Kitabı oku: «Wildnis Nordkanada - Paradies und Hölle», sayfa 2
Das Tagebuch
Das Tagebuch half mir sehr,
Einsamkeit und Qualen zu überstehen
– und stets neue Hoffnung zu schöpfen.
Heimat ade
20. Januar 1989
Bei einem Bierchen sitzen wir in Thomas’ Wohnung und diskutieren uns die Köpfe heiß über den Abreisetermin. Ostern steht zur Debatte.
Er war zuerst dagegen, meinte, es sei (noch) zu früh; ließ sich jedoch von mir überzeugen: „Je früher, desto besser.“
Der Entschluss steht fest: Abflug, Ende März bzw. erste Aprilwoche. Letzte Vorbereitungen, „Count Down!“
Irgendwie hat man Schiss vor der eigenen Courage.
Je mehr abschließende Vorbereitungen abgewickelt werden, desto stärker kommt ein gemischtes Gefühl von Glück, Freiheit und sogar ein Hauch von Bammel auf.
Der Flug ist gebucht.
Spezielle Kleidung beschafft. Es gibt Probleme mit den Waffen. Werden dabei wahrscheinlich auf einen Cousin von Thomas in Kanada angewiesen sein.
7. April
Hatten seit der letzten Eintragung eine Unmenge von Dingen zu erledigen. Die Ausrüstung musste noch vervollständigt werden. Fanden nachts kaum Schlaf.
Dann war es endlich so weit. Endlich!
Nach einer gesamten Reisezeit von 23 Stunden (Frankfurt – New York – Toronto – Thunder Bay), wurden wir von besagtem Cousin am Flughafen abgeholt. In Toronto (Maschinenwechsel), schlugen wir uns vor Freude auf die Schulter, weil wir dort, mehr als erwartet, eine Aufenthaltsgenehmigung von sechs Monaten erhielten.
Unsere gute Laune ist jedoch mittlerweile wieder etwas gedämpft. Kein Wunder. Rund um die Uhr unterwegs. Noch schlimmer, der Rucksack von Thomas kam nicht in Thunder Bay an.
Verschafften uns vorerst einen allgemeinen Überblick. Es liegt noch Schnee und ist ziemlich kalt. In den hohen Norden können wir also frühestens in zwei bis drei Wochen aufbrechen.
12. April
Man zeigte uns in den letzten Tagen Sehenswürdigkeiten rund um Thunder Bay. Spazierten auf dem vereisten Lake Superior, zweitgrößter See der Welt. Tags darauf ein Ausflug zu den Kakabeeka-Falls, die noch halb zugefroren sind. Das Wasser brach durch die Eisschollen und spritzte turmhoch wie Wasserspiele. Ein toller Anblick!
Sammeln täglich Informationen, wie am besten ans Ziel zu kommen wäre. Alles zu teuer. Zudem versucht jeder, mit dem wir über unser Vorhaben sprechen, uns dieses auszureden. Gründe dafür seien wiederholte Waldbrände um den Sklaven-See und die entsetzliche Schnakenplage in den N.W.T.. Bis jetzt sind wir aber standhaft und werden dies wohl auch bleiben.
17. April
Immer noch zu kalt zum Aufbruch.Obwohl die letzten Schneereste schmelzen, sinkt die Temperatur nachts auf ca. -10 Grad. Haben die Zeit genutzt, den günstigsten Weg zu finden: Mit einem Coca-Cola-Truck von Thunder Bay nach Winnipeg, per Anhalter nach Edmonton, von dort mit dem Zug nach Enterprice, südlich am Großen Sklaven See. Yellowknife liegt am nördlichen Seeufer. Müssen also das riesige Gewässer halb umgehen. Dort sollen irgendwie Waffen besorgt werden. Dann verschwinden wir für Monate in den Wäldern der kanadischen Wildnis.
Waren am Wochenende nach Duluth in die grenznahe USA gefahren, Angelausrüstung zu kaufen. Viel billiger als in Kanada.
Heute Kontakt mit Deutschland aufgenommen. Mama teilte mir mit, dass zwei Tage nach unserem Abflug Oma verstarb. Mir blieben die Worte im Halse stecken und legte auf.
