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Kitabı oku: «Briefe an Ludwig Tieck 4», sayfa 25

Various
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Zedlitz, Josef Christian, Freiherr von

Geb. am 28. Februar 1790 zu Johannisberg in österreichisch Schlesien, – aus dem alten Geschlechte der Z. von Nimmersatt, deren Stammburg noch zu sehen ist auf dem Wege von Hirschberg nach Bolkenhayn, – gestorben in Wien 1862.

Todtenkränze (1827.) – Lyrische Gedichte (1832.) – Dramatische Werke, 4 Bde. (1830–36.), darunter: Turturell – Zwei Tage zu Valladolid – Kerker und Krone. – (Den Lope de Vega’schen Stern von Sevilla, den Malsburg nur aus der Umarbeitung des Trigueros übersetzte, weil das Original fehlte, versuchte Z., auf jenes spanischen Umarbeiters Andeutungen fußend, der ursprünglichen Dichtung gemäß wieder herzustellen, und zwei weggestrichene Akte zu ergänzen.) – Waldfräulein (1843.) – Soldatenbüchlein, 2 H. (1849.) – Altnordische Bilder, 2 Th. (1850.) – Byrons Child Harold übertrug er sehr frei. – Seine Soldatenlieder (1848–49.) – haben ihn zum Liebling des tapferen österreichischen Heeres gemacht.

Wien, d. 17. Decemb. 1833.
Hochverehrter Herr!

Ich übersende durch Madame Brede der Hoftheater-Direction meine neuste dramatische Arbeit „Kerker und Krone.“ Ich kann das Stück nicht an seine Bestimmung abgehen lassen, ohne der wohlwollenden Gesinnungen gedenk zu seyn, mit denen Sie, wie ich erfuhr, die Aufführung meiner Bearbeitung des Sterns von Sevilla vielfach mit Rath und That unterstützten. Wenn auch das Interesse, das Sie dem Stücke zuzuwenden die Güte hatten, zunächst nur dem großen Erfinder, und nicht mir, seinem schwachen Nachbildner gelten konnte, so wird meine Verpflichtung dadurch nicht geringer, und endlich bin ich froh, dabei zugleich Gelegenheit zu finden, dem Meister, der durch Lehre und Beispiel vor Allen fruchtbringend gewesen, die Hochachtung und Verehrung ausdrücken zu können, die ich für ihn hege. – Ich bin im Stoffe meines Schauspiels zufällig mit Raupach zusammen getroffen, indeß ist die Behandlung desselben so durchaus verschieden, daß unsere Stücke, außer der historischen Grundlage durchaus nichts Aehnliches haben. Raupach’s Arbeit schließt sich unmittelbar an das Göthe’sche Stück an, und sucht eine genaue Fortsetzung desselben zu bilden. Ich hatte nie den Muth, etwas dergleichen zu versuchen, und mochte mich auch nicht entfernt dem Nachtheile aussetzen, dem eine solche gewagte Annäherung niemals wird entgehen können. Wenn daher Raupach’s Stück mehr die Verhältnisse Tasso’s zum Hofe zu Ferrara nach der gegebenen Grundlage Göthe’s fortzuspinnen sucht, so kommen dieselben in meinem Stücke nur insoweit zur Sprache, als sie nicht umgangen werden konnten, und die Aufgabe die ich mir gestellt habe, war vorzüglich die, zu zeigen, wie eine wahre, hohe Dichternatur siegreich aus jedem Kampfe mit den äußern Verhältnissen hervorgehe, und wie drückend diese immer erscheinen mögen, das Genie in sich selbst Halt genug finde, ihrer Herr zu werden. Ich bin mir durchaus keiner noch so entfernten, fremden Einwirkung bewußt, und wenn bei anderen früheren Arbeiten mir mehr oder weniger Muster vorschwebten, die nicht ohne Einfluß auf dieselben blieben, so ist diese durchaus aus meinem innersten Wesen hervorgegangen, und in dieser Beziehung mag sie wohl ziemlich Alles enthalten, was ich zu leisten vermag. —

