Kitabı oku: «Die Althessische Ritterschaft und das Stift Kaufungen», sayfa 4

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78 Johannes SCHULTZE (Bearb.), Klöster, Stifter und Hospitäler der Stadt Kassel und Kloster Weißenstein. Regesten und Urkunden (VHKH 9,2), Marburg 1913, Reg. 772f.; vgl. HEINEMEYER, Königshöfe (wie Anm. 20), S. 109. Vgl. VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 299–301 u. 304.

79 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 208.

80 Ebd., Nr. 199 u. 270; vgl. BRÖDNER, Kaufungen (wie Anm. 35), S. 718.

81 Ebd., Nr. 271.

82 Vgl. BRÖDNER, Kaufungen (wie Anm. 35), S. 719.

83 Vgl. PRESCHE, Kassel (wie Anm. 1), S. 491f., 506f. u. 512–515.

84 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 252.

85 Vgl. Urkunde Papst Martins V. vom 13. Juli 1423: VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 2, Nr. 369.

86 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 273f. vom 13. und 22. Januar 1388.

87 Ebd., Nr. 276f. vom 8. März 1388.

88 Vgl. ALTWASSER, Modernisierung (wie Anm. 70), S. 478.

89 Vgl. HOLTMEYER, Cassel-Land (wie Anm. 72), S. 153 vermutete wegen der Masse an erneuertem Mauerwerk bereits einen Brand, den er nur zu früh datierte.

90 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 281 vom 16. März 1391.

91 Bei niederhessischen Hallenkirchen waren seit dem Bau der nach 1293 begonnenen Kasseler Brüderkirche Achteckpfeiler üblich, in Grebenstein durch Kehlen aufgelöst, in der nach 1330 begonnenen Kasseler Martinskirche mit aufwändigen Profilen; vgl. PRESCHE, Kassel (wie Anm. 1), S. 595–598 u. Abb. 246.

92 Vgl. ALTWASSER, Modernisierung (wie Anm. 70), S. 474–485 u. Abb. I–VI. Bei den Rekonstruktionen Abb. II u. III ist an ein zerstörtes Langhaus zu denken, von dem nur noch die Seitenschiffmauern standen. Ein Fenster im neuen Querhausarm ergibt nur bei einer Basilikaplanung Sinn. Am neuen Vierungsbogen deuten Ansätze auf eine geplante Einwölbung des Hauptschiffs, die – was bislang unbeachtet blieb – bei den schließlich realisierten großen Arkaden nicht mehr möglich war, so dass entsprechende Ansätze fehlen.

93 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 279 u. 292.

94 Vgl. HOLTMEYER, Cassel-Land (wie Anm. 72), S. 141.

95 Vgl. ALTWASSER, Modernisierung (wie Anm. 70), S. 486 u. Abb. 7f. Zum Fischblasenmaßwerk am Chor und an der Stirnseite des Südschiffs der Kasseler Martinskirche (1367) vgl. PRESCHE, Kassel (wie Anm. 1), S. 584–586, Abb. 214f., 218, 249 u. 255.

96 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 342.

97 Ebd., Bd. 2, Nr. 364.

98 Ebd., Bd. 1, Nr. 37 u. 44 (1224 u. 1241), vgl. Nr. 249 (1379).

99 Ebd., Bd. 2, Nr. 369, 371 u. 372.

100 Ebd., Nr. 472; vgl. Nr. 474 zugunsten des Marienaltars.

101 Vgl. Handzeichnungen des Landgrafen Moritz, Universitätsbibliothek Kassel, Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel, 2° Ms. Hass. 107 [215] recto, oben rechts, 2° Ms. Hass. 107 [216] recto, unten rechts, https://orka.bibliothek.uni-kassel.de/viewer/image/1323769643186/1/ und https://orka.bibliothek.uni-kassel.de/viewer/image/1323769643405/1/; vgl. Ulrike HANSCHKE, Die Zeichnungen des Landgrafen Moritz von Hessen-Kassel von der ehemaligen Klosteranlage in Oberkaufungen, in: 1000 Jahre Kaufungen (wie Anm. 1), S. 38–45, hier S. 41f. u. Abb. 1–2.

102 Vgl. ALTWASSER, Modernisierung (wie Anm. 70), S. 482, 485–487 u. Abb. VII; Martin BURISCHEK im vorliegenden Band.

103 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 2, Nr. 512 u. 513.