24. April
Die etwa drei Wochen Aufenthalt in Thunder Bay waren zwar nicht langweilig, doch das Abenteuerfieber wird allmählich unerträglich. Sehnen den Tag des Aufbruchs herbei.
Mittlerweile etwas wärmer geworden, jedoch laut Kanadiern, im Vergleich zu den letzten Jahren, immer noch zu kalt.
Mit etwas Glück können wir kommenden Freitag mit einem Truck nach Winnipeg fahren.
Bis jetzt freuen wir uns noch auf „Wildlife“ pur.
3. Mai
Schon vier Wochen in Kanada und sitzen immer noch hier fest. Es gab mit dem Truckfahrer, der uns vor einer Woche nach Winnipeg bringen sollte, ein Kontaktproblem. So mussten wir weiter ausharren. Haben Karten gespielt und gefischt. Auch sonst irgendwie die Zeit ungeduldig um die Ohren geschlagen. Aber nun reicht´s!
Nochmal deutlich wärmer. Ideales Wetter. Morgen früh wollen wir endgültig aufbrechen, auch ohne Truck, vielleicht die gesamte Strecke per Anhalter. Viertausend Kilometer! Keine Kleinigkeit!
Quer durch Kanada
7. Mai
„Denn erstens kommt es anders - und zweitens als man gar nicht denkt.“
Am 3.5. abends teilte uns Werner mit, dass es noch selbige Nacht losgehen soll. Also, klappt doch!
Ein Coca-Cola-Truck nahm uns mit bis Dryden (Ontario), das freilich nur 400 km von Thunder Bay entfernt liegt. Doch wir hatten Glück. An einem Rastplatz nahm uns der nächste Fernfahrer auf, über Winnipeg bis Edmonton.
Auf der Reise versuchte uns der Fahrer (Sheldon) davon zu überzeugen, dass seine Heimat, „B.C.“ (British Columbia), die schönste Provinz von ganz Kanada sei. Davon mussten wir uns natürlich selbst überzeugen und fuhren mit ihm an Edmonton vorbei, durch die Rocky Mountains an die Westküste Kanadas, bis Vancouver am Pazifischen Ozean. Auf dieser 3.400 km langen Strecke, in lediglich drei Tagen, sahen wir mit großem Interesse die Provinzen Ontario, Manitoba, Saskatchewan und Alberta.
Und er hatte recht. So wie die Landschaft in Britisch Kolumbien, hatten wir uns eigentlich ganz Kanada vorgestellt. Vom Highway aus sieht man jede Menge Flüsse und Seen. Kaum eine Meile, ohne ein Tier zu entdecken: freche Kojoten, majestätische Adler, stattliche Elche. Häufig zeigten sich stolze Wapitis (Hirschart); einmal sogar imposante Bisons. Na, ist das nicht ein gelungener Auftakt?
Also sind wir in Vancouver gestrandet. Gestern Abend waren wir sogar in den Discos der Schickeria. Bald gab´s Kontakt und wurde zu einer „fetzigen“ Party mitgenommen.
10. Mai
Die letzten Tage kreuz und quer durch Vancouver. Eine sehr eindrucksvolle Metropole. Hier tobt Dolce Vita scheinbar Tag und Nacht. Doch heute hat das süße Leben ein Ende. Sheldon bekam eine Tagestour nach Seattle (USA). Lässt man sich freilich auch nicht entgehen.
Leider hatte diese Fahrt ungute Folgen. Als wir wieder nach Kanada einreisen wollten, ließ man uns nicht durch. Diskutierten lange mit dem Zollbeamten, einem Asiaten, der unsere Rückflugtickets sehen wollte. Diese ließen wir unbedacht in Thunder Bay zurück. Hatten außerdem für dessen Geschmack nicht genug Geld dabei. Dass wir per Anhalter kamen, gefiel ihm obendrein nicht. Debattierte mit diesem „schit Grenzler“ lange herum; zeigte ihm unsere Visa. Nach seiner Meinung waren diese, nach Verlassen von Kanada, ungültig geworden. Jetzt war guter Rat teuer. Doch urplötzlich nahm er die Reisepässe, drückte seinen Stempel rein, gab sie retour, zeigte Richtung Kanada und sagte „Go!“ … Und nichts wie weg!
