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III Ausblick: Problemkontexte und offene Themen
Die oben angerissene Problematik, welchen Einfluss und Grad der Autorschaft Puccini jenseits seiner eigentlichen Komponiertätigkeit auf das dramaturgische und szenische ›Endprodukt‹ der Werke und ihrer Aufführungen besaß, ist nicht zu trennen von der Frage nach der Werkgenese der Partitur und der Rekonstruktion seines eigenen Werkverständnisses, das sich besonders im Umgang mit den Autografen nach einer Uraufführung offenbart. Erst im Zuge der Erstellung des Werkkatalogs (2003) und den Erkenntnissen zur Spezifik seines Kompositionsprozesses23 wurde dieser Problembereich vollständig sichtbar. Was mit der Beschreibung eines für manche Opern unabgeschlossenen ›work in progress‹ auf den Punkt gebracht sein will, hat erhebliche Konsequenzen für das von verschiedenen Seiten projektierte, aber noch ausstehende Gesamtprojekt einer kritischen Edition seiner zehn Werke für die Opernbühne. Pointiert beschreiben lässt sich das Problem so: Puccini war kein ›Konzeptkünstler‹ ante letteram, für den Konzept und Idee die dominierenden Aspekte seines Kunstschaffens gewesen wären, sondern jemand, der während eines komplexen, widersprüchlichen und von ständig neuen Impulsen wie kritischen Reflexionen geleiteten Austauschprozesses mit anderen seine Opern schuf. Sie reiften also mehr in einem kreativen Ausformungsprozess heran, als dass sie nach einem stehenden Plan entworfen und danach gleichsam deduktiv ausgearbeitet worden wären. Seine Reflexionspartner in diesem Prozess waren zuerst die Librettisten wie auch von Verlagsseite der ihm väterlich zugeneigte Giulio Ricordi bis zu dessen Tod 1912. Spätestens mit Probenbeginn aber erweiterte sich dieser Kreis erheblich und wurde quasi das Theater im Ganzen bzw. das von Musikern und Sängern geprobte und schließlich real in Szene gesetzte Spiel selbst. Auf diese Weise lässt sich verstehen, warum Puccini kontinuierlich und in einem Maße am notierten Werktext modifizierte, ausdifferenzierte, erweiterte oder strich wie nach heutigem Kenntnisstand keiner unter den italienischen Komponisten seiner Generation. Manche Opern, wie schon Le Villi etwa, erhielten ihre ›definitive‹ Gestalt erst über mehrere Produktionen und Jahre hinweg, bei der Fassungs- und Revisionsgeschichte von Madama Butterfly etwa gerät die Vorstellung eines Autorwillens letzter Hand vollständig ins Wanken, während die verschiedenen Fassungen von La rondine, die um das Problem der Lösung des inneren Konflikts der Protagonistin kreisen, die unbeantwortet gelassene Turandot-Frage vorwegzunehmen scheinen. Aus dieser Perspektive heraus wäre gar der Fragmentcharakter seines letzten Werkes theoretisch sogar noch weiter auszudehnen als auf die faktisch unabgeschlossenen, nur partiell skizzierten Schlussszenen, nämlich insofern auf das ganze Werk, als ihm jene Kontroll- und Revisionsphasen auch fehlen, die Puccini gewöhnlich während und nach der Uraufführung vornahm: von Verfeinerungen etwa der Instrumentierung des Orchestersatzes bis hin zu eventuell größeren Modifikationen an den Episodenfolgen der Spielhandlung. So unabgeschlossen und unentschieden dieses ›work in progress‹ von Weitem erscheinen mag, so sehr beschreibt es doch die Grundqualität seines Opernschaffens, denn Puccinis Prüfkriterien an sein eigenes Werk lassen sich als Konstanten erkennen: emotionale Unmittelbarkeit sowie Permanenz des Attraktionsgehaltes der Spielhandlung (z. B. durch kontinuierlichen Ereignisrhythmus und Zunahme der Simultaneität verschiedener Aktionsebenen) wären hier anzuführen.
