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Kitabı oku: «Deutsche Humoristen, 4. und 5. Band (von 8)», sayfa 11

Various
Yazı tipi:

Das Brückengespenst
von
Carl Spitteler

 
Am Kreuzweg seufzt’ ein Brückengeist,
umringt von sieben Kleinen,
mit Wanderpack und Bettelsack,
und alle Kleinen weinen.
„Was fehlt dir, Vater? fasse Mut,
erzähle mir die Märe,
was dir geschah, und ob ich dir
vielleicht behilflich wäre.“
Der Alte ächzt’ und wischte sich
die tränenfeuchten Lider,
hernach mit kummervollem Blick
gab er die Antwort wieder:
„Ich lebt’ als ehrliches Gespenst
im trauten Uferloche
friedlich am heimatlichen Fluß
unter dem Brückenjoche.
Ach! war das eine schöne Zeit!
Die Brücke war in Stücken,
zwei Balken fehlten, einer wich,
die andern hatten Lücken,
der Mittelpfosten schaukelte
und tanzte vor Vergnügen;
kurz, selbst der strengsten Forderung
konnte der Bau genügen.
Und da einmal Gespensterpflicht
erfordert, wen zu necken,
so wählten wir die Profession,
die Pferde zu erschrecken.
’s ist eine angestammte Kunst
vom Urgroßvater ferne,
und wenn wir drinnen Meister sind,
das macht: wir tun’s halt gerne.
Zwar so ein Gaul am Wägelein
und solche kleine Dinge —
bewahr’! dergleichen lockt uns nicht,
das war uns zu geringe;
dagegen eine Jagdpartie,
ein Picknick meinetwegen
auf heißen Rasserossen! Hah!
da lohnte sich’s hingegen!
Man ließ das Trüpplein ungestört
tripp trapp im muntern Schritte,
mit Scherz und Sang tralli tralla
bis auf die Brückenmitte.
Dann, auf mein Zeichen, ging es los:
verborgen im Gebälke,
eröffneten zugleich den Krieg
die sieben süßen Schälke.
Der Leopold, der Barnabas,
der Klaus, der Sakranitsche
klatschten den Pferden um die Knie
mit Latten und mit Pritsche.
Der Wenzel zerrte sie am Schweif,
der Philipp, nach den Regeln,
wippt’ ihnen Balken an den Bauch,
die kitzelten mit Nägeln.
‚Ich komme auch!‘ rief Fridolin,
‚wart’ doch! nicht solche Eile!‘
nahm hurtig einen Span und stieß
und stach die Hinterteile.
War das ein Wirrwarr und Geschrei!
Das hätt’st du sehen sollen!
Vor Angst und Aufruhr wußte keins,
ob vor- ob rückwärtswollen.
Und war nun alles unterobs,
dann fuhr ich wie der Teufel
haushoch hervor mit „Holdridu“.
Da schwand der letzte Zweifel.
Links, rechts hinunter in den Fluß,
plumps über das Geländer.
Und lustig schwammen Sonnenschirm’
und Strohhüt’ und Gewänder.
 
 
„Ach Gott! was schwatz’ ich unnütz da!
Das sind vergang’ne Zeiten!
Es geht jetzt alles mit Benzin,
vorüber ist das Reiten.
Ein Maultier von Gemeinderat —
man sollt’ ihn „Unrat“ heißen —
ließ all’ die schöne Herrlichkeit
vandalisch niederreißen.
Statt des elastischen Gebälks
glotzt eine starre Mauer.
Ach was! was weiß von Pietät
und Heimatschutz ein Bauer.
Der kennt nur seinen Marktverkehr
und seine Dorfint’ressen.
Ich aber irre seither nun
verstoßen und vergessen
mit meinen Kindern durch die Welt,
ob ich vielleicht am Ende
für sie – ich denk’ ja nicht an mich —
Arbeit und Stellung fände.
Ansprüche, große, mach’ ich nicht,
sei’s eine hohle Eiche,
ein Kirchhof, ein verwunsch’nes Schloß,
es ist mir ganz das gleiche,
ich selber würde unterdes
etwa bei Spiritisten
als Klopfgeist oder Gabriel
zunächst mein Leben fristen.
’s ist furchtbar schwierig heutzutag’
für körperlose Seelen!
Drum falls du jemals etwas weißt,
so möcht’ ich mich empfehlen.“
 

Bruder Liederlich
von
Detlev von Liliencron

 
Die Feder am Sturmhut in Spiel und Gefahren,
Halli.
Nie lernt ich im Leben fasten, noch sparen,
Hallo.
Der Dirne laß ich die Wege nicht frei,
wo Männer sich raufen, da bin ich dabei,
und wo sie saufen, da sauf’ ich für drei.
Halli und Hallo.
 