Wieder im Truck, schauten wir in unsere Papiere und stellten jubelnd fest, dass die Aufenthaltsgenehmigung bis 9.11.1989 verlängert war. Frage niemand nach dem Grund dieser Handlung. Asiatische Mentalität?
13. Mai
Sheldon bekam eine neue Tour, zurück nach Edmonton. Das bedeutete für uns: „Los. Go North.“
Gestern morgens hieß es Abschied nehmen: Bye, alter Trucker-Kumpel, tausend Dank, durch dich haben wir viel gesehen.
Weitertrampen! „Das Wandern ist des Müllers Lust!“ Aber nicht Thomas Müller´s und ebenso wenig meine; auf Asphalt wohlgemerkt. Schon bald stoppte das erste Auto. Fast im fliegenden Wechsel gings voran. Dazwischen manche Meile marschiert. Bis abends mehrere hundert Kilometer absolviert. Dann im Freien bei Frost übernachtet. Brrr! .
Heute war es reine Knochenarbeit. Mit Blasen wie Fünfmarkstücke an den Füßen, waren wir Stunde um Stunde auf Schusters Rappen unterwegs. Erst nachmittags hielt ein Pick Up. Wurden auf offener Ladefläche bis Peace River, weitere zig Meilen mitgenommen. Der Fahrtwind pfiff uns gehörig um die Ohren. Waren dennoch bester Laune.
Diese Nacht schlafen wir nochmal in einem Motel, aber dann heißt es „Zähne zusammenbeißen.“ Als die Empfangsdame hörte, dass wir nach Yellowknife möchten, ging sie prompt ans Telefon und rief die nächste Radiostation an. So kam es aus dem Äther: „Zwei nette Deutsche wollen zum Slave Lake. Helft ihnen, wenn es eure Richtung ist. Abzuholen im Motel Travelers-Inn.“
Hörte sich gut an am Radio. Half leider nichts. Mit bereits ramponierten Sohlen gings folgenden Tages weiter, per Pedes; stundenlang, bis zu völliger Erschöpfung. Kurze Pause und stiefelten weiter. Dieses leidvolle Spiel dauerte bis zum späten Nachmittag. Endlich hielt ein Kleinbus. Die Tür wurde geöffnet und jemand fragte: „Enterprice?.“ Wir konnten’s nicht fassen. Enterprice, am Südufer „Großer Sklaven See.“ Damit wäre es fast geschafft.
Dann, ach welche Enttäuschung! Als wir dort ausstiegen, war weit und breit keine Menschseele zu sehen. Schauten in offen stehende Häuser und stellten fest: Eine Geisterstadt, total verwahrlost. Lediglich am Rande des Ortes, in einer kleinen Bude, war eine alte weißhaarige „black woman“ anzutreffen. Sie bereitete den nächsten Schock damit, dass der einzige Weg, nach Yellowknife, nämlich die Straße um die Westseite des Sees, nicht frei ist. Bei Fort Providence, wo der Mackenzie River die Straße unterbricht, gibt es keine Brücke. Im Winter verbindet meterdickes Eis die Flussufer, im Sommer eine Fähre. Beide Möglichkeiten kommen zurzeit wegen Brucheis nicht in Frage. Verdammter Mist!
So blieb nichts anderes übrig, als die nächste Siedlung (Hay River) anzusteuern und dort „Break Up“ abzuwarten.
Zufällig hielt zur gleichen Zeit ein Auto vor der Hütte der Alten. Der Fahrer wollte gleichfalls in Richtung Hay River und nahm uns gerne mit. Während der Fahrt erzählte dieser, deutsche Vorfahren zu haben und spielte aus einer Cassette heimatliche Volksmusik, wozu wir selbstverständlich kräftig mittönten. Beste Stimmung.
Kamen um Mitternacht in Hay River an. Da zu dieser späten Stunde bereits alles geschlossen war, legten wir uns im nahen Wald, ohne das Zelt aufzuschlagen, todmüde und ausgehungert, schlafen.
