Kitabı oku: «Die Katholische Grundschule NRW Öffentliche Grundschule im konfessionellen Gewand», sayfa 8

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An die materielle Fragestellung schließt sich nun die formale Frage an, wie die konfessionelle Zusammensetzung der Akteure rechtlich geregelt ist. Dazu ist es notwendig, im Folgenden die rechtlichen Grundsätze der Aufnahme von Schülerinnen und Schülern zu skizzieren und anschließend einen Blick auf die konfessionelle Zusammensetzung des Lehrerkollegiums und der Schulleitung zu werfen.

In Anlehnung an § 123 des SchulG und einer „Verwaltungsvorschrift zur Ausbildungsordnung – Grundschule“ (VVzAO-GS) können Kinder Aufnahme in eine KGS finden, die dem katholischen Bekenntnis angehören, oder solche, die dieser Konfession nicht angehören, deren Eltern aber ausdrücklich und einvernehmlich wünschen, dass das Kind nach den Grundsätzen dieses Bekenntnisses unterrichtet und erzogen werden soll.227 Die KGS ist also mit Blick auf die Zusammensetzung ihrer Schülerschaft keine „reine“ Bekenntnisschule, sondern eine solche mit Minderheitscharakter,228 die ihre Bestimmung nicht dadurch verliert, dass sie von Schülerinnen und Schülern eines anderen Bekenntnisses besucht wird. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Eltern zu Beginn eines Schuljahres die Freiheit haben, zwischen einer Bekenntnisgrundschule einerseits und einer Gemeinschaftsgrundschule andererseits zu wählen.229 Jedes Kind hat einen Anspruch auf Aufnahme in die nächstgelegene Grundschule der gewünschten Schulart in seiner Gemeinde im Rahmen der vom Schulträger festgelegten Aufnahmekapazität.230 Andererseits darf die Aufnahme in eine Schule keinem Kind aus religiösen Gründen verweigert werden (vgl. Art. 13 LV). Jülich verweist in seinem Kommentar auf ein Rechtsurteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen, wonach „eine angenommene Belegung einer katholischen Bekenntnisschule mit 70 % katholischer Schülerinnen und Schüler nicht zu beanstanden ist“231.

Aus dieser Rechtslage heraus ergeben sich bis dato zahlreiche konkrete Einzelprobleme, die zu einer Reihe von Rechtsstreitigkeiten und entsprechenden Urteilen geführt haben. Auch hat die Katholische Kirche entsprechende Gutachten in Auftrag gegeben, die sich mit der Einschulung von Kindern anderer Bekenntnisse in eine öffentliche Bekenntnisschule beschäftigen.232

So kommt beispielsweise Geiger zu folgender Empfehlung: „Es ist deshalb ernstlich abzuraten, die hier in den Blick genommene Praxis einer großzügigen freiwilligen Aufnahme von Kindern anderen Bekenntnisses fortzusetzen, und darauf zu dringen, daß die Aufnahme dieser Kinder auf die rechtlich gebotene Anzahl von ‚Ausnahmen‘ beschränkt wird.“233 Dieser Auffassung folge ich nicht. Dem Gutachten von Geiger aus dem Jahr 1979 liegt ein Verständnis von Katholizität234 zugrunde, welches geprägt ist von einer illustrativen Abgrenzung gegenüber anderen Konfessionen, getrieben von einer mehr als latenten Befürchtung, in die Minderheit zu geraten.235 Vielmehr sei hier plädiert für eine Aufnahme bekenntnisfremder Kinder, deren Eltern eine Erziehung und Bildung auf der Grundlage des Bekenntnisses wünschen. Die Aufnahme der Kinder findet also Anbindung an die Willensäußerung der Eltern, nämlich ausdrücklich und einvernehmlich eine deutliche und ausdrucksstarke religiöse Bildung und Erziehung zu wünschen, und an die Bereitschaft, daran mitzuarbeiten. Dieser Gedankengang wird im Teil III dieser Studie unter religionspädagogischer Perspektive aufgegriffen und auf organisatorisch, pädagogisch und strukturell bedeutsame Konsequenzen untersucht.

