Kitabı oku: «AschePerlen», sayfa 7
Während des Retreats gab es Andachten aus vielen verschiedenen Traditionen, darunter die von Ureinwohnern Amerikas, koptischen Christen, Sufis und Buddhisten.
Bei der gemeinsam verbrachten Zeit am Abend erzählten einige der Teilnehmenden der ganzen Gruppe von ihrem Leiden und dem ihrer Familien. Auch am Morgen teilten wir miteinander in kleinen Gruppen unsere Gedanken und Gefühle. Den Geschichten der anderen zuzuhören machte mir bewusst, wie überaus tief das Leid immer noch ist und ebenso vielfältig wie vielschichtig. Das Erzählte offenbarte verschiedene Arten der Leiderfahrung; es waren da: ein junger jüdischer Mann mit Eltern, aus deren Familien alle umgebracht worden waren; der Sohn einer Jüdin und eines Deutschen, die nach Südamerika geflohen waren; eine Amerikanerin, die als Jüdin in Polen in einem Versteck gelebt hatte; eine Frau, die sich weigerte, während des Retreats Deutsch zu sprechen und nicht als Deutsche geboren sein wollte; ein junger Deutscher, der meinte, er müsse Scham empfinden, es aber nicht konnte; eine Polin, die unter der Machtgier ihres Vaters litt, entstanden durch den Verlust seines Sicherheitsgefühls als Kriegskind; eine Polin, deren Vater ihr als Kind seine furchtbaren Überlebensgeschichten wie Märchen erzählt hatte und die ihre Angehörigen als verschlossene, schweigsame und gestörte Überlebende beschrieb.
Der systematische Völkermord der Nazis wurde mit teuflischem Hass, mit Irreführung und Brutalität durchgeführt und verursachte nicht nur in Europa, sondern in der ganzen Welt unermessliches Leid. In die Naziverbrechen war die gesamte deutsche Gesellschaft verstrickt, die Hitler an einem Punkt mit fanatischer Begeisterung zu unterstützen schien. Die während des Krieges lebenden Deutschen müssen eine gewisse Kenntnis von dem gehabt haben, was mit den Juden geschah. Selbst die nach der Befreiung der Todeslager Geborenen haben schwere Schuldgefühle von den vorangegangenen Generationen, die anderen derartige Grausamkeiten zugefügt hatten, geerbt.
Ich stand auf der Selektionsrampe von Auschwitz II und beweinte die auseinandergerissenen Familien. Ich weinte um die Kinder und ihre Mütter. Ich weinte, weil den von Glück und Schönheit erfüllten Leben dieser Menschen jede Zukunft verwehrt worden war. Ich beweinte Schrecken und Qualen, die sie hatten erdulden müssen. Ich beweinte ihre nicht erhörten Gebete. Ich weinte um jene, die an Konzepte fatalen Unrechts geglaubt hatten, an „Rassenreinheit“, an eine „Herrenrasse“ und an den „Ruhm des Reiches“. Ich beweinte die Finsternis in den Herzen derer, die Gräueltaten verübt hatten. Ich beweinte die verschiedenen Formen, in denen Auschwitz damals auch in anderen Teilen der Welt geschah und heute weiter geschieht. Ich beweinte die Schande der Menschheit. Ich beweinte die Verwundungen der jüngeren Generation. Ich beweinte den Fluch, den die ältere Generation, auch ich, zu ertragen hatte.
In meiner Trauer nahm ich den Pinsel, kniete nieder und ließ meinen Körper fallen.
Mein „Künstlerbedarf “ war ziemlich begrenzt und meine Ideen ebenfalls. Der Geist des Zeugnisablegens würde keine vorher ausgedachten Entwürfe hervorbringen, sondern den Kern des Nichtwissens befördern. Ich hatte eine große Anzahl geblümter Stoffstreifen mitgebracht, die die Teilnehmenden an verschiedenen Plätzen als Ausdruck des Gedenkens und der Liebe anbrachten. Dann hatte ich ein von Demonstrationen an US-Atomwaffen-Standorten stammendes schwarzes, waagerecht an Stöcken angebrachtes Banner dabei, das wir in einen der Ascheteiche bei den Krematorien tauchten und für die letzte Meditationsperiode am Stacheldrahtzaun befestigten.
