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Deutsche Humoristen, 4. und 5. Band (von 8)

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Sonntag Nachmittag
von
Ludwig Jacobowski

 
Straße glatt wie ausgefegt;
selten poltert noch ein Wagen;
Knaben nur, die unentwegt
ihre Bronze-Reifen schlagen.
Vogelruf in blauer Luft —
kleine Wölkchen, weiß wie Seide —
Mädchen, das der andern ruft,
und schon schwatzen beide.
 
 
Und nun stehn sie vor der Tür,
überm Busen straff die Schürze,
und ein langer Grenadier
nebenan als Sonntagswürze!
Daß er’s grade auf Marie,
meine Wäsch’rin, abgesehen,
freut mich sehr, je öfter sie
beieinander stehen.
 
 
Schultern breit und Taille schmal,
Arme, die das Kleid zerreißen;
er wie ein Laternenpfahl
und kann sicher Steine beißen.
Ach, das gäb’ ein gutes Paar!
Daß sie Gott zusammenführe!
Segen käm’ da Jahr für Jahr —
unser Land braucht Grenadiere.
 

Peter Lügenmaul spricht:
von
Carl Busse

 
Jungens, Jungens! Hinter den Hecken,
wo sich im Frühjahr die Veilchen verstecken,
ja, was liegt da ein putziger Käfer:
ein Haulemännchen, ein Siebenschläfer!
Sein weißer Bart mißt gut eine Elle,
ist ebenso lang, wie der ganze Geselle.
Am Rock die Knöpfe blitzen wie Sternchen,
vorn im Gürtel steckt ein Laternchen,
dazu noch die Kappe von rotem Tuch —
genau wie die Wichtlein im Märchenbuch!
 
 
Das ist auch kein andrer, das ist Zwerg Purzel,
wohnt des Tages unter der Wurzel;
aber bei Mond und Sternenschein
gold’ne Schätze sammelt er ein.
Weil ihm die Arbeit heut’ nicht geschmeckt,
hat er zum Schläfchen sich ausgestreckt.
Nun lacht schon die Sonne mit goldenem Schimmer,
aber, was meint ihr? er schnarcht noch immer!
 
 
Da bin ich verstohlen, mit Herzepochen,
ihm durch die Büsche nähergekrochen,
bis daß im Grünen am hellen Tag
die kleine Schlafmütz’ vor mir lag.
Schon hatt’ ich den feinsten Plan erdacht,
wie man ihn fängt und dienstbar macht —
da flog eine Mücke aus hohem Grase
ihm grad’ auf die Nase!
 
 
Nun hat er sich faul gedehnt und gerührt,
hat wohl im Auge die Sonne gespürt.
„Hatschi!“ – Gar fängt er zu niesen an.
– „Gesundheit, lieber Herr Haulemann!“
 
 
Verschlafen reckt er noch einmal die Glieder,
zupft am Barte und reibt die Lider;
dann hat er behaglich die Blüten gekippt,
zum Morgentrank den Tau genippt,
so ist dem Schlemmer der himmlische Bronnen
grad’ aus den Kelchen ins Maul geronnen!
 
 
Da hab’ ich mich heimlich fortgedreht,
daß ihr Herrn Purzel beim Frühstück seht.
Und wenn ich auch Peter, das Lügenmaul, bin,
ihr könnt es mir glauben: Kommt mit … geht hin!
Nur leise, leise, … auf Zehenspitzen!
Jetzt noch drei Schritte, dann seht ihr ihn sitzen …
Da …! – Tausend, das sah ich doch vorher kommen:
Jungens, er hat Reißaus genommen!
 

