Kitabı oku: «Living Language Teaching», sayfa 3
6 Die Kunst des Unterrichtens
Abschließend kann konstatiert werden, dass Lehrkräfte der Frühen Neuzeit, die sich mit pädagogischem Geschick, einer guten eigenen Ausbildung und mit einiger Reflektion über ihre tägliche Praxis an ihre schulische Arbeit machten, den Unterricht im Wesentlichen gar nicht so sehr unterschiedlich gestalteten, wie wir das heute tun. Gerade die beiden hier untersuchten Lehrbücher zu modernen Fremdsprachen weisen Elemente auf, die wir auch in den neuesten Lehrwerken wiederfinden. Das mag überraschen, vielleicht befremden, oder aber es lässt sich zufrieden feststellen: die Kunst des Unterrichtens und die Hinzunahme von geeigneten Medien bleibt letztendlich immer eine kreative Aufgabe, die Lehrkräfte und Lernende gleichermaßen bereichert, weil sie vor 500 Jahren ebenso wie heute den Menschen in den Mittelpunkt stellt.
Beim Fremdsprachenlernen bleibt die zentrale Aufgabe, im Blick zu behalten, was gutes Lehren ausmacht: die Vermittlung von Freude an neuem Wissen und adäquaten Fähigkeiten, sowie der Erwerb von Kompetenzen, die (nicht nur junge) Menschen in die Lage versetzt, kulturelle Brücken zu schlagen und durch angemessene Kommunikation Verbindungen zu anderen aufzubauen.
Literatur
Quellen
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Lively literature lessons
Storytelling und Story Projects in der Sekundarstufe I
Petra Rauschert
Geschichten gehören zum ältesten Unterrichtsmaterial überhaupt, ermöglichen sie uns doch die Auseinandersetzung mit unserer eigenen Lebenswelt, Einblicke in fremde Kulturen oder auch das kreative Erschaffen neuer Welten. Während im Fremdsprachenunterricht in allen Jahrgangsstufen mit Stories gearbeitet wird, sei es in Form didaktisch aufbereiteter Lehrwerksgeschichten oder literarischen Ganzschriften, ist festzustellen, dass Storytelling und die Arbeit mit Picture Books weitgehend eine Domäne der Grundschule geblieben sind. Da durch diese Beschränkung auf den Anfangsunterricht in den weiterführenden Schulen wertvolle Lernchancen ungenutzt bleiben, soll in diesem Artikel dargelegt werden, wie sich Storytelling auf der Basis von Picture Books in der Sekundarstufe I umsetzen lässt. Des Weiteren werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie eine inhaltliche Weiterführung im Rahmen von Story Projects stattfinden kann.
1 Materialgestütztes Storytelling im Fremdsprachenunterricht
Der Begriff Storytelling umfasst verschiedene Ansätze des Geschichtenerzählens. Während der Begriff auch in anderen Disziplinen verwendet wird, etwa im Marketing, im Journalismus oder in der Psychologie, bezeichnet er in der Fremdsprachendidaktik in der Regel eine literaturdidaktische Herangehensweise, in der Geschichten entweder frei oder materialgestützt vorgetragen werden. Der Begriff ‚Material‘ bezieht sich in diesem Zusammenhang auf Texte, Bilder oder Realien. Der Fokus dieses Beitrags liegt auf Storytelling mit Hilfe von Picture Books, d.h. einer Form von materialgestütztem Storytelling. Wenngleich Picture Books den Verlauf der Geschichte vorgeben, unterscheidet sich das Erzählen von Geschichten wesentlich vom bloßen lauten Vorlesen. Materialgestütztes Storytelling ist wie auch das freie Erzählen interaktiv, bezieht die Zuhörenden mit ein und erlaubt spontane Adaptionen des Ausgangstextes an das sprachliche und kognitive Niveau der Schülerinnen und Schüler. Im Gegensatz zum freien Erzählen erweist sich die Arbeit mit Picture Books als weniger flexibel und auch der Einsatz von Gestik und Mimik wird gegebenenfalls durch das Buch, das die Lehrkraft in den Händen hält, eingeschränkt. Dieses vermeintliche Manko wird jedoch durch eine Vielzahl von Vorteilen ausgeglichen. Die zusätzliche Visualisierung durch Bilder unterstützt das Verständnis und dient der Semantisierung unbekannter Wörter. Die Arbeit mit Picture Books erleichtert außerdem der Lehrkraft den Vortrag, da dieser nicht auswendig gelernt werden muss, und eröffnet den Lernenden die Möglichkeit, die Handlung zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal nachzulesen (vgl. Klippel 2003: 7; Wright 2008: 14f.).