Die gesamte Fülle an durchaus unterschiedlichen Urteilen und Rechtsauffassungen darzustellen, die sich mit der Frage der Aufnahme von Kindern in eine Katholische Grundschule befassen, kann nicht Aufgabe dieser Untersuchung sein. Hingewiesen sei an dieser Stelle aber exemplarisch auf folgende Problematiken, die sich aus der rechtlichen Verfasstheit der KGS ergeben und die deutlich machen, dass eine Profilierung nicht oder zumindest nur schwerlich überregional allein auf formal-juristischen Kriterien beruhen kann:

•In den ländlichen Räumen Nordrhein-Westfalens und auch in manchen historisch eher katholisch geprägten Städten gibt es nicht selten nur eine oder eine überwiegende Anzahl Katholischer Grundschulen, d. h., die nächste Gemeinschaftsgrundschule liegt u. U. in einiger Entfernung, woraus sich die Frage ergibt, ob es pädagogisch sinnvoll ist, die Kinder – nach Konfession oder Religion getrennt – in einem ihnen fremden regionalen Umfeld zu beschulen. In einem solchen Fall führt dies ja faktisch mancherorts dazu, dass die KGS nicht als „Angebots-“, sondern eher als die „Regelschule“ für alle Kinder des Orts- oder Stadtteils zu betrachten ist.

•Für den Gesetzgeber kommt als Begründung für den Besuch einer KGS ausschließlich der ausdrückliche Wunsch der Eltern nach einer Erziehung und Bildung nach den Grundsätzen des entsprechenden Bekenntnisses für die Aufnahme in eine Konfessionsschule in Betracht. Ein Missfallen oder eine Unzufriedenheit beispielsweise hinsichtlich einer multikulturellen Zusammensetzung der Schülerschaft in Gemeinschaftsschulen als Argument für eine bekenntnisfremde Aufnahme muss der Staat als „desintegrativ“ und „rechtsmissbräuchlich“ ablehnen. Damit kann ausgeschlossen werden, dass Eltern deshalb die Katholische Grundschule bevorzugen, weil ihnen die Zusammensetzung der Schülerschaft dort bildungsförderlicher erscheint. Eine solche Begründung ist nicht justiziabel. Andererseits wird dadurch, dass an dieser Stelle ggf. Rechtsmissbrauch betrieben würde, der besondere Charakter der KGS nicht in Abrede gestellt.236

•An Katholischen Grundschulen wird ausschließlich Katholischer Religionsunterricht erteilt, es sei denn, mehr als zwölf Schülerinnen und Schüler sind evangelischen Bekenntnisses. In diesem Fall wird gem. § 26,7 SchulG NRW auch evangelischer Religionsunterricht erteilt. Diese Rechtslage wird nicht selten seitens des Schulträgers herangezogen, um über die Frage eines konfessionellen Religionsunterrichts die Schülerströme in einer Kommune zu regulieren. Es sind demnach also Fälle denkbar, in denen ein evangelischer Schüler bzw. eine evangelische Schülerin, der bzw. die in unmittelbarer Nähe der KGS wohnt, keine Aufnahme findet, weil es Überkapazitäten katholischer Schüler gibt und die Zügigkeit der Schule seitens des Trägers beschränkt wurde.

An diesen wenigen Beispielen und kurzen Ausführungen zeigt sich, dass eine rein juristisch-formale Betrachtungsweise des Gegenstandes zwar möglich, aber äußerst schwierig und pädagogisch betrachtet und im Einzelfall immer unbefriedigend bleibt. Auch zeigt sich, dass die regionalen Unterschiede (z. B. Stadt – Land; Migration; Konfessionalität; Bevölkerungsentwicklung) so groß sind, dass eine allgemeine Regelung auf juristischer Ebene nicht immer und nicht zwingend dem Recht des Kindes auf wohnortnahe Grundbeschulung entsprechen kann und wird.