St. Niklas’ Auszug
von
Paula Dehmel

 
St. Niklas zieht den Schlafrock aus,
klopft seine lange Pfeife aus
und sagt zur heiligen Kathrein:
„Öl mir die Wasserstiefel ein,
bitte, hol auch den Knotenstock
vom Boden und den Fuchspelzrock;
die Mütze lege oben drauf,
und schütt dem Esel tüchtig auf,
halt auch sein Sattelzeug bereit;
wir reisen, es ist Weihnachtszeit.
Und daß ich’s nicht vergeß, ein Loch
ist vorn im Sack, das stopfe noch!
Ich geh derweil zu Gottes Sohn
und hol mir meine Instruktion.“
Die heil’ge Käthe, sanft und still,
tut alles, was St. Niklas will. —
Der klopft indes beim Herrgott an;
St. Peter hat ihm aufgetan
und sagt: „Grüß Gott! wie schaut’s denn aus?“
Und führt ihn ins himmlische Werkstättenhaus.
 
 
Da sitzen die Englein an langen Tischen,
ab und zu Feen dazwischen,
die den kleinsten zeigen, wie’s zu machen,
und weben und kleben die niedlichsten Sachen,
hämmern und häkeln, schnitzen und schneidern,
fälteln die Stoffe zu zierlichen Kleidern,
packen die Schachteln, binden sie zu
und haben so glühende Bäckchen wie du!
Herr Jesus sitzt an seinem Pult
und schreibt mit Liebe und Geduld
eine lange Liste. Potz Element,
wieviel artige Kinder Herr Jesus kennt!
Die sollen die schönen Engelsgaben
zu Weihnachten haben.
 
 
Was fertig ist, wird eingesackt
und auf das Eselchen gepackt.
St. Niklas zieht sich recht warm an —
Kinder, er ist ein alter Mann,
und es fängt tüchtig an zu schnei’n,
da muß er schon vorsichtig sein!
 
 
So geht es durch die Wälder im Schritt,
manch Tannenbäumchen nimmt er mit,
und wo er wandert, bleibt im Schnee
manch’ Futterkörnchen für Hase und Reh.
Leise macht er die Türen auf,
jubelnd umdrängt ihn der kleine Hauf:
„St. Niklas, St. Niklas,
was hast du gebracht?
Was haben die Englein
für uns gemacht?“
„Schön Ding! Gut Ding! aus dem himmlischen Haus!
Langt in den Sack! Holt euch was ’raus!“
 

Philisterglück
von
Anna Ritter

 
Gestern standen sie im Blättchen
als Verlobte. Heut’, zur Stunde
der Visiten, wird die Runde
abgegangen durch das Städtchen. —
Freudig warten schon die Tanten. —
 
 
Er im Gehrock, sie in Seide,
sittsam lächelnd alle beide,
mit gewinnenden Manieren
führen sie ihr Glück spazieren
zu den Freunden und Verwandten!
 
 
Hinter ihnen wandelt Amor …
Amor – wirklich? Baß erschrocken
seh’ ich ihn: ist das der böse,
hübsche, kecke Liebesbengel?
 
 
Fein und sittsam wie ein Engel
schreitet er, die goldnen Locken
glatt gescheitelt, voll Pomade.
Samtne Pluderhosen decken
tugendhaft des Bübchens Blöße,
und die kleinen Füße stecken
bis zur rundlich festen Wade
ehrbar in gestrickten Socken!
Schade – !
 

Gekränkte Unschuld
von
Anna Ritter

 
Ein Rad gebrochen! – Da liegt das Heu …
Da liegt der Wagen … und nebenbei
ein blasses, schmächtiges Dirnchen steht,
das heulend die Zipfel der Schürze dreht.
„Was willst denn?“ Ich streichle ihm sanft das Gesicht.
Da zeigt’s auf den riesigen Wagen und spricht,
das zitternde Stimmchen von Schluchzen zerrissen:
„Sie sagen, ich hätte ihn umgeschmissen.“
 

