Kitabı oku: «Das konsumistische Money-Fest», sayfa 3

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Die russische Nationalmannschaft gehörte bislang ja nicht gerade zu den Teams, auf die die einheimische Bevölkerung sonderlich stolz gewesen wäre. Wird sich das nun ändern? Damals, nach der Gruppenauslosung, hatte ich mir gedacht gehabt, bei der Konstellation in Gruppe A könnten es die Gastgeber durchaus bis ins Viertelfinale schaffen, aber daß ihnen das dermaßen überzeugend und auch souverän gelingen könnte, hatte ich nun wirklich nicht erwartet gehabt. Auf das 5:0 gegen die Saudis aus Arabien folgte ein 3:1 gegen Ägypten und damit können sich die Russen nun schon damit auseinandersetzen, wer denn dann im Achtelfinale wohl ihr Gegner sein wird. Spanien, Portugal, oder am Ende sogar der Iran? Die russischen Fans schweben auf Wolke sieben und alle Dopingexperten der Welt werden nun mal wieder ganz verächtlich mit dem Kopf schütteln. Egal, was soll’s? Wesentlich interessanter finde ich persönlich ja die Tatsache, daß es nach gerade mal 17 Spielen bereits zehn Elfmeter und fünf Eigentore gegeben hat. Das sind doch Statistiken, die wirklich zum Nachdenken anregen, oder etwa nicht?

Am Mittwoch, den 20.06.2018, gab es drei Spiele, die alle 1:0 endeten. Mit 1:0 für den jeweiligen Favoriten wohlgemerkt. Portugal setzte sich gegen Marokko dank eines frühen Tores von Ronaldo durch, mal wieder ein schneller Treffer, das hatten wir nun auch schon unheimlich oft bei dieser WM. Uruguay gewann gegen Saudi-Arabien ebenfalls mit 1:0, in diesem Fall leistete der Torhüter der Araber unfreiwillige Schützenhilfe und Spanien siegte gegen den Iran auch mit 1:0; in dem Fall wurde der spanische Torschütze im Grunde nur angeschossen, also ein weiterer knapper, glücklicher Sieg für die Mannschaft, von der man vorher erwartet gehabt hat, daß sie das Spiel wohl für sich entscheiden wird. Das hat folgende Auswirkungen: In der Gruppe A stehen Rußland und Uruguay bereits als Achtelfinalisten fest, Ägypten sowie Saudi-Arabien sind draußen. In der Gruppe B führen Spanien und Portugal sowohl punkt- als auch torgleich die Tabelle an, gefolgt vom Iran mit drei Zählern, der einen Punkt weniger als das Spitzenduo aufweisen kann. Marokko ist leider bereits ausgeschieden, der Iran muß Portugal schlagen, oder zumindest ein Unentschieden gegen den Europameister schaffen, dann müßte Spanien allerdings gegen Marokko verlieren. Spanien reicht ein Unentschieden und dasselbe gilt auch für die Portugiesen.

So, jetzt aber noch mal zu etwas Grundsätzlichem: Nach den Spielen wurde mir immer dasselbe erzählt: Marokko, Saudi-Arabien und der Iran wären die bessere Mannschaft gewesen und hätten demzufolge mindestens einen Punkt verdient gehabt. Das ist natürlich Quatsch, denn die waren ja nur deshalb überlegen, weil sie einem Rückstand hinterhergelaufen sind. Sie hatten buchstäblich nichts mehr zu verlieren und konnten deswegen auch wesentlich mehr riskieren. Den Favoriten dagegen reichte der knappe Vorsprung völlig aus und solange ihre Gegner nicht den Ausgleich erzielten, hatten sie keinerlei Veranlassung, mehr zu machen als Dienst nach Vorschrift. Gut verteidigen und darauf hoffen, daß der Gegner nicht ins Tor trifft und das hat in allen drei Fällen auch funktioniert. Sobald das 1:1 gefallen wäre, hätte sich der Spielverlauf mit Sicherheit sofort völlig geändert. Von daher: Lobt von mir aus die Underdogs über den grünen Klee, aber so richtig toll und beklatschenswert finde ich die erst, wenn sie selbst den Führungstreffer erzielen und danach trotzdem noch ein wahres Angriffsfeuerwerk abbrennen, denn das wäre dann richtig großes Kino. Ein tolles Offensivspiel abzuliefern, nur weil man halt zurückliegt, das ist wahrlich keine Kunst, so etwas wird im Grunde von jeder Mannschaft, die nicht hoffnungslos unterlegen ist, sogar erwartet. Das hat man ja auch beim Spiel der Deutschen recht deutlich und eindrucksvoll sehen können.

