Kitabı oku: «Die Rede von Gott Vater und Gott Heiligem Geist als Glaubensaussage», sayfa 3

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2.2. Der eine Glaube und die Vielgestalt von Credotexten

Daneben ist noch eine weitere Autorisierungsstrategie in der lateinischsprachigen Christenheit zu erkennen: der Bezug auf die Kirche von Rom. Ambrosius stellt diesen Bezug dort her, wo er über die Unveränderlichkeit des symbolum spricht: So wie die Johannesapokalypse verbietet, ihrem Text etwas hinzuzufügen oder wegzunehmen (Offb 22,18f.), »wie sollten wir das Bekenntnis, das wir als überliefert und erstellt von den Aposteln empfangen haben, besudeln?« Das sei ferne! Denn, so Ambrosius weiter, »das ist das Bekenntnis, das die römische Kirche bewahrt, wo der erste unter den Aposteln, Petrus, saß und die (allen) gemeinsame Äußerung übermittelte.«[33] In einem Brief |28|an Siricius von Rom erwähnt Ambrosius um 390 ausdrücklich »das apostolische Glaubensbekenntnis, welches die römische Kirche stets unbefleckt hütet und bewahrt.«[34] Rom als »petrinischer« Bischofssitz ist demnach der Ort, wo die normative Formulierung des Glaubens zwar nicht produziert, aber zuverlässig tradiert wird. Woran man das sachlich festmachte, verdeutlicht Rufin in seinem um 404 verfassten Kommentar zum Symbolum, nämlich an dessen in Rom bewahrter Unversehrtheit:

»In verschiedenen Kirchen finden sich einige Zusätze zum Wortlaut (des Bekenntnisses der Apostel). In der römischen Kirche jedoch nicht, ein Umstand, den ich daher ableite, dass keine einzige Irrlehre dort ihren Ursprung genommen hat; zudem, weil dort die alte Sitte besteht, dass diejenigen, welche das Sakrament der Taufe empfangen wollen, öffentlich, d.h. in Gegenwart des gläubigen Volkes das Symbolum laut hersagen; die Beifügung aber auch nur eines einzigen Wortes hören zu müssen, hätten die, welche schon früher den Glauben angenommen, nicht ertragen. An andern Orten aber – soweit ich sehe – scheinen in Rücksicht auf gewisse Häretiker einige Zusätze gemacht worden zu sein und zwar solche, durch welche man den Sinn einer neuen Lehre gänzlich auszuschließen glaubte. Wir indes werden jenem Wortlaut folgen, den wir in der Kirche von Aquileia bei der Taufe empfangen haben.«[35]

Rom ist – so könnte man pointiert sagen – der Ort, an dem Orthodoxie durch Orthopraxie bewahrt wird, nämlich durch die richtige Praxis des Umgangs mit dem rechten Glauben. Die Berechtigung dieses Anspruchs mag hier auf sich beruhen; die Berufung auf das »von den Aposteln überlieferte Glaubensbekenntnis« wird jedenfalls im 5. Jahrhundert bei römischen Päpsten zur stehenden |29|Redewendung.[36] Wichtiger ist im vorliegenden Zusammenhang, dass Rufin ausdrücklich auf den Umstand hinweist, dass das eine Bekenntnis der Apostel je vor Ort in unterschiedlichen Textfassungen existiert, sodass zwar – knapp gesagt – der Glaube der Römer vorbildlich sein mochte, der Text es aber nicht ohne Weiteres war. Das macht ein Vergleich zwischen den aus Rufins Kommentar zu rekonstruierenden, in Aquileia bzw. Rom in Gebrauch befindlichen Texten des Credos deutlich:[37]


Credo von Aquileia (A) Romanum (R)
Credo in deo, patre omnipotente, invisibile et impassibile, Credo in deo, patre omnipotente,
et in Iesu Christo, unico filio eius, domino nostro, et in Iesu Christo, unico filio eius, domino nostro,
qui natus est de spiritu sancto ex Maria virgine, qui natus est de spiritu sancto ex Maria virgine,
crucifixus sub Pontio Pilato et sepultus, crucifixus sub Pontio Pilato et sepultus,
descendit in inferna;
tertia die resurrexit; tertia die resurrexit;
ascendit in caelos; sedet ad dexteram patris; ascendit in caelos; sedet ad dexteram patris;
inde venturus iudicare vivos et mortuos; inde venturus iudicare vivos et mortuos;
et in spiritu sancto, et in spiritu sancto,
sanctam ecclesiam, sanctam ecclesiam,
remissionem peccatorum, remissionem peccatorum,
carnis resurrectionem. carnis resurrectionem.