Annesmeert231
von
Lulu von Strauß und Torney

 
Die Fliegen summen, die Wanduhr tickt,
er hockt am Ofen im Stuhl gebückt,
von Zeit und Arbeit das Wams zerschlissen,
zahnlos der Mund und spärlich das Haar,
auf der Stirn die Runzeln der achtzig Jahr.
Und neben ihm in den Wiegenkissen
ein winziges Köpfchen mit dünnem Flaum,
ein Stückchen Leben, drei Tage kaum.
Steht vor den beiden ein kleiner Wicht,
weißblond der Krauskopf und derb die Glieder,
der beugt sich über das Bettchen nieder
und guckt und schneidet ein kraus Gesicht:
„Slöppt use Lüttje232? Ne kiek eis dor,
Grotvatter, de het jo gorkeen Hor.“
Der Alte streicht sich den weißen Bart,
„dat kummt noch, Jung, wenn he gröter ward.
Nu lop233 man hen!“ Der Junge bleibt stehn.
„Grotvatter, he het jo gorkeen Tähn234?“
Der Alte knurrt nur halb grämlich müd.
„De wasset235 ok noch, dat het noch Tid236.“
Die braune erdige Bubenpfote
tippt auf das Köpfchen, das runzlich rote,
und rückt die Wiege ins grelle Licht:
„Un Schrumpeln het he ok ins Gesicht!“
Der Graukopf im Stuhle schweigt und nickt,
die Fliegen summen, die Wanduhr tickt,
der Blondkopf trottet zur Türe stumm,
doch auf der Schwelle dreht er sich um,
er zieht das Gesicht in wichtige Falten
und blinzelt pfiffig zurück zu dem Alten:
„Grotvatter, us’ Lüttje, de is nix wert,
ick glöv, mit den sünd wi annesmeert,
de het jo’n Gesicht just sao as din,
dat möt jau’n ganzen Ollen sien.“
 

Ein Kontertanz
von
Carl Müller-Rastatt

 
Im Saal voll Pracht und Lichterglanz
lädt die Musik zum Kontertanz.
Es stehen in der Tänzer Reihn
ein Jüngling und ein Jungfräulein:
Compliment!
 
 
„Hier fände ich mein Glück vielleicht!“
Der Jüngling denkt’s und sinnt und schweigt.
Und schweigend denkt das Mägdelein:
„Soll dieser wohl der Rechte sein?“
Balancez!
 
 
Die Augen beider grüßen sich.
Dem Jüngling wird so seltsamlich.
Der Jungfrau Busen hebt sich bang.
Mir scheint: die Sache kommt in Gang.
Tour de main!
 
 
Dem Frieden trauen soll man nie!
Die Dame seines Vis-a-vis
beäugt den Jüngling höchst kokett.
„Sieh!“ denkt er, „die ist auch recht nett!“
Chaîne anglaise!
 
 
Mit Staunen sieht die Jungfrau an
den bösen, wankelmütigen Mann.
Und allsogleich sie bei sich spricht:
„Der Rechte ist das wieder nicht!“
Dos-à-dos!
 
 
Der Jüngling merkt, daß sie sich grämt,
geht in sich und ist tief beschämt.
Er macht sich schnell zum Sturm bereit,
daß er versöhnt die holde Maid.
Le cavalier en avant!
 
 
Er schneidet ihr mit Macht die Cour
und schwört, daß sie alleine nur
die Sehnsucht seiner Träume stillt.
In ihrem Busen wogt es wild:
Moulinet!
 
 
Sie glaubte gern und zaudert doch.
Da wird er ungestümer noch
und fängt sie endlich glücklich ein.
Sie flüstert schämig: „Ich bin dein.“
En avant deux!
 
 
Er küßt, in heißer Lieb’ entbrannt,
verstohlen ihre kleine Hand
und spricht: „Ob’s stürmt, ob Sonne scheint,
wir ziehn durchs Leben nun vereint!“
Grande ronde!
 

Qui pro quo
von
Dr. Owlglaß

 
Heute griff ich hinter meinen Kasten,
wo die Leier der Gefühle schwebt,
neben der mit schwarz-rot-goldnen Quasten
meine alte Tubakspfeife klebt.
 