104 Ebd., Nr. 514 u. 515.

105 Das System aus acht, sich überschneidenden Rippen ist in der Martinskirche im zweiten und vierten Langhausjoch des Hauptschiffs zu finden, dessen Gewölbe um 1448 neu begonnen wurde; vgl. Alois HOLTMEYER, Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel, Bd. VI: Kreis Cassel-Stadt, Marburg 1923, S. 154 mit Anm. 10.

106 Zum Größenvergleich bei gleicher Fensterbreite vgl. https://www.bildindex.de/document/obj20365123 sowie https://www.bildindex.de/document/obj20365122.

107 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 2, S. 541–563 mit den Statuten; vgl. BRÖDNER, Eck kan mek (wie Anm. 35), S. 97–102.

108 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 248 (1378), 274 (1388) u. 279 (1390); vgl. BRÖDNER, Eck kan mek (wie Anm. 35), S. 99.

109 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 2, S. 541, 552 u. 554.

110 Ebd., Nr. 429 u. S. 555; HOLTMEYER, Cassel-Land (wie Anm. 72), S. 172.

111 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 2, Nr. 454.

112 Ebd., S. 557.

113 Ebd., S. 553.

114 Ebd., S. 549f., 551, 552f., 556f. u. 591f.

115 Ebd., S. 554, 555f. u. 561. Für die Stiftsdokumente galt stets das Prinzip zweier Schlüssel, die von verschiedenen Personen verwahrt wurden. Für die wichtigsten Privilegien waren dies die Äbtissin oder die Pröpstin und eine weitere Stiftsdame, für die gewöhnliche Geschäftsführung die Pröpstin und eine weitere Stiftsdame. Die Hebdomedare hatte für bestimmte Bestände, von denen sie betroffen waren, einen eigenen dritten Schlüssel.

116 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 2, S. 554.

117 Ebd., S. 561.

118 Ebd., S. 561.

119 Ebd., S. 554f.

120 Ebd., S. 555.

121 Ebd., S. 557 sowie Bd. 1, Nr. 248 zu den famulas.

122 Ebd., S. 555.

123 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 292.

124 Ebd., Nr. 293: Adelheid von Everstein, Frau von Plesse, verzichtete im Dezember 1397 auf ihre Präbende, so dass ihre Söhne Gottschalk d. J. und Johann, Herren zu Plesse, die Fehde beendeten.

125 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 2, S. 558–560 u. 553.

126 Ebd., Nr. 573 u. 574.

127 Ebd., Nr. 580 u. 581.

128 Ebd., Nr. 590.

129 Ebd., Nr. 599.

130 Ebd., Nr. 567.

131 Ebd., Nr. 599–605 u. 607–614; vgl. BRÖDNER, Kaufungen (wie Anm. 35), S. 719–721 u. 723.

132 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 2, Nr. 614 u. 615 von 1510, Nr. 623a von 1513, Nr. 634, 636, 639 u. 640 von 1515, Nr. 650 von 1516, Nr. 678–681 von 1517 zur Selbstbezeichnung. Die Nennungen ‚freies Stift‘ und ‚kaiserliches Stift‘ sind hier nicht berücksichtigt.

133 Ebd., Nr. 697, 698 u. 701–704; vgl. BRÖDNER, Eck kann mek (wie Anm. 35), S. 107.

134 Ebd., Nr. 763–766, 769–770, 766a u. 766b.

135 Ebd., Nr. 773; vgl. BRÖDNER, Eck kan mek (wie Anm. 35), S. 108.

136 Ebd., Nr. 774–775 u. 777–784.

137 Ebd., Nr. 794.

138 Hessisches Staatsarchiv Marburg, Karte 304 R III 1; vgl. Wilhelm A. ECKHARDT, Wilhelm Dilichs Zehntkarte von Niederzwehren, in: Zeitschrift der Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde 72 (1961), S. 99–121; STEIN, Kaufunger Zehntrechte (wie Anm. 60), Nr. 65.

139 Kassel, Universitätsbibliothek Kassel – Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel, 2° Ms. Hass. 679, Bl. 52; vgl. STEIN, Kaufunger Zehntrechte (wie Anm. 60), Nr. 66.

140 Zu den Dokumenten des Stiftsarchivs Kaufungen, heute im Hessischen Staatsarchiv Marburg, vgl. den Quellenanhang bei ECKHARDT, Wilhelm Dilichs Zehntkarte (wie Anm. 138), S. 115–121.