Also gut, an dieser Stelle dann nun doch etwas völlig Anderes, aber auch nicht total Unpassendes, die schon mal kurz erwähnte geplante Auto-Biographie eines joggenden Radfahrers.

Ich langweilte mich schon ewig in der Ewigkeit. "Geh doch auf die Erde!" schlug mir eine befreundete Seele vor. "Was soll ich denn bei all diesen durchgeknallten Gottesanbetern?" entgegnete ich genervt. "Unruhe stiften." Das leuchtete mir ein und so machte ich mich auf den Weg in ein Leben, welches meines werden sollte.

Ich kam an einem Rosenmontag zur Welt und zwar genau in dem Jahr, in dem der Bayerische König, äh, Ministerpräsident Franz Josef Strauß nach der deutschen Krone griff, also Bundeskanzler der BRD werden wollte. Ich bin mit meinen damals siebeneinhalb Monaten ganz sicher nicht schuld daran gewesen, daß er die Wahl gegen Helmut Schmidt verloren hat, aber ich habe mich auch nicht für ihn ins Zeug gelegt, im Grunde war mir Politik zu jener Zeit total egal. Zeit war ein gutes Stichwort, denn Zeit hatte ich schon immer jede Menge gehabt, 168 Stunden in der Woche, um genau zu sein und im Gegensatz zu den Anderen, die über viel Geld verfügten, hatte ich jede Menge Zeit. Wenn der Spruch "Zeit ist Geld" tatsächlich zutreffen sollte, dann wäre ich demzufolge vermutlich steinreich. Wie auch immer, ins Krankenhaus mit einem Blumenstrauß kam nicht der Vater des Kindes, also der Mann meiner Mutter, sondern dessen Bruder, ein katholischer Pfarrer. Das fähige Krankenhauspersonal hielt ihn natürlich für den Erzeuger, denn da er keinen gut sichtbaren Zölibart trug, konnten die Leute dort ja auch nicht wissen, daß er zu denen gehörte, die offiziell keine Frauen schwängern durften. Jedenfalls wurde ich knapp vier Wochen später in die katholische Kirche reingetreten und daran leide ich noch heute. Mich hat keiner gefragt, ob ich jenem obskuren Verein beitreten möchte und da ich damals meine Zustimmung hundertprozentig nicht erteilt habe, sehe ich mich auch heute noch nicht als reguläres Mitglied jener Riesensekte an. Gestern hat die deutsche Bundesregierung übrigens bekanntgegeben, daß sie fünf Millionen Euro für Insektenschutz bereitstellt, da hab ich mir gedacht: "Na toll, noch mehr Geld für die reichen Kirchen." Letzten Endes konnte man durchaus berechtigt behaupten, daß mein Leben nicht sonderlich glücklich sowie erfolgreich gestartet war. Am Rosenmontag war ich geboren worden, deswegen blieb ich auch für alle Zeiten ein echter Faschingsmuffel und dann wurde ich nach kaum vier Wochen auf diesem merkwürdigen Planeten auch schon Mitglied in einer obskuren religiösen Vereinigung, der Kannibalismus nicht fremd zu sein schien ("Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, wird in Ewigkeit nicht sterben", wie kraß ist das denn?). Es konnte eigentlich nur besser werden, aber wenn ich heute, nach über 38 Jahren, auf mein bisheriges Leben zurückblicke, dann muß ich etwas beschämt zugeben: Irren ist menschlich und Irre sind es ebenfalls. In meiner supertollen Familie zum Beispiel waren die Irren durchaus deutlich sichtbar unterwegs und das hatte für mich später wenigstens den großen Vorteil, daß ich wegen meiner familiären Psychomacke keinen Wehrdienst ableisten mußte. Manchmal ist so ein geistiger Schaden also durchaus für etwas gut. Über meinen Großvater väterlicherseits habe ich nur ein paar merkwürdige Geschichten gehört, mein Vater war definitiv psychisch krank und hat das auch seinen beiden Söhnen, von denen ich einer bin, weitervererbt. Tja, nicht gerade die allerbesten Voraussetzungen, um in einer Welt glücklich zu werden, in der es zunächst nur ums taufen und wenig später dann halt bloß noch ums kaufen ging. Die katholische Kirche zum Beispiel verteufelte immer den Kommunismus, den Konsumismus dagegen findet sie nicht so schlecht, schon allein deshalb, weil den Bischöfen, Pfarrern und Priestern das Geld viel wichtiger als das ewige Leben zu sein scheint. Die Armen vertrösten sie sehr gerne mit der Aussicht auf Besserung im Himmelreich, sie selbst aber wollen schon auf Erden wie Könige leben und das tun sie dann auch in den meisten Fällen sehr gewissenhaft. Hin und wieder tanzt ein Papst aus der Reihe, aber das ändert nichts daran, daß die Katholiken im Geld ihren Götzen gefunden haben. Sie sind also Anti-Kommunisten sowie Pro-Konsumisten und das gilt nicht nur für den diebischen von der Elster. Auch Fußball interessierte mich 1980 noch überhaupt nicht.