 
Zwar – dies will ich lieber gleich gestehen —
tat ich’s zweifelhäftigen Gesichts:
von des Geistes heiligem Flügelwehen
spürt’ ich nämlich wenig oder nichts.
 
 
Doch ich sprach: „Wozu die innren Stimmen?
Soll ich warten, bis mich’s zärtlich rief?
Nein, ich flöte auf den pseudonymen,
auf den kategorischen Imperativ!“
 
 
– Aber sieh, die Leier hing zersprungen
an der zugehörigen grünen Schnur,
von der Sommerhitze tief durchdrungen!
… Weinend gab ich sie in Rep’ratur.
 
 
Und so säß’ ich traurig in der Seife,
von dem Kuß der Musen unberührt,
hätt’ ich nicht die alte Tubakspfeife,
die mich aushilfsweise inspiriert.
 

Er bokulirt im Hirschen
von
Arno Holz.
Ode Trochaica

 
Lustig-seyn und nicht studiren,
durch die Gassen kreutz und krumm
nach den Mägdgens scharmutziren,
lustig-seyn und nicht studiren.
Dihses ist mein Bropprium!
 
 
Bluhder-Hosen, Bontac-Flaschen,
Wörffelgens und ein Rappihr,
darzu Goldt in allen Daschen,
Bluhder-Hosen, Bontac-Flaschen,
Bruder-Hertz, daß lohb ich mir!
 
 
Wihder blühen itzt die Pfirschen,
alles ist wie Rohsen-roht,
drümb, so sizz ich hihr im Hirschen,
wihder blühen itzt die Pfirschen,
Dabbak ist mein Himmels-Brodt!
 
 
Hühnergens in Galantine
stellt man mir auff meinen Disch,
Blühmckens zihren die Turrine,
Hühnergens in Galantine,
auch die Sprottgens sind schön frisch!
 
 
Kugel-Dorten, Eyer-Baben
seh ich fröhlichen Gesichts,
darfor bün ich stähts zu haben,
Kugel-Dorten, Eyer-Baben,
hola, Jung, verschütt mir nichts!
 
 
Jeder Dropffen, den ich drincke,
schärfft mir mehr das Capitol;
komme wihder, wenn ich plincke,
jeder Dropffen, den ich drincke —
Himmel, Herrgott, ist mir wohl!
 
 
Flöten, Lauten und Pandoren,
Gott sey Danck, itzt sind sie da!
Singt und springt mir in die Ohren,
Flöten, Lauten und Pandoren,
drey mahl hoch die Musica!
 
 
Nachts mit gantz verschobner Krause
steh ich dan für meiner Thür.
Bün ich würcklich schon zu Hause?
Nachts mit gantz verschobner Krause,
ha, wie kom ich mir blohß für?
 
 
Soll ich itzt Skarteken schmihren?
Oder – dreh ich wihder um?
Nein, ich gehe cortesiren!
Soll ich itzt Skarteken schmihren?
Dihses were mir zu thumm!
 
 
Meine Feuer-reichen-Jahre
blühn mir itzo, oder nie.
Pallas hat zu kortze Hahre,
meine Feuer-reichen-Jahre
sind mir vihl zu werth for sie!
 

Die sieben Heller
von
Frank Wedekind

 
Großer Gott im Himmel, sieben
Heller sind mir noch geblieben!
Was nur fang’ ich armer Mann
mit den sieben Hellern an?
 
 
Tod und Teufel, wären’s zwanzig,
tanzte gleich noch einen Tanz ich
auf der Bühne bunt bemalt,
wo man 20 Heller zahlt!
 
 
Wären’s fünfzehn! – Einen Teller
Wurst kauft man für fünfzehn Heller.
Hungrig bin ich so wie so;
eine Wurst macht lebensfroh.
 
 
Ach und wären’s auch nur zehne!
Ein Schluck Bier, den ich ersehne,
ist er gleich ein wenig klein,
muß für zehne käuflich sein!
 