2 Vier Gründe für Storytelling in der Sekundarstufe I
Da Storytelling und in diesem Zusammenhang insbesondere auch die Arbeit mit Picture Books bisher vorwiegend der Grundschuldidaktik zugeordnet wurden, stellt sich die Frage, warum diese Art der Textarbeit künftig auch in den weiterführenden Schulen stärker berücksichtigt werden sollte. Vier Argumente sollen an dieser Stelle hervorgehoben werden. Zunächst leitet sich gerade aus der Tatsache, dass Storytelling im Grundschulenglischunterricht häufig genutzt wird, ein wesentliches Argument für die Fortsetzung der Methode in der Sekundarstufe I ab. Der Übergang von der Grundschule auf die weiterführenden Schulen bringt für die Lernenden viele Veränderungen und Herausforderungen mit sich. Eine gewisse Methodenkontinuität im Sinne eines Einbezugs bereits bekannter und bewährter Verfahren kann den Übergang erleichtern.
Ein zweiter sehr wesentlicher Faktor lässt sich als Bonding (vgl. Klippel 2006: 89) beschreiben. Indem die Schülerinnen und Schüler beim Storytelling vergleichsweise eng um die erzählende Lehrkraft gruppiert werden, wird bereits räumlich eine besondere Beziehung geschaffen. Das Geschichtenerzählen ist durch den intensiven Kontakt und die Interaktion zwischen Erzähler und Zuhörer immer auch ein sehr persönlicher Vorgang, was sich auf das Verhältnis zwischen Lehrkraft und Lernenden, aber auch insgesamt auf die Klassengemeinschaft positiv auswirken kann.
In unterrichtspragmatischer Hinsicht ergeben sich weitere Gründe für Storytelling. Durch die große Auswahl an verfügbaren Stories und Picture Books lässt sich Storytelling mit nahezu jedem Thema verknüpfen. Mit vergleichsweise geringem Zeitaufwand können thematische Schwerpunkte gesetzt und auch komplexe Themen in anschaulicher Weise aufgegriffen werden.
Zuletzt korrespondiert Storytelling stark mit den Zielen kompetenzorientierten Lernens und Lehrens, d.h. beispielsweise der Förderung kommunikativer, interkultureller und methodischer Kompetenzen sowie Text- und Medienkompetenz, wie sie in den Bildungsstandards oder auch im Kompetenzstrukturmodell für Moderne Fremdsprachen im bayerischen Lehrplan verankert sind (vgl. KMK 2012: 12; ISB 2016). Im Rahmen der kommunikativen Fertigkeiten als Teilbereich kommunikativer Kompetenz trainiert Picture-Book-basiertes Storytelling das Hörsehverstehen. Der interaktive Ansatz, der phasenweises Mitsprechen oder auch Unterbrechungen vorsieht, um beispielsweise predicting anzuregen, fördert zusätzlich die Sprechkompetenz. Hinsichtlich der sprachlichen Mittel bietet der thematische Fokus vieler Geschichten eine hervorragende Grundlage für die kontextualisierte Wortschatzeinführung, während so genannte repetitive oder cumulative Stories (vgl. Ellis/Brewster 2014: 14), d.h. Geschichten, bei denen immer wieder dieselbe Struktur aufgegriffen wird, sich für die Erarbeitung grammatikalischer Strukturen eignen. Als literaturdidaktischer Ansatz beinhaltet Storytelling außerdem umfangreiches Potential zum interkulturellen Lernen, sei es in kulturspezifischer Weise, um Einblicke in bestimmte Kulturen zu gewinnen – nicht zuletzt auch in deren literarische Traditionen – oder in kulturübergreifender Weise, um allgemeine Ziele wie Toleranz und Fremdverstehen anzubahnen. Die Interpretation der Geschichten und das gemeinsame Aushandeln von Bedeutung sind Teil der Textkompetenz. Erkennen die Lernenden beispielsweise durch die Arbeit mit Parodien oder adaptierten Märchen intertextuelle Strukturen oder ziehen sie Querverbindungen zu anderen Repräsentationen derselben Geschichten, erweitern sie schrittweise auch ihre Medienkompetenz.
