Kitabı oku: «10 Jahre Stalking - Nur weil Du ihn nicht siehst, heißt es nicht, dass er nicht da ist!»

Yazı tipi:

10 Jahre Stalking - Nur weil Du ihn nicht siehst, heißt es nicht, dass er nicht da ist!

1  Eine wahre Geschichte die jeden treffen kann

2  Vorwort

3  Wie alles begann

4  Ein verhängnisvoller Kontakt

5  Nur weil Du ihn nicht siehst ...

6  Seine Frau

7  Der erste Prozess

8  Öffentlichkeit heißt Aufmerksamkeit, Aufmerksamkeit heißt Schutz

9  Tiere werden krank

10  Psychologische Tätereinschätzung

11  Hochzeit

12  Russenmaffia, Countdown bis Mordversuch

13  Tag X, Mordversuch

14  Der Prozess

15  Umzug

16  Urteile

17  Meine Ratschläge

18  Für Leute die mich unterstützen möchten

Eine wahre Geschichte die jeden treffen kann

10 Jahre Stalking

Nur weil Du ihn nicht siehst,

heißt es nicht,

dass er nicht da ist!

Eine wahre Geschichte über ein reales Martyrium durch ein über zehn Jahre andauerndes Stalking.

Von Ramona Wegemann

Vorwort

Stalking kann jeden treffen, - zu jeder Zeit und überall. Stalking geschieht auch nicht so weit weg, wie viele meinen. Es geschieht jeden Tag und es gibt keinen wirklichen Schutz. Man muss weder besonders gutaussehend noch berühmt sein, um plötzlich gestalkt zu werden. Es ist auch nicht immer der Ex-partner, der einem das Leben nach der Trennung zur Hölle macht. Man kann es schlichtweg nicht beeinflussen, ob man beim Einkauf zufällig einem Psychopathen über den Weg läuft, den man für den Rest seiner Zeit nicht mehr los wird. Stalking ist viel mehr als nur lästig. Es ist wahnhaft, boshaft, aggressiv, beängstigend und eine Form von Gewalt, da Stalking die Psyche regelrecht terrorisiert. Zudem bleibt es leider häufig nicht bei psychischen Angriffen.

Mit diesem Buch möchte ich Ihnen, meinen Leserinnen und Lesern, einen Einblick in die gruseligen und unerträglichen Situationen geben, die ich als Stalkingopfer erleiden musste. Ich möchte Sie spüren lassen, wie es sich anfühlt, hilflos ausgeliefert zu sein, wie das dauerhafte Stalking allmählich psychische und letztlich auch physische Spuren hinterlässt. Ich möchte verdeutlichen, dass Stalking weit über ein aufdringliches Beobachten hinausgeht und entgegen vieler Meinungen kein romantisches Kavaliersdelikt ist, denn es hat definitiv nichts mit Liebe zu tun! Es ist ein krankhaft-egoistisches „Ich-Denken“ des Täters, ein hasserfüllter Besitzanspruch, der im Strudel der Gewaltspirale nicht selten in körperliche Gewalt bis hin zum Mord ausufert. Wenn dies tatsächlich der Fall ist, dann haben meiner Meinung nach die Justiz und auch die Gesellschaft viel zu lange weggesehen.

Stalking ist die Straftat, vor der die Justiz am meisten die Augen verschließt. Somit werden die Opfer nicht nur hilflos im Stich gelassen, sondern dem Stalker nahezu ausliefert. Daher möchte ich an die Justiz appellieren, endlich aufzuwachen, denn mein Schicksal ist in Deutschland kein Einzelfall.

Mein Buch soll veranschaulichen, wie sich Stalking auf die Gesundheit eines Menschen auswirkt und das Leben für immer verändert, von der eigenen Lebenseinstellung und -ansicht, dem Körper, dem Lebensumfeld bis hin zur Lebenssituation. Vieles, was vorher wichtig erschien, wird plötzlich trivial. Stalking manipuliert auch die eigenen Verhaltensweisen: Oft verändert sich sogar der Wohnort und nicht selten verlieren die Opfer sogar ihre Arbeit. Nicht selten werden sie komplett ihrem Leben entrissen und dabei völlig ruiniert. Hier wird auch deutlich, welchen volkswirtschaftlichen Schaden Stalking verursachen kann.

