Kitabı oku: «Eintreten»
Christoph Soyer (Hg.)
Eintreten
Wege in die Kirche
Ignatianische Impulse
Herausgegeben von Stefan Kiechle SJ, Willi Lambert SJ und Martin Müller SJ
Band 79
Ignatianische Impulse gründen in der Spiritualität des Ignatius von Loyola. Diese wird heute von vielen Menschen neu entdeckt.
Ignatianische Impulse greifen aktuelle und existentielle Fragen wie auch umstrittene Themen auf. Weltoffen und konkret, lebensnah und nach vorne gerichtet, gut lesbar und persönlich anregend sprechen sie suchende Menschen an und helfen ihnen, das alltägliche Leben spirituell zu deuten und zu gestalten.
Ignatianische Impulse werden begleitet durch den Jesuitenorden, der von Ignatius gegründet wurde. Ihre Themen orientieren sich an dem, was Jesuiten heute als ihre Leitlinien gewählt haben: Christlicher Glaube – soziale Gerechtigkeit – interreligiöser Dialog – moderne Kultur.
Christoph Soyer (Hg.)
Eintreten
Wege in die Kirche
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.
© 2018 Echter Verlag GmbH, Würzburg
eBook-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de
ISBN
978-3-429-04461-9
978-3-429-04969-0 (PDF)
978-3-429-06389-4 (ePub)
Inhalt
Zur Einführung
Staunen
Schwule Katholiken
Katholisch …? Katholisch!
Die Zeugin und der Freund
Über den Bruchgraben
Der Weg war weit – und doch so nah
Der Überzeugung Form verleihen
Sehen
Ganz neue Wege
Lasst uns dem Leben trauen
Das Weitere wird sich finden
Geistesgegenwart
Das Abenteuer des Lebens
Erna
An unterschiedlichen Ufern
So einfach, so klar, so sicher
Seufzen
Geduld lernen
Weibliche Kirche?
Gegen den Strom
Gefährten finden
Sich finden lassen
Sprechen
Liebe ist ein langer Weg
Hoffnung
33. Grad und kein bisschen klüger
Nicht mehr im Nachteil
Endlich bei Gott angekommen
Glaube zum Verstehen der Welt
Üben
Ich suchte Gott und fand einen Supermarkt
Suchen und finden
Warum ich mich mit vierund…zig habe taufen lassen
Unterbrechen
Ich bin klein, mein Herz ist rein
Miteinander reden
Was mir wichtig geworden ist
Ich bin katholisch geworden,
weil ich mit meinem Glauben nicht mehr so allein sein und auf dem richtigen Weg bleiben wollte (Bettina);
weil es nie zu spät ist für stärkende Beziehungen. Zu sich, zu Gott, zu den Mitmenschen (Carla);
weil es einfach schön ist, mit der Familie in dieselbe Richtung zu rudern (Axel);
weil ich das Gefühl hatte, nach einem langen Weg nach Hause zu kommen und mich geborgen zu fühlen (Louisa);
weil ich in der Kirche Offenheit und Wertschätzung erfahren habe und ein weites Dach, unter dem alle auf ihre Weise ihren Platz finden können und geborgen sind (Kristina);
weil mich das Nachdenken über meine persönliche Erfahrung des Göttlichen zur katholischen Kirche und ihrem Ringen um die Wahrheit gebracht hat (Raphael);
weil Katholiken in meinem Leben mehrfach eine entscheidende Rolle spielten, ich gelernt habe zu glauben und die katholische Kirche sehr sinnlich und auch ein bisschen theatralisch ist (Sybille);
weil unsere Kinder katholisch sind (Annette);
weil ich als Freimaurer nach dem Licht und nach Spiritualität suchte und sie erst in der katholischen Kirche fand (Matthias); weil ein kleines Gebet mein Herz berührt hat (Werner);
weil ich dadurch die Welt erfahre, wie ich sie mir wünsche (Maren);
weil ich Christin sein möchte – und die Katholiken haben mich dazu eingeladen (Caroline);
weil ich im katholischen Gottesdienst von Worten, Zeichen, Ritualen und der Eucharistie ergriffen und bewegt werde, meinen Glauben zu suchen (Karlheinz);
weil ich in der Messe die Gegenwart des Heiligen Geistes gefühlt habe. Plötzlich war Frieden in mir und Vertrauen auf Gott (Martin);
Ich staune immer noch selbst, dass ich jetzt katholisch bin, weil ich – mich eingeschlossen – niemanden kenne, der das jemals für möglich gehalten hätte (Stefan).
Zur Einführung
Ignatianisches Berlin?
