Kitabı oku: «77 Fehler und Irrtümer in der Notfallmedizin»
Thoralf Kerner, Hanspeter Bubser, Willi Schmidbauer (Hrsg.)
77 Fehler und Irrtümer
in der Notfallmedizin
Inhalt
Vorwort
Etwas Wesentliches übersehen
Absaugpumpe einsatzbereit?
Oberbauchschmerzen
Apoplektischer Insult?
Alternatives Equipment nicht verfügbar
Jeder Unfallbeteiligte ist ein Patient
Hyperpnoe ist nicht Hyperventilation
Junger Mann in dunklem Zimmer
Beatmungsgerät drucklos
Amputationsverletzung
Morgendliche Bewusstlosigkeit: an alles gedacht?
Der kindliche Notfall: Wenn der i. v.-Zugang nicht gelingt
Diskonnektionsalarm ohne erkennbaren Grund
Weder Blut noch Luft können aus der Thoraxdrainage evakuiert werden
Intubation eines „Schwerverletzten“
Folgenschweres Versäumnis
Notarzt ohne Funkverbindung
Druckinfusion
Herzrhythmusstörung nach körperlicher Belastung
Ein Unglück kommt selten allein – oder doch?
Hypertonus bei Schädel-Hirn-Trauma
Sturz vom Apfelbaum
Versäumte Intubation oder palliativmedizinischer Ansatz?
Monitoring der Ventilation
Ein ungewöhnlicher Krampfanfall
Fehlende Lagemeldung
Auflösen einer Trockensubstanz
Migräne
Untersuchung nach Trauma
Gabe von Barbituraten: Womit muss man rechnen?
Eine folgenschwere ST-Strecken-Hebung
Unvollständiger Notfallkoffer
Positionierung von Einsatzfahrzeugen
Ist es das richtige PEEP-Ventil?
Peritonealdialyse und Blutzuckerbestimmung
Systematische Behandlungsstrategie bei der Versorgung von Polytraumatisierten
Ein psychiatrischer Notfall?
Ein besonderer Anfall
Querschnitt oder Volumenmangel oder beides?
Ungewöhnlich verlaufende Reanimation
Schnittstelle Notfallaufnahme
Ein Schlaganfall
Schwere Intubation noch schwerer
Sonderrechte im Straßenverkehr
Auskultation unnötig?
Steigende Beatmungsdrücke
Autorennen in der Stadt
Eigenschutz
„Bandscheibenvorfall“ mit letalem Ausgang
Todesfeststellung
Transportverweigerung und Alkohol
Traumatische Amputation
Verdacht auf ein Wirbelsäulentrauma
Telefondiagnostik als Basis einer Notarzt-Alarmierung
Verletzung durch umschließenden Fremdkörper
Schwieriger Venenzugang
ZVK notwendig?
Eskalation einer ventrikulären Tachykardie
Regelbasierter Fehler
Diagnose: Exitus, EKG: Kammertachykardie
Gute O2-Sättigung, aber schlechte Atmung!
Brustschmerz bei einem 21-jährigen Patienten
Artefakte auf der Straße
Bewusstseinsstörung + Anisokorie = intrazerebrale Blutung?
Aspiration nach Trauma
Diagnose „Intrakranielle Blutung“
Übernahme eines Patienten
Atemnot im Seniorenpflegeheim
Seitengleiche Atemgeräusche
Das Helfersyndrom als Gefahrenquelle
Der Notarztwagen kann nicht ausrücken
Eine präklinische Thrombolysetherapie mit Folgen
Messerstecherei
Alkoholintoxikation
Atemnot, Theophyllin und Myokardinfarkt
Transportverweigerung mit Konsequenzen
Scheinbar unverletzte Unfallopfer
Betreuung eines analgosedierten Patienten
Verzögerte Kardioversion
Iatrogene Intoxikation bei Intoxikation
Verdacht auf Krampfanfall
Alternative Hilfsmittel zum Atemwegsmanagement
Alkoholisierter Patient verweigert Transport
Noch ein bewusstseinsgetrübter Patient ...
Verdacht auf Gastroenteritis
Literaturverzeichnis
Vorwort
Zahlreiche Lehrbücher beschäftigen sich mit dem Notarztdienst und dem Geschehen im Rettungsdienst. Trotz der meist umfangreichen und aktuellen Aufarbeitung dieser Thematik gibt es immer wieder Überraschungen und besondere Situationen, die dann dem vor Ort befindlichen Rettungsteam Lösungen abverlangen, die so nicht im Lehrbuch abgehandelt werden.