Zu diesem zentralen Problemkontext müsste eine kritische Edition von Puccinis Bühnenwerken – neben allen textphilologischen Schwierigkeiten – geeignete Darstellungsformen entwickeln wie aufführungspraktische Lösungsvorschläge anbieten. Die Realisierung eines solchen Projekts steht indes noch aus, weil ihm mehrere Hindernisse im Wege stehen: die partiellen Schwierigkeiten der Quellenzugänglichkeit (insbesondere mit Blick auf die mutmaßlich im Nachlass Simonetta Puccinis befindlichen Notenautografe) sowie urheberrechtliche und interessensabhängige Vorbehalte, vor allem die Verlegerseite Ricordis betreffend. Der grundsätzliche Interessenskonflikt besteht, wie andernorts so auch hier, zwischen wissenschaftlich-kritischem Editionsanspruch und Kompatibilität mit den Anforderungen und Bedürfnissen der Opernpraxis, welche dieses Anliegen aufgrund der Präsenz seiner Werke in praxiszementierten Fassungen des globalen Spielbetriebs mit einem nicht unerheblich großen, wirtschaftlich-profitbezogenen Faktor beschweren. Dieser bildet in gewisser Weise eine nur schwer bewegliche Barriere, wenngleich Interesse an alternativen Werkfassungen seitens der Opernhäuser durchaus existiert und immer programmbereichernd wirkt, wie die jüngsten Produktionen der vieraktigen Edgar-Fassung (Turin 2008, Regensburg 2018) oder der ›Uraufführungsfassung‹ der Madama Butterfly von 1904 belegen (Mailand 2016). Somit stehen sich – bedauerlicherweise – zwei Projekte zunehmend konkurrierend und mit unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen gegenüber, wobei ihre jeweiligen Editionskriterien sich in Abhängigkeit zu den entsprechend verschieden gewichteten Interessensbereichen verhalten: von der auf 15 Jahre angelegten Critical Edition des Ricordi-Verlags liegen Ausgaben von Manon Lescaut (hrsg. von Roger Parker) sowie, unmittelbar bevorstehend wohl, von Edgar (hrsg. von Linda B. Fairtile) vor, dem, Verlagsangaben zufolge, bald eine fassungsreflektierende Ausgabe von Le Villi folgen soll. Im Sommer 2019 unterzeichnete Puccinis Traditionsverlag darüber hinaus mit der Fondazione Simonetta Puccini, also der Erbnehmerin der verstorbenen Enkelin, eine Kooperationsvereinbarung zur Autografennutzung. Somit steht zu befürchten, dass der ohnehin aufgrund noch bestehender Urheberrechte (vorzugsweise des Spätwerks) eingeschränkte Editionsplan der »Edizione Nazionale« des Carus-Verlags24 noch weiter ins Hintertreffen rückt und die besondere Qualität der bereits anhand der Instrumental- und Vokalkompositionen eindrücklich unter Beweis gestellten Editionen in absehbarer Zeit nicht auch auf die theatralischen Werke übertragen werden kann.
Wie ließen sich nun abschließend und jenseits dieser bisweilen ernüchternden Problemfelder zukünftiger Grundlagenforschung und Editionsperspektiven Ausblicke auf thematische Schwerpunkte und auf Forschungsdesiderate in Bezug auf Puccinis Leben und Werk skizzieren? Was wäre darüber hinaus noch erklärungsbedürftig, das vielleicht wenig oder noch gar nicht im derzeitigen Bewusstsein eines erweiterten Rezipientenkreises verankert ist? Wiederum ist es die eingangs in Erinnerung gerufene Crux kontinuierlicher Gegenwärtigkeit im großen Radius der globalen öffentlichen Aufmerksamkeit, die im Falle Puccinis eines sicherzustellen vermag – diesmal auch dank einer sich zunehmend in verschiedene Perspektiven ausdifferenzierenden Forschungsliteratur: Die Wendungen aktueller Wissenschafts-Diskurse und theoretischer Mainstreams der Geisteswissenschaften wurden und werden, soweit sie die der Opernforschung verpflichteten Einzeldisziplinen erreichen, früher oder später in modifizierter und fachlich eingehegter Form auch auf ›Puccini‹ appliziert: Konzepte und Denkfiguren also beispielsweise aus Performativitäts-, Materialitäts-, Geschlechter-, Identitäts- oder Sound-Diskursen.25 Das derzeitige Karussell eines auf interdisziplinäre Flexibilität, Befristung und Projektgebundenheit abgestellten Förderungssystems von Wissenschaften wird (auch in Deutschland) möglicherweise diese thematisch extrinsischen, also ›von außen‹ und ›von heute‹ kommenden Fragestellungen auf spezifische historische Sachverhalte zukünftig noch intensivieren, da innerhalb dieses forschungslenkenden Systems von finanziellen Abhängigkeiten die Projektanträge verstärkt auf eine Erhöhung ihrer Förderungschancen hin ›designt‹ erscheinen. Über Qualität und Erkenntnisgewinn solcher Forschungsbeiträge ist damit, das sei hier ausdrücklich zum vorbeugenden Schutz vor Missverständnissen betont, kein Präjudiz formuliert. Die kritische Reflexion auf gegenwärtige Dynamiken des Wissenschaftssystems hilft vielmehr bei der Überlegung, welche Impulse und Schwerpunktsetzungen – so wenig attraktiv und anschlussunfähig sie auch im ersten Moment erscheinen mögen – bewusst gesetzt werden müssten, damit eine an der historischen Relevanz der Akteure und ihrer ästhetischen Werke orientierte Forschung die Wissensbestände auch zukünftig zu erweitern vermag.