Am frühen Morgen weckte die Tramper eisige Kälte. Am ganzen Leib zitternd, packten wir unser Bündel, gingen in den Ort und suchten das erste Café auf. Oh, wie gut tat da eine Tasse heißer Kaffee, zu dem wir gleich mehrere Stücke Kuchen gierig verschlangen. Kamen mit einer netten Frau ins Gespräch und wurden gefragt, was wir um diese Jahreszeit so weit im Norden wollten. Teilten unser Vorhaben mit, worauf sie erklärte, ihr Mann sei Besitzer der kleinen Firma „Buffalo Airways“, die täglich Yellowknife anfliegt. Da knapp bei Kasse, boten wir an, für den Flug zu arbeiten. Der Deal war perfekt.
Die Frau nahm uns gleich mit. Man hätte genügend zu tun am Flughafen. Was heißt da Flughafen? Am kleinen Rollfeld stand so etwas wie eine Lagerhalle, umgeben von Bretterbuden. Unverzüglich packten wir an. Diverse Hilfsarbeiten. Zwischendurch gab´s ein Schnäpschen. – Kann man lassen!
Die fleißigen Deutschen haben wohl imponiert, denn noch am selben Abend hieß es: „Boys, tomorrow your flight to Yellowknife.“ Waren nicht wenig überrascht. Ursprünglich war ein paar Tage Maloche geplant.
Im Unterkunftshaus für Piloten und Mechaniker durften wir nicht nur kostenlos übernachten, bekamen auch reichlich zu futtern. Na, also!
Saßen schon früh am nächsten Tag in einer Zweimotorigen aus dem letzten Weltkrieg, die, wie man erklärte, auch in Deutschland Dienst tat. Komisches Gefühl.
Yellowknife heute
Im Umfeld der Stadt liegen Goldminen.
Startloch Yellowknife
18. Mai
So kamen wir vorgestern endlich in Yellowknife an und schlugen am Campingplatz die Plane auf. An diesem Tag gabs ziemlich viel zu tun. Gute Landkarten, 1:250.000, von dem Gebiet, durch das die Tour führen sollte, mussten besorgt werden (spätere Anmerkung: 1:50.000 wäre entschieden besser gewesen). Die Angellizenz wurde gekauft und bei der „Royal Canadian Mountain Police“ (RCMP) beantragte ich einen Waffenschein, worauf aber noch einige Tage zu warten wäre. Ein Herr vom Informationsbüro, mit dem ich schon von Deutschland aus telefonierte und der uns hier helfen wollte, ist zur Zeit nicht in der Stadt. Waren folglich ganz auf uns selbst angewiesen.
Da wir nur Suppenpulver haben und in dem noch zugefrorenen See nicht fischen können, packte man die mitgebrachten Schleudern aus und frohgemut gings in naher Umgebung auf die Jagd. Welch ein Erfolg! Thomas erlegte ein Eichhörnchen, ich einen großen Vogel, ähnlich einem Perlhuhn. Das Eichhörchen gab eine kräftige Fleischbrühe.
Das Huhn wurde über dem Lagerfeuer gegrillt.
Da es hier oben noch zu kalt ist, Tagestemperaturen um Null, wird die Zeit bis zum Aufbruch in die Wälder mit Kartenspielen und Jagen totgeschlagen. Yellowknife ist Hauptstadt der Northwestterritories. Eigentlich ein Städtchen. Für Europäer eigentümlich wirkend, aber typisch für den Norden Kanadas: Eine Mischung aus Goldgräbersiedlung mit Blechhallen und bunten Holzhäusern, bereichert mit Verwaltungsgebäuden und Einkaufcentern, teils durchzogen mit Schotterstraßen. Man spürt noch deutlich den Geist der Pionierzeit.
Viele der nur etwa 20.000 Einwohner sind in Verwaltung und Handel tätig. Auch nahe Bergwerke (Gold, Kupfer) nähren die Leute. Sie sind ausgesprochen nett und hilfsbereit.
Die Ansiedlung verdankt ihren Namen dem gleichlautenden Fluss, an dessen Einmündung in den Great Slave Lake sie liegt. Am Yellowknife River lebten Chipewyans, die von ihren Stammesgenossen die „Gelben Messer“ genannt wurden, weil deren Waffen z.T. aus Kupferlegierung bestanden.