Auf einem der mitgebrachten Banner stand in weißen Lettern auf schwarzem Grund: Warum weiter testen, wenn wir wissen, dass sie gut funktionieren? Nevada Testgelände. Doch in einem Gespräch mit den polnischen Gastgebern wurde mir klar, dass es nicht angemessen wäre, eine politische Botschaft wie diese in Auschwitz, einem Friedhof und spirituellen Ort für so Viele, aufzuhängen – und so ließ ich es. Stattdessen riss ich den schwarzen Stoff in Streifen und machte daraus fast einen halben Meter lange Pinselborsten. Einer der Stöcke wurde als Griff für den Pinsel verwendet. Ich hatte zwei Flaschen mit Tinte bei mir.
Da die Zeit nicht reichte, im nahen Ort nach Kalligrafiepapier zu suchen, entschied ich mich, die Rückseite eines der schwarz-weißen Plakate zu verwenden, die im Museumsbuchladen in Birkenau erhältlich waren. Darauf waren die sich überlagernden Bilder des Lichtes einer Kerze und eines Haufens toter Körper in einem Graben zu sehen. Als Gefäß für die Tinte benutzte ich ebenfalls ein Plakat und einen Müllsack. Rebecca Mayeno, eine Keramikkünstlerin aus Berkeley in Kalifornien, half mir bei der Vorbereitung und erstellte eine Fotodokumentation. Ich tauchte den Pinsel in die Tinte und zeichnete eine einfache breite, schwarze Linie, die die Hälfte des Papiers ausfüllte. Einige Leute gingen vorbei, sie wollten sich auf die erste Meditation unseres letzten Tages vorbereiten. Zusammen mit Rebecca hob ich eine Seite des Papiers hoch. Die Tinte erschuf Linien aus Tropfen.
[siehe oben, Plakat „Grieving of Humanity“]
Meine Teilnahme am Auschwitz-Retreat inspirierte mich dazu, diese Erfahrung des Zeugnisablegens in Ostasien einzusetzen. Das Pendant zu Auschwitz schien mir Nanjing in China zu sein, wo im Jahr 1937 bald nach der japanischen Invasion ein beispielloses Massaker und Massenvergewaltigungen stattgefunden hatten. Ich begann China im Jahr 2000 zu besuchen, traf Experten des Nanjing-Massakers und half dabei, den Nanjing Freundschaftsfonds zu gründen. Zum 70. Jahrestag dieses Aktes schierer Brutalität organisierten wir 2007 eine Konferenz mit über vierhundert chinesischen und japanischen Bürgern – „Erinnerung an die Nanjing-Tragödie“ – an der Pädagogischen Universität Nanjing. Da die japanische Seite eine Auseinandersetzung bisher konsequent vermieden und deren Notwendigkeit geleugnet hatte, war dies die erste Versammlung ihrer Art. Meine Kollegen, die an japanischen Universitäten Professuren innehaben, kommen – unterstützt von ihrer Regierung – mit ihren Studenten immer noch alle zwei Jahre nach Nanjing, um die Grausamkeiten der Vergangenheit mit chinesischen Experten und Studenten zu untersuchen und zu diskutieren. Das ist ein kleiner, aber wichtiger Schritt in Richtung einer unbedingt notwendigen, ernsthaften chinesisch-japanischen Versöhnung.
Japan (1997)
Barbara Salaam Wegmüller
Auschwitz – ein fragender Riss durch die Zeit
Ich erinnere mich daran, dass mir die Größe des Camps und seine ausgerichtete Struktur den Atem nahmen, als ich die Anlage zum ersten Mal sah. Auch wenn ich nun seit fünfzehn Jahren immer wieder zurückkehre, um als Spirit Holder – also als Hüterin des Geistes dieser Zeugnisablegen-Praxis – das Retreat zu unterstützen, fühle ich mich stets von neuem überwältigt vom Anblick der Zäune, der Wachtürme und Baracken.