 
Verdammt, es blieb mir ein Mädchen hängen,
Halli.
Ich kann sie mir nicht aus dem Herzen zwängen,
Hallo.
Ich glaube, sie war erst sechzehn Jahr’,
trug rote Bänder im schwarzen Haar
und plauderte wie der lustigste Staar.
Halli und Hallo.
 
 
Was hatte das Mädel zwei frische Backen,
Halli.
Krach, konnten die Zähne die Haselnuß knacken,
Hallo.
Sie hat mir das Zimmer mit Blumen geschmückt,
die wir auf heimlichen Wegen gepflückt,
wie hab ich dafür ans Herz sie gedrückt.
Halli und Hallo.
 
 
Ich schenkt ihr ein Kleidchen von gelber Seiden,
Halli.
Sie sagte, sie möcht’ mich unsäglich gern leiden,
Hallo.
Und als ich die Taschen ihr vollgesteckt
mit Pralinés, Feigen und feinem Konfekt,
da hat sie von morgens bis abends geschleckt.
Halli und Hallo.
 
 
Wir haben superb uns die Zeit vertrieben,
Halli.
Ich wollte, wir wären zusammen geblieben,
Hallo.
Doch wurde die Sache mir stark ennuyant,
ich sagt’ ihr, daß mich die Regierung ernannt,
Kamele zu kaufen in Samarkand.
Halli und Hallo.
 
 
Und als ich zum Abschied die Hand gab der Kleinen,
Halli.
Da fing sie bitterlich an zu weinen,
Hallo.
Was denk ich just heut’ ohn’ Unterlaß,
daß ich ihr so rauh gab den Reisepaß …
Wein her, zum Henker, und da liegt Trumpf Aß.
Halli und Hallo.
 

Die Musik kommt
von
Detlev von Liliencron

 
Klingling, bumbum und tschingdada,
zieht im Triumph der Perserschah?
Und um die Ecke brausend bricht’s
wie Tubaton des Weltgerichts,
voran der Schellenträgen.
 
 
Brumbum, das große Bombardon,
der Beckenschlag, das Helikon,
die Pikkolo, der Zinkenist,
die Türkentrommel, der Flötist,
und dann der Herre Hauptmann.
 
 
Der Hauptmann naht mit stolzem Sinn,
die Schuppenketten unterm Kinn,
die Schärpe schnürt den schlanken Leib,
beim Zeus! Das ist kein Zeitvertreib,
und dann die Herren Leutnants.
 
 
Zwei Leutnants, rosenrot und braun,
die Fahnen schützen sie als Zaun,
die Fahne kommt, den Hut nimm ab,
der bleiben treu wir bis ans Grab,
und dann die Grenadiere.
 
 
Der Grenadier im strammen Tritt,
in Schritt und Tritt und Tritt und Schritt,
das stampft und dröhnt und klappt und flirrt,
Laternenglas und Fenster klirrt,
und dann die kleinen Mädchen.
 
 
Die Mädchen alle, Kopf an Kopf,
das Auge blau und blond der Zopf,
aus Tür und Tor und Hof und Haus
schaut Mine, Trine, Stine aus,
vorbei ist die Musike.
 
 
Klingling, tschingtsching und Paukenkrach,
noch aus der Ferne tönt es schwach,
ganz leise bumbumbumbum tsching,
zog da ein bunter Schmetterling,
tschingtsching, bum, um die Ecke?
 

Ich und die Rose warten
von
Detlev von Liliencron

 
Vor mir
auf der dunkelbraunen Tischdecke
liegt eine große hellgelbe Rose.
Sie wartet mit mir
auf die Liebste,
der ich ins schwarze Haar
sie flechten will.
 