Die Althessische Ritterschaft
und das Ritterschaftliche Stift Kaufungen

Hauprecht Freiherr Schenck zu Schweinsberg

I. Die Gründung des Ritterschaftlichen Stifts Kaufungen

Am Anfang der Verbindung zwischen der hessischen Ritterschaft1 und dem Stift Kaufungen stand die Einführung der Reformation in Hessen durch Landgraf Philipp den Großmütigen.2 Ohne sie gäbe es das „Ritterschaftliche Stift Kaufungen“ und die „Althessische Ritterschaft“ so, wie sie heute bestehen, sicherlich nicht. Folgende Schritte zur Einführung der Reformation in Hessen waren zugleich Meilensteine auf dem Weg zur Gründung des Ritterschaftlichen Stifts Kaufungen.

1. Die Synode von Homberg/Efze vom 21. bis 23. Oktober 1526

Landgraf Philipp der Großmütige hatte sich persönlich bereits im Sommer 1524, er war zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 20 Jahre alt, zur Reformation bekannt. Dabei beließ er es jedoch nicht und lud im Jahre 1526 Vertreter der Geistlichkeit, der Städte und des Adels nach Homberg/Efze zu einer Versammlung3 ein. Mit dieser bezweckte er keineswegs nur eine ergebnisneutrale Aussprache über die theologischen Konsequenzen der von Martin Luther mit dem Thesenanschlag in Wittenberg am 31. Oktober 1517 in Gang gesetzten Reformation4. Vielmehr verfolgte er auch die Absicht der Rechtfertigung, Legitimierung und im Ergebnis wohl auch der Einführung der neuen Lehre in Hessen sowie einer landesweiten Neuorganisation der Kirche. Jedenfalls führte die Versammlung zur Einsetzung eines Ausschusses, der Vorschläge für eine umfassende Kirchenreform erarbeiten sollte. Bereits im Dezember 1526 lagen diese Vorschläge in schriftlicher Form vor.5 Sie sind als sogenannte Homberger Kirchenordnung („Reformatio Ecclesiarum Hassiae“) bekannt geworden. Allerdings wurde diese nicht publiziert und so auch nicht umgesetzt. Die vorgeschlagenen Reformen gingen nämlich Luther, dem sie Ende Dezember 1526 zur Stellungnahme vorgelegt worden waren, in ihrem Tempo, ihrer Methode und ihrem Inhalt dann doch zu weit. In seinem Antwortschreiben vom 7. Januar 1527 vermied er zwar eine direkte Bezugnahme auf den Entwurf, doch empfahl er eine evolutionäre Einführung der Reformation von der Basis her durch Verkündung des Evangeliums, Vorleben der neuen Grundsätze und deren modellhafte Erprobung in der Praxis.6 Landgraf Philipp verzichtete daraufhin auf die sofortige Einführung einer Kirchenneuordnung von oben. Bezüglich einzelner Vorschläge des Entwurfs, wie z. B. der Aufhebung der Klöster7 und der Verwendung ihrer Einkünfte für gemeinnützige Zwecke, schritt er dennoch alsbald zur Tat.

2. Der Kasseler Landtagsabschied vom 15.10.1527

So kam es nach den 1525 begonnenen vorbereitenden Visitationen und Inventarisierungen8 noch im Jahre 1527 zur vollständigen Säkularisation der Klöster in Hessen. Diese wurden von Philipp aufgelöst und ihr Vermögen und ihre Einkünfte beschlagnahmt, um danach wieder überwiegend gemeinnützigen Verwendungen zugeführt zu werden.9 Philipp sah sich hierzu durch den Abschied des Reichstags zu Speyer vom 27. August 1526 als berechtigt an. Dieser Abschied gestattete in der Religionsfrage den Fürsten und Städten des Reichs, dass

… es ein jeder in seinen Landen und Gebieten dermaßen halten und schaffen solle, wie er solches gegen Gott und Kaiserliche Majestät zu verantworten gedächte.10


Herrenhaus und Rentereigebäude des Ritterschaftlichen Stifts Kaufungen mit der Stiftskirche im Hintergrund

Zur politischen Absicherung seines Schritts, den man durchaus als Schaffung vollendeter Tatsachen oder als „Revolution von Staats wegen“,11 bezeichnen kann, lud Philipp im Herbst 1527 zu einem hessischen Ritter- und Städtelandtag nach Kassel ein. Die zu früheren Landtagen einberufene Geistlichkeit, gegen deren Status und Besitzstände sich die Beschlüsse dieses Landtags richten sollten,12 war nicht eingeladen worden. Im Landtagsabschied berief sich der Landgraf ausdrücklich darauf, dass schon einige der Klöster in Selbstauflösung begriffen waren (deshalb dann merer teil der ordenspersonen … sich heraus in die Welt begeben).13 Andere, darunter auch die Nonnen des Klosters Kaufungen, leisteten jedoch noch erheblichen und lang anhaltenden Widerstand.14