Das Leiden der Opfer wird häufig ignoriert, während den Tätern scheinbar die „Köpfchen gestreichelt werden". Es ist daher keine Seltenheit, dass Stalkingopfer ihrem Leben selbst ein Ende setzen, weil niemand bereit war, rechtzeitig einzugreifen!

So etwas darf einfach nicht passieren!

Mit meinem Buch möchte ich vor allem Betroffenen zeigen, dass sie nicht alleine sind und dass sich Kämpfen immer lohnt. Ich möchte Mut machen, niemals aufzugeben, ganz gleich, wie aussichtslos die Situation an manchen Tagen zu sein scheint. Kein Opfer sollte sich das Leben nehmen lassen oder es sich sogar selbst nehmen, weil es scheinbar keinen anderen Ausweg mehr gibt! Auch ich war den Suizidgedanken in purer Verzweiflung verfallen und weiß daher genau, welche Verzweiflung nötig ist, um überhaupt erst auf solche Gedanken zu kommen. Aber genau wegen dieser eigenen Erfahrung weiß ich auch, dass sich Kämpfen lohnt und es Wege aus der Situation gibt. Glaubt mir einfach und lest dieses Buch.

Darum möchte ich mit meinem Buch nicht nur Mut machen, sondern auch zeigen, wie es gelingen kann, trotz schwerster Schicksalsschläge seinen Weg zu gehen, umzudenken und selbst aus allem Übel etwas Positives zu ziehen, um erfolgreich und glücklich zu werden und zu bleiben. Trotz Stalker!

In einigen Passagen gehe ich bewusst ausführlich auf die Gerichtsverhandlungen ein, wenngleich ich damit Gefahr laufe, dass diese Stellen etwas trocken oder langweilig erscheinen. Ich hoffe jedoch, Betroffenen damit zu helfen, die Furcht vor einem bevorstehenden Prozess zu verringern, indem man bereits eine Ahnung davon hat, was einen erwarten oder wie ein Prozess verlaufen könnte. Jemand, der noch nie vor Gericht stand und einen solchen Prozess durchmachen muss, weiß meine Ausführungen sicherlich zu schätzen. Außerdem waren die Ängste und die nervliche Belastung dieser ständigen Prozesstage für uns dermaßen unerträglich, dass ich sie hier einfach aufgreifen muss. Zudem sind die Prozesse ein wichtiger Bestandteil in der Gewaltspirale des Stalkers. Hier geht das Hochschaukeln Hand in Hand mit der Ignoranz der Gerichte. Darum bilden diese Abschnitte einen wichtigen Bestandteil meiner Geschichte, weil sich in den Prozessen wichtige Zusammenhänge auftaten.

Im Anhang des Buches gehe ich darum auch nochmal ausführlich auf meine Erfahrungen ein und zeige anhand meiner Situation, welche sinnvollen Maßnahmen es im Falle von Stalking gibt und wie man diese umsetzt. Mein Wissen basiert nicht auf theoretischem Lesestoff, sondern ich gebe Tipps und Ratschläge von mir als Opfer, weil ich dieses Martyrium selbst durchleben musste und aus eigener Erfahrung sprechen kann. Bei einigen sogenannten „Opferberatungen“ drängte sich mir häufig die Frage auf, ob diese Leute überhaupt auch nur im Entferntesten wissen, wovon sie sprechen oder ob sie mit ihren katalogisierten Einheitsratschlägen überhaupt eine Hilfe sind. Manche Berater schienen mir mit der Situation tatsächlich überfordert und ahnungslos zu sein, obschon die Situation längst über den Kipppunkt hinaus geraten war. Wo aber liegt dieser Kipppunkt? Der Kipppunkt ist der Punkt, an dem einfache Ratschläge nicht mehr greifen und das Stalking längst in den Strudel der Gewaltspirale geraten ist. Nun ist entschiedenes und rasches Handeln nötig! Eine richtige Analyse und das Erkennen von Stalking ist daher überaus wichtig. Um das Stalking zeitnah zu beenden, möchte ich Lösungsansätze aufzeigen, damit Opfer nicht so lange unter dieser Straftat leiden müssen, wie ich es musste.