 
Wir warten schon eine Stunde.
Die Haustür geht.
Sie kommt, sie kommt.
Doch herein tritt
mein Freund, der Assessor;
geschniegelt, gebügelt, wie stets.
Der Assessor, ein Streber,
will Bürgermeister werden.
Gräßlich sind seine Erzählungen
über Wahlen, Vereine, Gegenpartei.
Endlich bemerkt er die Blume,
und seine gierigen,
perlgrauglacébehandschuhten Hände
greifen nach ihr:
„Äh, süperb!
Müssen mir geben fürs Knopfloch.“
„Nein!“ ruf ich grob.
„Herr Jess’ noch mal,
sind heut’ nicht in Laune,
denn nicht.
Empfehl’ mich Ihnen.
Sie kommen doch morgen in die Versammlung?“
 
 
Ich und die Rose warten.
 
 
Die Haustür geht.
Sie kommt, sie kommt.
Doch herein tritt
mein Freund, Herr von Schnelleben.
Unerträglich langweilig sind seine Erzählungen
über Bälle und Diners.
Endlich bemerkt er die Blume.
Und seine bismarckbraunglacébehandschuhten Hände
greifen nach ihr:
„Ah, das trifft sich,
brauch’ ich nicht erst zu Bünger.
Hinein ins Knopfloch.
Du erlaubst doch?“
„Nein!“ schrei ich wütend.
„Na, aber,
warum denn so ausfallend,
bist heut’ nicht in Laune.
Denn nicht.
Empfehl’ mich dir.“
 
 
Ich und die Rose warten.
 
 
Die Haustür geht.
Sie kommt, sie kommt.
Doch herein tritt
mein Freund, der Dichter.
Der bemerkt sofort die hellgelbe.
Und er leiert ohn’ Umstände drauf los:
„Die Rose wallet am Busen des Mädchens,
wenn sie spät abends im Parke des Städtchens
gehet allein im mondlichen Schein …“
„Halt ein, halt ein!“
„Was ist dir denn, Mensch.
Aber du schenkst mir doch die Blume?
Ich will sie mir ins Knopfloch stecken.“
Und gierig greift er nach ihr.
„Nein!“ brüll’ ich wie rasend.
„Aber was ist denn?
Bist heut’ nicht in Laune.
Denn nicht.
Empfehl’ mich dir.“
 
 
Ich und die Rose warten.
 
 
Die Haustür geht.
Sie kommt, sie kommt.
Und – da ist sie.
„Hast du mich aber lange lauern lassen.“
„Ich konnte doch nicht eher …
Oh, die Rose, die Rose.“
„Hut ab erst.
Stillgestanden!
Nicht gemuckst.
Kopf vorwärts beugt!“
Und ich nestl’ ihr
die gelbe Rose ins schwarze Haar.
Ein letzter Sonnenschein
fällt ins Zimmer
über ihr reizend Gesicht.
 

Auf der Kasse
von
Detlev von Liliencron

 
Heute war ich zur Kasse bestellt,
dort läge für mich auf dem Zahltisch Geld.
Waren’s auch nur drei Mark und acht,
hinein in den Beutel die fröhliche Fracht.
 
 
Auf der Kasse die Zähler und Schreiber,
die Pfennigumdreher und Steuereintreiber,
wie sie kalt auf den Sitzböcken tronen,
sichten das Gold wie Kaffeebohnen.
Möchte doch lieber Zigeuner sein,
als Mammonbeschnüffler im güldenen Schrein.
 
 
Im Bureau ist jeder zu warten schuldig,
stand ich denn auch eine Stunde geduldig.
Dacht’ ich mir plötzlich, mit Verlaub,
wären doch alle hier blind und taub.
Der Geldschrank steht offen, rasch wie der Pfiff,
tät ich hinein einen herzhaften Griff,
packte mir berstvoll alle Taschen,
machte mich schleunigst auf die Gamaschen,
nähme Schritte wie zwanzig Meter.
Hinter mir der Gendarm mit Gezeter,
brächt’ mich nicht ein, so sehr er auch liefe,
säß auf der schnellsten Lokomotive.
 