Das Ausmaß, die Größe des Platzes, die Dimension der Geschichte und der unzähligen miteinander verbundenen persönlichen Geschichten, die mir in Auschwitz und Birkenau begegnen, haben die Ränder meines Bewusstseins erweitert; sie sind viel durchlässiger geworden.
Ich kann die Geschichte, die mir hier gezeigt wird, zwar hören und lesen, aber was ich so erfahre, ist ja nicht das Leben und der Tod selbst; es ist nur die Erinnerung daran und es sind die Schatten, die davon zeugen. Die Geschichte, die mir durch Bilder, Gebäude, Schrifttafeln entgegenkommt, ist dicht und scheint undurchlässig – wie die grauen Betonwände der „Sauna“ am hinteren Ende des Camps.
Was heute als lebendige Folge davon wirkt, wird für mich erfahrbar in den Council-Gruppen, in denen sich je zehn Retreat-Teilnehmende jeden Morgen treffen, um mit offenem Herzen zu sprechen und mit dem Herzen zu hören.
Die Vielfalt an Menschen, die sich hier im Retreat und dann besonders persönlich in diesen Morgen-Councils begegnen, ist groß: Da sind Frauen und Männer, Alte und Junge, Israelis, Deutsche, Franzosen, Belgier, Italiener, Spanier, Schweizer, Amerikaner, Polen, Russen, Japaner, Roma, Palästinenser, Lakota-Indianer, indische Mönche, orthodoxe Juden, katholische Priester, Atheisten, Homosexuelle, Lesben, Menschen mit speziellen Bedürfnissen oder Einschränkungen, Kinder und Enkelkinder von Tätern und von Opfern der Shoah sowie Menschen aus Ländern, die ebenfalls Genozide erlebt haben, wie Ruanda. Sie alle teilen hier ihre Geschichten miteinander.
Die Kreisgespräche, die ich in dieser Vielfalt erleben durfte, waren und sind für mich große Lehren, für die ich unglaublich dankbar bin. Alle Geschichten, die ich gehört habe, sind ein Teil meines Lebens geworden, weil ich Zeugin davon gewesen bin.
Ich erinnere mich an einen Nachmittag, als wir als Gruppe von 100 Menschen im großen Kreis auf der Selektionsrampe saßen, in unserer Mitte der Altar mit der Schachtel, in der die Namenslisten von hier Ermordeten ruhten. An diesem Nachmittag bedeckten Schneeflocken den Altar und nach und nach überzogen sie auch uns Meditierende, die Steine auf der Rampe, die Barackendächer im Hintergrund mit einer weißen, leichten Schicht.
Ich zitterte vor Kälte; obschon ich in dicker Winterkleidung auf einer Matte saß, kroch sie mir bis in die Knochen. Der Schnee wurde uns von eiskaltem Wind ins Gesicht geblasen; meine Augen tränten. Als ich in die große Runde schaute, ergriff mich eine grenzenlose Liebe, Dankbarkeit und Wertschätzung für diesen Moment. Wertschätzung für die Menschen, die es auf sich nahmen, diese Praxis miteinander zu üben, nicht zu flüchten, sich nicht abzulenken, was so viel einfacher wäre. Ich war berührt von unserem Mut, Zeugnis abzulegen über uns und die kollektive Geschichte, die uns hier versammelte.
Ich fühlte Dankbarkeit für die Praxis, hier an dem Ort, an dem einmal so viel Lärm, so viel Gewalt und Horror verbreitet worden war. Gemeinsam in der Stille zu sitzen, um zu lernen, was es bedeutet, ein Mensch unter Menschen zu sein, und zusammen den Belehrungen des Platzes zu lauschen. Ich fühlte, dass wir willkommen waren, dass es gut war hier zu sein.