Die Abweichungen sind nicht sehr zahlreich, aber inhaltlich signifikant, so insbesondere der Hinabstieg in die Unterwelt. Rufins eigener Erklärung zufolge müsste in Aquileia eine diesbezügliche Häresie vorgelegen haben, auf die mit der Einfügung des Halbsatzes descendit in inferna geantwortet worden wäre. Für die hier verfolgte Fragestellung ist weniger wichtig, inwiefern dies zutrifft – Rufin selbst »konnte nicht viel Licht über die Interpolation der Klausel verbreiten«[38] –, |30|sondern was daraus für die Herausbildung des Textes des Apostolikums zu lernen ist. Das führt uns zur Frage, wie sich apostolischer Glaube und apostolisches Glaubensbekenntnis zueinander verhalten, konkret: was es zu bedeuten hat, dass das Credo von Aquileia dem Apostolikum textlich tatsächlich nähersteht als das Romanum – und zu welchem Zeitpunkt wir letzteres überhaupt als Vergleichsgröße nachweisen können.

3. Vom »markellischen« Romanum (zurück) zu den frührömischen Tauffragen
3.1. Markell von Ankyra als Urheber des Romanums? Eine rezente Debatte

Rufin ist einer der ältesten Zeugen für das Romanum, und er ist zudem der erste, der die Vielfalt der Bekenntnisse in der westlichen Kirche ausdrücklich reflektiert.[39] In der zitierten Passage nimmt er |31|darüber hinaus Bezug auf die Riten der traditio und redditio symboli: Vor der Taufe, entweder noch im Zusammenhang des katechetischen Unterrichts oder bereits während des liturgischen Ritus, mussten die Täuflinge das Bekenntnis »zurückgeben«, d.h. auswendig rezitieren, das ihnen der Bischof oder Katechet zuvor »übergeben«, nämlich vorgesprochen und ausgelegt hatte.[40] Um das Jahr 400 war das in Aquileia, Rom, Mailand und Hippo ein fest etablierter Usus. Diese Praxis verband sich mit der »Arkandisziplin«, mit der rein mündlichen Weitergabe des Glaubens, damit dieser nicht von unberufenen Ohren mitgehört und dadurch profaniert würde. Schon vor den ersten ausdrücklichen Zeugnissen aus dem Westen des Reiches ist dieser Brauch auch in Jerusalem nachzuweisen: Dort bezeugt die Pilgerin Egeria für die 380er Jahre die traditio und redditio symboli,[41] ebenso Bischof Kyrill (†387) in seinen 351 gehaltenen Tauf- und den vermutlich späteren Mystagogischen Katechesen.[42] Um die Mitte des 4. Jahrhunderts ist aber auch in Rom bereits der Ritus und damit die Verwendung eines Glaubensbekenntnisses nachweisbar, sofern man der allerdings erst um 400 verfassten Darstellung in Augustins Confessiones in dieser Hinsicht Glauben schenken darf:

»(Das Glaubensbekenntnis) pflegt von denen, die (als Täuflinge) hintreten zu deiner Gnade, in Rom in festgesetztem Wortlaut, der dem Gedächtnis eingeprägt worden ist, von erhöhtem Ort im Angesicht des Volkes abgelegt zu werden.«[43]

Welcher Text wurde bei diesem öffentlichen Akt verwendet? Augustin selbst bietet keine eingehenderen Informationen und zitiert das |32|Bekenntnis auch nicht. Nach Rufin wäre es das von ihm selbst bezeugte Romanum. Doch schreibt auch er ein halbes Jahrhundert nach der Zeit, in der Augustins Bericht von der Taufe des Marius Victorinus spielt, in dessen Zusammenhang Augustin den katechetischen Brauch erwähnt.[44] Es gibt freilich noch eine frühere Textform des Romanums, die in der Forschung seit jeher eine große Rolle gespielt hat, und dies seit mehr als dreihundertfünfzig Jahren.