In einem außenliegenden Stadtteil findet man vorwiegend primitiv zusammengenagelte Hütten aus Brettern und Blech. Wegen deren bunter, hübscher Bemalung Rainbow-Valley genannt. Es ist das Indianerviertel. Und mitten drin, an einem Hang, steht eine feudale Holzvilla, wo, und es stimmt in der Tat, traditionsgemäß der Häuptling residiert. Zwischen den Behausungen verschandelt eine Menge Unrat die sonst eigentliche Idylle. Leider kann man auch manch angetrunkenen Indianer beobachten. Obwohl die Natives, grob ein Fünftel der Einwohner, sehr freundlich sind, bewegt man sich in dieser Gegend nicht ganz ohne gemischte Gefühle.
Auch dem Inuit (Eskimo), mit ihren verschmitzten, rundlichbreitbackigen Gesichtern, begegnest du in der Stadt. Sie sollen besonders kontaktfreudig sein. Dem Fremden sei allerdings geraten, das Wort Eskimo nicht zu gebrauchen. Darauf reagieren sie äußerst empfindlich. Dies rührt noch von der Zeit der feindlichen Auseinandersetzungen mit den Indianern her, welche sie so mit Schimpfnamen hießen. Bedeutet so viel wie Rohfleischfresser.
20. Mai
Waren gestern bei der RCMP wegen Waffenpapiere. Müssten mindestens noch eine Woche Geduld haben. Interpol muss erst Auskunft in der BRD einholen, und das kann dauern. Nach kurzer Überlegung stand fest, noch warten bis nächsten Mittwoch und dann geht´s los; mit oder ohne Waffe.
Die Landschaft nördlich des Großen Sklavensees ist herrlich. Eine felsige Gegend, von Moos überzogen, mit kargen Fichten- und Birkenwäldern bewachsen.
Viele kleine Seen, zwischen denen sich Bäche ihren Lauf suchen.
Müssen aus unseren Rucksäcken unbedingt Gewicht zurück lassen. Hauptsächlich Klamotten. Nur die Kleider am Leib, sowie Jogginganzug und Wechselwäsche sind für die nächsten drei Monate geblieben. Dennoch, mit Feldflasche, Angelgerät, Plane, Schlafsack, Isomatte, Schleuder, Kamera, Landkarten, Tagebuch, Tee, Gewürzen, Tabak, Kochgeschirr, Taschenlampe, Seile, Medizin und Verbandsbeutel, Sonnenbrille, Kompass, Regenzeug, Moskitonetz und -Spiralen, wiegt der Rucksack immer noch knapp 20 kg. Fast zu viel, um durch den Busch zu streifen. Aber alles eigentlich unverzichtbare Dinge auf der geplanten dreimonatigen Tour durch die absolute Wildnis.
Haben gestern stundenlang Briefe geschrieben. Wieder sehnt man bei Kartenspiel und Jagd (mit der Schleuder) den Tag des Aufbruchs herbei. Wie gesagt, wenn nicht mit, dann in Gottes Namen auch ohne Gewehr.
21. Mai
Einmal mehr werden genauestens die Landkarten studiert. Der Weg soll uns den Yellowknife River entlang flussaufwärts, Richtung Norden führen. Möchten gerne seinen Ursprung finden und erkunden. Von da soll’s nach Snare Lakes, am Snare River gehen. (Luftlinie 200 km). Diesen Ort hat man als kleine Indianer-Siedlung beschrieben. Etwa 20 Familien vom Stamm der Dogribs sollen dort noch ziemlich natürlich und bescheiden in einfachen Hütten leben. Sie finden ihr Auskommen durch Tauschgeschäfte mit unterschiedlichsten Tierfellen, sowie verschiedensten Erzeugnissen des Indianerhandwerks. Diese Waren sind bei den „Weißen“ wieder vermehrt gefragt.
Die Natives werden obendrein von der Regierung entsprechend unterstützt. Im Dorf leben außerdem ein katholischer Pfarrer und eine Krankenschwester.
