Kitabı oku: «Finde dein Lebenstempo», sayfa 2

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Die Gesellschaft wird schneller

„Früher habe ich nach Feierabend in der S-Bahn ein Buch gelesen. Heute beantworte ich E-Mails“, so schildert es mir die Personalleiterin einer großen Frankfurter Bank. Sie schaut dabei nicht sehr glücklich. Auch der Blackberry meines Mannes fiept nicht nur abends, sondern auch am Wochenende. Ständig ist er auf Empfang. Man ist online, stets präsent und immer im Kontakt. Das ist anstrengend und raubt Energien. Unternehmen erwarten von ihren Mitarbeitern unbegrenzte Erreichbarkeit. Arbeitszeit verschwimmt mit der Feierabendzeit. Echte Erholung wird rar und bekommt nur kleine Zeitfenster.

Im internationalen Kontakt erwartet man schnelle Response-Zeit auf Anfragen im Internet und auf E-Mails. Termine für Meetings, Konferenz- oder Telefongespräche werden verschoben, nicht eingehalten oder ganz abgesagt. Rasches und flexibles Umschalten auf veränderte Gegebenheiten und kreatives Reaktionsvermögen wird heute gefordert. Dazu gehört auch, dass Unternehmensfusionen heute an der Tagesordnung sind. Change-Management ist in aller Munde: Den Wandel zu gestalten fällt allerdings nicht immer leicht.

Das Verrückte ist, dass wir uns alle mit dieser schleichenden Entwicklung verändern. Erinnern Sie sich noch an die Zeit, bevor jeder ein Handy hatte? Man rief an, sprach auf Band und wartete auf einen Rückruf. Bei Verabredungen ging man früher los, damit man pünktlich da war. Jetzt wird oft kurz vor knapp eine SMS geschickt: „komme später“. Früher hat man im Geschäftsleben einen Brief verschickt und wusste: Der braucht jetzt einen oder zwei Tage, bis er dort ist. Ich bekomme frühestens in drei Tagen Antwort. Jetzt schickt man eine E-Mail und trommelt mit den Fingern, wann endlich eine Antwort kommt.

Die Geschwindigkeit innerhalb der Gesellschaft hat in den letzten Jahrzehnten stetig zugenommen, und wir passen uns an, auch wenn uns das gar nicht immer bewusst ist! Die Entwicklung der Technik spielt dabei eine große Rolle.


Bitte schreiben Sie in Ihr Tagebuch:

■ Wenn Sie Ihr bisheriges Leben Revue passieren lassen: Wo(durch) hat sich Ihr Tempo beschleunigt? Finden Sie das gut oder eher nicht so gut – warum?

■ Wie denken Sie über Erreichbarkeit?

■ Welche mobilen Geräte haben Sie selbst im Einsatz? Reflektieren Sie, wie Sie damit umgehen. Sind Sie rundum zufrieden damit oder fühlen Sie sich manchmal gedrängelt oder unter Druck?

Ihre Lebenstempo-Selbsteinschätzung

Wenn Sie sich alle Fragen im ersten Kapitel bereits vorgeknöpft haben, dann haben Sie schon einen beachtlichen Erkenntnisschatz gewonnen, wie Sie Ihre Zeitqualität und Ihr Lebenstempo bisher einschätzen. Sie kennen außerdem bereits einige Knackpunkte, die Sie auf unerwünschte Weise beeinflussen – oder bisher einfach noch nicht aktiv verändert haben. Haben Sie die Fragen bisher übersprungen? Dann kommen Sie bitte unbedingt noch mal darauf zurück, bevor Sie das Buch weiterlesen.

Hier kommt ein Selbst-Test in drei Teilen, mit dem Sie das Lebenstempo etablieren können, das wirklich gut für Sie ist.

Selbst-Test: Ihr allgemeines Lebenstempo

1. Teil: Lassen Sie uns zum Auftakt etwas Spaß haben:

■ „Wenn ich ein Tier wäre, wäre ich ...“

... ein Bär: Ich habe es gerne gemütlich, bin bedächtig und kann auch mal fünfe gerade sein lassen. Nur keine Hektik! Ich brauche keinen Trubel.