Schon im Jahr 1647 identifizierte der Erzbischof von Armagh, James Ussher,[45] als ältesten Zeugen für das Romanum einen 341 auf Griechisch verfassten Brief des Markell von Ankyra (†374) an Bischof Julius von Rom (†352).[46] Markell, in den auf das Konzil von Nizäa folgenden Auseinandersetzungen kirchenpolitisch ins Abseits geraten und seines Bischofsamtes enthoben, suchte Rehabilitation mithilfe römischer Autorität.[47] Eine Synode behandelte seine Causa im Frühjahr 341. Julius schrieb den in Antiochien versammelten Gegnern Markells, dieser habe, »als er von uns gebeten wurde, über seinen Glauben zu sprechen, mit einer solchen Freimütigkeit geantwortet, daß wir erkannten, daß er nichts außerhalb der Wahrheit bekannte.«[48] Markell selbst verfasste im Anschluss an die Synode eine theologische Darlegung, die er dem Synodalbrief beizulegen bat.[49] Vieles spricht dafür, dass er in diesem Schriftstück zusammenfasste, was er bereits auf der Synode vorgetragen hatte, um seine |33|Orthodoxie zu untermauern.[50] Und hierin findet sich ein Abschnitt, der dem von Rufin bezeugten Romanum und dem späteren Apostolikum frappierend ähnelt:[51]


Romanum (R) Romanum nach Markell (griechisch)
Credo in deo, patre omnipotente, Πιστεύω οὖν εἰς θεὸν παντοκράτορα
et in Iesu Christo, unico filio eius, domino nostro, καὶ εἰς Χριστὸν Ἰησοῦν, τὸν υἱὸν αὐτοῦ τὸν μονογενῆ, τὸν κύριον ἡμῶν,
qui natus est de spiritu sancto ex Maria virgine, τὸν γεννηθέντα ἐκ πνεύματος ἁγίου καὶ Μαρίας τῆς παρθένου,
crucifixus sub Pontio Pilato et sepultus, τὸν ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου σταυρωθέντα καὶ ταφέντα
tertia die resurrexit; καὶ τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ ἀναστάντα ἐκ τῶν νεκρῶν,
ascendit in caelos; sedet ad dexteram patris; ἀναβάντα εἰς τοὺς οὐρανοὺς καὶ καθήμενον ἐν δεξιᾷ τοῦ πατρός,
inde venturus iudicare vivos et mortuos; ὅθεν ἔρχεται κρίνειν ζῶντας καὶ νεκρούς·
et in spiritu sancto, καὶ εἰς τὸ ἅγιον πνεῦμα,
sanctam ecclesiam, ἁγίαν ἐκκλησίαν,
remissionem peccatorum, ἄφεσιν ἁμαρτιῶν,
carnis resurrectionem. σαρκὸς ἀνάστασιν, ζωὴν αἰώνιον.

Dieser Text ist für die Frage nach dem Werden des Apostolikums von größtem Interesse, weil es sich um den ältesten erhaltenen Bekenntnistext aus dem Westen des Römischen Reiches handelt. Zwar war bereits von der Synode von Nizäa (325) ein Glaubensbekenntnis formuliert worden, dem in den 340er und besonders in den 350er Jahren eine ganze Reihe ähnlich gebauter Formeln folgen sollte. Solche deklaratorischen Texte, die der Sicherung des Glaubens in einer knappen Formel dienten, waren im Westen aber offenbar weder gebräuchlich noch überhaupt bekannt: Noch 359 informierte Hilarius von Poitiers (†367) gallische, germanische und britische Bischöfe über die Existenz und Notwendigkeit solcher Glaubensbekenntnisse, |34|die diesen bislang noch gar nicht untergekommen seien.[52] In Rom gab es zu diesem Zeitpunkt immerhin schon eins – aber was für einen Text haben wir da vor uns?

