noch einen Song – die Zugabe

3: USA

Bildstrecke 1

4: Los Angeles

5: Japan

6: Umleitungen

7: Tage der Verdammnis

Bildstrecke 2

8: Im Studio

9: Montreux

10: München

11: London

12: Züge, Boote und Flugzeuge, Busse, Trucks und Autos

13: Südamerika

Bildstrecke 3

14: Sun City

15: Alles schon vorbei?

Danksagung

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Queen intim handelt von einer Rockband und vom Rock’n’Roll-Lifestyle. Ich habe in den Siebziger- und Achtzigerjahren für Queen gearbeitet und die Band aus nächster Nähe erlebt. Meine Geschichte richtet sich an die Leser, die sich schon immer die Frage gestellt haben, wie es ist, wenn man in seiner Jugend die Welt bereist und mit einer der bedeutendsten Rockbands aller Zeiten zusammenlebt.

Ich hatte Glück, so ein Leben zu genießen – und zu überleben. Einige schafften es nicht, darunter ein bemerkenswertes Genie, das mich zutiefst beeinflusste.

Meine Reise beinhaltet viele Storys, Anekdoten, Beobachtungen und Erinnerungen. Es ist keine definitive oder chronologische Biografie über Queen. Ich erzähle von meinen Erlebnissen, und zwar aus erster Hand. Ich hoffe damit das Gefühl des Erlebnisses zu vermitteln, mit so einer Gruppe zu arbeiten, sei es auf der Bühne oder im Backstage-Bereich, im Studio, bei einem Video-Dreh oder in einer Bar. An alle Queen-Experten: Das Konzert, durch das ich Sie führe, beinhaltet Elemente und Begebenheiten von verschiedenen Tourneen in all den Jahren. Es soll keine spezifische Show dokumentieren. Es ist eher ein Versuch, die Erfahrung wiederzubeleben, dort zu stehen, wo alle stehen wollten – bei einem Queen-Konzert auf der Bühne. Live.

Ich habe dieses Buch aus unterschiedlichen Gründen geschrieben. Möglicherweise stellt es auch eine Art der Katharsis dar. Doch am wichtigsten ist es mir, die Zeilen als einen Tribut zu verstehen – nicht nur für den von uns gegangenen, liebenswerten Freddie Mercury und all die anderen, die nicht mehr unter uns sind, sondern auch als Tribut an die wunderbare Zeit und die gemeinsamen Erlebnisse. Es waren magische Jugendjahre. Wir hatten das Gefühl, die Welt zu erobern. Was uns ausnahmslos gelang.

Mein Buch ist eine warmherzige Erinnerung an eine Ära, in der unsere Haare noch voller waren und die Taillen schmaler.

Falls Sie Enthüllungen und Dreck aus der Regenbogenpresse erwarten, dann sollten Sie sich ein dementsprechendes Blättchen zulegen. Wenn Sie mich aber auf meiner Reise begleiten möchten, lachen und zahlreiche Überraschungen dabei erleben wollen, lade ich Sie herzlich ein – als einen „Access-All-Areas“-Gast.

Möglicherweise habe ich damals nur den Glanz einer der besten Rockbands aller Zeiten reflektiert, doch es war ein glorreiches Licht, in dem ich mich gerne sonnte.

Um also mit einem beliebten und oft benutzten Slogan von Freddie zu beginnen: „Come on – get on with it!“


Ich kann nicht! Ich kann da einfach nicht rauf! Das ist sinnlos – die Show muss auf jeden Fall abgesagt werden!“

Freddie Mercury, Sänger der Rockband Queen, erklärte häufig gegenüber seinem geliebten Publikum, dass er sich eine sexuelle Beziehung wünsche – mit allen! Tja, wenn man ihn sich jetzt anschaut, überkommt einen schnell der Eindruck, als hätte er es gemacht – mit allen Zuschauern und einigen ihrer Freunde. Und noch einen Drink mit ihnen gekippt.