... ein Adler: Mir ist Überblick wichtig. Ich ziehe meine Kreise und kann laaaange warten, bis ich mich für etwas entscheide und den nächsten Schritt tue.

... ein Löwe: Ich bin wach, konzentriert und reagiere schnell, wenn es sein muss. Dabei konzentriere ich mich auf das Wesentliche und vergeude nie Kraft und Energie.

... eine Gazelle: Ich fühle mich immer irgendwie unter Strom, flitze mal hierhin und mal dorthin. Ich kann gar nicht anders. Dauernd scharre ich ungeduldig mit den Hufen.

... ein Gepard: Ich bin schnell in allem, was ich tue. Ich tippe schnell, esse schnell, gehe schnell. Alles, was mich in Ruhe versetzen könnte, macht mich aggressiv (Yoga usw.).

... ein Maulwurf: Ich bin sehr fokussiert und vergrabe mich gerne in eine aktuelle Aufgabe. Dann habe ich manchmal einen regelrechten Tunnelblick. Störungen mag ich nicht.

... ein Hase: Mit sehr viel Energie und riesigen Sprüngen hüpfe ich durch mein Leben. Meine Energie kann ich gut einteilen und schlage gerne jederzeit einen Haken.

... ein Chamäleon: Ich passe mich immer dem an, was gerade angesagt ist: mal langsam, mal schnell. Mir ist alles recht, darum bringt mich Tempowechsel nie aus dem Konzept.

Seien Sie ganz locker mit diesen Fragen: Vielleicht finden Sie sich in verschiedenen Tieren wieder: Dann kreuzen Sie alle an, die zutreffend sind. Vielleicht sind Sie auch eine Kreuzung, zum Beispiel ein seltener Gazellenbär oder eine Maulwurflöwin.

Beschreiben Sie das Tier, das Ihnen am meisten entspricht, und Ihre eigene Definition:

Wenn ich ein Tier wäre, würde ich mich als

beschreiben, weil:

■ „Wenn ich Musik wäre ...“

Wären Sie eine Oper, ein Rocksong oder ein Chanson? Eine Sonate, Salsa oder eine Hymne? Vielleicht charakterisieren Sie sich als jazzige Jam-Session, ordnen sich in getragenes Moll oder flippigen Hip-Hop ein. Möglicherweise kommt Ihnen auch ein spezifisches Musikstück in den Sinn, das Ihr Tempo und Ihre Eigenarten perfekt abbildet:

Wenn ich ein Musikstück oder eine Musikrichtung wäre, würde ich mich als

beschreiben, weil:

■ „Wenn ich ein Ort wäre ...“

Wären Sie eine kochende Weltmetropole oder ein stiller Bergsee? Oder finden Sie Ihr Tempo und eine damit verbundene Lebensart in einem bestimmten Land wieder?

Wenn ich ein Ort wäre, würde ich mich als

beschreiben, weil:

■ Mein Motto, Lieblingszitat oder meine Lebensweisheit

Gibt es ein Motto, eine Lebensweisheit, die etwas über Ihr Lebenstempo erzählt? Vielleicht handeln Sie nach „Was weg ist, ist weg“ oder nach „Gut Ding will Weile haben“. Manchmal liegt einem ein bestimmtes Zitat ganz besonders am Herzen, weil es der eigenen Lebensphilosophie entspricht.

Mein Motto, meine Lebensweisheit oder mein Lieblingszitat ist:

■ Was liegt mir?

Denken Sie jetzt nicht groß nach, sondern kreuzen Sie einfach pro Zeile spontan den Begriff an, der Ihnen am angenehmsten ist:


nacheinander gleichzeitig durcheinander
ad hoc noch mal drüber schlafen Ich weiß nicht ...
Na klar! vielleicht Lieber nicht.
Lieber ich. Lieber du. Lieber das Schicksal.