38 Jahre später ist das ein kleines bißchen anders, wobei ich längst nicht mehr der süchtige Junkie bin, der ich schon mal gewesen war. Nichtsdestotrotz nahm ich meinen zweiten erfolgreichen Ergebnistip heute Nachmittag erfreut zur Kenntnis. Zugegeben, ein 1:1 zu tippen, ist nicht gerade eine echte Höchstleistung, aber angenehm überrascht war ich dennoch. Dänemark und Australien trennten sich mit eben jenem Ergebnis und die Australier haben bislang nur per Elfmeter getroffen, schon wieder hat Poulsen den Strafstoß gegen die Dänen verursacht, also schön langsam wird der Mann für das eigene Team zum Hochsicherheitsrisiko. Frankreich hat sich gegen Peru knapp mit 1:0 durchgesetzt und steht damit im Achtelfinale. 1:0 scheint wohl das Standardergebnis dieser Weltmeisterschaft werden zu wollen. Dänemark reicht gegen die Franzosen ein Unentschieden, aber Australien kann noch an den Skandinaviern vorbeiziehen, wenn man selbst gegen Peru gewinnt und die Dänen gegen die Franzmänner verlieren sollten. Wie ist das eigentlich bei den Anhängern vom ehemaligen Front National? Der heißt ja inzwischen anders, ist im Kern aber immer noch der alte Verein, nur ein bißchen auf modern getrimmt und ein wenig aufgepeppt. Freuen sich dessen Mitglieder und Unterstützer, wenn Frankreich bei der WM gewinnt? "Aber selbstverständlich", wird Deine deutliche Antwort lauten, aber da wäre ich mir nicht so sicher. Wenn so ein echter Rassist die französische Nationalmannschaft kicken sieht, dann denkt der doch, er schaut sich versehentlich das Spiel einer afrikanischen Mannschaft an, der sieht da bestimmt schwarz. Klar, das ist wirklich nicht mein Problem, aber interessieren würde es mich dennoch. War das jetzt von mir ein Affront National?Nun aber wieder schnell zurück in mein junges Unglück, denn zwischen Arschentinien und Kroatien steht es noch 0:0, wobei mir auffällt, daß es bislang bei dieser WM noch kein 0:0 als Endergebnis gegeben hat. Die WC-Ente wäre darob sicherlich bitter enttäuscht.

Meine ersten Jahre waren die eines verrückten Kleinkindes, das sich relativ brav verhielt. Im Mikrokosmos der eigenen Familie fiel man ohnehin nicht großartig auf, sondern war nur ein kleines Steinchen im familiären Mosaik. Es gab damals keine sonderlich spektakulären Aktionen meinerseits, außer daß ich schon recht früh zu quasseln begann, was wohl in allererster Linie meinem Aszendenten Zwilling geschuldet sein dürfte. Ich lebte ein ganz normales Leben und kam 1983 in den Kindergarten, wo ich mich extrem wohl fühlte, denn damals durfte man dort noch spielen. Nur eine Sache störte mich in meinem kindlichen Gerechtigkeitssinn: Wir, die etwas länger bleiben mußten, bis der Bus auch sie abholte, mußten immer das Geschirr abspülen und das fand ich nicht fair, denn die Anderen, die eher gingen, kamen dazu nie dran. Ja, ansonsten gab es eigentlich keine großen Auffälligkeiten zu vermelden, außer daß ich mal einem Mädchen am Zopf zog und mich danach zu verstecken versuchte. Die drei tollen Jahre im Kindergarten waren vielleicht die schönsten meines Lebens, auch wenn jene Tagesstätte, in die ich nur halbtags ging, einen katholischen Träger hatte. Vielleicht war es das, was mir damals am besten gefiel: Daß ich vormittags ausschlafen konnte, denn mein Kindergartenaufenthalt begann erst nach dem Mittagessen. Ja, das waren halt noch die guten alten Zeiten, als man für die konsumistische Welt völlig uninteressant war und deshalb auch nicht schon in aller Herrgottsfrühe aufstehen mußte.