Neben anderen wichtigen Bestimmungen zur gemeinnützigen Verwendung des eingezogenen Klosterbesitzes und der klösterlichen Einkünfte sah der Abschied des Landtags von 1527 auch den Einsatz des Vermögens bzw. der Einkünfte zweier Klöster zugunsten des Adels vor. Noch wurden die beiden Klöster nicht konkret benannt. Es wurde lediglich festgehalten, dass eines von ihnen im Oberfürstentum15 und das andere im Niederfürstentum (untherfurstentumb)16 gelegen sein sollte. Damit wurde der überkommenen Territorialstruktur der Landgrafschaft Hessen Rechnung getragen.

Dem Landtagsabschied des Jahres 1527 lässt sich weiterhin entnehmen, dass der Adel des Landes (die unsern vom Adel) bereits im Vorfeld Philipps Absicht, die beiden Klöster in Schulen für jeweils 50 Kinder des Adels umzuwandeln, abgelehnt hatte. Als Grund der Ablehnung führt der Abschied lapidar an, dass der Adel die Einrichtung eines Fonds (gemeinen Kasten17) aus den Klostereinnahmen für arme Adelige vorgezogen habe (… unnd es dan von gemeinem Adel dem armen noitturftigen hauffen fürtreglicher und nutzer sein bedacht). Dieser sollte bis zu acht bedürftige Personen18 aus dem Adel jährlich mit maximal 300 Gulden, mindestens aber mit 200 Gulden oder so viel, wie die Einkünfte der Klöster hergaben, unterstützen. Die Aufsicht hierüber sollten vier nicht näher benannten Adelige (zwei aus dem Ober- und zwei aus dem Niederfürstentum) und die Räte Philipps führen.

Außerdem war vorgesehen, dass jeweils 15, d. h. also insgesamt 30, bedürftige, aber geeignete und dienstwillige (die notturftig sein und wir vor geschickt ansehen, die sich auch unseres gefallens gerne brauchen lassen wollen) manspersonen aus dem Adel im Ober- und im Niederfürstentum von Philipp mit Naturalien (freucht, korn und habern) beliefert werden sollten, damit sie sich in rustung erhalten und uns uf erfordern desto statlicher dienen mogen.19 Dass diese primär der militärischen Dienstbereitschaft des Adels und damit mittelbar auch dem Landesherren zugutekommende Unterstützung aus den beiden vorerwähnten Klöstern finanziert werden sollte, wird im Abschied nicht gesagt. Es handelt sich wohl eher um eine Zusage eigener Art, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, dass Philipp sie erforderlichenfalls auch aus den beiden vorgesehenen oder anderen ihm verbliebenen Klöstern finanziert hätte.

Offensichtlich war aber auch die neue im Landtagsabschied von 1527 festgehaltene Verwendung der Klostereinkünfte noch immer nicht ganz nach dem Geschmack des Adels. Jedenfalls wurde auch sie später nicht realisiert.20 Ebenso erging es dem Vorschlag der Unterstützung von 30 adeligen Dienstmannen durch Sachzuwendungen. Hier mag die Gefahr einer dauerhaften, über etwaige Lehenspflichten hinausgehenden, finanziellen und dienstlichen Abhängigkeit der Begünstigten vom Landgrafen eine Rolle gespielt haben.

Obwohl neben den Vertretern des Adels,21 nämlich Erbmarschall22 Hermann Riedesel der Ältere, Eitel v. Löwenstein23 und Rudolf Schenck [zu Schweinsberg]24 aus dem Oberfürstentum und Ludwig v. Boyneburgk,25 Krafft v. Bodenhausen26 und Heinrich v. Baumbach27 aus dem Niederfürstentum,28 auch die Vertreter der Städte und der Landgraf den Abschied von 1527 mit unterzeichnet und besiegelt hatten, sollte es noch nahezu fünf Jahre dauern bis eine von den Regelungen des Landtagsabschieds von 1527 deutlich abweichende Zweckbestimmung der beiden dem Adel zugedachten Klöster schriftlich dokumentiert und in die Praxis umgesetzt werden konnte. Dies geschah im zeitlichen Anschluss an den folgenden Landtag in Homberg/Efze, der vom 13. bis 15. Juli 1532 stattfand.