2. Teil: Jetzt betrachten wir Ihr Lebenstempo differenziert:

Das Lebenstempo kann je nach Bereich unterschiedlich ausfallen: So kann es sein, dass Sie beruflich ständig in Hektik sind, aber im Privatleben das Tempo gemäßigter ist oder umgekehrt. Das ist natürlich noch nicht alles: Ihr Naturell spielt ebenfalls eine Rolle!

■ Bitte reflektieren Sie nun noch einmal Ihre vorherigen Einträge in Ihrem Tagebuch zu Beruf, Privatleben und Lebensweise und ordnen Sie dann wieder ein Lebenstempo auf der Skala zu.

■ Wenden Sie sich anschließend der Ja/Nein-Spalte zu: Wie zufrieden sind Sie mit diesem Tempo? Entspricht es Ihrem Naturell? Dann kreuzen Sie ein „Ja“ an. Läuft Ihnen die Zeit zu schnell in einem der Bereiche, was Ihnen so gar nicht entspricht, kreuzen Sie ein „Nein“ an. Bestimmen Sie dann anhand der Pfeile, ob Sie das Tempo lieber hinauf- oder heruntersetzen möchten.

Hinweise zu Ihrem Naturell finden Sie besonders in Ihren Antworten aus dem Bereich „Andere Menschen und Orte geben den Takt vor“.


Zum Beispiel: Sie bewerten das Tempo im Beruf mit „9“, weil es immer sehr hektisch zugeht, jeder andauernd etwas von Ihnen will und ständig alles schnell erledigt werden muss. Damit kommen Sie zwar zurecht, aber eigentlich sind Sie ein besonnener Mensch. Dann würden Sie ein „Nein“ ankreuzen, weil es nicht Ihrem Naturell entspricht (auch wenn Sie sich anpassen können). Und Sie werden den Pfeil nach unten umringeln, weil Sie, wenn Sie es sich aussuchen könnten, das berufliche Tempo gerne herunterfahren würden.

3. Teil: Sind Sie eher Zeitmanager oder Zeitopfer?

Jetzt wenden wir uns der Fremd- und Selbstbestimmung zu. Je selbstbestimmter Sie sind, desto mehr sind Sie der Manager Ihrer Zeit und Ihres Tempos – auch wenn Sie nicht zu 100 % darüber bestimmen können.

Sie haben sich bereits qualitative Antworten darüber gegeben, wie es um die Selbst- und Fremdbestimmung steht. Lesen Sie Ihre Erkenntnisse darüber nach und ordnen Sie nun noch einmal im Überblick ein:


Wenn Sie mal so/mal so oder fremdbestimmt angekreuzt haben: Wer oder was bestimmt über Ihre Zeit?

Notieren Sie konkrete Baustellen pro Bereich:

Das ist eine erste Bestandsaufnahme: Eine Baustelle kann ein grundsätzliches Problem sein, zum Beispiel, dass Sie nur ein Familienauto haben und ständig alle herumkutschieren müssen. Es kann aber auch Ihre eigene Passivität sein, z. B. wenn Sie nicht „in die Puschen kommen“ oder andererseits dauernd „Hier!“ schreien, obwohl Sie lieber auch mal „Nein“ sagen würden.

Flow-Erlebnisse

„Ich fühle mich ganz im Flow“, „Ich bin im siebten Himmel“, „Ich könnte die ganze Welt umarmen!“ – in solchen Momenten erscheint das Leben in einem wunderbaren Licht. Wenn wir uns im Flow fühlen, erleben wir Leichtigkeit. Jedes Problem scheint lösbar und jedes Ziel ist erreichbar. Kein Wunder, dass wir danach streben, Flow-Zustände herbeizuführen.