Mit gut sechseinhalb Jahren wurde ich eingeschult und selbst da war alles noch im grünen Bereich. Im Sommer vor dem Schulbeginn war mein geliebter Opa gestorben, doch das hatte ich relativ schnell verkraftet gehabt, denn ich hatte mich ganz persönlich von ihm verabschieden können, als er so tot dalag. Auch meine erste bewußte WM hatte ich ein bißchen wahrgenommen und die fand in Mexiko statt. Deutschland hatte eine ziemliche Holzhackertruppe am Start, aber die schlug sich erstaunlich gut und kam sogar bis ins WM-Finale. Dort traf man auf Argentinien und ich fühlte mich in meinem kindlichen Gerechtigkeitsempfinden ein weiteres Mal arg gestört. Toni Schumacher stand im deutschen Tor, obwohl Uli Stein der bessere Keeper gewesen wäre und im Finale bewies der Kölner Torhüter mit zwei Fehlern eindrucksvoll, daß dem wirklich so war. 2:3 verlor Deutschland das Endspiel und ich als Sechsjähriger fand das schon schade, aber auch nicht sonderlich schlimm. Bundesligatechnisch war ich so gegen Ende der 80er Jahre Anhänger vom FC Bayern München und freute mich damals darüber, daß die Mannschaft ihren Namen völlig zurecht trug, denn in ihr spielten ganz viele echte Bayern.

Ohne überheblich klingen zu wollen, muß ich eines klarstellen: In der Schule gefiel es mir in den ersten vier Jahren außerordentlich gut. Ich begriff schnell und war ein kluges Köpfchen, teilweise war ich sogar unterfordert, weshalb ich in der 2.Klasse bereits Rechenaufgaben für die 3. und 4.Klasse lösen durfte. Meine Wege zur Lösung waren oft andere als die vorgegebenen, aber auch ich kam auf das richtige Ergebnis und letztendlich war das das Entscheidende. Es hätte für mich sogar die Möglichkeit gegeben, eine Klasse zu überspringen, aber damals wollte ich das nicht, einige Jahre später hätte ich davon nur zu gerne Gebrauch gemacht. Andererseits wäre ich dann noch ein Jahr eher vor einer völlig planlosen Zukunft gestanden, von daher war es so wahrscheinlich doch am sinnvollsten gewesen. Probleme hatte ich nur ein bißchen in Geometrie, denn Raum- und Flächenvorstellung funktionierte in meinem Kopf leider nicht so wie es sein sollte, weshalb meine Mathe-Note leicht darunter litt. Auch in Heimat- und Sachkunde war ich nicht der Allerbeste, aber im Großen und Ganzen war es schon so, daß meinem Übertritt aufs Gymnasium im Grunde nichts im Wege stand.

Allerdings hatte am 14.04.1989 ein Ereignis stattgefunden, welches das Leben meiner Familie grundlegend verändern sollte. Unser Vater hatte sich in einer depressiven Phase das Leben genommen und deswegen waren wir nur noch drei statt vier. Mein Bruder erholte sich von jenem Tag nie mehr und auch mich warf das Ganze ein wenig aus der Bahn. Andererseits war ich mit meinen neun Jahren noch gar nicht richtig dazu in der Lage zu begreifen, was da eigentlich geschehen war. Mich beschäftigte damals eher meine bevorstehende Erstkommunion, bei der nun einer meiner Onkel anstelle meines Vaters mitmarschieren sollte und ich befürchtete, daß dann alle glauben würden, der wäre mein Papa, was ja erwiesenermaßen nicht stimmte. Seinerzeit hatte ich ja keinen blassen Schimmer davon, daß in der Kleinstadt, in der ich zur Schule ging, quasi alle Leute wußten, was geschehen war. Auch im Religionsunterricht war ich eifrig bei der Sache, denn ich wollte die Papstmünze abstauben, die es für die beste Mitarbeit geben sollte. Zwar bekam ich am Ende des Schuljahres tatsächlich eine, doch zwei Mitschülerinnen kriegten ebenfalls so etwas, die eine als Tochter einer an unserer Schule tätigen Lehrerin gleich drei Stück, was wieder einmal meinem kindlichen Gerechtigkeitsempfinden schwer zusetzte.