3.1.3Elternrechte

Das Grundgesetz erklärt in Art. 6237 das Recht der Eltern auf Erziehung ihrer Kinder zum natürlichen Recht und hält an den Ausführungen der Weimarer Reichsverfassung fest (vgl. Kap. 2.1). Ideengeschichtlich klingt hier vielleicht noch scholastisches Naturrechtsdenken an, welches sicherlich Einfluss auf die Weimarer Reichsverfassung (WMR) nahm. Allgemeinen Ausdruck findet darin heute allerdings eher die natürliche, gewachsene Eltern-Kind-Beziehung, die besondere physische und psychische Nähe zwischen Eltern und Kind und der daraus resultierende Vorrang einer elterlichen vor einer staatlichen Erziehung.238

Der in der Literatur mit der Kurzformel „Elternrecht“ versehene Grundgesetzartikel betrachtet „Familie“ als Einheit, bestehend aus Eltern und Kind, und sichert deren Rechte nicht nur als die ursprünglichen, sondern als die primären gegenüber dem staatlichen „Außen“ ab. Nach innen sichert und verpflichtet das Grundgesetz die Eltern gegenüber dem Kind zur Wahrnehmung seiner Rechte und zu dessen Pflege und Erziehung. Art. 6 GG schützt über die Eltern die Rechte des Kindes und nimmt gleichzeitig die Eltern gegenüber dem Kind in die Pflicht.239 Er bewahrt die Familie vor staatlichen Zugriffen und beinhaltet insofern auch ein „Abwehrrecht“. Die Erziehung in einer bestimmten religiösen (oder weltanschaulichen) Ausrichtung ist Teil dieses elterlichen Rechtes.240

Mit Beginn der Schulpflicht des Kindes findet Art. 6 GG sein Gegenüber in Art. 7,1 GG: Die öffentliche Schule, in der sich ebenfalls Bildung und Erziehung des Kindes realisieren, steht unter der Aufsicht des Staates.

Die „Mütter und Väter“ des Grundgesetzes haben dem religiösen Bestimmungsrecht der Eltern, anders als in der WMR (vgl. Kap. 1.1), kein positives Recht auf die Einrichtung einer Schule mit einer bestimmten religiösen Ausrichtung zur Seite gestellt. Diese Möglichkeit hat sich nur in den Landesverfassungen in NRW und Niedersachsen erhalten (vgl. 2.3.2). Mit der Wahl einer Katholischen Bekenntnisschule reklamieren und realisieren Eltern in NRW de jure für ihr Kind das Recht, dass es auch im schulischen Feld bekenntnisbezogen unterrichtet und erzogen wird – oder eben auch nicht. Konsequent legt so § 27 SchulG NRW241 die Bestimmung der Schulart einer Grundschule in die Hände der Eltern und regelt die Modalitäten eines Bestimmungsverfahrens, in dessen Durchführung die Schulart (Bekenntnisschule, Gemeinschaftsschule oder Weltanschauungsschule) einer Grundschule bestimmt oder geändert werden kann.

Aus dem vorrangigen Elternrecht auf Erziehung ergeben sich für Eltern im Feld von Schule als staatlicher Einrichtung Elternrechte, die sich zum Beispiel in der Möglichkeit der freien Wahl der Schule242 und damit auch der Schulart ausdrücken. Ebenso ergeben sich Elternpflichten der Mitwirkung, wie sie sich beispielsweise in den entsprechenden Mitwirkungsorganen abbilden und demokratisch legitimieren. Anders als Schmitz-Stuhlträger dies wertet, ist hierin allerdings keine „Einschränkung“243 des grundgesetzlich geschützten Erziehungsvorrangs, sondern ein Aufruf zu sehen, gemeinsam einer Verantwortung nachzukommen. Erzieherische Rechte und Pflichten der Eltern enden also nicht an der Schultür bzw. – aus Perspektive der Schule betrachtet – werden eben nicht von der Schule als staatlicher Einrichtung alleinverantwortlich übernommen. Vielmehr ergibt sich aus den Grundrechten der Art. 6 und 7 „Rechte und Pflichten“ eine gemeinsame Verantwortlichkeit. Demgemäß kann an dieser Stelle der Argumentation von Zacher gefolgt werden, der schreibt: „Somit wird eine vielfache Rolle des Gemeinwesens deutlich: als Garant der elterlichen Pflichten (Wächteramt, Substitution); als teils gleichberechtigter (Schule), teils subsidiärer (unterstützender und komplementärer) Miterzieher; als Gestalter und Träger einer umfassenden Ordnung der Beziehungen zwischen Eltern, Kindern, anderen Privaten und dem Gemeinwesen.“244 Für die konkrete Ausgestaltung eines katholischen Profils einer Bekenntnisgrundschule ist diese gemeinsame Erziehungsverantwortung von entscheidender Bedeutung. Der ausdrückliche Wunsch nach religiöser Erziehung und Bildung seitens der Eltern findet im Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule einen Ausdruck, der allerdings einer dialogischen Aushandlung bedarf. Darauf wird im dritten Teil zurückzukommen sein.