Die Frage, die sich nun stellt, ist letztlich die nach der Henne und dem Ei: Zitierte Markell um der Anerkennung seines rechten Glaubens willen ein Bekenntnis, das die römischen Synodalen als ihr eigenes erkennen würden? Das ist die klassische These, die von Ussher bis Kelly vertreten und in der neueren Diskussion von Westra bekräftigt worden ist.[53] Der Brief und das darin enthaltene Bekenntnis wurden auf Griechisch verfasst, damit beides den Adressaten im Osten zugänglich wäre. Der griechischsprachige Markell hätte dann ein lateinisches Bekenntnis selbst übersetzt (oder übersetzen lassen) oder auf einen Text zurückgegriffen, der aus der Zeit stammt, als die Liturgiesprache in Rom noch das Griechische war, also vermutlich aus dem 3. Jahrhundert oder gar noch früher. Oder übernahm die römische Gemeinde für den katechetischen Gebrauch ein Credo, das Markell ad hoc formuliert und der Synode vorgelegt hatte? Das ist die These, die Markus Vinzent 1999 vorstellte und die gut ein Jahrzehnt lang die Diskussion über die Entstehung des Romanums bzw. des Apostolikums befeuert hat.[54] Dann wäre zu überlegen, wann und von wem ein von Markell selbst auf Griechisch formuliertes Bekenntnis ins Lateinische übersetzt worden wäre, um in die römische Taufunterweisung integriert zu werden.

Was die Übersetzungen in die eine oder andere Richtung anbelangt, gibt es m. W. keine plausiblen Hypothesen. Gestritten wurde aber engagiert über die Vinzent’sche These eines markellischen Ursprungs des Apostolikums. Verhielte es sich so, wäre das nicht zuletzt durch den Umstand bemerkenswert, dass das meistgebrauchte Bekenntnis im Westen, das Apostolikum, von einem Theologen stammt, |35|dessen Vorstellung einer eschatologischen Wiederzusammenfassung der heilsgeschichtlich entfalteten Trias zur uranfänglichen Monas im 381 abgefassten Nizäno-Konstantinopolitanum mit scharfem Widerspruch bedacht wird.[55] Das mag auf sich beruhen. Wichtiger für die hier verfolgte Fragestellung ist, dass Vinzent nicht als erster beobachtet, aber die weitestgehenden Schlüsse daraus gezogen hat, dass das Romanum unstrittig erstmals bei Markell zu finden ist und vor dem Jahr 341 als Text keine unmittelbare Vorgeschichte hat – jedenfalls keine, die in der heute zugänglichen Überlieferung Spuren hinterlassen hätte. Dann bestünde konsequenterweise das Apostolische am Apostolikum nicht in einer personalen Traditionskette, sondern in der kreativen und letztlich sehr erfolgreichen Zuschreibung neuerer Lehrbildungen an die Apostel. Es gäbe dreihundert Jahre nach dem Ausschwärmen der Apostel über den Erdkreis also durchaus ein Werden des Apostolikums, das aber nicht zuerst in Rom und nicht als Romanum, sondern gewissermaßen als »Markellum« das Licht der Welt erblickt und dann in Rom Karriere gemacht hätte.[56]

Diese These hat nur zum Teil Anklang gefunden; die Diskussion ist mittlerweile wieder abgeebbt.[57] Uta Heil hat in Auseinandersetzung |36|mit Vinzent die Vermutung vorgetragen, dass möglicherweise die römische Synode, die sich mit Markells Orthodoxie befasste, selbst ein Bekenntnis formulierte und ihm vorlegte, das dann dieser übernahm (und nicht andersherum).[58] Träfe dies zu, trüge »diese Passage aus Markells Brief doch zu Recht den Namen Romanum«.[59] Wenn freilich auf dieser Synode »die Theologie Markells verhandelt wurde«, erklärt dies m.E. – gegen die These Uta Heils – gerade nicht, »warum in diesem Text die im Osten heftig umstrittenen Begriffe und Thesen kaum vorkommen«. Ihr zufolge sei »traditionelles Material«, teils aus frühchristlichen regulae fidei, und Informationen aus der Frühphase des trinitarischen Streites (von Alexander von Alexandrien übermittelt) verarbeitet worden. Dass der meinungsstarke und literarisch produktive Markell als Protagonist der jetzt laufenden Debatte, der eindeutig die Sympathien der römischen Synode genoss, keinen Einfluss auf die inhaltliche Präzisierung gehabt hätte, erscheint jedenfalls erklärungsbedürftig, zumal die verwendete Gattung des Bekenntnisses im Westen offensichtlich neu war. Man hätte daher auch, wenn man Uta Heil folgt, eher mit einem neuen Romanum als einem traditionellen Text zu rechnen.