Was ist Stalking?

Stalking bedeutet so viel wie Jagen oder Nachstellen. Einen Menschen gegen seinen Willen zu behelligen, ihm nachzustellen und psychisch unter Druck zu setzen, ist eine Form von psychischer Gewalt. Nicht selten kommen andere Straftaten wie Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung oder gar körperliche Gewalt hinzu. Vielleicht kennt jemand von Ihnen das unheimliche Gefühl, verfolgt oder beobachtet zu werden, und sei es auch nur aufgrund eines gruseligen Films? Stalking bedeutet für die Opfer unbeschreibliches Leid und ständig andauernde Angst. Dieser Zustand kann sogar krank machen und das ganze Leben beeinträchtigen. In Deutschland ist Stalking seit 2007 strafbar. Im Strafgesetzbuch (StGB) wird Stalking unter dem §238 juristisch beschrieben: Wer einem anderen nachstellt und dadurch dessen Lebensgestaltung schwerwiegend beeinträchtigt, dem drohen eine Geldstrafe oder bis zu drei Jahre Gefängnis. Doch genau hier ist das Problem: Wer entscheidet, ob die Lebensgestaltung des Opfers „schwerwiegend“ beeinträchtigt ist oder nicht? Es scheint willkürlich, ob die Person, die über den Grad der Schwere zu entscheiden hat, die Gefühlswelt und den Lebensstil des Opfers nachvollziehen kann. Während manche Menschen der Meinung sind, dass man erst seinen Wohnort, die Telefonnummer und die Arbeitsstelle ändern muss, bevor das eigene Leben schwerwiegend beeinträchtigt ist, so kann es für das Opfer schon unzumutbar sein, die Telefonnummer als soziale Verbindung zum Umfeld erneuern, das Zuhause aufgeben oder gar den Arbeitsplatz verlieren zu müssen. Ist man selbstständig tätig, dann landet man meist im völligen Ruin. Wie kann also jemand, der nicht in der Haut des Opfers steckt, darüber entscheiden, welche Kriterien die Lebensgestaltung „schwerwiegend“ beeinträchtigen? Muss das Opfer erst unzumutbare Hindernisse und Lebenseinschränkungen ertragen, bevor die Justiz überhaupt bereit ist, etwas zu unternehmen? Mittlerweile wurde dieser Paragraph geändert. Nun heißt es, dass die Taten nur noch ausreichen müssen, um eine Beeinträchtigung herbeizuführen. Doch ist es dadurch weniger willkürlich geworden? In der Realität dauert es lange, bis einem tatsächlich geholfen wird. Es ist nicht nur ein mühsamer Kampf gegen den Täter, sondern vor allem ein mühseliger Kampf gegen die schwergängige Justiz. Die Opfer werden leider häufig nicht ernst genommen, dafür aber oft belächelt, meist sogar unverrichteter Dinge fortgeschickt, wenn sie Hilfe bei der Polizei suchen. Ca. 80% der Opfer sind Frauen, doch Stalking kann Menschen jeden Geschlechts, jeder Altersgruppe, jeder Gesinnung und jeder Gesellschaftsschicht treffen. Ist ein Mann von Stalking betroffen, muss er sich zudem noch hämischen Sprüchen stellen: „Nimm sie doch, sie will es doch auch. Ist doch klasse, die ist willig. Ist doch super, wenn dir die Frauen hinterherlaufen…“ Doch aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass manche Sprüche von Frauen nicht sinnvoller oder feinfühliger ausfallen: „Ach, was beschwerst du dich denn? Was würde ich mich freuen, wenn ein Mann mal SO für mich schwärmen würde!“. Gerne hätte ich dieser Dame sofort meinen Stalker „vermacht“, wenn sie ihn sich doch so sehr wünscht. Auch diese Sprüche zeigen mir immer wieder deutlich, dass vielen Menschen nicht ansatzweise bewusst ist, was Stalking tatsächlich bedeutet.