Mit der Wahrnehmung der Elternrechte verliert das Kind seine Individualrechte nicht, es ist selbst Grundrechtsträger245: „Das Elternrecht ist nicht nur selbst Grundrecht; es dient auch der Verwirklichung von Grundrechten und wird von anderen Grundrechten her erst mit zusätzlichem Sinn erfüllt.“246 Aus dieser Rechtsauffassung, ergibt sich nicht nur eine elterliche „treuhänderische“ Wahrnehmung von Rechten, die das Kind selbst noch nicht wahrnehmen kann. Es resultiert daraus auch die elterliche Pflicht247, dafür Sorge zu tragen, dass das Kind immer mehr zur vollen, ganzheitlichen Entfaltung seiner Persönlichkeit heranreift, unter dem Telos, schließlich einmal selbstständig, als mündiger Bürger von seinen Rechten Gebrauch machen zu können. So steht das Wohl des Kindes im Zentrum aller elterlichen Bemühungen, über das die staatliche Gemeinschaft ein Wächteramt ausübt. In der Wahrnehmung von Rechten an Kindes statt entscheiden Eltern zum Beispiel darüber, welche Erziehungs- und Ausbildungsstätten das Kind besuchen soll248 – wie Kindertagesstätte und Grundschule. Dies kann Ausdruck des Wunsches nach einer religiösen Erziehung und Bildung des Kindes sein.

Religiöse Bildung und Erziehung durch die Eltern und das Recht auf Religionsfreiheit bedingen einander insofern, als dass eine spätere selbstverantwortliche Wahrnehmung dieses Rechts als Erwachsener eine religiöse Mündigkeit voraussetzt. Mit anderen Worten: Ohne eine religiöse Erziehung würde dem Kind eine „Wahl überlassen, die es aufgrund mangelnder Mündigkeit nicht treffen kann.“249

Diese Behauptung bedarf der Konkretisierung. Es gilt, mehr als nur ein „religionspädagogisches Auge“ auf das Ziel religiöser Erziehung und Bildung zu werfen und noch einmal genauer zu beschreiben, was hier mit „religiöser Mündigkeit“ gemeint ist. Dazu gilt es zunächst aber, die Rechte des Kindes auf religiöse Erziehung gesondert zu betrachten.

3.1.4Kinderrechte

Bislang wurde nach der (religiös-konfessionellen) Bildung und Erziehung von Kindern in der Grundschule zum einen aus der Perspektive des Staates und zum anderen aus derjenigen der Eltern gefragt. Mit der „Konvention über die Rechte des Kindes“ (UN-KRK) von 1989 und deren Ratifizierung 1990250 rückt das Kind als Grundrechtsträger in den Fokus.

Die „Kinderrechtskonvention“ stellt – wie der Name schon sagt – ein Dokument dar, das das Kind als Rechtsträger in den Mittelpunkt des Interesses stellt und so den Horizont der Ausgangsfrage noch einmal weitet.