|37|3.2. (Fast) zurück zu den Aposteln: Die frührömischen Tauffragen

Bei alledem ist unbestritten, dass ein in Rom genutzter Bekenntnistext vor dem 4. Jahrhundert nicht zu identifizieren ist – wenn man nicht aus dem Brauch der Taufkatechese automatisch auf ein dieser zugrundeliegendes Bekenntnis schließen will, was reine Spekulation wäre. Der vielleicht ernüchternde Befund passt freilich zu der weiter ausgreifenden These, dass überhaupt erst die Reichssynoden des 4. Jahrhunderts deklaratorische Bekenntnisse formuliert hätten. Das betonte nicht erst Markus Vinzent, sondern schon lange zuvor Hans von Campenhausen, und Adolf Martin Ritter ist ihm darin mit guten Gründen und weitgehender Zustimmung der Zunft gefolgt.[60] Das Nizänum (oder das in seiner Authentizität freilich notorisch umstrittene und zudem nur in späterer syrischer Übersetzung erhaltene Credo der Synode von Antiochien 324/25) wäre dann das erste Bekenntnis seiner Art.[61] Hingegen handelt es sich bei dem von Euseb von Caesarea († ca. 340) auf dem Konzil von Nizäa vorgelegten Bekenntnis entgegen einer lange vorherrschenden Ansicht[62] nicht um das in seiner Heimatgemeinde übliche Taufbekenntnis, sondern um ein frühes Exemplar der sogenannten »Theologenbekenntnisse«, wie es im selben Zeitraum z.B. auch Arius und ihm folgende alexandrinische Kleriker verfassten.[63]

Wie aber konnte man in der älteren Forschung auf den – teils auch noch in der gegenwärtigen Literatur nachwirkenden – Gedanken kommen, dass es schon länger das Romanum und damit eine Vorstufe |38|des Apostolikums gegeben habe, wenn dies doch textlich nicht nachweisbar ist? Dafür lassen sich drei Gründe nennen, denen neuerdings einhellig widersprochen wird:

1 Die Unterscheidung von Glaubensregeln und deklaratorischen Bekenntnissen wurde nicht hinreichend beachtet.[64] Es gibt durchaus konfessorische Kontinuität seit dem frühen Christentum, nur liegt diese offensichtlich nicht in der Existenz und Nutzung von textlich fixierten Bekenntnissen zu antihäretischen, katechetischen oder liturgischen Zwecken, sondern in dem flexiblen Instrument der regula fidei, das etwa bei Irenaeus von Lyon oder Tertullian belegt ist. Deklaratorische Bekenntnistexte sind vor dem 4. Jahrhundert nicht belegt, weder in Rom noch anderswo.

2 Freilich hat man seit der Entdeckung der Traditio apostolica und deren Zuschreibung an Hippolyt von Rom († ca. 235) gemeint, einen direkten Blick in die Praxis der römischen Kirche werfen und aus der Nähe des (postulierten) Taufbekenntnisses dieses Textes mit dem Romanum und einigen Texten bei Tertullian eine römische Bekenntnistradition rekonstruieren zu können.[65] Die Möglichkeit, aus der nicht im Original erhaltenen und wohl fälschlich Hippolyt zugewiesenen Traditio apostolica Schlussfolgerungen über römische Riten im frühen 3. Jahrhundert ziehen zu können, ist mittlerweile allerdings nachhaltig erschüttert.[66] Gerade die Tauffragen scheinen das Gepräge der trinitätstheologischen |39|Debatten der Zeit nach Markell zu tragen. Würde man daher die lateinische Übersetzung der Traditio apostolica auswerten, die in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts entstand, hätte man es mit einem zeitlich nach Markells Brief zu verortenden Text zu tun,[67] nicht mit einer älteren oder gar apostolischen Tradition.