3 Textauswahl: Arten von Picture Books
Für Picture-Book-basiertes Storytelling in der Sekundarstufe I stehen verschiedene Arten von Bilderbüchern zur Verfügung. Mit welcher Art von Text gearbeitet wird, hängt letztlich von den Kompetenzen ab, die gefördert werden sollen, aber auch von den Materialpräferenzen der Lehrkraft. Zur Klassifikation von Picture Books ergeben sich verschiedene Kategorien. Zunächst lassen sich auch auf Picture Books die traditionellen literarischen Gattungen anwenden. Häufig zu finden sind z.B. Volkserzählung, Märchen, Parody, Legende, Fabel, Biografie (Picture Book Biography) oder Erzählungen aus dem Bereich Young Fiction.
Je nach intendierter Leserschaft stehen authentische1, didaktische oder didaktisierte Texte zur Auswahl, d.h. Texte, „die den englischsprachigen Zielkulturen entstammen und nicht für Unterrichtszwecke intendiert sind“ (Klippel/Doff 2009: 151), ursprünglich authentische Texte, die für Unterrichtszwecke adaptiert wurden, oder solche, die gezielt für den Fremdsprachenunterricht verfasst wurden. Authentische Texte bergen als kulturelle Dokumente unter anderem großes Potential zum interkulturellen Lernen und werden nicht zuletzt wegen ihres natürlichen Sprachgebrauchs häufig als motivierender empfunden als didaktisierte und didaktische Texte. Voraussetzung dafür ist jedoch die Passung zwischen sprachlichem Niveau und kognitivem Anspruch. Gerade bei Picture Books besteht ansonsten die Gefahr, dass Texte ausgewählt werden, die zwar sprachlich für die Unterstufe angemessen sind, sich inhaltlich jedoch an eine jüngere Zielgruppe richten. Diese Passung kann bei didaktisiertem oder didaktischem Material eher gewährleistet werden. Hier wird es jedoch eine Herausforderung bleiben, einerseits die sprachliche Progression der Lernenden zu berücksichtigen sowie sprachliche Komplexität zu reduzieren und zugleich in glaubwürdiger Weise bedeutungsvolle Botschaften zu transportieren. Letztlich lässt sich feststellen: „You may find excellent books and books of lesser quality in either category. Good readers and good authentic storybooks are closer together in terms of quality and appropriateness than is often said“ (Klippel 2006: 84).
Im Hinblick auf den Einsatz der Bilderbücher für Storytelling stellt das Format der Bücher ein weiteres relevantes Kriterium dar. Gerade für größere Klassen erweisen sich so genannte Big Books als sehr hilfreich. Durch die großformatige Anlage der Bücher (z.B. A3 oder sogar noch größer) können alle um die Lehrkraft gruppierten Kinder die Bilder im Buch mitverfolgen. Zu den bekannten, als Big Book verfügbaren Geschichten gehören beispielsweise die Bilderbücher von Donaldson und Scheffler (z.B. The Smartest Giant in Town, The Gruffalo, The Snail and the Whale), Pfister (The Rainbow Fish) oder Willis und Ross (Boa’s Bad Birthday). Im Bereich des didaktischen Materials, stellt die Serie Big Story Books (2002) von Klippel und Preedy einen besonderen Fundus dar. Zusätzlich zu den acht Geschichten liegen umfangreiche Begleitmaterialien für die Lehrkraft vor, einschließlich einer Lehrerhandreichung, einer CD, auf der die Geschichten nachgehört werden können, und der Little Big Story Books mit Übungen für die Kinder, Farbfolien und Arbeitsblättern. Die Big Story Books wurden ursprünglich für die Grundschule konzipiert, die dem zweiten Lernjahr zugeordneten Geschichten (Big B, Debbie, The New Machine, Lost in Boston, Christmas Surprise) eignen sich aber auch für die fünfte Klasse. Da die Schülerinnen und Schüler oft mit sehr unterschiedlichen Englischkenntnissen aus der Grundschule kommen, bieten sich die Bände, die dem ersten Lernjahr zugeordnet sind (Have you seen my cat?, Ketchup with Everything, Tosh), für den Einsatz im Rahmen der Wiederholungsphase