3. Der Homberger Landtagsabschied vom 15. Juli 1532

Auch der offizielle Abschied des Landtags zu Homberg/ Efze im Jahre 1532 enthielt als solcher noch keine Hinweise auf eine endgültige Benennung und Zweckbestimmung der beiden schon 1527 dem Adel in Aussicht gestellten Klöster. Er befasste sich vielmehr intensiv mit der lokalen Erhebung und Umlage einer bereits vom Reichstag zu Augsburg 1530 beschlossenen und dort von Philipp akzeptierten29 Reichssteuer, der so genannten Türkensteuer, zur Abwehr eines neuerlichen Einfalls der Türken ins Reich.30 Das große Novum lag darin, dass nunmehr auch der Adel und seine Hintersassen erstmals zur Steuer herangezogen wurden.31 Immerhin war wenigstens bestimmt, dass die für den Adel vorgesehenen Steuereinnehmer aus dessen eigenen Reihen kamen. Für die Städte gab es eine analoge Regelung. Es steht zu vermuten, dass ohne eine solche Regelung Adel und Städte der Steuererhebung nicht zugestimmt hätten. Schließlich erhielten die Steuereinnehmer einen detaillierten Einblick in die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Betroffenen. Auch wenn sie zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet waren,32 vertraute man den eigenen Standesgenossen sicher mehr, als fremden landgräflichen Beamten. Damit beginnt die sich in den nächsten Jahrhunderten immer mehr verfestigende Rechtsposition der hessischen Ritterschaft, dass die ihr auferlegten Steuern nur von Personen aus den eigenen Reihen eingetrieben werden durften. Der Landtagsabschied von 1532 benennt die für die Einziehung der Türkensteuer beim „Adel“ vorgesehenen Steuereinnehmer aus den Kreisen der Ritterschaft mit Namen:33


Die Einnahmen der sog. Türkensteuer wurden damals in kunstvoll gesicherten und in der Regel sogar transportablen Behältern („Kasten“) aufbewahrt. Hier ein Muster aus der Barockzeit

Karte Hessens nach dem Tod Philipps des Großmütigen. Sie zeigt u. a. das Niederfürstentum (Hessen-Kassel) und das Oberfürstentum (Hessen-Marburg)

Für den Steuerkreis Kassel: Jörg Rabe v. Pappenheim,34 Hans v. Keudell, Philipp v. Dalwigk und für den Steuerkreis Marburg: Johann Riedesel zu Eisenbach „unser erbmarschalck“,35 Heinrich v. Rau zu Holzhausen, Hartmann v. Schleyer.36

Damit nicht genug: Es wurden auf dem Landtag auch neben vier Vertretern der Städte bereits die Personen vom adel gewählt, denen die Steuereinnehmer Rechnung zu legen und die vereinnahmte Steuer auszuhändigen hatten, also eine Art Kontrollkommission37, nämlich: Reinhart der Ältere v. Boineburg zu Bischhausen,38 Kurt v. Elben,39 Rudolf Schenck zu Schweinsberg unser bundsraid 40 und Ebert v. Rödenhausen.41

Die Ausnahmesituation der Besteuerung auch der Ritterschaft wird dadurch unterstrichen, dass Philipp in einem dem Landtagsabschied beigefügten Revers vom 15. Juli 1532 nach Protesten des Adels, dass sie und ihre Vorfahren bisher nie besteuert worden, sondern nur zu Ritterdiensten verpflichtet gewesen seien, für sich und seine Erben ausdrücklich zusichert:

also das wir … nun hinfuhro zue ewigen zeiten die unsern vom adel und ihre undersassen auserhalb diesem fal mit keiner neuerung, schatzung, steur ader anlage beschwehren, sondern sie undt die ihrigen bey ihrem altem herkommen undt den ritterdinsten, in allermassen sie hiebevor gewesen, gnediglich bleiben und daruber in keine wege beschweren lassen auch ihnen hiermit und das sie diese turckenhulff gewilliget, keinen eingang gemacht haben sollen noch wollen, ohne gefehrde.42


Portrait Philipp I., genannt der Großmütige, um 1534, von Hans Krell (geb. um 1490, gest. 1565)

Mit anderen Worten: Philipp sicherte der Ritterschaft für immer zu, dass diese Steuererhebung einmalig sei und die bisherige Steuerfreiheit auch künftig bestehen bleibe, und dass die Einwilligung der Ritterschaft in die Türkensteuer kein Präjudiz für die Zukunft sei. Wie alle „Ewigkeitszusicherungen“ sollte auch diese keinen langen Bestand haben.