Queen stehen auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs – und Exzesses. Ein blasser und zerbrechlich wirkender Freddie verkriecht sich in der schützenden Bequemlichkeit der Garderobe im Backstage-Bereich. Draußen in der Arena drängeln sich 20.000 schreiende Fans. Bis zum Auftrittsbeginn sind es nicht mal mehr 60 Minuten. Mr. Mercury hat mal wieder eine seiner Launen und keiner der Anwesenden traut sich, ihm etwas zu entgegnen. Sie ignorieren ihn, hoffend, dass es schnell vorbei geht. Was nicht geschieht.

Fred steht da, gestikuliert theatralisch mit den Armen und artikuliert seine Gefühle mit lauter Stimme: „Ich sag es euch doch, ich kann diese Show nicht machen. Meine Stimme ist kaputt. Ich bin total fertig!“

Na, was erwartest du auch, wenn du hier so meckerst und rumbrüllst?

Brian May und Roger Taylor murmeln beschwichtigende Worte, um ihn umzustimmen, während der Bassist John Deacon, ausgestreckt auf einer Couch liegend, den Kopfhörer seines Walkmans aufsetzt, nickt und lächelt. Er grinst dabei sogar. Zwischenzeitlich bedienen sich die Männer vom Management nicht mehr an den zahlreichen Platten des kalten Büffets, sondern suchen in ihren Notizbüchern nervös nach den Telefonnummern von Rechtsanwälten und Versicherungsbüros. Die Gesichtfarbe des Veranstalters hat sich in ein strahlendes Schneeweiß verwandelt.

Fred ist mal wieder dort angelangt, wo er so gerne ist – im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit aller. Und er spielt die Primaballerina bis zur Perfektion. Du dummer, kleiner Kerl! Dieses Szenario haben wir zuvor schon öfter erlebt, doch dieses Mal sieht es so aus, als könnte es ernst werden.

Einer der Band-Assistenten blättert in seinem Spartacus-Reiseführer und erzählt Fred voller Freude, dass es in der Gegend ein Telefonhäuschen gebe, an dem sich Schwule treffen, einen Zebrastreifen und einen bis spät in die Nacht geöffneten Eisenwarenhandel. Da könnte man ja nach der Show noch hin. Fred zeigt sich überhaupt nicht beeindruckt.

Vielleicht einen Drink, um die Laune zu heben? Champagner – deine Lieblingsmarke Moët? Nein? Eventuell einen Wodka, einen ganz großen? Nein. Sieht nach verdammt harter Arbeit aus.

„Gib mir ’ne Ziggie!“ Fred verlangt nach einem seiner „Kammerdiener“.

Er schnappt sich eine King Size mit niedrigen Nikotinwerten und nimmt einen kurzen flüchtigen Zug.

Das wird deiner Stimme sicherlich gut tun, Fred.

Gerry Stickells, der gewiefte Tourmanager von Queen, lauert im Hintergrund und hat alles beobachtet. Er geht auf Mr. Mercury zu und erinnert ihn daran, dass ein Riesenpublikum – tatsächlich ist das Konzert ausverkauft – eine lange Zeit gewartet und gutes Geld bezahlt habe, um seinen Auftritt zu sehen. Es wäre doch wirklich nicht nett, sie zu enttäuschen, und Fred sei doch noch nie ein Mann gewesen, der die Menschen enttäuscht, oder?

Und wer schreibt diese Zeilen? Ich, Peter Hince alias Ratty, Freds und Johns Roadie und Chef der Crew. Als einer der wenigen, denen der Zutritt unmittelbar vor dem Auftritt gestattet ist, schlendere ich durch die Garderobe und ignoriere das Melodrama. Während er über die Worte des Tourmanagers nachdenkt, beruhigt sich Fred ein wenig, reicht die Zigarette jemandem, um sie auszudrücken, nimmt einen Schluck eines Drinks mit heißem Honig und Zitrone und setzt sich stirnrunzelnd und zerknirscht in einen Sessel. Er schweigt, während der Rest von Queen ihn in Ruhe lässt und wissbegierig dem Tourmanager/Assistenten/Roadie die gewohnten Fragen stellt.