 
Aber sieben, sieben ganze
rote Heller, nicht zu Tanze,
nicht zu Wurst und nicht zu Bier,
gar zu nichts verwendbar mir! —
 
 
Lehr’ mich du, o Fürst der Hölle,
was tätst du an meiner Stelle,
wenn im Beutel du zuletzt
nur nach sieben Heller hättst?
 
 
Alsbald zieht der große Weise
seine düstern Zauberkreise,
spuckt nach rechts und links und spricht:
„Hör’ mich an, du armer Wicht!
 
 
„Kommt bei Wettersturm und Regen
dir ein Bettelkind entgegen,
schwarz von Auge, schwarz von Haar,
Busen im Entwicklungsjahr,
 
 
„Wirf ihr deine sieben Heller
in des Hemdes losen Göller,
sag’ ihr, sie sei engelschön,
schweig’ und heiß’ sie weitergehn!
 
 
„Du hast Freude, sie hat Freude,
freuen werdet ihr euch beide;
meine Freude hab’ auch ich,
segne und belohne dich!“
 

Wir zwei
von
Gustav Falke

 
Wir haben oft beim Wein gesessen
und öfter beim Grog.
Beim Pfandverleiher lag indessen
der Sonntagsrock.
 
 
Wir haben die lustigsten Mädelgeschichten
ausgetauscht,
an Abenteuern und an Gedichten
uns weidlich berauscht.
 
 
Wir haben, o je, von unsern Schulden
uns vorgeklagt.
Vertranken dabei den letzten Gulden;
nur nicht verzagt!
 
 
Wir haben uns immer zusammengefunden,
wars Wetter schlecht;
und waren die gräulichen Wolken verschwunden,
dann erst recht.
 
 
Wir sind zwei Kirschen an einem Stengel,
ein Zwiegesang,
ein Kanon, wie er von Bach bis Klengel
noch keinem gelang.
 
 
Wir sind zwei Schelme. Wenn sie uns fangen,
Philistergericht,
wir müssen an einem Galgen hangen,
sonst tun wir’s nicht. —
 

Nachtwandler
von
Gustav Falke

 
Trommler, laß dein Kalbfell klingen,
und, Trompeter, blas darein,
daß sie aus den Betten springen,
Mordio, Michel, Mordio! schrein,
tuut und trumm, tuut und trumm,
Zipfelmützen ringsherum.
 
 
Und so geh’ ich durch die hellen,
mondeshellen Gassen hin,
fröhlich zwischen zwei Mamsellen,
Wäscherin und Plätterin:
links Luischen, rechts Marie,
und voran die Musici.
 
 
Aber sind wir bei dem Hause,
das ich euch bezeichnet hab’,
macht gefälligst eine Pause,
und seid schweigsam wie das Grab!
Scht und hm, scht und hm,
sachte um das Haus herum.
 
 
Meine heftige Henriette
wohnt in diesem kleinen Haus,
lärmen die wir aus dem Bette,
kratzt sie uns die Augen aus.
Scht und hm, scht und hm,
sachte um das Haus herum.
 
 
Lustig wieder, Musikanten!
Die Gefahr droht nun nicht mehr,
trommelt alle alten Tanten
wieder an die Fenster her!
Tuut und trumm, tuut und trumm,
Zipfelmützen ringsherum.
 
 
Ja, so geh’ ich durch die hellen,
mondeshellen Gassen hin,
fröhlich zwischen zwei Mamsellen,
Wäscherin und Plätterin:
links Luischen, rechts Marie,
und voran die Musici.
 

Zwanzig Mark
von
Gustav Falke

 
Herr Wirt, heut’ hab’ ich zwei Zehner im Sack,
dafür kann ich den König nicht kaufen,
und könnt’ ich ihn kaufen, zwei Zehner im Sack,
den König mit Krone und Orden und Frack,
ich lachte und ließ ihn laufen.
Zwei goldene Zehner macht zwanzig Mark,
ja, zwanzig Mark,
und die, die will ich versaufen!
 