Erschreckende Zahlen zu Stalking

Laut einer Statistik der Polizei aus dem Jahr 2018 sinkt die Zahl der in Deutschland angezeigten Stalking-Fälle seit 2008 angeblich. Waren es im Jahr 2008 noch über 29.273 Fälle, die zur Anzeige gebracht wurden, so sank ihre Zahl bis 2018 auf 18.960 Fälle. Laut einer Veröffentlichung des Bundeskriminalamtes hingegen wurden im Jahr 2008 31.549 Fälle erfasst. Diese unterschiedlichen Statistiken zeigen mir, dass selbst die Polizei keine genauen Angaben zu kennen scheint. Doch ganz gleich, welcher Statistik man nun Glauben schenken möchte, spiegeln diese Zahlen immer noch nicht die „tatsächlichen“ Fälle, also die Dunkelziffer, wider. In diesen Statistiken wurden lediglich die „aufgenommenen“ Fälle erhoben. Doch wie viele Fälle von der Polizei erst gar nicht zur Anzeige gebracht wurden, selbst wenn die Opfer dies versuchten, wird in keiner polizeilichen Statistik erfasst. Wie viele Opfer, mich eingeschlossen, die eine Anzeige bei der Polizei machen möchten, werden nicht ernst genommen und fortgeschickt? Diese Dunkelziffer dürfte gar nicht existieren, doch es gibt sie! Experten schätzen die Zahl der Opfer dreimal so hoch ein. Dies würde bedeuten, dass es schätzungsweise zwischen 60.000 und 90.000 Stalking-Fälle pro Jahr gäbe. Trotz entsprechender Gesetzte wird nur 1% der erfassten Fälle strafrechtlich verfolgt und schließlich verurteilt. 99% der Täter kommen immer noch ungestraft davon, weil die Beweislage so schwierig ist und die Opfer immer noch zu viel Gegenwehr seitens der Justiz erfahren müssen. Die Opfer werden im Stich gelassen, belächelt, ja sogar verspottet. Sie werden sich selbst und vor allem dem Stalker überlassen. Viele haben schlichtweg keine Kraft und auch keinen Mut mehr, sich jemandem anzuvertrauen. Sie zweifeln an sich, hinterfragen ihre eigene Wahrnehmung und stellen sich selbst in Frage, anstatt für ihr Recht zu kämpfen und es einzufordern.

Nun möchte ich zunächst darüber berichten, wie es mir in meinem Fall erging, um anschließend auf ausführliche Informationen zum Thema Stalking mit entsprechenden Beispielen einzugehen.