„Wie ist der Front-Sound jetzt, wo das Publikum da ist? Die Show ist heute total ausverkauft – das stimmt doch? Wie läuft es mit den Ticket-Verkäufen für den Rest der Tournee – sind die Konzerte auch ausverkauft? Ist die neue Single schon auf Platz 1? Wann müssen wir rauf? Wann müssen wir wieder runter? Ist es draußen heiß oder kalt? Ist das nervige Brummen der Monitore weg? Stimmt es, dass Van Halen mehr Licht haben als wir? Und wie sieht es mit dem Merchandise aus? Was setzen die von Queen angestellten Sandwich-Verkäufer um?“

Die Ausstattung der Queen-Garderobe unterschied sich je nach Veranstaltungsort in der Größe und im Stil. Theater verfügten zwangsläufig über angemessene Räumlichkeiten, wohingegen Sportstadien eher funktionale Umkleiden boten, die erst dementsprechend eingerichtet werden mussten, damit sie sich eines Besuches von Queen als würdig erwiesen. Man legte große und kleine Teppiche auf den kalten Betonboden, die nackten Wände wurden mit Vorhängen oder Bildern geschmückt, nicht zu vergessen zusätzliche Möbel, Lampen, Blumen und weitere Objekte, die den sich dort aufhaltenden Künstlern Komfort und eine Möglichkeit zum Entspannen boten. Von der Garderobe aus waren die Duschen leicht zu erreichen. Im Raum selbst standen Schminktische, und ein Bereich wurde für die Garderobenkoffer reserviert. In der Mitte achtete man immer auf einen Freiraum zum Relaxen. Das Catering stand hingegen auf Tischen an der Wand.

Mitunter hörte man von der Gemütlichkeit des Backstage-Bereichs aus das entfernte Dröhnen der Vorgruppe, die auf der Bühne alles gab. Gelegentlich, wenn sich Queen nervös oder unkonzentriert fühlten, bestanden sie darauf, dass der Support-Act die Lautstärke runterfährt, um sich selbst in Ruhe und Frieden vorbereiten zu können.

„Und nun, Fred?“, spreche ich einen der größten Entertainer der Welt freundlich an.

„Ja, mein Lieber, was ist denn?“, antwortet er mit etwas mehr Schwung. Er scheint sich besser zu fühlen.

„Welche Songs? Deine Auswahl für den heutigen Abend?“

„Ach ja, richtig.“

Dieser kleine, dumme Kerl, vor dem ich den höchsten Respekt habe, den ich über alles schätze – und der mich am schnellsten auf die Palme bringen kann – hat sich nun also doch zum Auftritt entschieden. Ich hatte nie daran gezweifelt, dass er das Publikum nicht enttäuscht, die Band oder die Crew, wobei letztere die vorhergehenden zwölf Stunden Blut und Wasser geschwitzt hat, um das hier alles aufzuziehen, damit er in einigen albernen Kostümen ein paar Minuten herumstolzieren kann. Wie von ihm gewohnt, stellt sich Fred den Anforderungen mit Willenskraft, Selbstvertrauen und Entschlossenheit.

Nur wenige dürfen sich Fred so zwanglos bei der Vorbereitung einer Show nähern, doch ich schlendere auf ihn zu, während er von „schönen und wichtigen“ Leuten umgeben ist und frage: „Hey! Was hast du dir denn für heute Abend ausgesucht, Fred?“

„Ich weiß nicht – was schlägst du vor?“

„Ich soll was vorschlagen?“

„Ja, Ratty, mach einen Vorschlag!“, kichert er und zieht dabei für sein unmittelbares Publikum eine Show ab, das aber eher gekünstelt lacht.

„Na gut, aber das ist nicht sonderlich hilfreich, oder?“

„Würde ich dich sonst fragen?“, entgegnet er in einer Art tuntiger Autorität, die er für die eingeladene Entourage spielt.

„Oh, na gut“, erwidere ich achselzuckend, wohl wissend, dass es sich hierbei um ein von ihm inszeniertes Spielchen handelt.

„Wir werden das per Armdrücken entscheiden!“, meint er, pumpt sich dabei auf und lässt die Muskeln spielen.