zu Beginn des fünften Schuljahres an. Eine Besonderheit der Big Story Books besteht darin, dass durch die Spiralbindung der Bücher für die Lernenden auf der Buchvorderseite immer jeweils eine Illustration sichtbar ist, während der Lehrkraft auf der Buchrückseite die Geschichte und zusätzliche Übungsvorschläge und Wortschatzhinweise vorliegen. Durch die umfangreiche didaktische Aufbereitung führen die Big Story Books auch Lehrkräfte mit wenig Erfahrung im Storytelling an den „Umgang mit Kniebüchern im Englischunterricht“ (Klippel/Preedy 2003: 6) heran. Da der Text nur für die Lehrkraft sichtbar ist, findet bei den Lernenden eine intensive Schulung des Hörsehverstehens statt. Die Übungsvorschläge bieten den für Storytelling wichtigen Raum für Interaktion.
4 Vorgehensweise und Unterrichtsplanung
Ist die Entscheidung bezüglich Text und Lernzielen getroffen, sind noch einige unterrichtspraktische Überlegungen notwendig, die das Classroom Management sowie die Unterrichtsplanung betreffen. Klippel und Preedy (2003: 6) stellen dazu fest:
Die Arbeit mit Geschichten und den BIG STORY BOOKS sollte sich vom übrigen Englischunterricht schon dadurch unterscheiden, dass die Sitzordnung dem Unterrichtsthema angepasst wird. Überall und zu allen Zeiten versammeln Geschichtenerzähler und Bänkelsänger ihre Zuhörer im Halbkreis um sich herum.
Die Lernenden müssen durch den entsprechenden äußeren Rahmen auf das Storytelling eingestimmt werden – nur dann wird das Geschichtenerzählen zu einem gemeinsamen Erlebnis, das über die rein funktionale Textarbeit hinausgeht. Neben dem oben beschriebenen ‚Kinokreis‘, in dem sich die Lernenden versammeln, erfüllen Rituale eine wichtige Funktion, um „story readiness“ oder einen so genannten „story-frame-of-mind“ (Wright 2008: 18) herzustellen. Diese mentale Einstimmung auf das Storytelling kann durch eine bestimmte Musik, die die Lehrkraft vor jeder Storytelling-Einheit abspielt, durch Rituale wie action rhymes oder chants, die gemeinsam gesprochen werden, oder auch durch Requisiten, die die Lehrkraft immer zur story time dabei hat, erfolgen. Jede Lehrkraft muss sicherlich selbst entscheiden, was zu ihrem eigenen Stil und zur Klasse am besten passt, sei es die story bag oder story box, aus der die mit Spannung erwartete Geschichte entnommen wird, oder sogar noch in etwas dramaturgischerer Form der story coat oder story hat, der während des Vortrags getragen wird. Wright (2008: 18f.) führt diesen Gedanken der Aufmerksamkeitssteuerung und Vorbereitung noch weiter aus:
I place the bag or box down, reverently, touch it with my fingers, and open it slowly and with anticipation for the magic carpet inside which is going to take us all away from the reality of the classroom into the reality of the story. This beginning, repeated every time, creates that magical story readiness which means the children already like the story before you have even begun.
Im Hinblick auf die Unterrichtsplanung lassen sich die oben genannten vorbereitenden Schritte bereits den pre-storytelling activities zuordnen. Die klassische Dreiteilung, hier in Form von pre-, while- und post-storytelling activities, erweist sich auch für die weitere Konzeption der Unterrichtseinheit als sinnvolles Planungsmuster. Ellis und Brewster (2014), Heathfield (2014), Klippel (2000) oder Wright (2008) bieten umfangreiche Sammlungen an Geschichten und Übungen für alle Unterrichtsphasen. Es wird hier bewusst von Unterrichtseinheit gesprochen, die sich auch über mehrere Unterrichtsstunden erstrecken kann, denn das „vollständige Verstehen der Geschichten wird erst nach mehrfachem Betrachten der Bilder, dem wiederholten Erzählen und Nacherzählen und dem Sprechen über die Personen und Handlungen erreicht“ (Klippel/Preedy 2003: 7).