Vielleicht ist es mir möglich im nächsten Jahre nach Dresden zu kommen, und mich Ihnen persönlich vorzustellen, ein Wunsch, der schon seit Jahren zu meinen liebsten gehört. Als Sie zuletzt in Wien waren, war ich leider auf meinem sehr entfernten Gute in Ungarn, und die flüchtige Begegnung, der ich mich vor vielen Jahren bey meiner Durchreise durch Dresden zu erfreuen hatte, und die wohl schon zu fern liegt, als daß Sie sich derselben noch erinnern sollten, hat mich nur seither inniger nach dem Glücke verlangen gemacht, einmal einige Zeit in Ihrer Nähe zubringen zu können. Möge kein ungünstiger Zufall die Erfüllung dieses Wunsches allzusehr hinausschieben, und mir bald die Freude zu Theil werden, Ihnen mündlich sagen zu können, wie hoch ich Sie verehre, und mit welcher Bewunderung und Liebe ich bin

Ihr
innigstergebner Diener
Zedlitz.

Zieten, Karl Friedrich Daniel von (genannt Liberati)

Geboren am 5. Januar 1784 zu Neubrandenburg in Mecklenburg, gestorben 1844 zu Berlin.

Die Familie Z. theilte sich von Alters her in zwei Linien; die eine: Dechtow (die sogenannte schwarze, jetzt Graf Z.), und die andere: Brunne-Wustrau-Wildberg (die sogenannte blonde). Letztere zweigte sich früher schon in drei Aeste ab. Wustrau ist ausgestorben mit dem Sohne des „alten Zieten“ aus Friedrichs des Zweiten Zeit.

Liberati’s Vater gehörte zur Brunner Linie, welche mit Wildberg noch in Lehnsverband steht. Er war verheirathet mit Johanna Bertha von Niesemeuschel aus Schlesien, war Lieutenant bei Zieten-Husaren, zog dann nach Mecklenburg, hielt ein bedeutendes Vermögen nicht zu Rathe, nahm späterhin Würtembergische Dienste und starb 1812 in Stuttgart als Obrist und Chef des Ehren-Invaliden-Bataillons. Er hinterließ zwei Söhne, deren ältester unser Z. Liberati.

Dieser ist anfänglich in preußischen Diensten, entweder beim Regiment Kunheym- oder auch bei Zieten-Husaren (?) gewesen, ist nach 1806 Mecklenburgischer Forstmeister, dann Schauspieler, 1813 wiederum Soldat, 1814/15 wiederum Schauspieler geworden, und hat sich mit Ulrike Prinzessin von Nassau, die er in Wiesbaden kennen lernte, vermählt. Selbige Ehe ist, weil der Prinzessin Vater sie desavouirte, bald wieder aufgelöst, ihm jedoch von der geschiedenen Gemahlin, nach deren Tode von ihren Erben, Pension gezahlt worden. Eine Zeitlang führte er mit Feige das Cassel’sche Theater, schied aber 1816 aus der Direktion und spielte nur als Ehrenmitglied, ohne Gage.

Nachdem Küstner das Leipziger Theater in Blüthe gebracht, fungirte Liberati als Regisseur und Schauspieler daselbst. Aus dieser Epoche, in welche seine Bestrebungen fallen, Shakspeare und Holberg auf deutschen Bühnen heimisch zu machen, stammen auch die Briefe an Tieck.