Hier können Kasuistiken, wie sie in dem vorliegenden Buch zu finden sind, hilfreich sein.
In diesem Buch schildern Notärzte und Rettungsdienstpersonal Vorkommnisse, mit denen sie zurechtkommen mussten, und lassen die Leser – sowohl Ärzte als auch Rettungsdienstpersonal – somit an den von ihnen erlebten Fehlern, Irrtümern und Gefahren teilhaben.
Die Fälle werden in verständlicher und praxisnaher Weise geschildert, Hintergrundinformationen ergänzt und schließlich fundierte Lösungen angeboten.
Alle beschriebenen Fälle wurden von den zahlreichen Co-Autoren des Buches so oder so ähnlich erlebt und von den Herausgebern redaktionell bearbeitet.
Die Herausgeber
Juli 2010
Etwas Wesentliches übersehen
RTW und NEF sowie der Rettungshubschrauber werden zeitgleich zu einem Verkehrsunfall mit einem eingeklemmten Patienten gerufen.
Noch während des Anflugs des Hubschraubers gelingt es den ersteintreffenden Kräften der Feuerwehr und des Rettungsdienstes, den Patienten aus dem Fahrzeug zu befreien.
Nach Eintreffen des RTH-Notarztes berichtet der bodengebundene, zuerst eingetroffene Notarzt über sein Untersuchungsergebnis: primär bewusstloser, blasser Patient mit einem Blutdruck von 120 mmHg systolisch, Puls 100/min, Atmung dyspnoeisch, Pupillen seitengleich und reagibel. Kopfschwartenverletzung rechts occipital, aufgehobene Atemgeräusche links sowie mehrere Frakturen im Ober- und Unterschenkel links. Es wurde bereits eine Infusion angelegt, und der auf der Vakuummatratze liegende Patient hat eine Sauerstoffmaske erhalten. Er ist mit einem Anzug bekleidet, Jacke und Hose wurden aufgeschnitten.
Beide Ärzte stellen die Verdachtsdiagnose eines Pneumothorax und besprechen die weitere Versorgung. Dabei wird geplant: die Schaffung zweier weiterer venöser Zugänge, eine Narkoseeinleitung wie bei einem nicht nüchternen Patienten, die Anlage einer Thoraxdrainage auf der betroffenen Seite sowie die Ruhigstellung der Frakturen mittels Vakuumschiene. Die Arbeiten benötigen einige Zeit, und während der eine Arzt die Thoraxdrainage einlegt, legt der andere Arzt als zweiten Gefäßzugang noch einen zentralen Venenkatheter über die Vena subclavia auf der betroffenen Seite.
Plötzlich kommt es zu einem Blutdruckabfall und einem weiteren Pulsanstieg. Jetzt wird vermutet, dass der Patient intraabdominell blutet. Er wird vollständig entkleidet, und es zeigen sich deutliche Gurtmarken quer über dem Abdomen. 30 Minuten nach Eintreffen des RTH an der Einsatzstelle wird der Hubschraubertransport unter Gabe von Noradrenalin als Perfusor in ein Zentrum der Maximalversorgung angetreten.
Im Schockraum ist der Patient bradykard, und es kann kein Blutdruck mehr gemessen werden. Die noch im Schockraum durchgeführte Laparotomie während der Reanimation des Patienten zeigt einen Abriss der A. mesenterica superior. Der Patient verstirbt noch im Schockraum.
Hintergrund
Das abdominelle Trauma ist eine der Hauptgefahren für verunfallte Patienten. Okkulte Blutungen ins Abdomen bleiben oft lange verborgen, und die Möglichkeiten einer Intervention bei diesen Blutungen sind präklinisch kaum gegeben. Daher kommt es bei der Primäruntersuchung darauf an, diese Blutungen möglichst rasch zu erkennen und einen schnellen Transport zu einer chirurgischen Klinik zu ermöglichen. Zeitaufwendige Maßnahmen wie das Legen eines zentralen Venenkatheters verbieten sich bei der vermuteten Diagnose einer intraabdominellen Verletzung.