 
Mit der Verwendung des Geldes, nun …
bin ich doch kein blindes Huhn.
Stolziert’ umher wie der König von Polen,
suchte mir bald ein Bräutchen zu holen.
So ein Mädchen mit blanken Zöpfen
könnt’ ich wahrhaftig vor Liebe köpfen.
Vor dem Spiegel, auf hohen Zehen,
stehn wir, wer größer ist, zu sehen.
Ach, diese Nähe! Den Puls ihres Lebens
fühl’ ich im Spiele des neckischen Strebens.
 
 
Weiter, natürlich Wagen und Pferde,
Länder und Leute, Himmel und Erde.
Tausend, wie will ich mich amüsieren …
 
 
„Bitte, wollen Sie hier quittieren.“
O, wie das nüchtern und eisig klang.
Nahm die drei Mark und acht in Empfang,
trank bescheiden ein Krüglein Bier,
trollte nach Hause, ich armes Tier,
schalt meine Frau mich bis spät in die Nacht,
daß ich so wenig Geld gebracht.
 

Trin
von
Detlev von Liliencron

 
Mit Nadel un Tweern217
keem de lütt Deern218.
As219 se mi nu den utneiten Knoop anneiht220,
un so flink de Finger ehr geiht,
un se so neech bi mi steiht221,
denk ick, wat kann dat sien222, man to,
un ick gev ehr’n Söten223, hallo, hallo.
Auk, har ick een weg, un dat wem Släg224,
datt ick glieks dat Jammern kreeg225,
do kiekt se mi ganz luri226 an;
„häv ick wehdahn? min leve227 Mann?“
„Ja,“ segg ick, un ganz sachen228
fat ick se üm, greep frischen Moot229,
un nu güngt ja allns up eenmal got.
 
 
As se gung, seg ick: „Lütt Deern,
kumms ock mal weller230 mit Nadel un Tweern?“
„Ja geern!“
 

Der Handkuß
von
Detlev von Liliencron

 
Viere lang,
zum Empfang,
vorne Jean,
elegant,
fährt meine süße Lady.
 
 
Schilderhaus,
Wache ’raus.
Schloßportal,
und im Saal
steht meine süße Lady.
 
 
Hofmarschall,
Pagenwall.
Sehr graziös,
merveillös
knixt meine süße Lady.
 
 
Königin,
hoher Sinn,
ihre Hand,
interessant,
küßt meine süße Lady.
 
 
„Nun, wie war’s
heut’ bei Zars?“
„Ach, ich bin
noch ganz hin,“
haucht meine süße Lady.
 
 
Nach und nach,
allgemach,
ihren Mann
wieder dann
kennt meine süße Lady.
 

Hans der Schwärmer
von
Detlev von Liliencron

 
Hans Töffel liebte schön’ Doris sehr,
schön Doris Hans Töffel vielleicht noch mehr.
Doch seine Liebe, ich weiß nicht wie,
ist zu scheu, zu schüchtern, zu viel Elegie.
Im Kreise liest er Gedichte vor,
schön Doris steht unten am Gartentor:
„Ach, käm er doch frisch zu mir hergesprungen,
wie wollt ich ihn herzen, den lieben Jungen.“
Hans Töffel liest oben Gedichte.
 
 
Am andern Abend, der blöde Tor,
Hans Töffel trägt wieder Gedichte vor.
Schön Doris das wirklich sehr verdrießt,
daß er immer weiter und weiter liest.
Sie schleicht sich hinaus, er gewahrt es nicht,
just sagt er von Heine ein herrlich Gedicht.
Schön Doris steht unten in Rosendüften
und hätte so gern seinen Arm um die Hüften.
Hans Töffel liest oben Gedichte.
 
 
Am andern Abend ist großes Fest,
viel Menschen sind eng aneinander gepreßt.
Heut muß er’s doch endlich sehn, der Poet,
wenn schön Doris sacht aus der Türe geht.
Der Junker Hans Jürgen, der merkt es gleich,
die Linden duften, die Nacht ist so weich.
Und unten im stillen, dunklen Garten
braucht heute schön Doris nicht lange zu warten.
Hans Töffel liest oben Gedichte. —
 

Lebensjuchzer
von
Detlev von Liliencron

 
Darum, nach vollbrachter Tagespflicht,
stülp’ ich mir meinen alten Filzhut auf,
mit der unscheinbaren Sperberfeder dran,
stecke mir einige blaue Scheine ein,
trumpfe auf den Tisch,
und alle nüchternen Gewohnheitsunkenseelen
tief bedauernd,
ruf’ ich voll kommender Freude:
„Nu wüllt wi uns ook mal fix ameseern!“
 