Einleitung

Heute weiß ich nicht mehr, wie oft ich nach den ersten Worten für dieses Buch rang, wie lange ich den Auftakt dafür vor mir herschob, wie oft ich mich dabei ertappte, zunächst Zeile für Zeile zu schreiben, nur um diese einen Tag später wieder zu verwerfen. Ich weiß, dass ich mich lange davor drückte, mich mit meiner Geschichte auseinanderzusetzen, mir die Geschehnisse der letzten zehn Jahre, welche mein Leben unkontrollierbar beeinflusst und geprägt haben, noch einmal vor Augen zu führen. Zu oft schwor ich mir, dass ich darüber „später mal“ ein Buch schreiben werde. Doch wie oft sagt man sich, „das mache ich mal“, tut es dann aber doch nicht? Mir fehlte einfach der Mut, in jeder Hinsicht. Wird es überhaupt jemanden interessieren, was mir widerfahren ist? Zu lange hatte sich niemand dafür interessiert, meine Hilferufe gehört oder mir zuhören wollen. Genau das machte es mir so schwer, den Anfang für dieses Buch zu finden: die Angst, dass es niemanden interessiert und die Angst, sich alles nochmal vor Augen zu führen. Diese Angst war auch nicht ganz unbegründet, denn verarbeitet hatte ich von dem Erlebten bislang kaum etwas. Es blieb ja auch nie wirklich Zeit dazu. Während des Schreibens brauchte ich oft Pausen. Wenn die Situationen durch meinen Kopf über die Finger in die Tastatur flossen, holte mich auch das Gefühl von damals wieder ein. Ich saß oft mit kaltem Schweiß unter den Armen und am Rücken auf dem Stuhl, begann zu zittern, zu frieren und bekam Bauch- und Kopfschmerzen. Wie froh war ich, dass ich, anders als damals, nun aus diesen Situationen ausbrechen konnte, wenn es unerträglich wurde. Während des Schreibens regelten oft meine Hunde für mich die Pausenintervalle, holten mich ins Hier und Jetzt zurück und forderten meine ganze Aufmerksamkeit. Ein Spaziergang an der frischen Luft brachte einen klaren Kopf und Luft in die beklemmten Lungen. Meinen Hunden habe ich viel zu verdanken, wäre ich ohne sie längst nicht mehr da, um diese Zeilen überhaupt schreiben zu können. Nun mussten nur noch die Ausreden aufhören, das Buch noch nicht in Angriff zu nehmen. Es war an der Zeit, zu beginnen, um loszulassen, zu verarbeiten, die wichtigen Informationen mit anderen zu teilen. Denn entgegen meiner Befürchtungen gibt es durchaus Menschen, die sich für das Geschehene interessieren. Betroffenen kann ich mit meinen Zeilen vielleicht sogar Mut und Kraft geben und somit helfen. Den richtigen Zeitpunkt zu suchen oder ein Projekt immer wieder auf später zu verschieben, ist nur eine Ausrede der Angst. Der richtige Zeitpunkt ist genau jetzt! Jetzt sollten wir das tun, was wir uns vorgenommen haben, denn was nach dem Jetzt kommt, können wir nicht vorhersehen. Wir können nicht wissen, ob es ein Später überhaupt geben wird. So sitze ich nun endlich an meinem Buch und fülle die ersten Zeilen. Dass mir die literarische Gewandtheit fehlt, möge man mir dabei bitte nachsehen. Es ist mein erstes Buch und kein Roman. Es geht um ein tatsächliches Verbrechen, welches in meinem Leben genau so stattfand. Ich gebe hier tiefe Einblicke in mein privates Leben, meine Gefühle, Ängste und in mein tiefstes Innerstes mitsamt der Verzweiflung und den Einschränkungen, die mir in diesem unerträglichen Leid aufgebürdet wurden.

Mein Buch ist ein Buch über Stalking. Was bedeutet Stalking, wie verändert es das eigene Leben und was richtet es mit der Gesundheit eines Menschen an? Stalking verändert die eigene Lebenseinstellung, die körperliche Verfassung, das Lebensumfeld und die Lebensansichten. Es wirkt sich auf die eigenen Verhaltensweisen, den Wohnort und die Arbeitsstelle aus. Stalking bedeutet Verluste in alle Richtungen, Verluste für das Opfer. Doch muss das so sein und so bleiben? Meine Antwort darauf lautet „Nein“. Mit meiner Geschichte möchte ich zeigen, dass es an einem selbst liegt: Bleibt man das Opfer oder nutzt man alles Übel, um die Situation ins Gegenteil zu kehren? Wenn nur genügend Steine in den Weg gelegt werden, ergibt sich daraus bereits ein neuer Weg. Oder man baut aus diesen Steinen etwas Schönes am Rande. Kämpfen ist ein guter erster Schritt in die richtige Richtung. Wirf den Stein doch einfach zurück! So, wie man im Judo die Kraft des Gegners ausnutzt, um ihn zu Fall zu bringen, kann man auch sein Leben danach ausrichten, nicht in der Opferrolle unterzugehen.

Meine Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit. Dieses Buch soll die Grausamkeit des Stalkings ungeschönt aufzeigen, aber auch Rat und Wissen vermitteln, was man tun kann und muss, um sich zu wehren. Es soll zeigen, dass etwas gewaltig schief läuft in Deutschland. Aus diesem Grund ist dieses Buch wahre Geschichte, Ratgeber und Krimi mit Gänsehautfaktor in einem.