Zeugnisablegen in Auschwitz hat mich wacher gemacht – für das Leiden, aber auch für die Freuden in der Welt. Ich habe keine Antworten gefunden, aber mein dringendes Bedürfnis erfahren, jeden Moment des Lebens wertzuschätzen. Leben ist unendlich kostbar; ich gelobe, dafür Sorge zu tragen – hier, dort, überall.
Auschwitz
nach all den Jahren
hinsehen
hören
halten
bist du ein fragender
Riss
durch die Zeit.
Werden an den Rändern
der Gräber
Blumen
der Weisheit
sein
ihr Wispern
gehört
von Menschen
die
nass von Trauer
zart
vor Scham
die Hände
ausstrecken
zum
„Andern“?
Schweiz (2000 bis heute)
Auschwitz – A Wondering Crack through Time
I remember that the size and the targeted structure of the camp took my breath away when I saw the site for the first time. And even though I return again and again since 15 years now to support the retreat as Spirit Holder, each time I arrive I am overwhelmed anew by the sight of the fences, the watchtowers, the barracks.
The enormity, the size of the place, the dimension of history and of the countless interconnected personal stories that I encounter here at Auschwitz and Birkenau expanded the borders of my consciousness; they became much more permeable.
I in fact can hear and read history as it is shown to me here, but it is not life and death itself that I thus encounter. It is only the memory of it, and it’s the shadows testifying it. History as it displays itself to me in pictures, buildings, exhibitions, is dense and seems impermeable – like the gray concrete walls of the “Sauna” at the far end of the camp.
In the Council groups I experience what is still alive and operant of that history today. These groups consist of ten retreat participants each, they meet every morning to speak from their open hearts and listen with their hearts. The diversity of people encountering each other in this retreat and – particularly personal – in these morning Councils is huge: Women and men, old and young, Israelis, Germans, French, Belgians and Dutch, Italians, Spanish, Swiss, Americans, Poles, Russians, Japanese, Romanians and Roma, Palestinians, Lakota Indians; monks from India, orthodox Jews, catholic priests and atheists, gays and lesbians, people with special needs or limitations, children and grandchildren of perpetrators and victims of the Shoah, and people from countries that also lived through genocides, like Rwanda. They all share their stories here.
The Council sharings I was lucky to be part of, with their diversity of cultures, were – and are – great teachings to me. I tremendously appreciate this experience. All the stories I have heard became part of my life, because I witnessed them.
I remember one afternoon when our group of 100 people was sitting on the selection ramp in a big circle. In the center of the circle was the altar with the box containing the lists with names of those murdered here. This afternoon snowflakes covered the altar, and little by little they also mantled us in meditation, sheeted the stones on the ramp, the roofs of the barracks in the background with a light white layer.
I was shivering with cold; even though I was sitting on a mat with warm winter clothes, the iciness crept right into my bones. The snow was blown into our faces by a freezing wind, my eyes watered. As I looked around the big circle, boundless love arose in me, gratitude and appreciation for this moment.
Appreciation for the people who took it on to cultivate this practice together, who didn’t flee, who didn’t distract themselves which would be so much easier. I was touched by our courage to bear witness to ourselves and to the collective history that had assembled us here.
I felt gratitude towards the practice, here in this place where once there was so much noise, violence, and horror. To sit in silence together in order to learn what it means to be human among humans, in order to listen to the teachings of the place. I sensed that we were welcome, that it was good to be here.
Bearing Witness at Auschwitz has made me more awake – for the suffering but also for the joys in the world. I didn’t find answers, but encountered my urgent desire to appreciate every moment of life. Life is uniquely precious; I vow to take care of it – here, there, everywhere.
Auschwitz
after all the years of
looking
listening
holding
you are a wondering
crack
through time.
will there be
flowers of wisdom
on the edges
of the graves,
their whisper
being heard
by humans
who
wet with grief
tender
with shame
reach out
their hands
to
the “Other”?
Switzerland (2000 to date)
Tiokasin Ghosthorse
Wrinkled Memories
It came in thirsting of a song singing not in redemptive or wanting of justice on somebody else but one in the presence of eternity.