 
Und hier auf dem Tisch, heraus aus dem Sack,
wie köstlich das klimpert und klappert!
Zwei goldene Zehner heraus aus dem Sack,
zwei silberne Flaschen, herunter den Lack,
kein Tröpfchen werde verlappert.
Zwei goldene Zehner macht zwanzig Mark,
ja, zwanzig Mark,
doch vor allem, Herr Wirt, nicht geplappert.
 
 
Denn hört es ein dritter, zwei Zehner im Sack,
die Stadt gleich wird es durchlaufen,
der Schneider, der Schuster, zwei Zehner im Sack,
die Wirtin, die Waschfrau, o Weiberschnack,
sie kommen und zetern in Haufen:
zwei goldene Zehner macht zwanzig Mark,
ja, zwanzig Mark,
und die, die will ich versaufen.
 
 
Und darum, Herr Wirt, zwei Zehner im Sack,
was rund ist, was rund ist, muß laufen,
so lauf’ denn, mein Freund, zwei Zehner im Sack,
he, tummle dich, hurtig! Zwei Zehner im Sack.
Zwei Witwen will ich mir kaufen.
Zwei goldene Zehner macht zwanzig Mark,
ja, zwanzig Mark,
und die, die will er versaufen!
 

Gute Nacht
von
Gustav Falke

 
Das war der Junker Übermut,
die Stirne frei, den schlappen Hut
verwegen nur im Nacken;
laut klirrten ihm die Hacken.
 
 
Das war die Jungfer züchtiglich,
ging stets einher, als schämt’ sie sich,
als könnt’ sie beim Spazieren
ihr Seelenheil verlieren. —
 
 
Das war, das war, das ist, das ist,
sein Rößlein ihren Hafer frißt,
er sitzt zu ihren Füßen
und muß im Garne büßen.
 
 
Draus wirkt sie ihm ein weiches Hemd,
das macht ihn welt- und menschenfremd,
der Rest, daß sie ihm nütze,
der Rest gibt eine Mütze.
 
 
Was sagt er jetzt, Herr Übermut?
Schön gute Nacht und schlaf er gut!
Das Spiel hat er verloren,
sein Weib gewann die Sporen.
 

De kloke237 Spitz
von
Gustav Falke

 
„Spitz,“ seggt238 Fritz,
„sett di hen239, Spitz!“
 
 
„Spring,“ röpt240 Karlin,
„warst König, kriegst ’n Buddel Win241.“
 
 
„Apport!“ kummandeert Hans.
„Na? Woans242?“
 
 
„Ach,“ denkt de Spitz,
„man hett ja sinen Witz,
strengt sik ok an
un deit243, wat man kann.
Awerst dree Schoolmeester to hoop244,
all upp’n mal: Sett di hen, spring, loop245!
Da kann ja’n Pudel de Geduld bi verleern,
un so’n Pudel deit so wat doch süß246 ganz geern.
Wardt’t mi to veel – Hans kiekt247 mi all so an —
nei ik ut248. All wat ik kann.“
 
 
„Spitz,“ seggt Fritz,
„sett di hen, Spitz!“
 
 
„Spring,“ röpt Karlin,
„warst König, kriegst ’n Buddel Win.“
 
 
„Apport!“ kummandeert Hans.
„Na? Woans?“
 
 
„Soans,“ knurrt Spitz,
un hei! weg is he, as249 de Blitz.
 

Döntje250
von
Gustav Falke

 
Dar weer mal’n lütt Hohn251,
dat harr nix to dohn,
do leggt dat en Ei,
dat Ei güng entwei,
do keem dar’n lütt Katt rut252,
de Katt, de seeg swatt ut253
un sä254 to’t lütt Hohn:
„Du hest nix to dohn?
Denn wil ’k di wat wisen255,
ik warr di verspisen,
ik freet di un denn
hett all Not ’n Enn256.“
 

Die zierliche Geige
von
Gustav Falke

 
Ein klapperdürrer Fiedelmann
stand unter einem Baume,
und setzte seine Geige an
und geigte wie im Traume,
und sang ein leises Zwitscherlied,
das rührte an die Äste,
und als der letzte Ton verschied,
da starb ein Spatz im Neste.
 