Es wird Zeit, dass die Öffentlichkeit und insbesondere auch die Justiz aufgerüttelt werden. Stalking ist kein romantisches Kavaliersdelikt. Es ist ein Raub an der eigenen Privatsphäre, der Freiheit und Selbstbestimmtheit sowie der Gesundheit und den eigenen Lebensweisen.

Ich werde darüber schreiben, wie sich aus einer belanglosen, zufälligen Begegnung scheinbar unbemerkt ein gewalttätiger Stalker entpuppte, wie der Alptraum Stalking im Strudel der Gewaltspirale im versuchten Mord mit schwerer Körperverletzung endete und wie sich Schutzlosigkeit durch Amtswillkür und Korruption anfühlt. Aber ich möchte auch darüber schreiben, wie mir neuer Lebensmut half, dem Stalking zu entkommen.

Wieso kann Stalking überhaupt solche Macht über uns gewinnen? Was ich in meinem Leben bereits lernen konnte, ist, dass Menschen gerne dazu neigen, in einer Graustufe zu leben. Manche sehen alles schwarz, das sind die Pessimisten. Manche sehen alles weiß, das sind die unverbesserlichen Optimisten. Die meisten Menschen leben jedoch in einer Graustufe. Diese Leute leben nicht, sie existieren. Alles gleitet einfach so dahin; eine Schnellstraße des Lebens, ohne Rastplätze, mit dem Blick ständig auf eine ungreifbare Zukunft gerichtet. Jeder möchte alt werden, ohne jemals alt zu sein. Wenn aber niemand alt sein möchte, warum wird dann so viel Zeit im Hier und Jetzt verschwendet? Wir haben nur das Jetzt! Ob wir morgen oder gar die nächste Stunde erleben, das können wir nicht wissen. Diese Worte leuchten jedem ein, und wahrscheinlich möchte fast jeder diesen Zeilen und Gedanken mit einem Kopfnicken zustimmen. Aber zwischen Verstehen und Verinnerlichen besteht ein großer Unterschied. Kaum wurde zustimmend genickt, geht meist alles genauso weiter wie zuvor: hektisch. Nun betrachten wir das Leben der Pessimisten, die alles nur negativ sehen, die nur bemängeln was ihnen fehlt oder was sie verpasst haben. Für sie läuft alles schief, alles ist schlecht. Und wenn sie so gar nichts zum Nörgeln mehr finden, dann wird über den Tellerrand hinaus geblickt und nach Fehlern im Leben anderer gesucht, um von den eigenen Problemen abzulenken. Das Leben der Positivdenker verläuft anders: Alles erscheint verträumt, sie springen ohne Sorgen von einer Lebenssituation in die nächste, ohne auch nur an Morgen zu denken. Da ist das Glas nie halb leer, sondern immer irgendwie fast voll. Aus der Traditionellen Chinesischen Medizin kennt man das Yin und Yang, die Gegensätze, die sich gegenseitig perfekt vervollständigen. Himmel und Erde, das Eine kann nur in perfekter Balance mit dem Anderen existieren. So steckt in allem Übel auch immer etwas Gutes! Doch wenn das Gleichgewicht durch fremde Einflüsse plötzlich gestört wird, dann ist es manchmal schwer bis unmöglich, seine innere Mitte jemals wiederfinden zu können.

Meine innere Mitte und meine Weltanschauung gerieten durch das Stalking völlig aus dem Gleichgewicht, und es dauerte viele Jahre, um diesem Wahnsinn einen Sinn zu geben, um meinen Frieden damit schließen zu können. Diese Erfahrungen möchte ich nun teilen, damit andere nicht die gleichen Fehler machen wie ich, damit andere vielleicht schneller verstehen, sich besser wehren können und hoffentlich rascher in ein normales Leben zurückfinden. Oder einfach nur, um anderen, die sich in dieser Situation befinden, besser zur Seite stehen zu können.