3 Schließlich ist die Forschung über weite Strecken davon ausgegangen, dass auch schon in vorkonstantinischer Zeit die Taufunterweisung anhand eines fixierten Bekenntnisses vorgenommen worden sei, obwohl dafür ein klarer Beleg aus der Zeit vor Kyrill von Jerusalem, Augustin und anderen fehlt.[68] Weithin üblich waren hingegen Tauffragen, meist in trinitarischer Gestalt, und blieben es auch im 4. Jahrhundert und weit darüber hinaus.[69] Nicht deklaratorische, wohl aber interrogatorische Bekenntnisse hat es also im Christentum lange vor den Konzilien der Reichskirche gegeben! Auf Tauffragen weist möglicherweise schon der »westliche« Einschub in der Perikope über die Taufe des Kämmerers aus Äthiopien hin (Apg 8,37), der ins 2. Jahrhundert gehört;[70] sicher ist der Bezug auf Tauffragen bei Cyprian von Karthago, d.h. in der Mitte des |40|3. Jahrhunderts.[71] Und dieser Brauch, der zunächst ein rein »westliches« Phänomen gewesen zu sein scheint, führt uns sehr wohl auf römische Spuren.

Es ist eine bemerkenswerte Ironie der Forschungsgeschichte, dass von Harnack und Kattenbusch bis Lietzmann und Kelly die in der Traditio apostolica und anderen Texten überlieferten Tauffragen, die es offensichtlich gab, immer wieder zur Rekonstruktion von etwas anderem benutzt worden sind, was es aller Wahrscheinlichkeit nach nicht gab – ein deklaratorisches Bekenntnis, das in der Katechese oder Taufliturgie Verwendung gefunden hätte.[72] Dagegen hat Wolfram Kinzig gezeigt, dass die Tauffragen für sich genommen Interesse verdienen, wenn es um eine römische Traditionslinie geht. Dieses Set von Fragen ist im Sacramentarium Gelasianum Vetus, der ältesten erhaltenen römischen Agende aus dem 7. Jahrhundert,[73] überliefert und wird hier den Tauffragen aus der Traditio apostolica gegenübergestellt:


|41|Traditio apostolica (lat.) Sacramentarium Gelasianum Vetus
Credis in deum, patrem omnipotentem?
Credis in Christum Iesum, filium dei, Credis et in Iesum Christum, filium eius unicum, dominum nostrum,
qui natus est de spiritu sancto ex Maria virgine natum
et crucifixus sub Pontio Pilato et mortuus est et sepultus et passum?
et resurrexit die tertia
et ascendit in caelis et sedit ad dexteram patris
venturus iudicare vivos et mortuos?
Credis in spiritu sancto Credis et in spiritum sanctum,
et sanctam ecclesiam sancta ecclesia,
remissionem peccatorum,
et carnis resurrectionem? carnis resurrectionem?

Auf den ersten Blick erkennbar ist, dass der zweite – christologische – Artikel im Sacramentarium Gelasianum Vetus viel weniger entfaltet ist als in der Traditio apostolica und im oben zitierten Romanum (markellischer oder rufinischer Provenienz). Während die Fragen nach Gott, Geist, Kirche, Sündenvergebung und Auferstehung im »Altgelasianum« und im Romanum praktisch identisch sind und lediglich in Bezug auf die Sündenvergebung ein Unterschied zur Traditio apostolica festzustellen ist, beschränken sich die christologischen Prädikate hier auf Jesus Christus als eingeborenen Sohn Gottes und unseren Herrn sowie auf seine Geburt und Passion. Der Modus dieser Geburt – in der Traditio apostolica und im Romanum durch den doppelten Verweis auf Geist und Jungfrau markiert – und der Verlauf der |42|Passion sowie deren Folgeereignisse werden dagegen nicht erwähnt. Handelt es sich eingedenk der oben erwähnten Datierung des Sakramentars in das 7. Jahrhundert um eine spätere Modifikation, um eine parallele Fassung oder – gegen den ersten Anschein – gar um eine ältere, im Romanum erweiterte Form des christologischen Artikels?