 
Der klapperdürre Fiedelmann
stand unter trocknem Kranze,
und setzte seine Geige an
und geigte flott zum Tanze,
und geigte flott zum Erntebier,
wo Rock und Schürze fliegen,
ein letzter Triller, zart und zier,
da muß die Großmagd liegen.
 
 
Und wieder stand der Fiedelmann
stocksteif vorm Pastorate,
und setzte seine Geige an
zur geistlichen Sonate.
Ein rührend Religiosa sang
von allen Himmelsschauern,
ein schluchzender Morendogang —
wer predigt nun den Bauern?
 
 
Dann stand der fleißige Fiedelmann
wohl auf der Herrendiele,
und setzte seine Geige an
zu raschem, scharfem Spiele.
Das klang halb wie ein Trinklied froh,
halb wie ein Sturm auf Schanzen,
ein kurzes, keckes Tremolo,
da muß der Schloßherr tanzen.
 
 
Und neulich stand der Fiedelmann
auch vor des Schulzen Kammer,
und setzte seine Geige an
und sang wie eine Ammer,
und sang und sang den ganzen Tag,
und sang vor tauben Ohren,
an dem, der da im Fieber lag,
schien jede Kunst verloren.
 
 
Da trat er dicht ans Bettgestell,
hub wütend an zu kratzen,
doch statt des Kranken Trommelfell
mußt’ ihm die Quinte platzen.
Erbost schlug er sein Saitenspiel
aufs Haupt dem zähen Recken,
die Geige in zwei Stücke fiel,
der Schulze starb vor Schrecken.
 
 
Der klapperdürre Fiedelmann,
da hockt er nun am Rande,
und leimt sein Zeug so gut er kann,
flickt Saiten, Steg und Bande,
und brummt: „Das hat man nun davon,
dem spielt’ ich zu manierlich,
jetzt lern’ ich Baß und Bombardon,
die Geige ist zu zierlich.“
 

Auf dem Maskenball
von
Gustav Falke

 
Die Geigen girren leise,
die Flöten flüstern so fein,
die Masken dreh’n sich im Kreise,
plump fährt die Pauke drein.
 
 
Die Bläser blähen die Backen,
das Bombardon poltert wie wild,
da dreht sich auf zierlichsten Hacken
auf einmal das zierlichste Bild.
 
 
Ein Seufzer der Klarinette,
ein zärtliches Ach der Obo;
Tanze mit mir, Pierette!
– Kein Füßchen tanzte je so.
 
 
Die Geigen girren leise,
die Flöten flüstern so fein,
die Masken drehn sich im Kreise,
ein Pfropfenknall fährt drein.
 
 
Die Bläser blähen die Backen,
das Bombardon winselt wie wund.
Den Arm um den reizendsten Nacken,
such’ ich den reizendsten Mund.
 
 
Ein Seufzer der Klarinette,
ein zärtliches Ach der Obo;
Küsse mich, Pierette!
– Kein Mündchen küßte je so.
 
231angeschmiert.
232schläft unser Kleiner.
233laufe.
234Zähne.
235wachsen.
236Zeit.
237kluge.
238sagt.
239setz dich hin.
240ruft.
241Flasche Wein.
242wie.
243tut.
244zusammen.
245laufe.
246sonst.
247guckt.
248kratz’ ich aus.
249wie.
250lügenhafte Begebenheit, Anekdote.
251kleines Huhn.
252da kam eine kleine Katze heraus.
253die sah schwarz aus.
254sagt.
255weisen, zeigen.
256Ende.