Er schloß das zweite Ehebündniß mit einer sehr hübschen Frau, die ihn nicht glücklich machte. Ueber seine Schicksale vom Zerfall des Leipziger Theaters bis in die dreißiger Jahre konnten wir nichts Näheres in Erfahrung bringen. Sicher ist, daß er um 1837 Mitdirektor der für Danzig, Elbing, Tilsit &c. konzessionirten Schauspieltruppe war. Diese Existenz drückte ihn, und sein häusliches Verhältniß erhob ihn nicht. Sobald 1839 sein Bruder gestorben und ihm wieder einiges Geld zugefallen war, benützte er diese Hilfe, sich vom Theaterwesen gänzlich loszureißen, und begab sich nach Berlin, wo er frühere mechanische und technische Studien praktisch zu verwerthen gedachte. Sein letztes Erzeugniß litterarischer Thätigkeit gilt nicht mehr Shakspeare’s Einbürgerung, sondern der Seidenraupenzucht. Die kleinen Reste aus mehrfachen Schiffbrüchen geretteten Vermögens wurden nach und nach verexperimentirt – und er entsagte dem Leben. Ein genialer, vielbegabter, durch Herzensgüte und Geist gleich ausgezeichneter Mensch ist in ihm untergegangen. —

Und so beschließt den langen Reigen wechselnder Gestalten, die in diesen Büchern an uns vorüber zogen, ein Mann der den Namen eines Helden aus dem siebenjährigen Kriege führt; des Krieges von dessen heroischen Nachklängen Ludwig Tieck’s bürgerlich-treu-preußisches Vaterhaus wiederhallte, mit denen das Kind aufwuchs. – Ein Mann, den poetisch-dunkler Drang auf die Bretter führte; nach welchen Tieck der Jüngling sich schwärmerisch gesehnt; – ein Mann, der sich in Shakspeare’s Herrlichkeit versenkte, und manche jener ewigen Schöpfungen glücklich darstellte; – ein Mann endlich, der kein Glück in Ausübung der Kunst, keinen Frieden im Streben, keine Ruhe auf Erden fand, der Ruhe in der Erde gesucht hat, Frieden im Jenseits!

I

Leipzig, den 28sten März 1823.
Verehrter Herr Doktor!

Verzeihen Sie mir, wenn ich Sie brieflich belästige – verzeihen Sie mir es um so mehr, als Sie vielleicht durch die Nichtbeantwortung meines früheren Schreibens, worin ich Sie um Ihr gütiges Urtheil über meine Uebersetzung und Bühneneinrichtung des König Lear bat, mir andeuten wollten: daß ich Sie künftig mit ähnlichen Bitten verschonen möge? Es schmerzt mich indeß zu tief, von dem einzigen Kopfe, der den Geist Shakspears ganz ergründete, auch nicht die kleinste Belehrung darüber erhalten zu sollen: ob ich in meinen Bestrebungen, den größten dramatischen Dichter auf die jetzige Bühne zu bringen, irre, oder recht gehe? Daß Sie mir wenigstens nicht zürnen werden, wenn ich den Versuch einer ähnlichen Bitte, wie die mir früher nicht erfüllte, von neuem wage.

Sie erhalten durch meinen Freund Winkler hier Shakspears What you will, von mir für die Darstellung eingerichtet, und im Anfang zugleich nach eigner Ansicht umgeformt. Das: Warum? dieser Umformung ist vielleicht eine Kühnheit, die zu tadeln ist – doch geschah es nicht aus bloßer Laune, und um das Publikum mit einem Erzeugniß meiner Fantasie bekannt zu machen; sondern aus der Absicht: den Zuschauer allmählich auf den höchst originellen Boden zu führen, auf welchem das ganze Stück steht. Sie werden ohne Mühe erkennen, was mein, und was aus Shakspear genommen ist? mögte das Erstere Ihnen wenigstens mein Bestreben andeuten, in der Art des großen Dichters darstellen zu wollen, ohne die Charakteristik seiner poetischen Menschennaturen zu verlöschen. Könnten Sie sich entschließen, verehrter Herr Doktor, meine Arbeit mit ruhigem Sinne durchzulesen, und mir Ihr Urtheil über dieselbe, ohne alle Rücksicht unumwunden mitzutheilen, so würden Sie dadurch eine Blume auf den Weg meines Künstlerlebens streuen, die mir nie verwelken kann.