Während eine Funktion der pre-storytelling Phase darin besteht, Interesse an der Geschichte zu wecken, dient sie auch dazu, unbekannten, für das Textverständnis wichtigen Wortschatz vorzuentlasten, in das Thema einzuführen und gegebenenfalls erste Vermutungen über den Inhalt anzustellen. Die while-storytelling Phase sollte insbesondere bei der Erstpräsentation der Geschichte nicht durch Aufgaben überfrachtet werden, um das Hörerlebnis nicht zu entzaubern. Je besser die Lernenden die Geschichte kennen, desto interaktiver kann das Storytelling gestaltet werden und desto stärker lässt sich der Fokus auf Details richten. Die post-storytelling Phase dient der Konsolidierung des Gehörten, gezielter Spracharbeit oder auch der kreativen Weiterverarbeitung des Gehörten. Da das Hören der Geschichte verstärkt rezeptive Fertigkeiten erfordert, bieten sich für die post-storytelling Phase produktive Verfahren an. Während hier auch kurze Übungen, die das Nacherzählen der Geschichte, kleine Rollenspiele oder Zuordnungsaufgaben enthalten, sehr zielführend sein können, soll in diesem Beitrag vorgestellt werden, wie mit Picture Books im Rahmen von Story Projects weitergearbeitet werden kann.
5 Story Projects
Die hier vorgestellten Ideen projektbasierten Arbeitens mit Picture Books lassen sich in sieben Approaches einteilen (siehe Abb. 1) und werden nachfolgend näher erläutert.
Abb. 1:
Story Projects – Approaches (Rauschert)
Der Story Exchange Approach beinhaltet den klasseninternen oder klassenübergreifenden Austausch von Geschichten. Ausgehend vom thematischen Fokus der Storytelling-Einheit verfassen die Lernenden eigene Texte, die sie, auch optisch ansprechend aufbereitet, an jeweils einen Mitschüler oder eine Mitschülerin verschenken. Anstelle selbst verfasster Texte könnten alternativ auch selbst recherchierte Lieblingsgeschichten ausgetauscht werden. Die Weitergabe der Texte als Geschenk betont den Wert schöner Geschichten. Neben dieser affektiv-motivationalen Komponente zur Förderung des Lesens bietet der Ansatz eine gute Grundlage für bedeutungsvolle Anschlussdiskurse über die ausgetauschten Texte. Der Ansatz lässt sich gegebenenfalls auch an den UNESCO-Welttag des Buches anbinden, der traditionell mit der Aktion ‚Ich schenk dir eine Geschichte‘ verbunden ist.
Der Extensive Approach lehnt sich an das Konzept des extensiven Lesens an und sieht in diesem Zusammenhang die umfassende Auseinandersetzung mit thematisch ähnlichen Texten oder Geschichten, die einem bestimmten Genre zugeordnet werden können, vor. Im Rahmen einer thematischen Story Night hören die Lernenden beispielsweise verschiedene Giant Stories (z.B. Donaldson/Scheffler 2002: The Smartest Giant in Town; Yarrow 2007: Puff the Magic Dragon; Goeller/Beatice/Jarvis 2011: The Selfish Giant nach Oscar Wilde, Picture Book mit zusätzlich verfügbarer musikalischer Inszenierung). Liegt der Fokus auf dem Genre, eignen sich unter anderem Parodien oder Adaptionen von Märchen (z.B. Briggs 1997: Jim and the Beanstalk; Brown 2001: What’s the Time, Grandma Wolf?; Cole 1986: Princess Smartypants; Munsch/Martchenko 1980: The Paperbag Princess). Parodien und Adaptionen beinhalten häufig eine humorvolle Wendung, die einen starken Kontrast zum Originaltext verursacht. Die Auseinandersetzung mit dieser Art von Intertextualität fördert die Text- und Medienkompetenz bzw. im Hinblick auf die fremdsprachliche literarische Kompetenz „ästhetische und kognitive Kompetenzen“ (Diehr/Surkamp 2015: 25).