Kurz noch ein Rückblick auf jenen einschneidenden Tag. Ich war in der Schule gewesen, so wie es in einem Land, in dem es eine Schulpflicht gibt, halt nun mal üblich ist und wurde vor die Tür des Klassenzimmers zitiert. Dort teilte man mir mit, daß ich nach dem Unterricht zu meiner Oma gehen sollte. Von dort aus wurden wir später zu meinen Cousins und meiner Cousine nach Kulmain gebracht, wo wir den Nachmittag über auf einem Spielplatz herumtollten. Also alles in allem für ein Kind wie mich eigentlich ein wunderschöner Nachmittag. Erst abends wurden wir dann zu uns nach Hause gebracht und dort war die Stimmung verständlicherweise am absoluten Tiefpunkt. Bitte nicht mißverstehen, ich persönlich kann es total nachvollziehen, wenn sich ein Mensch das Leben nehmen will und das letztlich dann auch tut. Scheiße ist es halt bloß für die ganzen Angehörigen und Freunde, denn die kommen darüber manchmal nur sehr schwer oder überhaupt nicht hinweg. Der Freitod ist zu jeder Zeit für alle von uns eine mögliche und überlegenswerte Option, aber man sollte, bevor man endgültig zur Tat schreitet, eben einen Moment lang nicht nur an sich selbst und das eigene unerträgliche Elend, sondern auch an die um einen herum denken, wenn es einem denn irgendwie möglich ist.

Und da war dann ja auch noch diese Kommunion. Die perfekte Symbiose von Katholizismus und Konsumismus. Wir alle wurden geködert, indem wir viele tolle und teure Geschenke bekamen, im Grunde wurden wir bestochen, um fleißig in die Kirche zu gehen und dort ein Teil der riesigen Sekte zu werden und zu bleiben, bis an unser Lebensende. Man "überredete" die meisten Kinder damals mit einem Haufen Geschenke, irgendwie schon peinlich für alle daran Beteiligten, aber die Kirche hatte es ja schon zu allen Zeiten, außer vielleicht ganz am Anfang, mit dem schnöden Mammon und ihre Vertreter sind immer ganz geil auf das Klimpern im Spendenkörbchen oder Klingelbeutel, denn sie lieben das Geld noch viel mehr als ihren Herrgott, aber zwei Göttern dienen sorgt auf Dauer halt leider für Schizophrenie. Egal, zu jener Zeit wußte ich von all diesen Dingen natürlich nichts, sondern freute mich über die vielen großartigen Geschenke.

Im September 1990 begann dann mein neues Leben. Ich wurde Schüler an einem Gymnasium in einer anderen Stadt und dort hatten wir eine Lehrerin, die uns das Fürchten lehrte. Wir hatten Angst vor jener Frau und dazu kam, daß sie 45 Minuten lang nur Englisch redete, obwohl wir davon kein Wort verstanden. Das war mal eine ungewöhnliche Methode, um Kindern eine völlig fremde Sprache beizubringen. Nur die Hausaufgabe, die diktierte sie immer auf Deutsch, damit sich da dann ja auch niemand rausreden konnte, er hätte leider nicht richtig verstanden, was wir daheim machen sollten. In den ersten beiden Jahren an der neuen Schule war ich notentechnisch betrachtet richtig gut, aber ich fühlte mich dort leider überhaupt nicht wohl. Es herrschte ein Klima der Angst, wir waren verstört und schüchtern, wir hatten einen Heidenrespekt vor jenem riesigen Gebäude, in dem wir uns nicht selten verliefen. Außerdem fiel mir immer mehr auf, daß ich wohl nicht sonderlich kommunikativ war. Small Talk lag mir überhaupt nicht und auch so wußte ich mit meinen Schulkameraden nicht allzu viel anzufangen. Ich war nichts weiter als ein kleiner Mitläufer in einer riesigen Schülerhorde, ein unbedeutendes Wichtlein im riesigen Ozean der Menschheit.