Doch wo kommt der Begriff eigentlich her und was bedeutet er genau? „Flow“ kommt aus dem Englischen und heißt übersetzt „fließen, rinnen, strömen“. Es bezeichnet das Gefühl der völligen Vertiefung und des Aufgehens in einer Tätigkeit. Bereits in den 70er-Jahren hat Mihály Csíkszentmihályi, Professor der Psychologie, die Flow-Theorie entwickelt. Damit ist gemeint, dass wir voll und ganz in einer Tätigkeit aufgehen, regelrecht darin versinken. Wir verlieren das Gefühl für Raum und Zeit, sind ganz in unserem Element, vollkommen konzentriert. In diesen besonderen Momenten sind wir nie über- oder unterfordert, wir fühlen uns großartig und laufen oft sogar zur Höchstform auf. Während solcher „Flow-Zeiten“ stellen wir weder an uns noch an andere eine Forderung. Wir fühlen uns einerseits frei und doch eingebunden. Ganz im Lot. Interessant dabei: Dies ist körperlich über die Herzfrequenz messbar. Atmung, Blutdruck und Herzschlag sind in Harmonie. Unsere Gefühle, Gedanken und Glückshormone spielen dabei eine unmittelbare Rolle und beeinflussen sich gegenseitig.

Jeder Mensch hat seine ganz persönliche Flow-Erfahrung. Es gibt also keine verallgemeinernde Voraussetzung für ein Flow-Muster. Ich kann Ihnen deshalb hier kein Rezept für diesen so glücklichen Zustand verraten. Typisch für das „Im-Fluss-Sein“-Gefühl ist:

■ Man ist mit sich und der Welt im Reinen.

■ Die erlebte Tätigkeit ist kreativ und mühelos.

■ Man fühlt sich ganz im Hier und Jetzt. Stunden fließen im Nu dahin.

■ Fühlen, Wollen und Denken sind in Übereinstimmung.

■ Man ist frei von Sorge, Bedenken oder Angst.

Flow ist nicht erzwingbar. Aber wir können dafür sorgen, beste Voraussetzungen dafür zu schaffen. Ein ganz wichtiger Faktor dafür ist es, dass Sie nach Ihrem eigenen Lebenstempo streben.


Überlegen Sie:

■ Kennen Sie das Gefühl, im Flow zu sein, aus eigener Erfahrung? Wann haben Sie sich zuletzt so gefühlt? Beschreiben Sie in Ihrem Tagebuch kurz die Situation(en).

■ Wann sind Sie im Flow? Es kann sein, dass Sie schon sehr genau wissen, welche Tätigkeiten und Umstände dafür wichtig sind, dass Sie voll und ganz darin aufgehen und sich großartig fühlen.

■ Wie fühlen Sie sich, wenn Sie im Flow sind?

Wenn Sie mit dem Flow ein wenig Ihre Mühe haben, weil Sie denken, Sie haben solche Erfahrungen noch nicht gemacht, dann keine Sorge! In den nächsten Kapiteln loten wir Ihre Zeitqualität gemeinsam intensiv aus. Sie können zu diesen Fragen auch nach der Lektüre des Buches noch einmal zurückkommen.

Haben Sie an dieser Stelle schon einige Flow-begünstigende Faktoren notiert, dann wunderbar:


Nehmen Sie sich Ihr Tagebuch gleich noch einmal vor und brainstormen Sie: Wie könnten Sie ab sofort dafür sorgen, diese Faktoren in Ihrem Alltag zu berücksichtigen?

Ziel-Skala: Mein ideales Lebenstempo

Jetzt haben Sie eine Idee, wie „mein Lebenstempo so tickt“. Setzen Sie bitte hier abschließend Ihr Kreuz. Auf einer Skala von 1 bis 10 – wie langsam oder schnell – schätzen Sie Ihr momentanes Lebenstempo ein.

Ist-Skala


Ziel-Skala

Wünschen Sie sich eine andere Lebensgeschwindigkeit? Schneller oder langsamer? Welches Tempo soll es zukünftig sein? Setzen Sie bitte hier Ihr Kreuz, bevor Sie weiterlesen.



Was können Sie jetzt gleich tun, um einen kleinen Schritt in die gewünschte Richtung zu kommen?

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Betrachte deine Persönlichkeit – wer oder was gibt dein Lebenstempo vor?