„Was?“

Diejenigen, die unseren Rapport nicht kennen, werden sich darüber wundern, dass ein unordentlicher und respektloser Roadie die Aufmerksamkeit eines der größten Rockstars der Welt in Anspruch nehmen konnte. Fred lachte dann meist, streckte die Arme in die Höhe und skandierte mit einem dramatischen Unterton: „Okay, ich gebe mich geschlagen – du wählst aus!“

Das war alles recht schmeichelhaft, aber nicht konstruktiv, sodass ich einige Led-Zeppelin-Songs und einen Stones-Klassiker vorschlug und ihn fragte: „Vielleicht kannst du sogar einige deiner Stücke spielen, Fred?“

„Ar***!“

Er verpasste mir spielerisch eins mit einem Handtuch oder was da sonst so rumlag, jagte mich aus der Garderobe und schrie: „Dieselben wie bei der letzen verdammten Show!“

Nun schien die Stimme tatsächlich besser zu sein.

Die Set-List war nun klar. Kurz vor der Show stand die Reihenfolge auf einem kleinen Zettel, denn die letztendliche Zusammenstellung lag bei Fred und hing davon ab, wie er sich fühlte und seine Stimme einschätzte. Manchmal wollte er nur etwas umstellen, damit sich die Konzentration erhöhte. Gelegentlich beschrieb er die Set-List von Queen als „unser Repertoire“, womit er alle meinte. Tja, allgemein betrachtet war Freddie Mercury ein redegewandter Mann und sehr belesen.

„Scaramouche, and doing the fandango?“

Er war äußerst gebildet und intelligent.

„Thunderbolts and lightning, appeared to be very frightening!“

Ein eloquenter Mann, der Songs von Tiefe und Komplexität schrieb – und von weit reichender Bedeutung.

„He wanted to ride his bicycle …“

Nachdem mir Fred bedeutet hatte, meinen Hintern in Bewegung zu setzen, überbrachte ich die Reihenfolge den wichtigsten Crew-Mitgliedern, damit sie die Songs mit den individuellen Ablauflisten abgleichen konnten, auf denen die Titel in abgekürzter Form standen: Aus „Bohemian Rhapsody“ wurde zum Beispiel „Bo Rhap“ und aus „We Are The Champions“ einfach „Champions“. Wurden Songs weggelassen oder neue Titel hinzugefügt, verzeichnete man notwendige Anmerkungen mit einem schwarzen Filzstift.

Hinweise für Queen und die Crew wurden in abgekürzter Form hinter jedem Songtitel vermerkt. „Fat D“ bedeutete für John, die E-Saite seines Basses vor „Fat Bottomed Girls“ auf D runterzustimmen. („Fag B“ war hingegen lediglich der Hinweis für eine Zigarettenpause für John und mich, da Fred während dieser Zeit nicht auf der Bühne stand und wir ihn nicht konstant überwachen mussten.) Die respektlose Crew war so dreist und suchte sich andere Titel für die Songs auf der Set-List aus: „We Will Rock You“ – „We Will Rob You“ (Wir werden euch ausrauben), „Now I’m Here – „Now I’m Queer“ (Jetzt bin ich schwul), „I Want To Break Free“ – „I Want To Break Wind“ (Ich will furzen), „Flash!“ – „Trash!“ (Müll).

Die mit einem Klebeband auf Freds Flügel befestigte Set-List gehörte zu den wichtigsten Insider-Informationen, die man örtlichen Helfern bei der Vorbereitung des Konzerts zukommen ließ. Sein schwarzer, fast drei Meter langer Steinway-Konzertflügel war das erste Instrument, das man auf der Bühne aufbaute. Er wurde in einem riesigen Flightcase von einem Kran herabgelassen und wartete dann auf sein drittes Bein. Zu dem Zeitpunkt studierte die lokale Crew die angedachte Konzertabfolge und kommentierte sie. Zwischenzeitlich lag der geschätzte Autor unter einer Tonne von Holz, Metall und Elfenbeinimitat und brüllte die Jungs an, „das verdammte Ding hochzuheben“, damit ich das letzte Bein an die dafür vorgesehene Position anschrauben konnte.