Der leider ganz versinkenden Schauspielkunst durch würdige Aufgaben die Möglichkeit einer neuen Erhebung zu bewirken, ist mein Zweck in allem, was ich mit der Feder für die Bühne thue – und frey von jedem Eigendünkel, muß ich dabey die Belehrung des Mannes – der endlich seine Stimme erhob, und der Bühne unverholen sagt: was sie ist und was sie seyn sollte, was außer ihr heut zu Tage Niemand mehr weiß noch sagen kann – suchen, und sollte ich sie finden, jede seiner Andeutungen, gleich den Worten eines Propheten, beherzigen.

Gleichfalls zur Erreichung meines oben angegebenen Zweckes habe ich zwey Holbergische Lustspiele: der Geschäftige und der geschwätzige Barbier, für die Darstellung bearbeitet, und dem Herrn Geheimen Rath von Könneritz Abschriften davon zur gefälligen Prüfung eingesandt. Der Barbier ist fast ganz der Urgestalt gleich, und nur mit Weglassung desjenigen, was dem heutigen nicht reinen Publikum unrein erscheinen dürfte, von mir nach Hamburg gesandt worden – dort so gegeben und völlig durchgefallen. Daß dies am Stücke nicht liegt, darf ich Ihnen nicht sagen – wohl aber ist es ein Beweis, daß wir keine Schauspieler mehr haben, die einen Holbergschen Charakter darstellen können! Die Ueberzeugung hievon hat mich nun vermocht, dem Lustspiele jezt durch Abkürzungen und Hinzufügungen eigner Ideen, eine den Darsteller des Gert mehr unterstützende Gestalt zu geben; und bin ich nicht aus dem Charakter gewichen? so glaube ich fast, daß Gert Westphaler jezt auf der Bühne von Wirkung seyn dürfte.

Ich habe Herrn von Könneritz gebeten, über meine Arbeiten Ihre Meinung zu hören. Möchten Sie die Güte für mich haben, auch mir diese unverhohlen mitzutheilen.

Zwar kann ich kaum glauben, Ihnen, verehrter Herr Doktor, durch wesentliche Gegendienste das Glück je vergelten zu können, was Sie mir gewähren, wenn Sie mich Ihrer Belehrungen würdigen, denn ich fühle meine Unbedeutendheit zu sehr in allem, wodurch ein Geist wie der Ihrige erfreut werden könnte! Doch will ich Ihnen wenigstens das Einzige nennen, wodurch Sie selbst sich vielleicht durch mich etwas Angenehmes bewirken können.

Ihres Neffen Aufenthalt hier in Leipzig, so wie sein innerer und äußerer Zustand, ist Ihnen ohne Zweifel bekannt. Wilhelms Vormund, Baron von Fouqué, hat mich mit dem Auftrage beehrt: den Wandel des sich oft verirrenden jungen Mannes durch Rath und That zum Guten zu leiten, so viel es in meinen Kräften steht; und ich habe die Erfüllung dieses ehrenden Auftrages als heilige Pflicht übernommen. Ist es für Sie, verehrter Herr Doktor, von Interesse, auf das geistige Leben Ihres Neffen in Einwirkung zu treten, und wollen auch Sie, wie Fouqué, mich hierin zum Mittler gebrauchen, so hoffe ich Ihnen durch den Eifer, womit ich Ihre Wünsche erfüllen werde, meine hohe Ehrfurcht für Sie an den Tag legen zu können.

Sehen Sie in diesem Erbieten meine ehrlichste herzlichste Absicht: Sie von den Gesinnungen überzeugen zu wollen, womit ich mich ungeheuchelt nenne

Ihr
innigster Verehrer
v. Zieten,
Regisseur des hiesigen Stadttheaters.