Auch wenn wir noch so sehr wissen, dass wir gegen unser Tempo leben, so ist die „Tatsache Alltag“ eine feste Gegebenheit. Wir haben unsere Verpflichtungen, aus denen sich meist ein fester Tagesrhythmus ergibt. Oft genug fühlen wir uns total fremdbestimmt. Was sollen wir denn machen? Unsere Zeit wird eben von anderen mitbestimmt! Schnell übersehen wir dabei, dass wir auch in uns Boykottfaktoren haben. Bevor wir uns unseren verschiedenen beruflichen und privaten Rollen widmen, lohnt es sich, einen näheren Blick auf unsere Persönlichkeit zu richten. Denn hier stecken sowohl Motor als auch Handbremse, wenn es um mehr Selbstbestimmung geht:

■ Gefühle treiben uns an, bremsen uns aus oder lassen uns in Lethargie versacken durch Ohnmacht, Unsicherheit, Wut, Ängste ...

■ Typische Stolpersteine sind außerdem zu hohe Erwartungen an uns selbst, dass wir oft unsere Grenzen nicht kennen oder sie nicht setzen.

Diese Themen sind komplex! Denn es sind die Auswirkungen unserer Persönlichkeit, ganz besonders fest verwurzelter Werte und Glaubenssätze. Es gibt kaum etwas, das unser aktuelles Lebenstempo mehr mitbestimmt als unsere inneren Antreiber und unser Selbstbild.

In diesem Kapitel stelle ich Ihnen zunächst einige interessante Modelle vor, mit denen Sie sich näher kennenlernen können, und wir widmen uns intensiv den Hüten auf Ihrem Kopf, also welchen Rollen Sie in Ihrem Leben gerecht werden wollen . . . und müssen.

Wie sind wir so geworden, wie wir sind?

Wenn Sie selbst Kinder haben oder sich in Ihrem Umfeld umsehen, dann wissen Sie: Schon die ganz Kleinen haben eine ganz eigene Persönlichkeit. Da sind die Entspannt-Ausgeglichenen, die schon in jungen Jahren nichts aus der Ruhe bringen kann. Es gibt die Temperamentvollen. Die, die schnell frustriert sind und denen nichts schnell genug gehen kann.

Jeder Mensch hat, wenn er auf die Welt kommt, eine eigene Persönlichkeitsstruktur. Die wird dann natürlich geprägt: durch unsere Eltern und unser Familienleben. Durch die Schule, Freunde und andere Personen, die uns prägen. Besonders als Kind und Jugendliche sind wir wahnsinnig stark zu beeindrucken, weil wir uns an anderen orientieren. Wir lernen, wie das Leben „funktioniert“, welches Verhalten erwünscht scheint, und unser Selbstbild hängt stark davon ab, wie unser Umfeld auf uns reagiert. Kein Wunder, dass alles, was wir in diesen jungen, prägenden Jahren lernen, auch im Erwachsenenalter fest in uns verwurzelt ist. Idealerweise im positiven Sinne. Aber natürlich gibt es auch prägende Erfahrungen, die uns bis ins hohe Alter hinderlich sein können. Können. Nicht müssen! Denn das Schöne ist, dass wir die Dinge ändern können. Die Basis ist jedoch, sich selbst sehr gut zu kennen. Denn so können Sie das schätzen, was Sie bereits haben – und es positiv für Ihr Lebenstempo einsetzen. Und Sie erkennen mögliche Stolpersteine. Was man weiß, kann man auch anpacken. Seien Sie neugierig auf sich!

In diesem Kapitel bekommen Sie wieder einige Reflexionsübungen. Halten Sie Ihr Tagebuch also bereit!

Was für ein Kind waren Sie?

Erinnern Sie sich mal zurück: Waren Sie ein Drinnen- oder Draußen-Kind? Haben Sie lieber gelesen und gemalt oder haben Sie nach der Schule Ihren Ranzen in die Ecke gepfeffert und sind raus zu den Nachbarskindern, um mit ihnen Streiche im Freien auszuhecken? Waren Sie tonangebend und haben Ihre Freunde animiert oder haben Sie mitgespielt und sich eher den Vorschlägen anderer gebeugt? Haben Sie vor dem Haus Gummitwist gespielt oder konnte es nicht abwechslungsund abenteuerreich genug sein?