Schon lange beschäftige ich mich mit dem Gedanken, meine Erlebnisse aufzuschreiben und zu veröffentlichen. Anfangs war es ein Gefühl von Rache, dass ich die Dinge, die mir so ungerecht vorkamen, öffentlich an den Pranger stellen wollte. Doch würde es das Geschehene ändern können? Würde es irgendetwas an dem durchlebten Unrecht ungeschehen machen? Nein. Die Vergangenheit kann man nicht ändern, so viel ist sicher, aber man könnte vielleicht einen Denkanstoß bieten, damit anderen geholfen werden kann. So lange hatte ich es vor mir hergeschoben. Immer wieder sagte ich mir: „Wenn das alles vorbei ist und ich endlich zur Ruhe gekommen bin, dann schreibe ich ein Buch darüber.“ Doch das war eigentlich nur Augenwischerei. Wer kennt sie nicht, die berühmten aufschiebenden Worte „wenn…, dann…“? Doch wann ist die Zeit für dieses „Dann“ gekommen? Wenn man tatsächlich alles hinter sich gelassen hat? Wenn die Sache hoffentlich irgendwann einmal vorbei ist? Wenn dieses einschneidende Erlebnis das ganze Leben verändert hat und die Folgen niemals wiedergutzumachen sind, kann es denn dann wirklich jemals vorbei sein? Es gibt keinen guten oder schlechten Zeitpunkt, um etwas Geplantes in die Tat umzusetzen. Es gibt nur irgendwann einmal ein: „Nun ist es zu spät.“

Das Stalking wurde leider immer noch nicht vollständig beendet. Ich beginne also dieses Buch, obwohl das vorgenommene „Dann“ noch nicht vollständig eingetreten ist. Vielleicht, weil ich insgeheim ahne, dass es noch sehr lange dauern kann und vielleicht sogar niemals beendet sein wird, wenn man den Prognosen der Fachleute Glauben schenkt. Doch dazu später mehr. Wie kam es dazu, dass ich ausgerechnet jetzt zu schreiben beginne? Anstoß war ein Bericht über Stalking im Fernsehen, für den man mich kontaktierte und fragte, ob ich bereit wäre, über meinen Fall öffentlich zu sprechen, um auf diese Problematik hinzuweisen. Für die Dreharbeiten suchte das Filmteam gemeinsam mit mir einen Originalschauplatz meines Stalking-Martyriums auf. Obwohl wir noch einige hundert Meter vom eigentlichen Schauplatz entfernt standen und dieser nur in der Ferne zu sehen war, zeigte mir dieser Besuch plötzlich ganz deutlich, wie fest mich das Erlebte immer noch im Griff hatte. Nie hätte ich damit gerechnet, dass mich dieser Besuch so emotional treffen würde. Obwohl zu diesem Zeitpunkt schon einige Jahre vergangen waren, brach ich in Tränen aus und fand mich in einem völligen Gefühlschaos wieder. Mein ganzer Körper zitterte und ich stotterte plötzlich. Mir wurde klar, dass ich bisher nur verdrängt, aber nichts verarbeitet hatte. Das war für mich der Auslöser. Der Zeitpunkt, mich meinen Ängsten zu stellen und mit der Aufarbeitung zu beginnen, um vielleicht irgendwann einmal abschließen zu können. Abzuschließen, nicht zu verdrängen.