Solcherart offene Themen bzw. ›blinde Flecken‹ der Forschung finden sich beispielsweise unter dem Personenkreis seiner Librettisten, allen voran des epocheprägenden Schaffens von Luigi Illica oder des vielbegabten, durch seine Verstrickungen und aktive kulturpolitische Beteiligung im italienischen Faschismus moralisch belasteten Giovacchino Forzano. Eine umfassend-fundierte wie kritische Aufarbeitung dieser wichtigen Akteure ist, obschon überfällig, wohl auch in absehbarer Zukunft selbst von italienischer Seite nicht in Sicht. In vielleicht etwas abgeschwächter Form gilt dies auch für noch manchen Zeitgenossen Puccinis unter den Komponisten, die mit der sogenannten »giovane scuola italiana« in Verbindung gebracht werden: Ruggero Leoncavallo, Pietro Mascagni, Alberto Franchetti, Umberto Giordano, Francesco Cilea und viele andere besitzen einen unterschiedlichen Qualitätsstand wissenschaftlicher Erschließung, deren Rekapitulation an dieser Stelle zu weit führen würde. Die Beschäftigungsbestrebungen mit diesen Komponisten leiden generell in und außerhalb der Forschung allzu oft unter dem Menetekel einer ästhetischen Zweit- oder Drittklassigkeit, das sich fatalerweise bestätigt findet in dem Fehlen entsprechender Werktitel in den aktuellen Programmen von Opernhäusern: Die Zeit hätte demnach ihr Urteil hinlänglich gesprochen. Eine von historischer Relevanz der Phänomene geleitete Annäherung bedeutet in solchen Fällen vor allem handwerkliches Kerngeschäft: die Erschließung von Wirkgraden musiktheatralischer Werke im Trockenraum wissenschaftlicher Reflexion, also jenseits der Lebendigkeit und ästhetischen Erfahrungsoptionen einer Opernaufführung. Einer Einstellung von Forschungswürdigkeit, die sich aber ausschließlich vom gegenwärtigen Bekanntheitsgrad historischer Akteure leiten lässt, wird es nicht gelingen, das Konkurrenz- und Abhängigkeitsgefüge jener Komponistengeneration zu rekonstruieren und die vielen biografischen, musikalischen und ästhetischen Querverbindungen innerhalb dieser Gruppe erklärlich zu machen, von der Puccini erst einmal nur ein Vertreter und bis 1893 noch längst nicht der bekannteste war. Damit wären besonders auch Komponisten der 1870er und 1880er Jahre vertiefend in den Blick zu nehmen, wie etwa ganz allgemein und unvollständig hier genannt: Amilcare Ponchielli, Filippo Marchetti, Antônio Carlos Gomes, Alfredo Catalani. Deren Werke und zeitbezogene Bedeutung für die italienische Operngeschichte wären auch innerhalb der gegenwärtigen und zukünftigen Forschung neu oder wieder neu zu lesen, um der immer schwelenden Gefahr eines bezogen auf den historischen Ereigniskontext unproportionalen Erkenntnisgewinns entgegenzuwirken.