Im beschriebenen Fall hat der ersteintreffende Notarzt eine abdominelle Verletzung nicht erkannt, weil der Patient abdominell nicht untersucht wurde. Arbeiten zwei Ärzte an der Einsatzstelle, so wollen beide in der Regel vermeiden, den anderen zu schulmeistern, jedoch hätte eine ausführliche zweite Untersuchung bei dem vollständig entkleideten Patienten wahrscheinlich wichtige Hinweise auf ein abdominelles Trauma gegeben, und es wäre ein rascherer Transport durchgeführt worden.
Dies wäre eine typische Situation des Crew Resource Managements: Es sollte den Beteiligten an einer Einsatzstelle gelingen, sich zu ergänzen ohne sich gegenseitig bloßzustellen, um wichtige Fakten des Falles zusammenzubringen. Dies ist umso schwieriger, da es sich an Unfallstellen oft um verschiedene Rettungsteams handelt, die sich nicht kennen und nur durch den Zufall zusammengeführt werden.
Das Legen von zentralen Venenkathetern an der Einsatzstelle sollte die Ausnahme bleiben und nur dem Erfahrenen vorbehalten sein, wenn es zum Beispiel nicht gelingt, einen periphervenösen oder ossären Zugang zu schaffen. Thoraxdrainagen sollten nur dann gelegt werden, wenn klinische Symptome eines Spannungspneumothorax bzw. andere respiratorische oder zirkulatorische Gründe dafür sprechen.
Fehler und Gefahren
Keine vollständige klinische Untersuchung durchgeführt.
Schwer verletzter Patient wurde nicht vollständig entkleidet.
Der zweite Notarzt verzichtet auf die Komplettierung der Untersuchung.
Zeitverlust durch ZVK-Anlage.
Fehlervermeidung
Standardisierte Untersuchung nach Trauma-Algorithmus.
Festlegung des Teamleiters und damit des Verantwortlichen.
Keine Anlage von ZVK oder Thoraxdrainage ohne zwingenden Grund.
Übung des Konflikt- und Gesprächsmanagements bei Rettungsteams.
Absaugpumpe einsatzbereit?
Die Besatzung eines Notarztwagens wird zu einer bewusstlosen Person alarmiert. Die Einsatzstelle befindet sich in einem Mehrfamilienhaus im dritten Stockwerk. Ein Aufzug ist im Gebäude nicht vorhanden. Die Einsatzfahrzeuge können nicht in unmittelbarer Nähe abgestellt werden, da durch parkende Autos kein Platz vor dem Haus zur Verfügung steht. Am Notfallort treffen die Einsatzkräfte auf einen Patienten mit Schnappatmung bei einem akuten Lungenödem. Im Rahmen der Versorgung muss abgesaugt werden. Hierbei stellt sich heraus, dass sich an der Absaugpumpe kein Absaugschlauch befindet. Mit einer Verzögerung von mehreren Minuten wird die Ersatzabsaugpumpe aus dem Koffer des NEF geholt. Durch diesen Vorgang kann der Patient erst später als erforderlich abgesaugt werden.
Hintergrund
Die Besatzung hatte die Absaugpumpe bereits beim vorherigen Einsatz zur Patientenversorgung benutzt. Bei der Wiederaufbereitung der Medizinprodukte wurde der Absaugschlauch mit Schauglas und Zubehör in die Desinfektionswanne gelegt. Nach der Desinfektion war die Pumpe nur teilweise wieder zusammengebaut worden. Eine Funktionsüberprüfung hatte offensichtlich nicht stattgefunden. Das Gerät ist ungeprüft und v. a. unvollständig in die Ladehalterung des Rettungswagens gehängt worden.
Fehler und Gefahren
Gerade in präklinischen Notfallsituationen, die sich dynamisch und teilweise unkalkulierbar entwickeln können, dürfen vermeidbare Fehler und Fallstricke nicht auftreten.
Fehler durch Medizinprodukte, die teilweise oder vollständig funktionsunfähig sind, sind nahezu immer vermeidbar.
Fehlende Absaugbereitschaft kann eine Sicherung der Atemwege und eine ausreichende Oxygenierung erschweren oder unmöglich machen.
Keine Absprache der Besatzung bezüglich der Aufbereitung des Medizinproduktes und der aktuellen Einsatzbereitschaft der Rettungsmittel.
Jeder hat sich auf den anderen verlassen, ohne selbst Verantwortung zu übernehmen.
Nach dem unvollständigen Zusammenbau ist offensichtlich keine Funktionsprüfung durchgeführt worden.