Über 250 erwachsene Menschen durfte ich zwischen 2011 und 2017 als Leiter der »Katholischen Glaubensinformation Berlin« auf die Taufe oder die Konversion vorbereiten. Menschen, die sich bewusst entschieden haben, katholisch zu werden. Sei es durch die Taufe, sei es durch einen Übertritt (Konversion) aus einer anderen christlichen Kirche. Und das alles in der deutschen Hauptstadt Berlin, wo Menschen ohne Religionszugehörigkeit in der Mehrheit sind.
Beeindruckend sind sie, die Menschen, die sich auf ganz unterschiedlichen Wegen zu diesem Schritt entschließen. Menschen zwischen 20 und 80 Jahren, unterschiedlicher Herkunft, sozialer und kultureller Prägung, sexueller Orientierung. Manche Lebensgeschichten sind geprägt von Höhen und Tiefen, von Brüchen und Neuanfängen, vom Ausprobieren verschiedener religiöser Traditionen.
Einige dieser Menschen kommen in diesem Buch zu Wort.
Eine Heimat für die Seele haben – damit hat es zu tun, das Katholisch-Werden. Dass alles, was jemand erlebt (und manchmal auch erleidet), gehalten ist in Gott. Ich verstehe den katholischen Glauben als ein Deutungsangebot, wie aus individueller Lebensgeschichte, mit den beglückenden Erfahrungen, aber auch mit dem Scheitern und Schmerzvollen, Heilsgeschichte werden oder zumindest durchschimmern kann. Es ist der Glaube, dass das Leben von Gott gehalten, verwandelt und geheilt werden wird. Und dieser Glaube will gelebt, gefeiert und geübt werden.
Gelebter Glaube: Eine katholische Kultur, die öffentlich gegenwärtig ist, in die man wie selbstverständlich eintauchen kann – die gibt es nicht in einer säkular geprägten Großstadt wie Berlin. Wenn man sie finden will, muss man sie suchen. Wie geht das, das Katholisch-Sein in Berlin? Auf diese Frage gibt es keine klaren Vorgaben. Jeder Einzelne muss die eigene Form finden und im Lauf der Zeit möglicherweise auch wieder verändern und anpassen. Das kann anstrengend sein, wenn es keinen Raum gibt, wo man sich fallenlassen kann und wo die Seele einfach genährt wird, ohne dafür etwas tun zu müssen.
Es gibt so etwas wie ein katholisches Lebensgefühl. Damit meine ich eine Weise des Lebens, die Ernsthaftigkeit und Gelassenheit miteinander verbindet. Dieses Lebensgefühl hat man nicht einfach durch die Taufe oder durch die Konversion. Es wächst im Lauf der Zeit, am besten im Miteinander-Leben. Deswegen ist die Glaubensgemeinschaft wichtig.
Gefeierter Glaube: Für die meisten Menschen, die katholisch werden, ist die Liturgie, der in Gemeinschaft gefeierte Glaube, von großer Bedeutung. An erster Stelle steht die Eucharistiefeier, aber auch andere Gottesdienstformen wie das Stundengebet, das Rosenkranzgebet, Prozessionen und Wallfahrten. Generell ist das Mitfeiern des Kirchenjahres mit seinen Festen und Bräuchen ein wichtiges Element, den Glauben im Alltag zu leben. Gemeinhin gilt Glaube als Privatsache. Im Alltag wird der Glaube so gut wie nie thematisiert, oft sogar tabuisiert – man spricht einfach nicht darüber. In den Tauf- und Konversionskursen geht es sowohl um die Vermittlung von Glaubensinhalten als auch darum, sprachfähig in Glaubensdingen zu sein. In Einzelgesprächen, die ich mit Kursteilnehmern führe, stelle ich Fragen wie: Wer ist Gott für Sie? Wer sind Sie für Gott? Beten Sie, und wenn ja, wie? Oft höre ich als Antwort, wie schwierig solche Fragen zu beantworten sind, eben weil man noch nie mit jemandem über solche Themen gesprochen hat. Aber Glaube muss geteilt werden können, damit er lebendig bleibt und wachsen kann. Glaube vollzieht sich im gemeinsamen Feiern und Beten und im Gespräch.
Geübter Glaube: Wenn der Glaube nicht praktiziert und eingeübt wird, dann verdunstet er. Mich beeindruckt, wie Menschen, die den Schritt in die katholische Kirche gegangen sind, diesen Glauben einüben und praktizieren. Der regelmäßige Gottesdienstbesuch ist ein wichtiges Element der Gemeinschaft, aber er ersetzt nicht das persönliche Gebet und die eigene Spiritualität. Viele Menschen beten eine Form des Stundengebets, wie es die Gebetsbücher »Magnificat« und »Te Deum« anbieten. Andere nutzen Online-Angebote wie »sacredspace.ie« und »pray-as-you-go.org« oder meditieren die liturgischen Texte des Tages. Viele Menschen finden für sich einen Gebetsrhythmus im Alltag, der einfach genug ist, damit er auch auf Dauer beibehalten werden kann. Formen, die zu kompliziert sind, werden bald wieder aufgegeben. Der (ignatianische) Tagesrückblick ist für viele Menschen ein wichtiger Bestandteil der geistlichen Praxis und wird als das Leben ordnend und sinnerfüllend empfunden.