II

Leipzig, den 7ten Febr. 1824.
Wohlgeborner Herr,
Hochzuverehrender Herr Doktor!

Es ist wohl nicht zu bezweiflen, daß Sie triftige Gründe haben, mit mir unter keiner Bedingung in irgend eine Berührung treten zu wollen – ohne daß ich mir indeß bewußt bin, Ihnen dazu nur einen Grund gegeben zu haben – indem weder mein redlichstes Bestreben: Ihren Neffen, so lange er meiner Aufsicht anvertraut war, auf einen Lebensweg zu bringen, der ihn unter die Zahl der achtungswerthen Menschen führen mußte, noch meine wiederholten Bitten: mir Ihre gütige Meinung über die Ihnen zugeschickten Bearbeitungen eines Shakspearschen und zweyer Holbergischen Lustspiele mitzutheilen, Sie bewegen konnte, mich auch nur der kleinsten Zuschrift zu würdigen. Ich kann es nicht leugnen, daß mich diese Ihre Geringschätzung tief schmerzt – doch maße ich mir kein Recht an, Sie deshalb zu tadeln – da Sie das: Warum, ohne Zweifel vor sich selbst rechtfertigen können. Doch da ich gewiß bin, Sie wenigstens nie wissentlich beleidigt zu haben – so darf ich vielleicht erwarten: daß Sie meinem geehrten Freunde, Hofrath Winkler, auf einige Fragen über meine Arbeiten eine mündliche, rücksichtslose Antwort ertheilen; indem Sie ja hiedurch wie bisher, außer aller Berührung mit mir bleiben, und so Ihrem Vornehmen in Bezug auf mich nicht untreu zu werden brauchen.

Tadeln Sie mich dieser neuen Zudringlichkeit wegen nicht; denn, möge ich Ihnen auch so wenig gelten, wie man einem nur gelten kann – Ihr Ausspruch über den Werth oder Nichtwerth meiner Arbeiten, gilt mir dennoch so viel, daß er allein mich zu dem bestimmen kann, was ich ferner mit denselben vornehmen werde.

Herr Hofrath Winkler wird mir mittheilen, was Sie ihm sagen, und ich erinnere nur noch: daß mir über alles, was mein Streben der Kunst zu nützen betrifft, das strengste Urtheil das liebste ist.

Da Sie selbst es mir unmöglich machen, Sie als Mensch kennen zu lernen, so erlauben Sie mir wenigstens: Ihnen die unauslöschlichste Verehrung und Liebe auszusprechen, die ich zu Ihnen als Gelehrter und Dichter hege – denn diesem mit ganzer Seele anzuhangen wird stets der Stolz seyn

Ihres
ergebensten
von Zieten,
Regisseur des hiesigen Stadttheaters.

III

Leipzig, den 13ten April 1824.
Mein verehrter Herr Doktor!

Wenn jeder eine Schuld so schön abzutragen verstände, als Sie Ihre eingestandene Briefschuld an mich, so möchte ich wahrlich sehr viel in der Welt zu fordern haben – sollte es mich auch manchen peinlichen Mahnbrief kosten – obwohl es sonst mit dem Zufordernhaben heut zu Tage eine kitzliche Sache ist. Der Himmel vergelte Ihnen daher das, was und wie Sie mir schrieben.

Ich stehe hier in der Welt meines Wirkens so ganz allein, daß mir oft fast unheimlich zu Muthe werden will! Denn wer sich bey uns nicht in dem wilden luftigen Tanz des heutigen genialen Fratzengewimmels der vermeinten Kunstliebenden und Kunstübenden – wie in Ihrem Eckart die Menschen vom Spielmann aus dem Venusberge – vom alten treuen Boden der ewigen Natur los, und mit fortreißen läßt, der ist ein verlohrner, aufgegebner Mann! Der bin ich in Leipzig! und wie wohl es mir in dieser Lage thun muß, mich von dem einzigen Kopfe Deutschlands, der noch in ungetrübter Klarheit das Ideal der wahren Bühnenkunst in sich trägt, wie einen theuren Freund angesprochen zu sehen, werden Sie begreifen, ohne daß ich es Ihnen zu beschreiben mich bemühe?