Der Cross-curricular Approach beschäftigt sich im Gegensatz zum Extensive Approach nur mit einem einzigen Text, beleuchtet diesen jedoch aus verschiedenen Perspektiven. Ellis und Brewster (2014: 141) liefern in ihren Unterrichtshinweisen zu Jim and the Beanstalk ein Beispiel für diese Vorgehensweise, indem sie vorschlagen, den Text nicht nur im Englischunterricht zu behandeln, sondern fächerübergreifend dazu in Mathematik Berechnungen zu den ungewöhnlichen Größenverhältnissen in der Geschichte anzustellen (z.B. Jim/Riese), in Biologie das Bohnenwachstum zu beobachten oder im Kunstunterricht eine kreative Umsetzung anzuschließen. Der fächerübergreifende Ansatz führt zu einer tieferen kognitiven Durchdringung der Texte, da weitere Facetten beleuchtet werden. Durch die Zusammenführung der Erkenntnisse im Fremdsprachenunterricht werden außerdem kommunikative Kompetenzen gefördert.
Der Drama Approach beinhaltet die Inszenierung der behandelten Geschichte. Neben einer Aufführung als Theaterstück mit verschiedenen Bühnenarrangements und Requisiten sind gerade im Rahmen einer Einheit zum Storytelling auch Formen des Erzähltheaters interessant, da die Lernenden auf diese Weise selbst zum Storyteller werden. „Storytelling is one of the simplest and perhaps most compelling forms of dramatic and imaginative activity“ (Farmer 2014). Geschichtenerzähler entführen in fiktive Welten, evozieren Emotionen und steuern durch geschickte Erzähltechniken die Aufmerksamkeit ihrer Zuhörer. Sie handeln damit dramaturgisch. Für den Fremdsprachenunterricht eignen sich verschiedene Formen des Erzähltheaters. In Anlehnung an Drews (2013) Readers Theatre kann das Picture Book durch sechs Lernende, die über das Klassenzimmer verteilt sitzen, vorgelesen werden. Alle Nicht-Lesenden richten den Blick auf den Vortragenden und vermeiden jegliche Bewegung. Auf diese Weise liegt der Fokus stets auf dem Erzähler. Zentrale Textpassagen können als kleine Theatereinlage in das Erzähltheater eingebettet werden. Eine weitere Form des Erzähltheaters stammt aus Japan und wird als Kamishibai bezeichnet. Es handelt sich um bildgestütztes Storytelling, bei dem die Bildkarten in einen bühnenartigen Rahmen gesteckt werden. Die Bilder werden während des Erzählens nach und nach gewechselt. Die Lernenden können sich selbst einen ‚Bilderschaukasten‘ basteln und mittels eigener Illustrationen ihre Geschichten erzählen. Diese freiere Form des Erzählens fördert insbesondere die Sprechflüssigkeit (fluency).
Beim Media Approach handelt es sich um einen produkt-orientierten Ansatz, bei dem die Lernenden visuelle, auditive, audiovisuelle oder digitale Produkte herstellen. Das Spektrum reicht von der Erarbeitung eigener Picture Books bis hin zu multimodalen Produkten. Während hier einerseits die Reproduktion, Um- und Neugestaltung des behandelten Textes möglich ist, erlaubt der Ansatz auch die Einbindung weiterer Genres und Zugänge. Entsprechend könnten die Lernenden auch Radiointerviews zu der Geschichte aufnehmen oder eine kleine Filmdokumentation zum Thema des Textes erstellen. Durch Digital Storytelling kann die Erzähltradition mit modernen Medien verbunden werden. Es gibt eine Vielzahl von Apps, die auf sehr einfache Weise die Erstellung digitaler Geschichten ermöglichen. Der Book Creator erlaubt den Lernenden die Einbindung von Text, Bildern sowie Audio- und Videoaufnahmen, was nicht nur verschiedene sprachliche Fertigkeiten, sondern auch Multiliteracy fördert. Die App Storybird beinhaltet eine umfangreiche Bildergalerie, die zur Illustration der Geschichten verwendet werden kann. Soll der Fokus auf das mündliche Erzählen gerichtet werden, eignen sich Apps wie Complete Fairytale Play Theatre oder Puppet Pals. Die Lernenden können hier unter anderem Märchenfiguren animieren und zugleich ihre Geschichten einsprechen. Die Aufnahme kann anschließend als kleiner Film abgespielt werden.