Während des sich immer weiter nähernden Konzertbeginns platzierte man Handtücher und die Erfrischungen für die Band an den strategisch wichtigen Plätzen. Wasser und Bier für Fred, Bier für Brian und Roger und eine Backstage-Bar für John, in der sich Mineralwasser befand, Bier, Soft Drinks, Wein und was für Alkoholika auch immer oder welchen Cocktail er momentan mochte: Southern Comfort, Wodka oder Tequila. Zu Johns Cocktail-Lounge legten wir noch verschiedene Nusssorten und M&Ms. Die Minibar befand sich diskret versteckt neben seinem Kontroll-­Rack für die Elektronik, wo er gleichzeitig die Laufstärke regeln und sich einen Drink genehmigen konnte. Dort hing zur Orientierung für John und andere eine Kopie der Set-List – neben den Öffnungszeiten der Bar.

In den Seiden-und-Satin-Tagen von Queen Mitte der Siebziger standen auf Freds Flügel Champagner-Gläser, um zwischendurch daran zu nippen. Ich bewahrte die Dinger in einem alten Handtuch in der Schublade eines Flightcases auf, polierte sie kurz vor der Show mit meinem T-Shirt und befüllte sie im Backstage-Bereich aus einem Wasserhahn.

Es war niemals Champagner. An bestimmten Veranstaltungsorten versuchte ich es mit Perrier, da das Wasser aus dem Hahn eine überaus zweifelhafte Farbe hatte, wofür mich Fred verfluchte – bei Mineralwasser musste er ständig rülpsen. Nach einem Zwischenfall, bei dem sich ein Zuschauer verletzte, beauftragte man mich, sie durch Plastikimitate auszutauschen. Fred überkam das Grauen, als er die billigen Dinger aus einem Partyshop sah, und wir wechselten zu stinknormalen Plastikbechern, gefüllt mit Evian oder stillem Mineralwasser, als unser Catering ausgefeilter wurde.

Kurz vor der Show geleiteten wir Brian zu seinem Gitarrenraum backstage, wo er die Instrumente stimmte und sich warm spielte. Dabei unterhielt er sich unweigerlich mit einem Gast, vergaß die Welt um sich herum und wusste dann nicht mehr, welche Gitarren er nun gestimmt hatte und welche nicht – somit begann alles wieder von vorn.

Die Zeit vor dem Auftrittsbeginn rückt immer näher und Brian versucht verzweifelt, eine Ukulele mit einem elektrischen Stimmgerät mit Leucht­anzeige einzupegeln.

„Brian, es ist ein akustisches Instrument!“

Er grinst und stimmt sie nach Gehör.

Ich stimmte Johns Bass und Freds Gitarren immer auf der Bühne, da ich mich dann dort befand, wo sie auch zum Einsatz kamen. Nach den ersten Shows einer Tournee verzichteten Fred und John meist auf einen Soundcheck. Sie vertrauten ihren Crew-Mitgliedern. Zusätzlich hatte das natürlich den Vorteil, dass sie länger schlafen konnten.

Die Queen-Musiker waren selbstbewusste Individuen, doch manchmal, bei großen Open Airs, in riesigen Stadien oder neuen Städten, zog die Aufregung die Nerven in die Länge. In solchen Momenten halfen ihnen die dreisten und frechen Lästereien der Crew beim Entspannen und sorgten für gute Laune. Queen konnten meist über sich selbst lachen und auch die witzige Seite ihres pompösen Gebarens erkennen. Es half ihnen, mit den Füßen auf dem Boden zu bleiben, da zahlreiche Schleimer ihnen nur allzu gerne versicherten, dass alles, was sie taten, ach so wunderbar und unerreichbar sei.

„Die Zuschauer sind jetzt alle da, Fred.“

„Gut – wie sehen sie aus?“

(Wie sehen sie aus? Was für eine Frage! Begeistert? Schlau? Verärgert?)

„Tja, es scheint ein nettes Pärchen zu sein.“

„Du Bastard!“

„Ach ja, bevor ich es vergesse, das neue Album ist jetzt …“

„Gold? Platin? Doppel-Platin?“, fuhr einer der Musiker dazwischen.