Die Notwendigkeit, das Fahrzeug in der Desinfektionsphase mit einem Ersatzgerät zu bestücken, ist nicht gesehen worden oder war nicht möglich.
Keine Dokumentation der Maßnahmen.
Fehlervermeidung
Die Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft muss standardisiert nach festgelegten Protokollen erfolgen.
Im Rahmen eines Qualitätsmanagements muss sichergestellt werden, dass alle erforderlichen Maßnahmen tatsächlich durchgeführt werden.
Eine feste Zuteilung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten innerhalb des Teams erleichtert die Durchführung auch schwieriger und unbeliebter Arbeiten.
Führungspersonal (Schicht-, Wachleiter, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst) muss durch regelmäßige Kontrollen dazu beitragen, eine entsprechende Disziplin einzuhalten.
Bei der Rückkehr am Wachstandort sofort mit der Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft beginnen.
Weitere Arbeiten erst dann durchführen, wenn das Fahrzeug wieder einsatzbereit ist.
Medizinprodukte nach dem Einsatz unverzüglich desinfizieren und reinigen.
Maßnahmen auf Grundlage der Vorgaben der zuständigen Hygienefachkraft durchführen.
Während der Wiederaufbereitungsphase Fahrzeug mit Ersatzgerät bestücken.
Nach der Desinfektion Geräte wieder zusammenbauen und auf Grundlage der Vorgaben vom Hersteller auf Vollständigkeit und Funktion kontrollieren.
Durchgeführte Maßnahmen auf einem Protokoll dokumentieren.
Bedienungsanleitungen lesen.
Oberbauchschmerzen
An einem Sommerabend erfolgt die Alarmierung des Rettungswagens und Notarzteinsatzfahrzeuges unter dem Stichwort „Akutes Abdomen“. Beim Betreten des Bungalows fallen dem Rettungsdienstpersonal bereits viele leere, umherliegende Schnapsflaschen auf. Der 45-jährige Patient klagt seit 2 Stunden über ausgeprägte Oberbauchschmerzen und rezidivierendes Erbrechen.
Bei der körperlichen Untersuchung fällt neben dem Druckschmerz im Epigastrium eine lokale Abwehrspannung auf. Die Eigenanamnese ergibt außer einem Nikotinabusus und einem regelmäßigen Alkoholkonsum keine weiteren Informationen. Aufgrund der Symptomatik wird die Verdachtsdiagnose „akute Pankreatitis“, DD „perforiertes Ulcus ventriculi“ gestellt, und der Patient erhält intravenös ein Antiemetikum und ein Analgetikum. Es erfolgt die Anmeldung in einem gastroenterologischen Zentrum, und der Patient wird in den RTW gebracht.
Dort wird er aufgrund einer Sinustachykardie (schmerzbedingt?) an ein Überwachungs-EKG angeschlossen. In diesem 3-Kanal-EKG fallen in den Ableitungen II und III ST-Strecken-Veränderungen auf, deshalb erfolgt ein Wechsel auf ein 12-Kanal-EKG. Es stellt sich ein akuter Myokardinfarkt der Hinterwand mit typischen ST-Hebungen in II, III und aVF dar. Daraufhin wird der Patient in ein kardiologisches Zentrum zur Durchführung einer Koronarangiographie gefahren.
Hintergrund
Die Umstände des Auffindens des Patienten und die beschriebene Klinik mit dem ersten Untersuchungsbefund deuten auf ein akutes Oberbauchgeschehen hin. Gebahnt war diese Verdachtsdiagnose auch durch das Alarmierungsstichwort „Akutes Abdomen“ durch die Leitstelle.
Nur durch die Anlage eines Überwachungs-EKGs aufgrund einer Tachykardie, die primär schmerzbedingt durch den Notarzt interpretiert wurde, sind Veränderungen in der ST-Strecke im Monitorbild aufgefallen. Hier erkannte der Notarzt folgerichtig die Notwendigkeit eines 12-Kanal-EKGs, da nur in diesem eine suffiziente Beurteilung der ST-Strecken in allen Ableitungen möglich ist. Die Diagnose wurde daraufhin korrigiert.
Bei einem Myokardinfarkt im Hinterwandbereich beobachtet man immer wieder eine Schmerzausstrahlung bzw. -lokalisation in den Oberbauchbereich. Deshalb muss differenzialdiagnostisch bei Beschwerden im Oberbauch auch an einen Myokardinfarkt gedacht werden. Eine vollständige Anamnese (hier: Risikofaktor Nikotin) ist dabei sehr hilfreich.