Betrunken
von
Detlev von Liliencron

 
Ich sitze zwischen Mine und Stine,
den hellblonden hübschen Friesenmädchen,
und trinke Grog.
Die Mutter ging schlafen.
Geht Mine hinaus,
um heißes Wasser zu holen,
küß’ ich Stine.
Geht Stine hinaus,
um ein Brötchen mit aufgelegten kalten Eiern
und Anchovis zu bringen,
küß’ ich Mine.
Nun sitzen wieder beide neben mir.
Meinen rechten Arm halt’ ich um Stine,
meinen linken um Mine.
Wir sind lustig und lachen.
Stine häkelt,
Mine blättert
in einem verjährten Modejournal.
Und ich erzähl’ ihnen Geschichten.
 
 
Draußen tobt, höchst ungezogen,
unser guter Freund,
der Nordwest.
Die Wellen spritzen,
es ist Hochflut,
zuweilen über den nahen Deich
und sprengen Tropfen
an unsre Fenster.
 
 
Ich bin verbannt und ein Gefangener
auf dieser vermaledeiten
einsamen kleinen Insel.
Zwei Panzerfregatten
und sechs Kreuzer spinnen mich ein.
Auf den Wällen
wachen die Posten,
und einer ruft dem andern zu,
durch die hohle Hand,
von Viertel- zu Viertelstunde,
in singendem Tone:
„Kamerad, lebst du noch?“
 
 
Wie wohl mir wird.
Alles Leid sinkt, sinkt.
Mine und Stine lehnen sich
an meine Schultern.
Ich ziehe sie dichter und dichter
an mich heran.
Denn im Lande der Hyperboreer,
wo wir wohnen,
ist es kalt.
 
 
Ich trank das sechste Glas.
Ich stehe draußen
an der Mauer des Hauses,
barhaupt,
und schaue in die Sterne:
der winzige, matt blinkende,
grad über mir,
ist der Stern der Gemütlichkeit,
zugleich der Stern
der äußersten geistigen Genügsamkeit.
Der nah daneben blitzt,
der große, feuerfunkelnde,
ist der Stern des Zorns.
Welten-Rätsel.
Die Welt – das Rätsel der Rätsel.
Wie mir der Wind die heiße Stirn kühlt.
Angenehm, höchst angenehm.
 
 
Ich bin wieder im Zimmer.
Ich trinke mein achtes Glas Nordnordgrog.
Kinder, erklärt mir das Rätsel der Welt.
Aber Mine und Stine lachen.
Das Rätsel, bitt’ ich,
das Rätsel der Welt.
 
 
Ich trinke das zehnte Glas.
Tanzt, Kinder, tanzt,
ich bin der Sultan,
ihr seid meine Georgierinnen,
ich liebe euch,
geht mit mir zu Bett.
Ich kann nicht tanzen mehr?
Wie sagte doch der Sultan
im Macbeth?
Ich meine Shakespeare:
Trunkenheit reizt zur Liebe,
aber die Beine,
oder was sagte er,
möchten gern, aber sie können nicht.
Mädchens, unterstützt mich,
hebt mich,
ich will eine Rede reden:
Die Welt ist das Tal der Küsse,
die Welt ist der Berg des Kummers,
die Welt ist das Wasser der Flüssigkeit,
die Welt ist die Luft des Unsinns.
Was sagte ich?
Ich setze mich.
Noch ein Glas Grog. Vorwärts!
Die Langeweile,
verzeiht, Mächens,
an eurer Seite,
schändlich, das zu sagen,
die Welt ist das Tal, das,
das Tal der Langenweile.
Jetzt ist Macbeth,
ich lieb’ euch, Mächens,
ich bin der Sultan,
gebt mir Panterfelle.
Die Sklaven, die Sklaven her!
Zum Donner, wo bleiben die Schufte!
Auf mein Lager tragt mich.
Ich will schlafen.
So, Macbeth,
tanzen, tan – zen.
gu’ Nacht,
ich wer’ mü – de,
gu’ Nach …
Wie – e?
 