Bestätigung der Obervorsteher und des Stiftssyndicus des Stifts Kaufungen vom 14. August 1782 über die Adels- und Ritterschaftszugehörigkeit der Familien v. u. zu Gilsa, v. u. zu Loewenstein, v. Baumbach und v. Dalwigk sowie der ehemals zur Ritterschaft zählenden Familien v. Storndorf, v. Dersch zu Viermünden und v. Habel

Was sich zwar nicht unmittelbar aus dem Landtagsabschied von 1532 ergibt, aber der Gesamtdokumentation des Homberger Landtags einschließlich des beschriebenen Revers des Landgrafen und des nachfolgenden Nebenabschieds unschwer entnehmen lässt, ist, dass die versammelten Ritter die Türkensteuer nicht widerstandslos hingenommen hatten. Offensichtlich ließen sie sich aber nach dem Grundsatz „do ut des“ ihr Einverständnis durch eine Gegenleistung des Landgrafen abringen. Diese bestand im Vollzug des schon 1527 gegebenen Versprechens einer separaten Verwendung zweier Klöster allein für den hessischen Adel und deren Übergabe in dessen Eigenverwaltung.

4. Der dem Homberger Landtagsabschied von 1532 nachfolgende Nebenabschied: Die „Geburtsurkunde“ des Stifts Kaufungen mit Wetter

Welche beiden Klöster dies waren und welches die neue nunmehr verbindliche Zweckbindung war, wird aus einem weiteren, zeitlich nach dem Landtagsabschied verfassten Dokument ersichtlich. Es wird allgemein als „Nebenabschied“ des Landtags zu Homberg/Efze bezeichnet. Genau genommen handelt es sich bei dem Nebenabschied nicht um einen echten Landtagsabschied, sondern um eine Separatvereinbarung der Ritterschaft untereinander.43 Diese nimmt einleitend ausdrücklich Bezug auf die vermutlich während des Landtags vom Landgrafen vollzogene Übertragung der Klöster Kaufungen und Wetter an die Ritterschaft und regelt anschließend die Nutzung und Eigenverwaltung dieser Klöster durch die Ritterschaft.

Bedeutung des Nebenabschieds

Der Nebenabschied von 1532 kann mit Fug und Recht als Geburtsurkunde und erste schriftliche Verfassung des heutigen Ritterschaftlichen Stifts Kaufungen und zugleich als erster bekannter, wenn auch rudimentärer Ansatz einer schriftlichen Momentaufnahme der inneren Verfassung der hessischen Ritterschaft auf ihrem langen Weg zu einer selbständigen Korporation bezeichnet werden. Leider existiert von diesem Nebenabschied aus dem Jahre 1532 offenbar kein Original mehr.44 Er ist nur aus zwei Abschriften des 18. Jahrhunderts überliefert, von der eine in der Literatur mehrfach, aber nicht immer fehlerfrei, abgedruckt ist.45

Gegenstand der Übertragung

Endlich wurden also die beiden dem Adel schon seit fünf Jahren zugesagten Klöster benannt, das Benediktinerinnenkloster46 Kaufungen zu Oberkaufungen und das gleichfalls der Regel des heiligen Benedikts in gelockerter Form folgende Kanonissenstift47 Wetter bei Marburg. Beide „Klöster“ wurden und werden, im späteren durchgängigen Sprachgebrauch einzeln als Stift und gemeinsam als Stifte oder Stifter bezeichnet.

Insbesondere Kaufungen verfügte über einen beachtlichen Besitz innerhalb und außerhalb Hessens. Aus der Fülle der ca. 114 Orte,48 in denen das Stift Grundbesitz hatte oder aus denen es Einnahmen bezog, seien neben den unmittelbar zum Stift gehörenden Dörfern49 Eschenstruth, Helsa, Wellerode und Wickenrode nur genannt: Ellerode, Escheberg, Gudensberg, Herbede an der Ruhr, Herleshausen, Heroldishausen, Kassel, Oberelsungen, Witzenhausen, Wommen, Zierenberg, Lay und weitere Orte an der Mosel.50 Das Grundvermögen und die Gerechtsame des Stifts Wetter lagen dagegen überwiegend auf hessischem Territorium mit Schwerpunkt im damaligen Oberfürstentum (z. B. Ober- und Unterrosphe, Amönau, Michelbach, Sarnau, Caldern, Rosdorf, Fronhausen etc.).51