In diesem Buch berichten Menschen über ihren Weg zum katholischen Glauben – und darüber, wie sie ihn leben. Die Beiträge sind in fünf Themenbereiche untergliedert: Staunen – Sehen – Seufzen – Sprechen – Üben.
Staunen über den eigenen Lebens- und Glaubensweg; Staunen darüber, wie Außen- und Innensicht der Kirche sich unterscheiden können. Hineinwachsen und vertraut werden mit etwas, das ganz unvertraut und fremd war.
Sehen mit anderen Augen auf sich selbst, auf die Welt, auf Gott. Sich vom Vertrauen leiten lassen, neue Wege gehen, zuversichtlich sein.
Seufzen, weil nach der ersten Begeisterung doch manches mühsam ist, weil man Begrenzungen erfährt und mit Strukturen konfrontiert wird, die sich so schnell nicht ändern werden. Wo es um Geduld und Ausdauer geht und auch um ein großmütiges und gelassenes Herz.
Sprechen können über den eigenen Glauben, sprachfähig sein über das, was persönlich wichtig ist. Den Mut haben, zu seinem Glauben zu stehen, auch wenn man kritisiert oder belächelt wird und Nachteile in Kauf nehmen muss.
Üben, weil Glaube ohne Praxis nicht funktioniert. Die eigene Form finden, den Glauben zu leben, sich auf einen Glaubensweg machen und nach dem Willen Gottes fragen. Eine eigene Spiritualität finden, die durch den Alltag und durch das Leben trägt, in der das »Gott suchen und finden in allen Dingen« Gestalt annimmt.
Ignatius und die ersten Jesuiten zog es von Beginn an zu Menschen, die vor Entscheidungssituationen standen, zu religiös Suchenden, zu Menschen, die auf dem Weg waren. In dieser Tradition stehen auch heute die »Glaubensinformationen« und »Glaubensorientierungen«, welche von Jesuiten in Berlin, Leipzig, Hamburg, Mannheim und München geleitet werden. Dort wird verständlich und zeitgemäß Auskunft über den Glauben gegeben. Vor allem aber werden Menschen begleitet im Nachdenken über ihre eigenen existentiellen Erfahrungen. Diese werden ernst genommen und gleichzeitig auf ein mögliches Wirken Gottes hin angeschaut. Ignatianische Spiritualität ist eine Spiritualität, die offen ist für das neue und unerwartete Wirken Gottes im Leben. Das ist einerseits ein sehr individueller Weg, andererseits beheimatet innerhalb der katholischen Kirche. Ignatius und die ersten Gefährten wollten Menschen ermutigen und befähigen zu einer christlichen Praxis. Wie diese Praxis aussehen und gelingen kann, davon handeln die Beiträge in diesem Buch.
Als Jesuit erkenne ich viele Elemente der ignatianischen Spiritualität, die in den persönlichen Lebenswegen eine wichtige Rolle spielen. Diese müssen nicht immer als solche bezeichnet werden. So wie Ignatius auf Traditionen zurückgriff, so ist er selbst zu einer Quelle geworden, die für zahlreiche Menschen von Bedeutung ist. Davon gibt dieses Buch einen kleinen Einblick. Gott geht immer eine Beziehung ein, ganz konkret, ganz individuell. Die Lebenswege erzählen von ihrem Zugang zu Gott und zum Glauben. Das kann sehr unterschiedlich sein, doch entsteht so wie nebenbei ein Porträt unserer Gesellschaft und auch der Stadt Berlin. Gerade in diesem lebendigen Umfeld greift vielleicht das Wesensmerkmal einer »Mystik ignatianischer Weltfreudigkeit«, wie es Karl Rahner SJ formulierte. Sie besteht im Interesse und in der Bejahung der Welt, weil sie sich ganz in Gott verankert weiß. So lädt das Buch ein, Gott in dieser unserer Welt zu entdecken und unsere Geschichte mit ihm zu erzählen.