Lumpenlied
von
Cäsar Flaischlen

Für einen Trupp Karnevalmusikanten
 
Melodie: „Da streiten sich die Leut’ herum“
oder „Wenn ich an meinem Amboß steh!“
Refrain gepfiffen.
 
 
Ich bin ein armer Be – Bi – Ba —
Bo – Bettelmusikant,
doch kreuzfidel stets pe – pi – pa —
po – pump ich mich durchs Land;
zu spielen gibt’s allüberall,
baar Geld nur leider keins,
und dennoch bleib ich, was ich bin,
und pfi – pfa – pfeif mir eins!
 
 
Ob hier, ob dort, was verfa – fe —
was verfo – fu – verfichts!
ein Künstler kam sein La – Li – Le —
Lo – Lebtag noch zu nichts!
Und da dies ’mal jedweder Kunst
betrübter Erdenlauf,
so plag dich nicht umsi – sa – sunst
und pfi – pfa – pfeif darauf!
 
 
Auch ich hab einst von Ra – Re – Ri —
von Ri – Ro – Ruhm geträumt
und hab damit mich ma – me – mi —
mu – mächtiglich geleimt!
Drum nahm ich einen Nagel und —
und hing den Kram dran auf
und wurde Vi – Va – Vagabund
und pfi – pfa – pfoff darauf!
 
 
Ein Bettelmusike – ki – ko —
ku – kant ist auch nicht schlecht
und wer einmal ein Le – Li – Lo —
La – Lump ist, sei’s auch recht!
Zum Mi – Ma – Millio – nö – nü – när,
bringt doch von uns es keins,
drum bleib ich, was ich bi – ba – bin
und pfi – pfa – pfeif mir eins!
 
(Applausstrophe.)
 
Wir machen unsern Di – Da – Du —
Do – Dank dem Publiko:
es bleib wie wir stets kri – kra – kru —
kro – kreuzfidel und froh!
Ein Mensch, der keinen Spaß versteht,
merkt euch zum Schli – Schla – Schluß,
bleibt ewiglich ein Rha – Rhe – Rhi —
Rho – Rhu – Rhinozeruß!
 
(Refrain und währenddessen im Gänsemarsch abziehend.)

Gigerlette
von
Otto Julius Bierbaum

 
Fräulein Gigerlette
lud mich ein zum Tee.
Ihre Toilette
war gestimmt auf Schnee;
ganz wie Pierette
war sie angetan.
Selbst ein Mönch, ich wette,
sähe Gigerlette
wohlgefällig an.
 
 
War ein rotes Zimmer,
drin sie mich empfing,
gelber Kerzenschimmer
in dem Raume hing.
Und sie war wie immer
Leben und Esprit.
Nie vergeß’ ich’s, nimmer:
weinrot war das Zimmer,
blütenweiß war sie.
 
 
Und im Trab mit Vieren
fuhren wir zu zweit
in das Land spazieren,
das heißt Heiterkeit.
Daß wir nicht verlieren
Zügel, Ziel und Lauf,
saß bei dem Kutschieren
mit den heißen Vieren
Amor hinten auf.
 

Münchner Studentenlied
von
Otto Julius Bierbaum

 
Ein Geschpusi muß ich haben!
Alles wankt, doch das steht fest:
So ein liebes, kleines Mädchen,
das sich gerne haben läßt,
ein Geschpusi muß ich haben!
 
 
Denn ich bin nun so geschaffen,
daß ich Mädchen lieben muß;
nulla dies sine linea
heißt: kein Tag sei ohne Kuß;
denn ich bin nun so geschaffen.
 
 
Ach, so was im Arm zu haben,
Mund an Mund und Brust an Brust,
dafür laß ich alle Alten,
Cäsar, Cicero, Sallust …
Ach, so was im Arm zu haben!
 
 
Zwar ich habe nur ein Zimmer,
und das Zimmer ist sehr klein,
doch es können darin zweie
ganz unbändig glücklich sein,
in dem einen kleinen Zimmer.
 
 
Also komm und laß nicht warten!
Auf dem Tisch steht schon ein Strauß,
und das kahle kleine Zimmer
sieht heut ganz verwegen aus.
Also komm und laß nicht warten!
 

Das Häslein
von
Christian Morgenstern

 
Unterm Schirme, tief im Tann,
hab’ ich heut’ gelegen,
durch die schweren Zweige rann
reicher Sommerregen.
 