Sie greift die pädagogischen Bemühungen und Ideen des beginnenden 20. Jahrhunderts251 auf, indem sie dem Subjekt Kind prinzipiell dieselben Menschenrechte zuerkennt wie dem Erwachsenen.252 Zwar ist die Art der rechtlichen Verbindlichkeit der UN-KRK innerhalb des staatlichen Rechts umstritten,253 so dass sie in einem Klagerechtsstreit wohl kaum als Grundlage herangezogen werden könnte. Konstatiert werden kann aber, dass mit der Unterzeichnung der Konvention erklärt und anerkannt wird, dass das Kind als selbstständiger Rechtsträger überhaupt über eigene, subjektive Rechte verfügt. Ergänzend zur stellvertretend treuhänderischen Rechtswahrnehmung durch die Eltern ist und soll das Kind zunehmend Subjekt in der Wahrnehmung seiner Rechte sein bzw. werden.254

Für die Bundesrepublik Deutschland ist die Unterzeichnung der UN-KRK im Zusammenhang mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1968 zu sehen, welches erklärte, dass Kinder grundsätzlich grundrechtsfähig sind.255 Dieses bemerkenswerte Urteil, das einen Paradigmenwechsel in der Kinderrechtsfrage manifestierte, macht deutlich, dass das Elternrecht auf Erziehung einzig in der Schutz- und Hilfsbedürftigkeit des Kindes seine Legitimierung findet. Das Kind als Grundrechtsträger hat damit selbst Anspruch auf den Schutz des Staates.256 Das elterliche Recht zur Erziehung findet und nimmt seine Ausrichtung an den Grundrechten des Kindes. Ein Kommentar des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erklärt dazu: „Das Übereinkommen bietet aber keine Grundlage für die rechtliche Geltendmachung unmittelbar auf einzelne Übereinkommensartikel gestützter individueller Rechtsansprüche.“257 Damit wird deutlich hervorgehoben, dass die Wahrung des Elternrechts auf Erziehung gemäß Art. 139 GG und die Erklärung der Kinderrechte nicht etwa im Widerstreit stehen, so als könnte das Kind auf der Grundlage der Konvention nun – wie ein Erwachsener – seine Rechte etwa gegenüber seinen Eltern einklagen. Die Kinderrechtskonvention flankiert eher einen pädagogischen Richtungswechsel von einer das Kind als Objekt betrachtenden elterlichen Bemühung und Sorge hin zu einer subjektorientierten, auf seine zunehmende Beteiligung ausgerichteten Erziehung. Normative Orientierung bildet dabei das Kindeswohl (vgl. Art. 3 UN-KRK), das Grundlage und Orientierung für die kindliche Entwicklung (Recht des Kindes auf) und die elterliche Erziehung und Pflege (Recht der Eltern zur) darstellt. Dabei bildet der Begriff des sogenannten „Kindeswohls“ im deutschen Recht einen eher „unbestimmten Rechtstitel“258. Er bedarf der Interpretation, deren normativ-operationale Ausrichtung eben in den Bereichen Kinderschutz, Kinderförderung und Kinderpartizipation liegt.259

Nach diesen zum Textverständnis notwendigen Vorbemerkungen kann nun zum Ausgangspunkt zurückgekehrt werden: zur Suche nach den rechtlichen Grundlagen religiöser Erziehung in der KGS als öffentlicher Schule und zur Präzisierung der „Rechte des Kindes“.

In Art. 29,1 der UN-KRK heißt es: „Die Vertragsstaaten stimmen darin überein, dass die Bildung des Kindes darauf gerichtet sein muss, […] die Persönlichkeit, die Begabung und die geistigen und körperlichen Fähigkeiten des Kindes voll zur Entfaltung zu bringen.“ Frank Surall260 weist darauf hin, dass im englischsprachigen Originaltext an dieser Stelle das Wort „spirituell“ benutzt wird. Dieser Begriff aber übersteigt in semantischer Hinsicht das als deutsche Übersetzung für gewöhnlich gebrauchte Wort „geistig“. Zumindest kommt im englischen Begriff eine größere Offenheit für einen religiösen Deutungsaspekt zum Tragen. So verstanden hat sich die Sorge der Eltern und des Staates um das Kind auszurichten an dessen ganzheitlicher Entwicklung: Persönlichkeitsentwicklung, Entfaltung und Entwicklung individueller Begabungen sowie die Reifung körperlicher und geistiger Fähigkeiten sind solche Bildungsziele, auf die hin elterliche Erziehung und Sorge auszuloten sind. Der Staat unterstützt die Eltern dabei in subsidiärer Verantwortung.261 Inhaltlich definiert und beschreibt Artikel 14 die Grundrechte des Kindes hinsichtlich Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, wenn es heißt:

„(1) Die Vertragsstaaten achten das Recht des Kindes auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit.