„Nein – auf gutem Vinyl erhältlich.“

„Fuck off!“

„Mir kam zu Ohren, eine Frau in Slough habe sich eine Scheibe zugelegt.“

„Fuck off und stirb! Lasst uns weitermachen. Wann müssen wir rauf?“

Queen brennen förmlich darauf, auf die Bühne zu gehen. Die Aufregung nimmt zu und man spürt die sich steigernde nervöse Energie in den Fluren des Backstage-Bereichs. Die Crew trägt laminierte „Access All Areas“-Pässe, die an einer Kordel um den Hals baumeln, und begibt sich auf die Bühne, um das Equipment einem letzten Test zu unterziehen und das weibliche „Vergnügungspotential“ in den ersten Reihen zu checken.

In der Garderobe von Queen halten sich nur noch die wichtigsten Personen auf, da es nun an die Kostümierung geht. Sie bereiten sich vor und putzen sich für die aufregende und beängstigende Feuerprobe heraus. Um die nervöse Anspannung zu mildern und die Stimme aufzuwärmen, schreien sich Fred und Roger in hohen Stimmlagen an, wobei sie wie zwei streunende Kater in der Nacht klingen. Roger hält zwei Drumsticks in den Händen und trommelt damit auf allen möglichen Geständen herum – sogar auf seinem Assistenten und ehemaligem Roadie Chris Taylor alias Crystal (nein, die beiden sind nicht miteinander verwandt). Das Aufwärmtraining dient der Geschmeidigkeit und Flexibilität seiner Handgelenksmuskulatur.

Manchmal betraten Queen die Bühne zu spät, doch bei einem Konzert in Spanien lag die Schuld nicht bei ihnen. Joe Trovato, damals zuständig für das Licht-Design der Band, hatte sich den billigen, lokalen Wein im Übermaß hinter die Binde gekippt, was seinen Magen rumoren ließ und erdbebenähnliche Flatulenzen und lange „Sessions“ auf dem Backstage-­Klo nach sich zog. Unglücklich und zeitvergessen hockte er auf dem Klo, bis er ein dezentes, leises Klopfen an der Tür hörte und eine besorgte, deutlich erkennbare Stimme, die ihn fragte: „Alles klar bei dir da drin?“ Joe öffnete die Tür und erspähte die Gesichter von Freddie und der um ihn herum versammelten Band, die ihn anstarrten – alle schon im Bühnen­dress und bereit, sich dem Publikum zu stellen. Mit einem verzerrten Gesichtsausdruck und einer Entschuldigung brachte er seine Kleidung in Ordnung und begab sich schleunigst an das Lichtpult.

Jetzt ist Show-Time – Queens Show-Time, um die sich der ganze Tag gedreht hat. Nur die nächsten Stunden zählen jetzt. Bald werden Queen in deiner Stadt sein und für dich spielen – für dich, den privilegierten Ticket-Besitzer. Die vier durch die Medien popularisierten Musiker, die man so gut zu kennen scheint, werden mit ihren Instrumenten oben auf der Bühne stehen – vier sich bewegende, lebendige Menschen, und das alles in Farbe! Sie sind über Land und über See gereist und haben diverse Schwierigkeiten und Kater überstanden, um dir ein spezielles persönliches Erlebnis zu bieten. Mach dich drauf gefasst und genieß es!

Die Bühne ist bereit: Alles wurde mit Klebeband fixiert, der Teppich ist gesaugt, das Equipment ist angeschlossen und brummt mit einem leisen Ton, und jeder wartet auf der ihm zugewiesenen Position. Die Crew hat wachsam Stellung bezogen – aber nicht in Uniform, trotz einiger Versuche uns in Klamotten zu stecken, in denen wir nicht auffallen.