Auch wenn der Nebenabschied von 1532 besagt, dass… die zwei hauße und clöster … mit ihren bäwen…, d. h. den Gebäuden, und sämtlichem weiteren Zubehör übertragen worden seien, sind offensichtlich nur in Kaufungen der Ritterschaft alle Klostergebäude einschließlich der Stiftskirche übergeben worden. In Wetter beschränkte sich die Übertragung dagegen im Wesentlichen auf das Stiftsvermögen in Form von Ländereien, Abgaben, Zinsen usw. Die dortige Stiftskirche St. Maria ging an die Stadt Wetter, deren Diakon sich noch im 19. Jahrhundert darüber beklagte, dass das Stift Kaufungen selbst eine moralische oder sittliche Pflicht zum Unterhalt der Kirche ablehnte.52 Auch die Lateinschule des Stifts Wetter wurde nicht der Ritterschaft übertragen, obwohl sie ca. 100 Jahre früher (1419) von Mitgliedern des hessischen Adels (v. Dernbach, v. Schönstadt)53 gestiftet worden war. Nicht anders verhielt es sich mit wesentlichen Patronaten dieses Stifts, die sich der Landesherr persönlich vorbehielt.54

Es steht zu vermuten, dass Philipp die beiden Stifte für die Ritterschaft nicht ganz ohne Hintergedanken ausgewählt hatte. Beide Klöster hatten ursprünglich nicht den Landgrafen unterstanden, sondern waren kaiserliche bzw. mit kaiserlicher Hilfe eingerichtete Stiftungen gewesen.55 Es war daher nicht ganz sicher, ob bei Kaufungen und bei Wetter der Kaiser und/oder der Erzbischof von Mainz Ansprüche auf Herausgabe erheben würden. Kaufungen war immerhin lange Zeit reichsunmittelbar56 gewesen. Die hier von den Landgrafen beanspruchte Oberhoheit (sie waren schon seit längerer Zeit Vögte des Stifts) war mehr faktisch als juristisch begründet. Um Wetter hatten dagegen die Mainzer Erzbischöfe, die schon früh in den Besitz von Stadt und Stift gelangt waren, jahrhundertelang heftige kriegerische Auseinandersetzungen mit den Landgrafen geführt. Sie mussten sich schließlich im Jahre 1427 dem Recht des Stärkeren beugen und die Schirmherrschaft über die Vogtei an Landgraf Ludwig den Friedfertigen, den Urgroßvater Philipps, übertragen.57

Zudem waren die Insassinnen beider Klöster keineswegs mit deren Aufhebung einverstanden. Zwar mussten sich die Stiftsdamen in Wetter unter ihrer Äbtissin Gertrude v. Döring relativ bald dem landesherrlichen Druck beugen und wurden überwiegend mit Geld abgefunden,58 doch wehrten sich die Nonnen des Klosters Kaufungen unter ihrer Äbtissin Alfradis v. d. Borch (†1534) und deren bereits im Exil gewählter Nachfolgerin Helena v. Freseken heftig und anhaltend. Der nach Abfindung von 14 Laienschwestern und zwei Nonnen59 verbliebene „harte Kern“ von neun Kaufunger Nonnen war erst im Jahr 1531 mit Äbtissin Alfradis aus dem Stift ausgezogen, um in ihr Ursprungskloster Gehrden im Bistum Paderborn zurückzukehren. Von dort aus setzten die Nonnen ihren Widerstand mit juristischen Mitteln fort. Sie klagten 1537 vor dem Reichskammergericht gegen die Enteignung.60 Zwar bekamen sie Recht,61 doch konnten sie ihre Restitutionsansprüche aufgrund der tatsächlichen Machtverhältnisse nicht durchsetzen. Das galt auch für die von den Nonnen aus Gehrden beanspruchten Einkünfte aus der Stiftsvogtei Heroldishausen, die bei Kaufungen verblieb.62

Umgekehrt ging es aber dem Stift Kaufungen mit seinen „ausländischen“ Besitzungen auch nicht wesentlich besser. So verlor es seine Vogtei Herbede an der Ruhr mit ihrem umfangreichen Besitz.63 Die Güter in Lay an der Mosel konnten zwar zunächst vom Stift gehalten werden, doch übertrug Philipp sie im Jahre 1557 an einen kurtrierischen Rat, der ihm bei der Sicherung der katzenelnbogischen Erbschaft wertvolle Dienste geleistet hatte. Der Nebenabschied von 1532 zeigt, dass Schenker und Beschenkte sich schon bei der Übertragung der Stifte des Risikos eines Verlustes der ausländischen Besitzungen durchaus bewusst gewesen waren.64