It came in the potential of an unconscious mind bended away from the past, hungry with replete moments of suddenly forgotten.
You feel it.
The leaves and perceptible moments ringed within the trees guiding us to a warm emergence of origins and what really mattered then, scattered in the fear of losing moments, … monuments.
No one forgets.
It came while walking the polished gravel amongst the aliveness of generations of birds, absentee in the times of walking amongst the harshest, testing, enduring and asking the future if there was one.
I see them. The generations.
The delicate deer and bouncing rabbits and the calling crows taste the grasses, nibble at the roots and tumble in the winds. Carrying life, moving life behind the movement of life, Takuskanskan.
Life gave life to give life.
Lakota Nation (2011 + 2014)
Zerknitterte Erinnerungen
Es kam im Dürsten nach einem Lied, gesungen nicht um der Erlösung willen oder jemandem Gerechtigkeit wünschend, vielmehr ein Lied in Gegenwart der Ewigkeit.
Es kam in den Möglichkeiten eines unbewussten Geistes, weggeneigt von der Vergangenheit, hungrig von gesättigten Momenten des plötzlich Vergessenen.
Du fühlst es.
Die Blätter und spürbare Momente, geringelt im Innern der Bäume, führten uns zu einem warmen Auftauchen von Ursprüngen, und was dann wirklich zählte, verstreut in der Furcht Momente zu verlieren … Mahnmale.
Niemand vergisst.
Es kam beim Gehen auf glänzendem Kies inmitten der Lebendigkeit vieler Generationen von Vögeln, Abwesender in den Zeiten des Gehens mitten im Rauesten, die Zukunft prüfend, aushaltend und fragend, ob es eine gebe.
Ich sehe sie. Die Generationen.
Das zarte Reh und springende Kaninchen und rufende Krähen kosten die Gräser, knabbern an den Wurzeln und taumeln in den Winden. Leben tragend, Leben bewegend hinter der Bewegung des Lebens, Takuskanskan.
Leben gab Leben, um Leben zu geben.
Stamm der Lakota (2011 + 2014)
Part / Teil II:
Testimonies, Reflections
Zeugnisse, Reflexionen
Artwork: auschwitz3, © Rami Efal, Israel/USA
Ajeya van Drunen
Immensity, Urgency
What has really overwhelmed me was the immensity of what has happened there. Being at Auschwitz and Birkenau, it was amazing how silent the places where – as if every being was beyond comprehension, totally silenced by the impact of what has taken place there.
Imagine that ordinary people could do this, because most of the Germans where “ordinary” people in daily life. It is scary how such indoctrination can influence us – all of us.
Imagine the strength of the Jewish people to undergo such a torture, to survive such a horror.
And imagine the people around, the Europeans, bearing witness to what happened; many knew but didn’t respond, didn’t let the truth in.
I felt the urgency to bear witness to what was going on then and is going on now, to let life enter and touch us, and to respond on a deep level.
Netherlands (2012)
Unermesslich, dringlich
Was mich wirklich überwältigt hat, war das ungeheure Ausmaß dessen, was dort geschehen ist. Das Erstaunliche in Auschwitz und Birkenau war die große Stille an beiden Orten – als hätte das Unbegreifliche jedes Wesen vollkommen verstummen lassen angesichts dessen, was sich dort ereignete.
Sich vorzustellen, dass normale Menschen dazu in der Lage waren, denn die meisten Deutschen waren in ihrem täglichen Leben „normale“ Menschen. Es ist beängstigend, wie eine derartige Indoktrinierung uns alle beeinflussen kann.
Die jüdische Stärke, eine solche Qual zu ertragen, ein solches Grauen zu überleben.
Und die Menschen ringsherum, die Europäer; viele wussten Bescheid, aber haben nicht reagiert, die Wahrheit nicht zugelassen.