Inspiriert von ihrem ersten Japan-Besuch hatten Queen der Crew „Mäntelchen der Glückseligkeit“ geschenkt: Kurze Kimonos mit dem Bandnamen in roten japanischen Schriftzeichen auf dem Rücken. Sehr stilsicher, doch zum Ausladen der Garderobe etwas unpraktisch. So ein Damenzimmer-Fummel war nicht nützlich, um sich den Respekt eines über 1,80 Meter großen, 130 kg schweren Truck-Fahrers oder eines Aufbauhelfers zu sichern. Das für die Verfolger-Spotlights zuständige Personal auf der Bühne und den Lichttürmen trug passende schwarze Overalls, doch ich empfand sie als zu beengend, da ich während der Show ständig unter, über und auf der Bühne herumhastete. So trug ich meist Jeans und ein T-Shirt – vorzugsweise ein Gratis-Queen-Shirt, um eine gewisse Loyalität und Respekt zu zeigen.

Der letzte Instrumententest wurde im Zusammenhang mit dem Line-Test gemacht. Nein, nicht so eine Line, sondern ein Check, ob alle Instrumente wieder in den richtigen Kanälen des Mischpults steckten und alles reibungslos lief, nachdem die Vorgruppe gespielt hatte. Deshalb hört man unmittelbar vor einem Konzert oft kurzfristig krachende Gitarrenakkorde, ein Trommeln auf dem Schlagzeug und ein klimperndes Piano. Diese Checks unterliegen einem kalkulierten Procedere und sind beinahe eine Kunstform für sich: Zu viel zu können ist ebenso gefährlich wie zu wenig drauf zu haben. Spiele niemals ein bekanntes Riff (Poser! Poser!). Traut man sich, ein Queen-Riff zu rocken, wird man sicherlich den Beifall des Publikums einheimsen, sich 15 Sekunden lang im Ruhm sonnen, aber auch Gefahr laufen, die Band zur Weißglut zu treiben. Gegenüber dem Rest der Crew trägt man von dem Moment an das Brandzeichen „Voll-Wichser“. Der goldene Mittelweg besteht vorzugsweise in Einzelnoten und ein bis zwei Akkorden. Somit täuscht man dem Publikum vor, man könne vielleicht richtig spielen. Dennoch gibt es die teuflische Versuchung, die Lautstärke hochzufahren und einige Takte abzurocken.

Entgegen der landläufigen Auffassung ist es sehr wichtig, die Instrumente direkt vor der Show zu prüfen, da es nach dem Soundcheck noch minimale Veränderungen gibt. Die Positionierung der Lautsprecher muss exakt stimmen, denn sonst würde sich die Akustik drastisch ändern. Die klassische Entschuldigung eines Tontechnikers lautet: „Macht euch mal keine Sorgen – wenn das Publikum da ist, klingt schon alles gut.“ Manchmal verursachen Temperatur und Luftfeuchtigkeit Probleme beim Stimmen der Instrumente und erzeugen beim Schlagzeug eine schreckliche tiefe Rückkopplung, eine Art „Wumms“. Alle nur erdenklichen Funk- und Radioübertragungen können die kabellosen Übertragungssysteme von Gitarren und Mikrofonen beeinträchtigen. Die örtliche Taxigesellschaft oder die Radiostation senden dann plötzlich über Brians Verstärker. Möglicherweise besetzen die im Gebäude installierten Kräne dieselbe Phase wie die Stromzufuhr der Anlage und übertragen somit ein nervtötendes tuckerndes Motorboot-Geräusch. Eins steht fest: Man kann garantiert davon ausgehen, dass ein oder zwei Minuten vor der Show unerklärliche Elektro-Gremlins aus den tiefsten Tiefen von Mordor auftauchen, um die Tontechniker regelrecht zu plagen.

„ONE-ONE-TWO-TWO.“ Ein allzu bekannter Ruf kommt von der Bühne. Der für den Monitor-Sound zuständige Jim Devenney spricht in Freds zum Markenzeichen gewordenes Shure 565-SD-Mikro, während er die Bühne mit dem berühmten Zauberstab in der Hand abschreitet: Ein verchromtes Obergestänge eines Mikrofonständers, das Fred mit dem darauf thronenden Mike bei der Bühnenshow einsetzt – sein Mikrofonstab. Es kann sich in seinen Händen in ein Schwert verwandeln, eine Gitarre, ein Maschinengewehr, einen Golfschläger oder was auch immer Fred damit anstellen möchte. Meist ist es aber „Mein Schwanz, Darling!“

Der Bühnen-Manager hat sich bei den wichtigen Crew-Mitgliedern versichert, dass nun alles bereit ist, und ruft mit einem Walkie-Talkie mit krächzender Verbindung in der Garderobe an, damit die Band zur Bühne begleitet wird.