Der Intercultural Approach greift das Potential literaturdidaktischer Ansätze zum interkulturellen Lernen auf. Picture Books wie auch mündlich überlieferte Geschichten können dazu eingesetzt werden, Fremdverstehen (vgl. Bredella/Christ 1995) anzubahnen und Faktoren interkultureller Kompetenz (Wissen, Fertigkeiten, Einstellungen, vgl. Byram 1997: 34) zu fördern. Bei der Textauswahl ist zu erwägen, ob ein kulturspezifischer Ansatz verfolgt wird, bei dem ein bestimmter Kulturkreis beleuchtet wird, oder ob kulturübergreifende Ziele im Vordergrund stehen, die etwa eine offene Haltung gegenüber Fremdem, Toleranz und die Relativierung der eigenen Sichtweise einschließen. Werden Story Projects zur Förderung interkulturellen Lernens durchgeführt, bietet es sich an, durch die Kooperation mit einer Partnerklasse auch andere Sichtweisen miteinzuschließen oder landeskundliche Informationen auszutauschen. Letzteres lässt sich in der Sekundarstufe I an die Geschichte Katie in London (Meyhew 2003/2014) anschließen. In der Geschichte unternehmen Katie und ihr Bruder einen buchstäblich traumhaften Ritt durch London, bei dem sie die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten kennen lernen. Die kooperierenden Schülerinnen und Schüler könnten ähnliche Texte über ihren Wohnort erstellen und sich auf dieser Grundlage über ihren Alltag sowie die kulturspezifischen Besonderheiten ihrer Heimat austauschen. Die Kommunikation zwischen den Projektpartnern kann synchron mittels Skype, asynchron durch den Austausch von Video Messages oder auch in schriftlicher Form (gemeinsame Dokumenterstellung mittels Google Docs, Dokumentenaustausch via Moodle, Blog o.ä.) erfolgen. Picture Books wie Something Else (Cave/Riddel 1994) eignen sich für kulturübergreifendes Lernen, indem in allgemeiner Weise das Thema Otherness behandelt wird. Die Geschichte könnte als Ausgangspunkt verwendet werden, um mit der Partnerklasse eigene Erfahrungen von Otherness zu diskutieren, z.B. welche Minderheiten es im jeweils eigenen Land gibt, wie wir anderen offen begegnen und gegebenenfalls Ängste vor dem Fremden abbauen können.
Der Citizenship Approach lehnt sich an die beiden Lehr-/Lernformen Intercultural Citizenship Education und Service Learning an, die fremdsprachliches Lernen mit gesellschaftlichem Engagement verbinden (vgl. Rauschert/Byram 2018). Im Fall der Geschichte Something Else wäre es Aufgabe der Lernenden, zunächst in ihrer Gesellschaft Probleme von Otherness zu identifizieren und Lösungsbeiträge zu entwickeln. Der Ansatz sieht die Zusammenarbeit mit einem externen Partner vor (z.B. Partnerklasse, Service-Empfänger, Experten zum Thema, NGOs etc.). Entscheidend ist bei diesem Ansatz, dass die Lernenden zusätzlich zur theoretischen Reflexion aktiv handeln. Beim oben genannten Beispiel könnten die Lernenden konkrete Maßnahmen zur Inklusion und Integration von Minderheiten in ihrer Gesellschaft ergreifen. Entsprechend dem Konzept von Intercultural Citizenship Education oder Intercultural Service Learning eignet sich der Ansatz einerseits als projektorientierte Weiterführung interkulturellen Lernens. Andererseits erlaubt er aber auch – ähnlich wie die Konzeption von Service Learning allgemein – die Verknüpfung mit anderen gesellschaftlich relevanten Themen.