Ich fühlte die Dringlichkeit, Zeugnis abzulegen von dem, was damals vor sich ging und was jetzt vor sich geht, das Leben hereinzubitten, uns berühren zu lassen und auf einer tiefen Ebene zu antworten.
Niederlande (2012)
Andreas Leszkovsky
Zeugnisablegen – in Auschwitz, in Wien
Im November 2005 sinnierte ich auf der Zugfahrt von Auschwitz heim nach Wien, was ich denn nun gelernt, was ich mitgenommen hätte aus meiner Erfahrung des BearingWitness-Retreats im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Für mich war es das anstrengendste Retreat, das ich bis zu diesem Zeitpunkt durchlebt hatte. Was also hatte ich gelernt?
Die Landschaften Polens, dann Tschechiens und Österreichs zogen an mir vorbei. Ich war leer, emotional und körperlich ausgelaugt. Im Laufe der folgenden Wochen wurde es mir immer klarer, dass meine Teilnahme an diesem Retreat eine Perle im universellen Netz Indras war. Ich erfuhr Heilung, und über mich erfuhren weitere Wesen Heilung. In meinem Alltag wurde ich sensibler gegenüber meinen eigenen kleinen „Genoziden“: Wann töte ich? Wodurch vernichte ich?
Ich spürte Dankbarkeit, empfand Verbundenheit. Es gibt nichts zu erreichen, ich bin einfach dankbar.
Immer wieder ertappe ich mich dabei, mich getrennt zu fühlen. In diesen Momenten wird mir die Wurzel allen Hasses wieder ganz offenbar. Die Übung geht weiter.
Am Freitag – in diesem Mai 2015 – werde ich mit dem Bezirksteam der NEOS (eine junge Partei für ein neues, liberales Österreich, in der ich mitwirke – ein Mosaikstein meines sozialen Engagements) in Wiens Rudolfsheim-Fünfhaus das Bezirksmuseum besuchen. Dort möchte ich Fragen stellen: Was weiß man über die Ermordeten des ehemaligen jüdischen Viertels im Bezirk? Wie viele starben zum Beispiel in Maly Trostinec, dem Ort, an dem die meisten Wienerinnen und Wiener ermordet wurden? Gibt es Namen? Was weiß man über sie?
Ich möchte nicht schreien, möchte keine Parolen hören. Ich möchte trauern und die Stimmen der Erinnerung in mir hören. Ich will dem Unfassbaren Namen geben. Und dann ganz still sein.
Bis hierher reicht mein BearingWitness-Retreat vor zehn Jahren …
Österreich (2005)
Bearing Witness – in Auschwitz, in Vienna
In November 2005, while travelling home to Vienna from Auschwitz by train, I reflected on what I had learned, what I would take home from the Bearing Witness Retreat in the former concentration camp at Auschwitz-Birkenau. For me it was the most arduous retreat that I had undergone to this date. So what did I learn?
The landscapes of Poland, then Czech Republic and Austria, passed by. I was empty, emotionally and physically drained. Throughout the following weeks it became more and more clear to me that my attending this retreat was a pearl in the universal net of Indra. I experienced healing, and through me, other beings experienced healing. In my everyday life, I became more conscious about my own little “genocides”: When do I kill? How do I destroy? – I felt gratitude, connectedness. There’s nothing to achieve, I am simply grateful.
Again and again I find myself feeling separated, disconnected. In these moments, the root of all hatred reveals itself to me clearly. The exercise goes on.
Next Friday – in this May of 2015, the time I write this – I will visit the local museum of the district Rudolfsheim-Fünfhaus in Vienna, with the district team of the NEOS (a young and transformative political party that I am campaigning for as part of my social action). I want to ask questions there: What do they know about those killed in the former Jewish quarter of that district? How many died, for example in Maly Trostinec, the place where most of the Viennese were killed? What were their names? What is known about them?
I don’t want to scream, don’t want to hear rallying cries. I want to mourn and to listen to the voice of remembrance inside me. I want to name what is inconceivable. And then fall silent.
My Bearing Witness Retreat of ten years ago reaches out to this very moment …
Austria (2005)
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