Die Dinge liegen in der Tat kompliziert. Wie Wolfram Kinzig gezeigt hat,[75] existieren von der Spätantike bis zur Reformationszeit zahlreiche Formen der Tauffragen, sowohl mit einem kurzen zweiten Artikel (natum et passum) als auch mit erweiterten christologischen Prädikaten. Ein Zeitpunkt oder ein sachlicher Anlass, an bzw. aus dem dieser Artikel gekürzt worden wäre, lässt sich nicht dingfest machen. Um zu erklären, warum die Tauffragen im ersten und dritten Artikel des Sacramentarium Gelasianum Vetus mit dem Romanum identisch sind, der zweite Artikel aber sehr viel knapper ist, argumentiert Kinzig, dass die in dem frühmittelalterlichen Sakramentar tradierten Tauffragen älter sein müssen als das Romanum. Sie gehen mindestens auf das 3. Jahrhundert zurück, wo, wie erwähnt, Cyprian die Verwendung von Tauffragen in Rom bezeugt.[76] Den sachlichen Anlass zu Textveränderungen im Sinne eines ausführlicheren Christussummariums wie im Romanum findet Kinzig nun in der Diskussion um »monarchianische« Theologen in Rom wie Noët, Calixt und vor allem Praxeas: Diese bestimmten um das Jahr 200 den theologischen Diskurs in Rom, indem sie in antignostischer Absicht die Einheit Gottes, d.h. seine μοναρχία, in den Vordergrund stellten.[77] Dagegen argumentierte Tertullian, dass die Akzentuierung der Einheit nicht auf Kosten der Dreiheit, d.h. der Unterscheidung von Vater, Sohn und Geist gehen dürfe, und untermauerte dies in verschiedenen Traktaten mit Summarien des Christusgeschehens, die dem im Romanum auffallend ähneln.[78] Das Resultat dieser Diskussion war offensichtlich, dass die schlichte Beschreibung des irdischen Wirkens Christi mit natum et passum nicht mehr hinreichend präzise erschien, sondern |43|dass es ausführlicherer Bemerkungen sowohl zu seinem Kommen in die Welt als auch zu den Stationen seines Leidens und Sterbens einschließlich dessen Umkehrung durch Auferstehung und Himmelfahrt bedurfte, um einerseits das Heilshandeln Christi zureichend zu bestimmen und andererseits dem Eindruck zu wehren, das alles habe der eine, transzendente, leidenslose Gott getan, ja erlitten. Die christologische Taufunterweisung hatte, wenn man so sagen darf, ihre Unschuld verloren; und dass mit der Erweiterung des zweiten Artikels noch keineswegs eine definitive Antwort gegeben war, sondern man vielmehr die Büchse der Pandora überhaupt erst geöffnet hatte, zeigen die anhaltenden trinitätstheologischen und christologischen Debatten des 4. bis 7. Jahrhunderts.

Für die hier behandelte Fragestellung ist Kinzigs m.E. sehr plausible These weiterführend, dass die Tauffragen des »Altgelasianums« sogar als Quellen für das 2. Jahrhundert gelten und damit das »missing link« zwischen frühen konfessorischen Formeln im Neuen Testament sowie bei den Apologeten und der späteren Produktion von Bekenntnissen darstellen könnten.[79] Wann freilich die Tauffragen um einen erweiterten zweiten Artikel ergänzt wurden, ob dies vor der Entstehung des Romanums geschah oder ob hier eine Rückwirkung des werdenden Apostolikums auf die Tauffragen, die oft einen längeren christologischen Teil besitzen, zu veranschlagen ist, wie sich das über Jahrhunderte hinweg in Rom in Gebrauch befindliche Altgelasianum präzise zu den Tauffragen der Traditio apostolica und zur Verwendung des Nizäno-Konstantinopolitanums in der römischen Taufliturgie seit dem 6. Jahrhundert[80] verhält, während sich ansonsten im Abendland überall Formen des Apostolikums durchsetzten – das sind Fragen, die noch einer befriedigenden Antwort harren. Festzuhalten ist, dass das |44|Werden des Apostolikums als Bekenntnistext von seiner Vorgeschichte in Form von Tauffragen zu unterscheiden ist, bei starker Kontinuität im ersten, leichtem Wachstum im dritten und erheblichen Zuwächsen im zweiten Artikel.