(2) Die Vertragsstaaten achten die Rechte und Pflichten der Eltern und gegebenenfalls des Vormunds, das Kind bei der Ausübung dieses Rechts in einer seiner Entwicklung entsprechenden Weise zu leiten.

(3) Die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu bekunden, darf nur den gesetzlich vorgesehenen Einschränkungen unterworfen werden, die zum Schutz der öffentlichen Sicherheit, Ordnung, Gesundheit oder Sittlichkeit oder der Grundrechte und - freiheiten anderer erforderlich sind.“262

Die Frage nun, ob Kinder ein Recht auf „Religion“ haben, beantwortet die Konvention eindeutig positiv. Diese am Kindeswohl ausgerichtete Haltung der UN-KRK steht allerdings, eben weil es sich um Kinder als Rechtsträger handelt, nicht „barfuß“ dar. Sie korrespondiert auf der Seite der verantwortlichen Erwachsenen mit den Basisnormen „Förderung und Beteiligung“. Die in der UN-KRK zum Ausdruck gebrachten Rechte des Kindes zielen also auf eine die ganze Persönlichkeit umfassende Bildung und Erziehung (Art. 29) ab. Ein solches umfassendes Bildungsverständnis schließt dabei ausdrücklich das kindliche, weil menschliche Bestreben nach Transzendenz ein: „Im Zentrum steht hier vielmehr das mit der menschlichen Existenz verbundene Verlangen, den erfahrenen oder gesuchten Transzendenzbezug auch ausdrücklich zu leben, ihm beispielsweise im Gottesdienst Ausdruck zu geben und ihn bewusst zu vertiefen. In diesen Zusammenhang gehört dann auch eine religiöse Bildung, die den Menschen dabei unterstützt, sein Verhältnis zu Gott oder Transzendenz zu gestalten.“263 Eine auf Förderung und Beteiligung ausgerichtete erzieherische Haltung, die eine religiöse Ausrichtung einschließen kann und die die Achtung des Rechts des Kindes auf freie Religionsausübung (Art. 14) beinhaltet, müssen der Staat als Träger des öffentlichen Grundschulwesens und die Eltern, die Mütter und Väter als Erziehungsberechtigte, als heraus fordernde Rechte des Kindes wahrnehmen und anerkennen. Gemeinsam sind sie gefordert, aktiv und reflektiert dafür Sorge zu tragen, dass das Kind seine personalen Möglichkeiten ausbildet und Verantwortung für sich und die Welt wahrzunehmen lernt. Die Kinderrechtskonvention dekonstruiert das Bild einer Förderung von oben nach unten, von wissend zu unwissend: Das Kind als Rechtsträger ist in diesem Sinn nicht „Objekt“264 eines solchen Bemühens im Sinne eines paternalistisch-caritativen Verständnisses von Schutz und Förderung.265 Um der Freiheit willen, die – christlich theologisch gesprochen – immer Voraussetzung religiös suchender Antwort des Menschen auf den sich ihm liebend zuwendenden Gott266 ist, gilt es, im „Schutz- und Förderengagement“ stets den Aspekt kindlicher Partizipation mitzudenken, gegebenenfalls zu ergänzen und zu erweitern. So legitimiert sich die KGS dann nicht nur aus einem „Elternrecht“, sondern aus einem Recht des Kindes auf eine Entwicklung seines Menschseins, die eben auch eine spirituelle Kompetenz impliziert und die mit der – mit zunehmender Reife und Entwicklung – selbstständigen, mündigen und verantwortlichen Entscheidungsfindung in Fragen der religiösen Orientierung und Lebensgestaltung einhergeht. Damit soll keineswegs die besondere Bedeutung des weltweiten Einsatzes der Katholischen Kirche um die Bildung und Ausbildung von Kindern in Abrede gestellt oder gering geschätzt werden. Allerdings muss das Ziel allen Bemühens religiöser Bildung und Erziehung im Feld der KGS auch aus der Sicht der Kinderrechtskonvention bedacht werden.

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