In diesem Buch geht es um das »katholisch werden«. Dennoch ist dieses Buch der Ökumene verpflichtet. In vielen Beiträgen wird deutlich, dass es nicht um ein »entweder katholisch oder evangelisch« geht, sondern dass es große Schnittmengen gibt und trotz manch kritischer Formulierung eine Wertschätzung der protestantischen Tradition bei gleichzeitiger Entscheidung für das Katholische.
Ein großes Dankeschön an alle Autoren und Autorinnen. Ich hoffe dass das Schreiben auch für sie selber eine Gelegenheit war, dankend auf den eigenen Glaubensweg zurückzuschauen. Und ich hoffe, dass die Leserinnen und Leser Anregungen finden, wie das gehen kann, katholisch zu sein und katholisch zu werden.
P. Christoph Soyer SJ
Staunen
Schwule Katholiken
»Wem haben Sie davon erzählt, dass Sie heute hier sind?« Der Pater schaute in die Runde. Schweigen. Etwa 25 bis 30 erwachsene Berliner saßen bei ihm, aber keiner brachte ein Wort hervor.
Ich war Teil dieser plötzlich erstaunlich stillen Runde und dachte, was wohl alle dachten: Gott sei Dank weiß das kaum jemand.
Eine Großstadt, so wie ich sie sehe, besteht aus verschiedenen Milieus, aber ich kenne keines, in dem man auf Verständnis hoffen kann, wenn man sich dazu bekennt, Katholik werden zu wollen. Ob in meiner Familie, unter meinen Freunden oder bei meinen Arbeitskollegen, ob unter den Fußball-Fans, Anglern oder Literaturliebhabern, mit denen ich meine Freizeit verbringe – eine solche Lebensentscheidung kommt in dem Erfahrungshorizont meiner Mitmenschen nicht vor.
Der Pater wiederholte seine Frage: »Wer weiß davon, dass Sie heute hier sind?«
In meinem Berliner Umfeld wäre es schon abwegig, sich zur CDU zu bekennen – aber zum Katholizismus? Das würden die Menschen, die ich in dieser Stadt kenne, für einen Scherz halten. Katholizismus? Man hört immer das Gleiche. Erst kommen die Missbrauchsfälle. Dann die Kollaboration mit dem Nazi-Regime. Als Nächstes die Inquisition. Schließlich die Kreuzzüge. Habe ich jemals in Berlin einen Nicht-Katholiken etwas Positives über die katholische Kirche sagen hören? Nie.
Katholisch werden? Auf einen gewissen sozialen Druck sollte man vorbereitet sein, wenn man sich so entscheidet. Er kann etwas Unangenehmes erzeugen: Schamgefühl. Als ich gebeten wurde, ein paar Zeilen für dieses Buch zu schreiben, war mein erster Gedanke: Muss ich das unter meinem richtigen Namen tun? Katholisch sein? Es bedingt einen Perspektivwechsel. Zum ersten Mal gehöre ich einer vom Berliner Mainstream entkoppelten Minderheit an – und die Erfahrung ist geradezu klassisch. Man sieht sich Vorurteilen ausgesetzt. Denn insbesondere die katholische Welt in Berlin – und nur über die kann ich reden – ist ganz anders, als Nicht-Katholiken sie sich vorstellen.
Im Konversionskurs fragte der Pater später: »Was sind Ihre Motive für einen Eintritt in die katholische Kirche?« Ein Mann antwortete: »Ich bin schon katholisch und nur hier, um meinen Partner zu begleiten, der sich noch schwertut mit dieser Entscheidung.« Dann zeigte er auf den Kursteilnehmer neben sich – einen Mann. Das war der Moment, wo ich dachte, gleich zu wissen, ob ich hier richtig oder vielleicht doch falsch bin. Aber in den sieben Kurstreffen, der Firmung selbst und den anschließend noch privat verabredeten Runden verlor niemand auch nur ein Wort über dieses Pärchen, das etwas in sich vereint, was niemand von den Berlinern, die ich kenne, zusammenbringen würde: Homosexualität und Katholizismus. Dabei gibt es dafür eine einfache Erklärung: Berliner Katholiken sind ein Abbild der Stadt, was auch sonst?
Später erfuhr ich, dass die beiden eine Wohnung in Cottbus haben und dort regelmäßig eine katholische Gemeinde besuchen. Offen schwul und offen katholisch in Cottbus? Aber da sind wir jetzt bei meinen Vorurteilen. Deswegen werde ich irgendwann hinfahren und mir das anschauen. Das ist immer besser, als sich der eigenen Vorstellungswelt zu ergeben.
Ich staune immer noch selbst, dass ich jetzt katholisch bin, weil ich – mich eingeschlossen – niemanden kenne, der das jemals für möglich gehalten hätte.
Stefan Suchalla, Dokumentarfilmer und Redaktionsleiter, konvertiert mit 47 Jahren
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