Es ist sehr augenöffnend, im Erwachsenenalter mal zurückzuschauen: Die einen erkennen sich total wieder: „Ich war schon als Kind so!“ – die anderen reiben sich erstaunt die Augen: „Hui, da hab ich mich aber geändert! Wie konnte das passieren?“ Schauen Sie, ganz unabhängig davon, wie Sie Ihre Kindheit erlebt haben, mal auf Ihr junges Ich, auf Ihre Persönlichkeit und Ihre Vorlieben.

In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen vom Individualpsychologen Alfred Adler erzählen, dessen Thesen mich sehr inspiriert haben. Seine Grundüberzeugung war: Alles, was wir tun, hat ein Ziel, und unser Verhalten ist immer in Beziehung zu anderen Menschen zu betrachten – zum „Gemeinschaftsgefühl“. Adler fragt nicht nach dem „Warum“, sondern nach dem „Wozu“: Wozu tue ich die Dinge? Welches unbewusste Lebensziel verfolge ich? Unbewusste Ziele können sein: das Streben nach Aufmerksamkeit, Erfolg, Macht, Liebe, Anerkennung. Darum widmen wir uns gleich auch noch den Werten, inneren Antreibern und Gefühlen.

Wie war Ihre Familienkonstellation?

Entlastend finde ich diese Wozu-Frage deshalb, weil sie sofortige Ansätze zur Veränderung bietet. Im Gegensatz zur Warum-Frage, bei der man sich zu sehr im Kreis dreht. Sehen wir uns dieses „Wozu“ doch direkt in Verbindung mit der Geschwisterposition an: Sind Sie Erstgeborene/-r, Zweite/-r, Jüngste/-r, ein Einzelkind oder Mittlere/-r (Sandwichkind)?

Jede Rangposition bringt bestimmte prägende Kriterien in der sogenannten Familienkonstellation mit sich. Ich skizziere das Prinzip grob, um Ihnen zu zeigen, dass auch der Status als Einzelkind beziehungsweise die Geschwisterfolge sich prägend auf unsere Persönlichkeit auswirkt und damit auch darauf, wie wir als Erwachsene unser Leben gestalten.

Einzelkinder ...

Einzelkinder wachsen mit den „großen Erwachsenen“ auf. Sie müssen nicht unbedingt verhätschelt und verzärtelt sein. Oft werden sie allerdings verwöhnt. Sie haben gelernt, mit Erwachsenen zu leben, und wirken deshalb verglichen mit anderen Kindern oft altklug. Sie stehen im Mittelpunkt, sind nie alleine und in der Schule sind sie eventuell Klassenbeste/-r. Sie ziehen ältere und größere Spielgefährten den gleichaltrigen vor. Beruflich tendieren sie zu Stabs- oder Fachaufgaben, in denen es weniger um Kommunikation als um das Sachgebiet geht. Einzelkinder erleben übrigens im Gegensatz zu den Erstgeborenen nie eine „Entthronung“.

. . . Erstgeborene ...

Ich bin das Erste von drei Mädchen und habe früh auf meine jüngeren Schwestern aufgepasst. Deshalb fühlen sich Älteste schnell für das Wohl der anderen verantwortlich. Mit dem nächsten Geschwisterkind wird das Erstgeborene von der Position des Einzelkindes „entthront“. Es hatte bis jetzt die volle Aufmerksamkeit der Eltern. Ein typischer Satz von Ältesten ist: „Früher war alles besser ... (als ich noch alleine auf der Welt war).“ Sie haben immer ein bisschen das Gefühl, dass sie um ihren Platz „kämpfen“ müssen. Erstgeborene halten gerne an Traditionen und Werten fest und wirken deshalb konservativ. Da sie früh Verantwortung getragen haben, sind sie meistens hervorragende Berater, Verkäufer oder Führungspersönlichkeiten. Dabei nutzen sie ihr ausgeprägtes Organisationstalent.