Argentinien gegen Kroatien, ein bereits vorentscheidendes Spiel in Gruppe D. Die Südamerikaner standen schon massiv unter Zugzwang, denn nach dem 1:1 gegen Island fehlten den Argentiniern zwei fest eingeplante Punkte. Und dann kam auch noch der totale Untergang. 0:3 gegen Kroatien, das war ja der absolute Wahnsinn! Kroatien steht damit bereits im Achtelfinale, also zumindest so gut wie. Nein, ich glaube die Osteuropäer sind schon fix durch, denn sie können nicht mehr von zwei Mannschaften in der Gruppe überholt werden. Rußland, Uruguay, Frankreich und Kroatien, wir haben also schon vier Achtelfinalisten. Messi scheint der Unvollendete zu bleiben, aber noch haben die Argentinier die Chance, mit einem Sieg gegen Nigeria irgendwie das Achtelfinale zu erreichen. Wenn jetzt aber Island gegen Nigeria gewinnen sollte, dann sähe es schon sehr schlecht für den WM-Finalisten von 2014 aus. Wer hätte denn so etwas für möglich gehalten? Das wäre eine absolute Sensation. Ist die Messi etwa schon gelesen? Es sieht fast so aus. Auffällig bei dieser WM sind die vielen Torwartfehler. Woran das liegt? Am Ball aus dem All? An der nervlichen Belastung? An der mangelnden Qualität der Keeper?

Im Sommer 1990 hatte ja auch eine tolle Fußball-WM in Italien stattgefunden und die deutsche Nationalmannschaft war mal wieder Weltmeister geworden. 1:0 hieß es am Ende gegen Argentinien und mit dem Videobeweis hätte es jenen Erfolg wohl nicht gegeben, denn dann wäre der Schiedsrichter sicher nicht auf Rudi Völlers Schwalbe hereingefallen. Egal, Weltmeister war man trotzdem oder eben deswegen geworden und so feierte man im wiedervereinten Land was das Zeug hielt. Ach ja, diese Wiedervereinigung von Ost- und Restdeutschland, das war ja auch so ein Riesenereignis gewesen, das mich in meiner eigenen Kindheit ehrlich geschrieben weder sonderlich beeindruckt noch beeinträchtigt hatte. Schließlich konnte ich ja seinerzeit noch nicht ahnen, daß ich später auch mal für einige Jahre "rübermachen" würde. Für Fußball interessierte ich mich mit zehn Jahren also durchaus schon, für Politik eher weniger bis überhaupt nicht.

Zurück ins Jetzt. Gestern spielten die Mannschaften von Brasilien und Costa Rica gegeneinander. Die Mittelamerikaner waren defensiv stabil, sie standen tief und so bissen sich die Südamerikaner an der costa-ricanischen Abwehr ziemlich lang die Zähne aus. Nach gut drei Vierteln des Spiels versuchte Neymar einen Elfmeter zu bekommen und der Schiri hatte ihm den auch schon zugesprochen gehabt; aber der Videobeweis sorgte dafür, daß jene Entscheidung doch noch zurückgenommen wurde. Dumm gelaufen, das Ganze. Erst in der Nachspielzeit gelang den Brasilianern dann endlich der erlösende Siegtreffer und am Ende der sieben- oder achtminütigen Nachspielzeit legte man sogar noch das 2:0 drauf. Wieder mal ein richtiger Ergebnistip von mir und so freute auch ich mich, obwohl jenes Ergebnis natürlich das Aus für die tapfer kämpfenden Männer aus Costa Rica bedeutete. Irgendwer muß halt leider auch ausscheiden.

Nigeria kam in der ersten Hälfte gegen Island überhaupt nicht zurecht, doch die Nordeuropäer hatten daraus kein Kapital (im Konsumismus ganz wichtig) schlagen können, weshalb man mit 0:0 in die Halbzeitpause gegangen war. Nach dem Seitenwechsel hatte Island einen Einwurf weit in der gegnerischen Hälfte und daraus entstand dann ein Konter der Nigerianer, den die Afrikaner zur Führung nutzten. Später erhöhten sie noch und da die Isländer einen Elfmeter nicht verwandeln konnten, siegte Nigeria mit 2:0. Wäre ich Fußballtrainer dann würde ich dafür Sorge tragen, daß sich mein Team keinen Konter einfängt, aber das nur mal so nebenbei, denn ein Kontergegentor ist eines der dämlichsten Gegentore, die man überhaupt bekommen kann, weil es an sich völlig unnötig und total überflüssig ist. Nigeria reicht gegen Argentinien fast schon ein Unentschieden, um das Halbfinale zu erreichen, Island muß gegen Kroatien unbedingt gewinnen und darauf hoffen, daß Argentinien gegen Nigeria nicht viel höher gewinnt als sie selbst.