Fehler und Gefahren
Fehlinterpretation der Beschwerdesymptomatik.
Kein primäres Schreiben eines 12-Kanal-EKGs bei der beschriebenen Symptomatik.
Beeinflussung im diagnostischen Denken durch das Alarmierungsstichwort der Leitstelle.
Fehlervermeidung
Bei Oberbauchbeschwerden differenzialdiagnostisch immer an den akuten Myokardinfarkt denken.
Eine gute Anamnese-Erhebung mit Erfassung von Risikofaktoren ist dabei sehr hilfreich.
Bei Oberbauchschmerzen mit entsprechender Risikokonstellation immer ein 12-Kanal-EKG schreiben.
Nicht auf das Alarmierungsstichwort der Leitstelle verlassen.
Apoplektischer Insult?
NEF und RTW werden zu einem 72-jährigen Patienten gerufen, bei dem die Diagnose eines apoplektischen Insults gestellt wurde. Die Diagnose hat ein hausärztlich tätiger Internist gestellt, der gleichzeitig Belegarzt in einem kleinen Krankenhaus ist. Bei Ankunft von Rettungsdienst und Notarzt ist der Kollege noch vor Ort und bittet, den Patienten in sein Krankenhaus zu bringen, da aufgrund der Multimorbidität (u. a. hatte der Patient bereits zweimal einen Apoplex erlitten) die Fahrt in eine Stroke-Unit vom Kollegen als nicht sinnvoll angesehen wird.
Der Patient ist vigilanzgemindert (GCS 9), der rechte Mundwinkel hängt herunter, die rechte Seite bewegt sich deutlich weniger als die linke, das Babinski-Zeichen ist negativ, die Pupillen sind isocor, mittelweit und reagieren prompt auf Licht. Der Kollege hat bereits Blut für das Labor abgenommen, eine Infusion läuft. Die übrigen Parameter ergeben Folgendes: RR 160/90 mmHg, HF 104/min bei einer Arrhythmia absoluta, SpO2 (Raumluft) 95 %.
Der Patient erhält Sauerstoff über eine Maske und wird in den RTW gebracht, mit dem er in das nahe gelegene Krankenhaus transportiert wird.
Kurz vor Ankunft erkundigt sich der Notarzt (um das Protokoll zu vervollständigen) nach dem Blutzuckerwert und erfährt, dass dieser zumindest nicht in der Zeit, in dem das Rettungsdienstpersonal vor Ort gewesen ist, erhoben wurde (der Notarzt erntet mitleidige Blicke dafür, dass er noch vor Erreichen des Krankenhauses um die Bestimmung des BZ bittet).
Der BZ liegt bei 31 mg/dl. Die Injektion von Glucose 40 % bewirkt innerhalb von vier Minuten den Rückgang sämtlicher Symptome: Der Patient ist wach und ansprechbar, eine Hemiparese besteht nicht mehr. Unter der Diagnose einer Hypoglykämie wird er ins Krankenhaus eingeliefert. Der wenige Minuten später eintreffende Kollege ist erstaunt und gleichzeitig betroffen.
Hintergrund
Jedem Arzt ist im Prinzip bekannt, dass eine Hypoglykämie eine Reihe von Symptomen zeigen kann, die leicht anderen Notfalldiagnosen zugeordnet werden. So kann sich hinter den Symptomen eines Apoplex auch eine Hypoglykämie verbergen.
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Bei jedem bewusstseinsgetrübten Patienten ist an eine Hypoglykämie zu denken und dann eine Blutzuckerbestimmung durchzuführen.
Andererseits kann es leicht zu einer Fehleinschätzung und -diagnose kommen, wenn die Anamnese deutlich in eine andere Richtung zeigt und nicht alle diagnostischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden.
Sicherlich hat sich der Hausarzt zu fragen, warum er nicht an den Blutzucker gedacht hat.
Ganz sicher hat sich aber auch der Notarzt die gleiche Frage gestellt, wenn auch spät. Das Vertrauen darauf, dass ein Kollege wahrscheinlich zuvor schon alles berücksichtigt und unternommen hat, kennzeichnet einen Mangel an Professionalität. Der Notarzt hätte nach dem Blutzuckerspiegel fragen müssen! Von ihm ist zu erwarten, dass er die einfache und zudem leitliniengestützte Maßnahme nicht übersieht.