 
Plötzlich rauscht das nasse Gras —
Stille! nicht gemuckt! —
Mir zur Seite duckt
sich ein junger Has’ …
 
 
Dummes Häschen,
bist du blind?
Hat dein Näschen
keinen Wind?
 
 
Doch das Häschen unbewegt,
nutzt, was ihm beschieden,
Ohren, weit zurückgelegt,
Miene, schlau zufrieden.
 
 
Ohne Atem lieg’ ich fast,
laß die Mücken sitzen:
still besieht mein kleiner Gast
meine Stiefelspitzen …
 
 
Um uns beide – tropf – tropf – tropf —
traut eintönig Rauschen …
Auf dem Schirmdach – klopf – klopf – klopf …
und wir lauschen … lauschen …
 
 
Wunderwürzig kommt ein Duft
durch den Wald geflogen;
Häschen schnubbert in die Luft,
fühlt sich fortgezogen;
 
 
Schiebt gemächlich rückwärts, macht
Männchen aller Ecken …
Herzlich hab ich aufgelacht – :
Ei, der wilde Schrecken!
 

Die arme kleine Idee
von
Otto Sommerstorff

 
Es war einmal eine kleine Idee,
ein armes, schmächtiges Wesen —
da kamen drei Dichter des Weges – o weh – !
und haben sie aufgelesen.
Der eine macht’ einen Spruch daraus —
das hielt die kleine Idee noch aus;
der zweite eine Ballade —
da wurde sie schwach und malade;
der dritte wollt’ sie verwenden
zu einem Roman in zwei Bänden —
dem starb sie unter den Händen! —
 

Der Nebenbuhler
von
Hugo Salus

 
So eine kleine Frau, wie keusch sie sei,
was Gefährliches ist doch immer dabei;
aus ihrer Seele geheimstem Grunde
sprach meine heut’ mit ruhigem Munde:
„Wenn Goethe noch lebte in unsern Tagen,
Goethe könnte ich nichts versagen.
Er ist so herrlich, so über die Maaßen,
möcht’ mich in Demut ihm überlassen,
möcht’ gar nicht denken, so er mich wollte,
ob ich sollte oder nicht sollte,
ich wäre sein, von Herzen sein.“
So sprach sie sich in die Verzückung hinein,
indes ich armer, betrogener Gatte
meine neidische dunkle Minute hatte.
Dann aber seufzte ich vor mich hin:
„Heil mir, daß ich ein Enkel bin.“
 

Fuchsenglück
von
Ludwig Jacobowski

 
Zum erstenmal das Fuchsenband!
Das ist ein Tag der Weihe.
Ich geh’ noch außer Rand und Band
und habe Mut für dreie.
 
 
Die Mädels schaun mich freundlich an,
das nimmt mich gar nicht wunder.
Denn ein Philister ist kein Mann,
das lebt so ’rum als Plunder.
 
 
Was ist das Leben eine Pracht,
bis in die Fingerspitze!
Am liebsten ging ich heute Nacht
zu Bett mit Band und Mütze.
 

Jüngster Frühling
von
Ludwig Jacobowski

 
Nun kommt der Frühling doch Jahr für Jahr,
dasselbe Blühen, wie’s immer war,
von Kindern sind Plätze und Straßen voll,
man weiß nicht mehr, wo man treten soll.
Die Mädchen glühen vor lauter Glück,
heller die Kleider und heller der Blick,
und blitzt wo ein Zöpflein im Sonnenschein,
da fängt es sich wohl einen Knaben ein.
Und hoch aus des Himmels seligem Feld
geht ein Leuchten über die Welt …
 
 
Wohl seh’ ich das alles in jedem Jahr,
doch schwör’ ich, daß es nie schöner war,
als gerade in diesem, in diesem Jahr.
 
217.Zwirn.
218.kam die kleine Dirn.
219.wie.
220.abgesprungenen Knopf annäht.
221.nah bei mir steht.
222.sein.
223.ich gebe ihr einen Süßen (Kuß).
224.das war ein Schlag.
225.kriege, zu jammern anfange.
226.da sieht sie mich ganz dusselig.
227.lieber.
228.sachte.
229.Mut.
230.kommst auch mal wieder.
Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
01 kasım 2017
Hacim:
180 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
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