Wenn sich zwei Erstgeborene ineinander verlieben, rangeln sie immer ein wenig um die Führung und wer denn nun recht hat. Da wird diskutiert und gefeilscht. Ich spreche aus eigener Erfahrung und erlebe es auch bei Freunden so. Getrennte Aufgabengebiete machen hier Sinn.

... Zweitgeborene ...

Von meiner Schwester weiß ich, dass sie „in die vorhandene Welt geschaut hat“ und anders sein wollte als ich. Sie beschloss: So mache ich es nicht. Die Zweiten sind mutig und kämpfen ehrgeizig, um ihr Ziel zu erreichen. Sie haben einen Wegbereiter (das erstgeborene Kind) vor sich und sind sich ihres zweiten Platzes sicher. Zweitgeborene haben hochgesteckte Ziele, kämpfen (wollen den Ersten gerne überholen), darum streben sie auch im Beruf oft nach Unabhängigkeit und Selbstständigkeit. Sie forschen und entdecken gern.

Kommt ein jüngeres Geschwisterchen nach, wird es für die jetzt „Mittleren“ meistens ungemütlich. Auch sie werden „entthront“ und müssen nun die Aufmerksamkeit der Eltern mit dem Jüngsten teilen. Meist fühlen sie sich eingezwängt und hocken zwischen den Stühlen. Sie wissen nicht, wie sie es den Menschen recht machen können.

. . . und Nesthäkchen

Die Jüngsten werden nie „entthront“. Sie werden als Nesthäkchen von der ganzen Familie verwöhnt. Sie erleben sich allerdings meist „klein und schwach“ im Kreise ihrer „großen“ Geschwister. Sie nutzen es geschickt aus und stellen andere in ihren Dienst, die ihnen gerne behilflich sind. Ihre soziale Intelligenz ist ausgeprägt. Beruflich tendieren sie zu kreativen und zu helfenden Aufgaben. Sie sind weniger selbstständig und brauchen Führung und Beachtung.

In einem Workshop vor vielen Jahren wurden Gruppen gebildet, eingeteilt nach Geschwisterposition. Es war sehr bestärkend, sich unter Gleichgesinnten über die eigenen Stärken und Schwächen auszutauschen. Jeder hat sich in seiner jeweiligen Geschwisterrolle verstanden gefühlt.

Lassen Sie mich noch ergänzen, dass es Adler wichtig war zu erklären, dass sich die biologische Geschwisterfolge durch familiäre Gegebenheiten verändern kann. Jedes Kind nimmt seine ganz eigene Position in der Familie, dem vorhandenen „Milieu“, an. Erstgeborene werden manchmal von den Zweiten „überholt“. Dann sprechen wir von „abgebrochenen Ältesten“, die sich gelähmt fühlen und nicht aus ihrer Haut können. Jüngste können zu Einzelkindern werden, wenn der Abstand zum vorherigen Geschwisterkind größer als 7 Jahre ist. Besonders schwierig haben es „der einzige Junge“ unter Mädchen bzw. „das einzige Mädchen“ unter Jungen.

Bevor also eine Familienkonstellation interpretiert wird, muss die zeitliche Aufeinanderfolge der Kinder mit berücksichtigt werden.


Was fällt Ihnen zu Ihrem Kindheits-Ich ein?

Wie waren Sie früher, was erkennen Sie heute noch sehr stark – und wie haben Sie sich von Ihrer Persönlichkeit her verändert? Schreiben Sie Ihre Gedanken in Ihr Tagebuch. Oder zeichnen Sie! Vielleicht möchten Sie alle Ihre liebsten Hobbys oder Spiele mit Strichmännchen illustrieren oder haben Lust auf eine Collage zu Ihrer Kindheit. Haben Sie Spaß dabei, sich an Ihr kleines Ich zu erinnern!

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