Serbien ging gegen die Schweiz in Führung, kassierte in der zweiten Halbzeit den Ausgleich und fing sich in der Schlußminute nach einem Konter der Eidgenossen noch das 1:2 ein. Damit führen Brasilien und die Schweiz die Tabelle an, Serbien braucht eigentlich einen Sieg gegen Brasilien, um das Achtelfinale zu erreichen. Es fielen mal wieder sehr viele späte Tore, auch so ein Kennzeichen dieser WM.

Wie ging es bei mir weiter? Zu schaffen machte mir in der Schule vor allem das Schwimmen im Sportunterricht, denn das konnte ich nicht wirklich und so gehörte jener Wassersport für mich zu einer höllischen Qual, der ich nur allzu gerne entgangen wäre. Das war aber leider nicht möglich und so quälte ich mich alle paar Wochen ins Wasser, um aus jenem etwas später völlig erschöpft wieder herauszukriechen. Meine schulischen Leistungen wurden von Jahr zu Jahr immer schwächer, denn mich hatte eine schleichende Depression gepackt und die sorgte dafür, daß mir irgendwann alles egal war und jede Sekunde meines Lebens für mich eine absolute Zumutung darstellte. Ich wollte nicht mehr leben, schaffte es allerdings auch nicht, mich umzubringen und so vegetierte ich jahrelang vor mich hin, stank wie ein Iltis und belästigte meine Mitschüler ansonsten lediglich durch meine penetrante Teilnahmslosigkeit. Das bedeutete jedoch leider nicht, daß ich nicht am Schulunterricht teilnahm, denn es gab da ja die besagte Schulpflicht, etwas typisch Deutsches, das zu diesem Land so gut paßt wie nichts Anderes. Etwas Sinnloseres wie Schulunterricht dürfte auf diesem Planeten wohl schwerlich zu finden sein und vermutlich genau deswegen wird er überall praktiziert und laut angepriesen. "Die armen Kinder in Afrika können nicht in die Schule gehen", heißt es dann immer. Diese Glückspilze, die haben es gut, etwas Besseres hätte denen überhaupt nicht passieren können!

Also leben wird ja auch grundsätzlich immens überschätzt. Was nützt es Dir denn, auf der Welt zu sein, wenn Dir andauernd jemand Vorschriften macht, was Du zu tun und lassen hast? Mal sind es die Eltern, ein andermal der Chef in der Arbeit und wenn das nicht reicht, dann mischt sich auch noch Rabenvater Staat in Dein Leben ein. Ein selbstbestimmtes Leben zu führen ist unter diesen fürchterlichen Voraussetzungen so gut wie unmöglich und genau das ist ja auch der Sinn der Sache. Wir sollen das tun, was Andere von uns verlangen, dazu wurden wir auch erzogen, denn nur so sind wir wichtige Mitglieder der Gesellschaft, die von ihren lieben Mitmenschen ausgebeutet werden können und darin besteht nun mal der tiefere Sinn vom Kapitalismus und seinem geliebten Bruder, dem Konsumismus.

Nichts reparieren, immer gleich etwas Neues kaufen, konsumieren bis zum Exitus, denn sonst funktioniert das System nicht mehr und alles bricht auseinander. Stell Dir vor, die Geschäfte haben offen und keiner geht hin! Das wäre doch mal was, dann würde hier alles ein schnelles Ende finden, denn ohne den Konsum ist der Kapitalismus voll am Arsch und reibt sich nicht länger vergnügt die schmutzigen Hände. Genug palavert, nun wieder rein in die WM, mit Belgien gegen Tunesien. Elfmeter müßt Ihr verwandeln, wenn Ihr Spiele gewinnen wollt. Das galt sowohl für Belgien, als später auch für Mexiko. 14 Elfmeter nach 28 Spielen, jetzt schon mehr als bei der kompletten Weltmeisterschaft 2014, da hat wohl in den Strafräumen eine Revolution stattgefunden. Oder die Schiedsrichter waren halt früher wirklich genau so blind gewesen, wie man immer schon vermutet gehabt hatte. Belgien fegte wie ein Tsunami über die Tunesier hinweg und die konnten wenigstens den letzten Treffer des Spiels erzielen, es gab auch diesmal wieder späte Tore, 5:2 hieß es am Ende für Belgien. Algerien, Marokko und Tunesien gehören ja zu den sogenannten Maghreb-Staaten, die bei uns in Deutschland (außer bei den tollen Grünen, also der Partei, nicht der Polizei) nicht sonderlich beliebt sind, weil von denen jede Menge junge Männer bei uns rumlungern, Drogen verchecken, Frauen begrapschen, Diebstähle verüben und lauter solches Zeug, da sie wissen, daß sie in Deutschland keinen Anspruch auf Asyl haben. Ihre Heimatländer wollen sie allerdings auch nicht zurückhaben, was man ja durchaus nachvollziehen kann, denn wer braucht schon solche kriminellen Taugenichtse und deswegen bleiben sie halt trotzdem bei uns. In Rußland muß niemand ernsthaft befürchten, daß von den Nordafrikanern jemand dortbleiben wird, da können sie dem Staat nämlich nicht so auf der Nase herumtanzen wie bei uns und deswegen gefällt es ihnen dort auch nicht so besonders. Tunesien ist also bei der WM ausgeschieden, Belgien dagegen steht quasi schon sicher im Achtelfinale.