Dürfte eigentlich kein allzu großes Problem sein, in einigen Wochen Snare Lakes zu erreichen. Das große Ziel aber ist an sich der Great Bear Lake am Polarkreis. Bis dahin wären es nochmal etwa 300 km. Wohlgemerkt, Luftlinie. Doch, wie gesagt, die Indianer-Siedlung ist zunächst angestrebtes Etappenziel. Je nach Jahreszeit, der erste Schnee kann in diesen Breiten bereits Mitte September fallen, und sonstiger Lage bzw. Umstände, ziehen wir weiter oder überwintern in Snare Lakes. Man wird sehen.
Auf der Karte ist ersichtlich, dass der Yellowknife River äußerst unregelmäßig verläuft. Streckenweise ganz schmal, unzählige Wasserfälle sind eingezeichnet, mit vielen Bögen und Seitenarmen, dann wieder zu kilometerbreiten Seen ausgebildet. Wir werden also ganz schöne Umwege machen müssen. Und immer wieder will man uns warnen, einen derartigen Wahnsinnstrip zu unternehmen.
Ein alter Trapper, er lebt jetzt am Rande der Stadt, den wir vor wenigen Tagen beim Jagen zufällig kennenlernten und ihm von dem Plan erzählten, meinte:
„Jungs, eigentlich kein Problem, ich habe jahrelang da draußen gelebt. Sehr gut sogar. Gebt nur acht auf eure Ausrüstung, seid nicht leichtsinnig, und – fürchtet euch vor dem Winter.“ Dann sagte er noch etwas; etwas ganz Merkwürdiges: „Der Busch da draußen, Guys, ist keine übliche Wald- und Seenlandschaft“ – ist eine Weile nachdenklich, runzelt noch mehr seine alte Stirn, sieht uns aus tiefliegenden, schmalen, hellgrauen Augen an und verabschiedet sich mit leiser, eigenartig klingender Stimme: „Ja, ja, der Busch, entweder du liebst ihn, oder du hasst ihn, es gibt kein Dazwischen!.“
24. Mai
Noch am Abend der letzten Eintragung wurden wir von anderen Campern zu einem Bier eingeladen. Aus dem einen wurde natürlich wieder eine tolle Fete. Eine gute Bekanntschaft bahnte sich an. Diese netten Leutchen boten uns sogar Logis, bis endlich der Waffenerwerbschein in der Tasche ist. Dankend angenommen. Auch die Nachbarn, die Eigentümer ihres gemieteten Hauses, lernten wir bald kennen. Ein älteres Ehepaar. Feine Menschen, freundlich und immer hilfsbereit. Eric stets zu Späßen aufgelegt. Manchmal hat er auf seiner „Saw“ vorgespielt. Dabei streicht er mit einem Bogen über eine Säge, die, zwischen den Beinen eingeklemmt, mit der freien Hand mehr oder weniger gebogen wird. Zauberhafte Töne entlockt er seiner „Teufelsgeige“, wie man dieses Instrument zu Hause in den Alpenländern bezeichnet. Und dazu singt man natürlich. Schöne Stunden!
Und Eva, seine Frau, immer dabei! Die Herzlichkeit in Person. Und sie bäckt so köstliche Heidelbeer-Muffins.
Waren heute früh abermals bei der RCMP. Man sagte, es läge noch keinerlei Nachricht von Interpol vor.
Da wir offensichtlich willkommene Gäste im Hause unserer neuen Bekannten sind, ist nun doch ein Bleiben bis zum kommenden Wochenende geplant.
Sie haben kürzlich begonnen, eine Veranda aus Holz zu bauen. Da alle berufstätig sind, geht es langsam voran. Also anpacken. Wir hoffen, die Veranda wird bis zum Wochenende fertig. So kann man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: die Einweihungsfeier der Veranda, zugleich Abschiedsparty. Letzte Fete vor Aufbruch in die Wildnis. „Good bye“ Bier; du bist zwar nicht so gut wie das heimische, werden dich dennoch sehr vermissen.