Nach dem Toilettengang stehen Queen, flankiert von Leibwächtern, der Garderoben-Domina und Assistenten, an der Bühnenseite, wippen auf den Füßen hin und her und brennen darauf, losgelassen zu werden. Über das Headset wird dem Hauselektriker mitgeteilt, dass er nun die reguläre Beleuchtung ausschalten soll. Wenn das Licht ausgeht, schießt sowohl der Crew als auch dem Publikum das Adrenalin durch die Adern, während die Band durch die Energie angetrieben und mithilfe einer Taschenlampe zum sogenannten Puppenhaus geleitet wird: Es ist ein frei stehendes und mit Sichtschutz verkleidetes Aluminiumgerüst im hinteren Teil der Bühne. Das kleine, ungefähr sechs Quadratmeter große Versteck dient Queen zur Vorbereitung oder zum Pausieren während des Konzerts. Es ist allein für die Musiker reserviert und sogar die Crew mit den „Access All Areas“-Ausweisen darf hier nicht rein.

Momentan läuft das Band mit der einleitenden Musik über die PA und die Monitore und kämpft gegen die Lautstärke des Publikums an. Die Nebelmaschinen sorgen für ein dichtes visuelles Bild, das von den pulsierend zum Leben erwachenden Scheinwerfern durchschnitten wird. Die für den Auftrittsbeginn nötige Atmosphäre ist nun gegeben. Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Hunderte von Scheinwerfern in den Aluminiumträgern flackern auf, bleiben jedoch noch gedimmt. Erst wenn das Metall-Monster, eine riesige, die Bühne umspannende Traverse, langsam zum Zielpunkt direkt über den Köpfen der Band hochgefahren wird, blitzen kräftige Lichtstrahlen in verschiedenen Farben auf.

Queen nehmen jetzt ihre Position ein. Roger kauert sich auf den hinter dem glänzenden Drum-Set versteckten Schlagzeughocker, während Brian mit seiner selbstgebauten roten Gitarre, in der ein langes Spiralkabel steckt, hinter einer großen schwarzen Monitorbox am linken Bühnenrand steht. Ich hänge John den Fender-Bass über. Nervös geht er an der Rückseite seiner Lautsprecherboxen auf und ab, wie ein Vater, der im Korridor vor einem Kreißsaal schwadroniert.

An einer abgesprochenen Stelle der Vormusik spielt das Trio die kraftvollen Akkorde des ersten Songs, wobei Brian und John energiegeladen auf die Bühne stürmen. Kurze Zeit nach der Eröffnungssequenz windet sich Fred wie eine Katze aus dem Puppenhaus, schnappt sich den Mikro­fon­stab aus meinen Händen und stolziert geschmeidig auf die Bühne. Der erste Applaus für die Band wird jetzt, da Fred sich an den vorderen Bühnenrand stellt, sogar noch übertroffen. Die zwischenzeitlich auf ihrer Position angelangte Lichttraverse glüht und versprüht gleißendes Licht, als die ersten Pyroeffekte explodieren. Die dadurch freigesetzte Energie ist absolut atemberaubend. Das Mantra von Queen funktioniert immer: „Blende sie und gib ihnen was auf die Ohren!“

Queen sind hier, um dich zu unterhalten. Eine große Show, große Hits und jetzt – die größte Band der Welt! Queen sind hier möglicherweise schon aufgetreten, doch wie bei einer nicht artikulierten Absprache zwischen Ex-Geliebten besteht beiderseits eine Erwartungshaltung – wie weit wird es gehen? Das Stadion hat sich mit Energie und sexueller Anspannung aufgeladen – wer macht jetzt den ersten Zug?

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