Mexiko ging gegen Südkorea durch einen Elfmeter in Führung und erzielte das 2:0 nach einem Konter. Doch dem Tor war ein klares Foul eines Mexikaners an einen Südkoreaner vorausgegangen, welches der Referee aber nicht geahndet gehabt hatte. Und da frage ich mich dann schon, was das mit dem Videobeweis eigentlich soll, wenn so etwas nicht moniert wird. Südkorea gelang in der Nachspielzeit zwar noch der 1:2 Anschlußtreffer, aber für mehr reichte es dann am Ende doch nicht. Damit sind die Asiaten schon fast ausgeschieden, Mexiko dagegen steht bereits beinahe im Achtelfinale, außer wenn Deutschland gegen Schweden gewinnen würde und man selbst gegen die Skandinavier den Kürzeren ziehen sollte, dann könnte es noch einmal eng werden, aber auch nur, wenn die Deutschen Südkorea schlagen. Also ich glaube, wenn das mit der Annäherung zwischen Süd- und Mord-, äh, Nordkorea weiter so vorwärtsgeht, dann kann man dort ein frühzeitiges Scheitern irgendwie durchaus verkraften, denn vielleicht spielt man schon 2022 mit einem gesamtkoreanischen Team und das hätte bestimmt viel bessere Chancen.

Genug gefachsimpelt. Ich war 1994, als im Sommer die WM in den USA stattfand, ziemlich depressiv drauf und als die Deutschen dann gegen Bulgarien rausflogen, war mir das relativ egal. Gab es seinerzeit eventuell sogar einen kleinen Anflug von Schadenfreude, denn ich persönlich hielt nicht wirklich viel von Hans-Hubert Vogts, dem "Terrier" aus früheren Zeiten. 1992 hatte er es mit seinem Team ja bis ins EM-Finale geschafft gehabt, dort allerdings mit 0:2 gegen die Dänen verloren. Gegen die Dänen, die sich überhaupt nicht für die EM qualifiziert gehabt hatten, so etwas muß man sich mal vorstellen, das ist doch echt ein Skandal! Nur wegen des Jugoslawien-Krieges durften die eigentlich qualifizierten Jugos nicht mitspielen und deshalb waren die Skandinavier überhaupt erst nachgerückt.

Ich für meinen Teil nahm 1994 als Hobbyspieler bei einer Tischtennis-Stadtmeisterschaft teil und damit ich als nicht Vereinsspieler eine faire Chance hatte, durfte ich bei den Jüngeren mitspielen. Das reichte dann immerhin für den 3.Platz und ich wurde angesprochen, ob ich mir nicht vorstellen könnte, bei einem Sportverein aktiv mitzuspielen. Das konnte ich trotz Depression tatsächlich und so begann 1994 meine mittlerweile (mit Unterbrechungen) 24jährige "Tischtenniskarriere". Früher spielten wir mit größeren Bällen, jeder Satz dauerte mindestens bis man 21 Punkte gemacht hatte und man hatte fünf Aufschläge hintereinander, außerdem reichten schon zwei gewonnene Gewinnsätze zum Sieg. Heutzutage sind die Bälle kleiner und bald nur noch aus Plastik, man hat zwei Aufschläge am Stück, muß drei Sätze gewinnen, um das Match für sich zu entscheiden und die neue Regel lautet: Elf Punkte müßt Ihr machen, wenn Ihr Sätze gewinnen wollt.

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