26. Mai
Nachdem gestern bis spät am Verandabau emsig beschäftigt, Thomas hundemüde zu Bette ging, war noch ein kleiner Streifzug durch Yellowknifes Kneipen fällig. Besonders diejenigen machten neugierig, wo überwiegend Indianer ihr Feierabendbier trinken. Eintretend, nach einem Plätzchen umsehend, fällt mir an der Theke ein nicht großer, hagerer Mann in etwas ungewöhnlicher Kleidung auf. Er trug Hose und Jacke aus hellbraunem, rauem Leder, an mancher Stelle geziert mit bunten Stoffstreifen. Da der Barhocker zu seiner Linken frei war, nahm ich dort Platz und bestellte ein Bier. Kam bald mit diesem Indianer, sein Alter war schwer zu schätzen, ins Gespräch und lenke auf das Thema Busch, wobei manch Interessantes zu erfahren war. Unterdessen brachte er selbst die Rede auf das Leben der Vorfahren. Neugierig lauschte ich seinen Worten.
„Meine Mutter“, begann er, „hat mir viel über alte Zeiten erzählt, wie sie es selbst von ihren Eltern wusste.“ Bereitwillig gibt er Antwort auf viele meiner Fragen. Doch während wir so reden, verfinstert sich sein Ausdruck zunehmend, bis ihm letztlich die traurig klingende Stimme versagt. Er schweigt lange, stiert unbeweglich in das Glas. Fährt dann mit ruhigem Ton fort: “Der Vater meines Großvaters, selbst noch ein Kind, lebte mit seinen Eltern in einem Hüttencamp vieler Familien in einer Gegend am Snare River, wo die Jagdgründe gutes Leben boten. Durch Tausch von Biberfellen bekamen sie von Weißen manch nützliches Gerät. Man hat glücklich und zufrieden gelebt. Bis eines Tages, spät im Indianersommer, der erste Schnee war bereits gefallen, Vater und Sohn im Morgengrauen das Camp verlassen, um nach ihren Biberfallen zu sehen. Unterwegs finden sie fremde Fußspuren, die geradewegs zu einer der aufgestellten Traps führten. Näherkommend, ist jemand kniend beschäftigt, einen gefangenen Biber zu töten. Der Vater hieß den Jungen zurückbleiben und geht auf den Fremden zu. Nach kurzer Auseinandersetzung kommt es zu einem Handgemenge, das die Streitenden in Schnee wälzend fortführen, bis endlich der Dieb regungslos liegenblieb. Der Vater nimmt den Biber, um zu seinem verängstigten, hinter einem Baum wartenden Kind zu gehen. Knapp dort angelangt, donnert ein Schuss durch den Wald. Im selben Augenblick sinkt der Vater zu Boden. Ohne zu überlegen nimmt der Junge die Flinte, die ihm der Vater zur Obhut zurückließ, legt im Schutze des Baumes an und tötet mit dem ersten Schuss den gemeinen Mörder. Dann schleifte der Sohn den sterbenden Vater auf weitem Weg nach Hause.“
Noch zu Lebzeiten des Urgroßvaters, eben jenes herangewachsene Kind, wurde das Camp aufgelassen. Seit jener Zeit kamen die nachfahrenden Väter mit deren Söhnen jedes Jahr im Indianersommer dorthin zurück, um dieses Schicksals zu gedenken. „So hat es mein Vater erzählt“, beendet der Thekennachbar die traurige Geschichte. „Nur ich“, sagt er abschließend, „war lange nicht mehr dort“, hält für eine Weile inne, um sich die Tränen aus dem Gesicht zu wischen, „ich habe keinen Sohn.“
Nach diesen Worten ruft er den Wirt, bezahlt, klopft mir auf die Schulter und verlässt langsamen Schrittes das Lokal. Kurz vor der Tür wendet er den Kopf und sagt noch etwas in meine Richtung. Glaube gehört zu haben: „Es war ein weißer Mann.“ Vor Betroffenheit war ich nicht fähig, ihn zurückzuhalten oder nur ein Wort hervorzubringen. Nehme nachdenklich den letzten Schluck und will die Zeche begleichen, antwortet der Wirt mit abwinkender Geste:
„Your friend did it“…. Und ich verließ feuchten Auges das Lokal.
..... unbedingte Meldepflicht vor
und nach einem Buschtrip
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