Daß mein Vorspiel zu „Was ihr wollt“ Ihnen außer dem Styl der Dichtung des Stückes erscheinen würde, ahnte ich wohl, da es mir selbst fast so schien, nachdem ich es gemacht hatte. Wolff war Schuld, daß ich meinem Gefühle mißtraute – er las es und nannte es eine zweckmäßige Einleitung, wodurch ich verleitet ward, es dem Stücke anzuhängen; da einem das kritische Auge für die Schwächen der eignen Kinder so leicht durch das kleinste Lob geblendet wird! – Ich sehe jezt die Sache anders an, und würde sogleich an die Umarbeitung des ganzen ersten Aktes gehen, wenn ich einen Weg entdecken könnte, auf welchem ich alles das am zweckmäßigsten berücksichtigte, was Sie bey der Bühneneinrichtung eines Shakspearschen Stückes mich als zu berücksichtigen einsehen lassen. Die Kürze der schnellwechselnden Scenen dieses Aufzugs indeß – auf die ersten 9 Blätter kommen 5 Dekorationen – und die Unmöglichkeit, daß sich Viola in einer einzigen Zwischen-Scene als Mann umziehen kann, legen mir dabey Schwierigkeiten in den Weg, die ich, wenigstens jetzt noch nicht, wegräumen zu können einsehe. Wollen Sie, verehrter Herr Doktor, mir einen neuen Beweis Ihres Wohlwollens geben – so gönnen Sie mir – im Fall nemlich meine übrige Einrichtung des Stückes Ihren Beyfall hat, – darüber Ihren gütigen Rath; denn gerne brächte ich dies herrliche Lustspiel Shakspears auf die Bühne, indem wir gerade zwey Personen16 hier haben, durch deren Gleichheit in der Gestalt Viola und Sebastian sehr gut darzustellen wären, und auch für die andern Charaktere des Stückes passendere Personen besitzen als vielleicht manche andere Bühne; – doch nur wenn Sie eine Bühnen-Einrichtung dieser Dichtung ihres großen Schöpfers würdig finden, werde ich das meine dafür thun, daß sie bey uns in die Scene kommt.

Was Holberg betrifft, so haben Sie mir über ihn, und namentlich über den Charakter seines Vielgeschrey einen Aufschluß gegeben, den ich Ihnen nicht genug danken kann. So war er mir nicht erschienen, obwohl ich jezt sehr klar einsehe, daß er so gemeint ist. Ich hoffe meinem Hetzer (Vielgeschrey) das noch wieder geben zu können, was er durch mich von seiner Urnatur verlohren hat. Der Versuch beyde Ihnen mitgetheilte Holbergs mehr zu modernisiren, als es der eigentliche Verehrer Holbergs entschuldigen wird, wurde durch das Schicksal des geschwätzigen Barbiers in Hamburg begründet. Ich hatte das Stück – blos seiner jezt nicht mehr sprechbaren Zweydeutigkeiten beraubt – ganz in der Urgestalt dorthin geschickt, und es ist so daselbst gegeben worden. Vielleicht lasen Sie was geschah? es fiel ganz durch. Nach Emil Devrients Versicherung, der die Aufführung sah, lag freylich die Schuld am Spiele – denn Gert konnte nichts weiter als seine Rolle auf die Sylbe auswendig! und da ist es freylich zu begreifen, wie er durch die stete Wiederholung derselben Geschichten, gleich einer Spieluhr, die dasselbe Stück zwanzigmal gleich geistlos abdudelt, das Publikum langweilen mußte, anstatt daß er durch das scheinbare Langweilen seiner Mitspieler die Zuschauer ergötzen soll. Es verleitete mich also die Kenntniß der heutigen Schauspielerfähigkeiten und des lieben Publikums dazu, es in beiden Stücken dem Darsteller wie dem Zuschauer leichter zu machen, indem ich vom Ersteren weniger forderte und dem Letzteren den Verkehr von Personen vor die Augen stellte, die er leichter begreifen kann, als die Urgestalten Holbergs – denn wofür ist wohl das Auge unsres jetzigen Publikums blinder geworden, als für die Ironie, wenn sie die Basis einer ganzen Dichtung macht? und wovon hat der jetzige Schauspieler wohl weniger einen Begriff als vom reinen Schalks-Ernst, und von der Seele der Natur, dem Humor? Könnte ich nur dazu gelangen, irgendwo Holbergische Charaktere mit vernünftiger Umgebung darzustellen – sey es in meinen Bearbeitungen, oder bloß in der Urgestalt – so sollten die Leute doch wohl merken: daß ein Einziges dieser Gebilde ganze Dutzende ihrer jetzigen französischen Baiser’s aufwiegt, die sie mit so großer Lüsternheit hineinfressen, daß der Darsteller darin seine beste Kraft vergeuden muß, um den Heißhunger der Gaffer zu befriedigen!