Wenn man vor irgendetwas eine unbeschreibliche Angst hat, so nennt man das eine Phobie. Eine Phobie, also eine schreckliche, lebensbeherrschende Angst, kann man nur verarbeiten, indem man sich ihr stellt und an ihr arbeitet. Doch wie stellt man sich nun den Ängsten des Stalkings? Sucht man den Kontakt zum Stalker, um die Angst vor ihm zu verlieren? Wohl kaum. Dies ist weder empfehlenswert, um dem Stalking zu entkommen, noch sinnvoll, wenn der Stalker zu Gewalt neigt. Die regelmäßigen Begegnungen vor Gericht sind bereits qualvoll genug und können nicht als Angstkonfrontation gewertet werden. Bei Stalking kann man sich mit seiner Angst nicht wirklich auseinandersetzten, man kann sich ihr nicht stellen oder sich desensibilisieren. Dann merkte ich, dass es eine Art der Selbsthilfe sein kann, wenn man sich die schrecklichen Erlebnisse einfach von der Seele redet oder in diesem Fall von der Seele schreibt. So konnte ich das Erlebte in Ruhe verarbeiten, mich mit dem Geschehenen auseinandersetzen und mich auf diese Weise der eigenen Angst stellen. Wenn der Bekanntenkreis diesem Thema überdrüssig geworden ist oder man niemanden damit belasten möchte, wenn sich scheinbar niemand in die tatsächliche Gewalt hineinversetzen kann und stattdessen lieber versucht, alles herunterzuspielen, dann ist Schreiben oft hilfreich. Papier unterbricht nicht, es spielt die Situationen nicht herunter oder witzelt hämisch darüber. Man kann sich einfach alles von der Seele schreiben. Es ist wenig hilfreich, alles stillschweigend in sich hineinzufressen, um niemanden damit zu belasten. Wenn niemand zuhören will, dann ist Papier ein guter Zuhörer. Als ich nun allein mit all der grausamen Gefühlswelt im Magen im stillen Kämmerlein saß und über Möglichkeiten grübelte, wie ich diesem Alptraum endlich entkommen könnte, so kam mir immer wieder der Gedanke, dass ich über all dies berichten muss, es in die Welt hinausschreien oder auch darüber schreiben will. Jetzt ist es soweit, und ich fülle einfach meine ersten Zeilen.

„Das ist ja wie im Film, nur schlimmer.“ Diesen Satz höre ich häufig von Mitfühlenden, die kaum glauben können, dass so etwas in Deutschland, einem angeblich so zivilisierten, sozialen und fortschrittlichen Land, tatsächlich möglich sein kann. Das Rechtsbild ist erschüttert und obendrein auch der Glaube an die Rechtsordnung und den Schutz durch den Staat. Das kann doch alles nicht wahr sein, müsste man meinen. Doch leider habe ich am eigenen Leib erfahren, dass in Deutschland der Täter mehr Schutz und Zuwendung erhält als die Opfer. Dieser Umstand lässt Wut und Trauer vermuten: Wut über das Ausgeliefertsein gegenüber dem Täter und Trauer über die Hoffnungslosigkeit. Doch genau daraus schöpfe ich plötzlich eine ungeahnte Kraft, Kampfgeist und Selbstbewusstsein. Ich weiß, dass es unzähligen anderen Opfern ebenso ergeht wie mir. Viele von ihnen sind letztlich derart am Boden zerstört, dass Selbstmordgedanken den Tag beherrschen. Der Tod scheint an düsteren Tagen der einzige Ausweg aus diesem grausamen Stalking zu sein. In den Tod kann und wird mir der Stalker nicht folgen, wenn er mich auch sonst überall findet und ich keinen Frieden mehr vor diesem Unmenschen finde. Dann erscheint der Tod wie eine verlockende Befreiung. Wie verzweifelt man aufgrund des Psychoterrors denken und handeln kann, wird in diesem Buch deutlich. Die Zahlen hierzu erschrecken mich. Hier muss sich dringend etwas ändern! Das Leben ist kostbar, und niemand sollte es sich von einem Stalker entreißen oder sich selbst dazu hinreißen lassen, es zu beenden. Meine Zeilen werden Gefühle wie Fassungslosigkeit, Wut, Angst, Verzweiflung und sogar Hass widerspiegeln. Doch ich möchte auch Mut und Kraft für eine neue Sichtweise und einen Aufbruch in einen neuen Lebensabschnitt mitgeben. Ob es ein Happy End gibt? Das bleibt offen. Was überhaupt bedeutet „happy“ in diesem Zusammenhang? Wie kann Stalking jemals „happy“ enden?

Mein Buch ist kein Roman, keine Gruselgeschichte und kein Thriller, sondern die Erzählung einer unfassbaren, aber wahren Geschichte, die meiner Meinung nach eine Beschämung für unser deutsches Rechtssystem ist.