Verwaltungsregelungen des Nebenabschieds

Der wesentliche Inhalt der im Nebenabschied festgelegten Eigenverwaltung beider Stifte durch die Ritterschaft bestand in

• einer von den früheren Absichten des Landgrafen deutlich abweichenden Zweckbestimmung beider Stifte,

• der Benennung von sechs für die zweckgerechte Verwaltung und Nutzung der Klöster zuständigen Obervorstehern65 aus den Reihen der Ritterschaft,

• der Einsetzung eines achtköpfigen Aufsichtsgremiums zur Kontrolle der Obervorsteher, ebenfalls aus den Reihen der Ritterschaft,

• weiteren Bestimmungen verwaltungstechnischer Art und insbesondere zu den Aufgaben, den Vollmachten und der Vergütung der Obervorsteher66 und zur Reihenfolge der Bewilligungen67 zeitgleich beantragter Ehesteuern.

Zweckbestimmung der Klöster

Neue Zweckbestimmung des übertragenen Klostervermögens war nunmehr, dass dessen Erträge ausschließlich dem Adel (also das die keiner andern gestalt dan dem adell zugueth gebraucht werden soll) auf Antrag (auf Ansuchen) im Bedürftigkeitsfall (armuths halb)68 zwecks Zahlung einer Aussteuer (heimststewer und ehelichem Geld) von 100 fl.69 bei der Verheiratung der Töchter und Schwestern des Adels zur Verfügung stehen sollten. Wie bereits gesagt, hatte sich hier offensichtlich die Ritterschaft mit ihren Vorstellungen durchgesetzt, denn von Schulen für ihre Kinder, oder der Unterstützung einer limitierten Zahl bedürftiger Adliger oder Sachzuwendungen zur Erhaltung der militärischen Dienstbereitschaft bedürftiger Ritter war nicht mehr die Rede.

Verwaltung der Klöster

Die aus der Ritterschaft unter sorgfältiger Beachtung des Proporzes ihrer Herkunft gewählten70 und im Nebenabschied persönlich benannten ersten Obervorsteher der Stifte Kaufungen und Wetter waren: aus dem Niederfürstentum: Johann v. Meysenbug (Haushofmeister),71 Konrad v. Elben,72 Johann v. Hundelshausen und aus dem Oberfürstentum: Volprecht v. Dersch, Hartmann v. Schleyer und Kraft v. Rau.

Für die acht vorgesehenen ritterschaftlichen Aufseher über die Amtsführung der Obervorsteher wurden zwar keine konkreten Personen, wohl aber eine entsprechende Anzahl von ritterschaftlichen Familien genannt, aus denen sich diese Personen rekrutieren sollten. Auch hierbei wurde die Parität zwischen den Landesteilen strikt gewahrt: aus dem Niederfürstentum sollte einer der Ältesten der v. Boyneburgk, ein v. Baumbach, ein v. Dalwigk, ein v. Hertingshausen und aus dem Oberfürstentum ein Schenck, ein v. Löwenstein, ein v. Dörnberg und ein v. Breidenbach kommen.

Dass hier keine Personen sondern nur Familien genannt wurden, mag vielleicht daran gelegen haben, dass sich während des Landtags unter den Anwesenden nicht genügend geeignete Kandidaten fanden, um dem erkennbaren Anspruch einer möglichst breit gestreuten Beteiligung aller damals wichtigen und einflussreichen Geschlechter der Ritterschaft bei der Verwaltung der Stifte zu genügen.

Allerdings folgte die spätere Besetzungspraxis für Obervorsteher und Aufseher nicht diesem Familienproporz. Bei beiden Gruppen gab und gibt es trotz zeitweiliger „Cluster-Bildungen“ keine „Erbhöfe“ für bestimmte Familien. Dies hätte die Auswahl möglichst geeigneter und befähigter Kandidaten nur unnötig eingeschränkt und nicht jeder, der in Betracht gezogen wurde, hat dann das Amt auch angenommen.73 Lediglich der geographische Proporz zwischen der Herkunft aus dem Ober- und dem Niederfürstentum wurde, zumindest bei den Obervorstehern, bis 1807 weitgehend beachtet.74


Ansicht der Burg Schweinsberg, des Stammsitzes der Schencken zu Schweinsberg, vor ihrer teilweisen Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg

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Yaş sınırı:
0+
Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
Hacim:
373 s. 139 illüstrasyon
ISBN:
9783933617767
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