Könnte ich in Dresden seyn – könnte ich mit Ihnen den Shakspear und Holberg studiren – ich glaube: alle erlittene Kränkungen und alle vereitelte Hoffnungen in meinem bisherigen Bühnenleben, die mir einen Ekel am ganzen Schauspielwesen eingeflößt haben – alle Opfer, die ich vergebens der Kunst brachte, wären über diesem Glück mit einem Schlage vergessen, und ich beträte mit neuem Lebensmuth die Bahn, die für immer zu verlassen ich jezt mich herzlich sehne. Ich fühle es: daß die Fähigkeit in mir liegt, grade über den Geist dieser Dichter als Schauspieler manchen Aufschluß geben zu können, den wenige finden. Ich habe das als Lear und Shylock in Berlin erfahren – trotz der dortigen gerühmten Darsteller dieser Rollen – und könnte ich von Ihnen lernen, was mir noch fehlt, so würde ich mich als Repräsentant Shakspears und Holbergs kühn jeder Kritik preisstellen. Bey dem Leyerkastenwesen und der Ertödtung aller Charakteristik an der Leipziger Bühne, bleibt freylich das Beste was ich wollen kann, nur fromme Wünsche!

Sie sehen in den Ergießungen meines Herzens, verehrtester Doktor, wie ganz Ihr lieber Brief mein Inneres Ihnen aufgeschlossen hat. Denn auch ich rede zu Ihnen wie zu einem theuren Freunde, den ich sogar meine Klagen vernehmen lasse. Möchten sie sich bestimmen können, mir öfter zu schreiben und glauben wollen: daß Sie mich dadurch wahrhaft beglücken.

Wie richtig beurtheilen Sie Wilhelm! Möge die Zeit einen guten Geist über ihn bringen – der ihn jetzt leitet, führt ihn ins Verderben!

Mit der innigsten treuesten Liebe und Verehrung ganz

der Ihre
v. Zieten.
16.Nur durch zwei verschiedene Personen, welche Aug’ und Ohr zu sondern vermögen, kann dieser Dichtung und anderen ähnlichen „Verwechslungs-Komödien,“ auf der Bühne ihr Recht geschehen. Jede andere Einrichtung ist Unsinn. Der Zuschauer soll nicht getäuscht werden; er soll stets im Geheimniß des Dichters sein; aber er soll an die Möglichkeit glauben, daß die handelnden Personen getäuscht werden können. H.

Türler ve etiketler

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Litres'teki yayın tarihi:
01 kasım 2017
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