Forschungslinien im Sinne eines perspektivischen Weitwinkels, die von werkimmanenten und komponistenzentrierten Fragestellungen hinführen zu einer Tiefenerschließung des historischen Zeitkontexts, ermöglichen erst ein genaueres Verständnis und liefern stichhaltige Erklärungsmodelle für eine ganze Reihe entwicklungsgeschichtlicher Themen, welche die niemals zuvor so enge transnationale Vernetzung der gesamten Operntopografie vor allem Europas und Amerikas im Ganzen betrafen. Dazu gehörten etwa die breiten Dynamiken der Ablösung konventioneller Dramaturgien und Formanlagen innerhalb der italienisch-geprägten Oper als Überwindungs- und Erneuerungsprozesse sowohl unter dem Einfluss eines ›von außen‹ in den italienischen Opernmarkt eindringenden französischen und deutschen Repertoires wie auch in Abhängigkeit zu sich wandelnden wahrnehmungsästhetischen Einstellungen eines heterogenen, urbanen Massenpublikums der sogenannten europäischen Moderne der Jahrhundertwende. Neben einem zukünftig viel breiter in den Blick zu nehmenden stoffgeschichtlichen Panorama auch jenseits der Gattung Oper – Puccinis mühsame und schwierige Suche nach neuen Opernstoffen erscheint in diesem Zusammenhang wie ein Seismograf von sehr tiefgreifenden tektonischen Verschiebungen gesellschaftlicher Befindlichkeiten – wäre auch der spezifisch gattungsgebundene Themenkomplex des Zusammenspiels von Stimme und Orchesterklang primär auf Grundlage satztechnischer Analysen von Instrumentierung viel stärker wieder in das Bewusstsein musikwissenschaftlicher Forschung zu rücken. Dass Puccini es vermochte, schon in seinem Debütwerk Le Villi eine unverkennbar eigene Musiksprache auszuprägen, die sich neben anderen Parametern des musikalischen Satzes in besonderer Weise durch die Klangspezifik der Orchesterbehandlung konstituiert, und er bis ins Spätwerk hinein diese Personalstilistik mit einem jeweils singulären Klangkosmos für jede nachfolgende Opernpartitur zu verbinden wusste, ist in seiner Komplexität und strukturellen Wechseldynamik zu anderen prägenden Opernkomponisten seiner Epoche noch nicht vollständig ausgelotet.26 Gleiches gilt auch im Hinblick auf eine systematische Untersuchung der musikalischen bzw. klangspezifischen Rezeption von Puccinis Werken, deren erste Phase man bereits in den 1920er Jahren zu verorten hätte (Beispiel etwa: Ernst Krenek, Der Diktator als erster Teil eines Triptychons, Frankfurt 1928). Für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg griffe diese mit Tōru Takemitsu auch aus in asiatische Musikkulturen, um dann im globalen, polystilistischen und intertextuellen Komponieren des ausgehenden 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts bis in den Mikrobereich zahlreicher Kompositionen einzuwirken. Wie sich Spuren dieser Rezeptionsgeschichte Puccinis sinnvoll zusammentragen und mit verlässlichen analytischen Kategorien beschreiben ließen, erscheint als eine unter vielen Herausforderungen zukünftiger Musikgeschichtsschreibung.
1 Dieter Schickling, »Giacomo Puccini – Aspekte einer Biografie«, in: Puccini Handbuch, hrsg. von Richard Erkens, Stuttgart – Kassel 2017, S. 2. — 2 Das sind vom Ricordi-Verlag zusätzlich zum Aufführungsmaterial mitgelieferte gedruckte Regiebücher (nach französischem Vorbild), die textliche und grafische Anweisungen zu Bühnenbild, Requisiten, Kostümen und zur Personenregie enthalten; zur Einführung, welche disposizioni sceniche zu den Opern Puccinis überliefert sind, siehe Richard Erkens, »Puccinis Imagination von szenischem Raum: Bühnenbild, Licht, Kostüm und Bewegung«, in: Puccini Handbuch (Anm. 1), S. 178–180. — 3 Ein wesentlicher Impuls ging von den ab 1983 in Torre del Lago maßgeblich von Jürgen Maehder (mit-)organisierten internationalen Puccini-Kongressen aus, deren Beiträge u. a. in den Quaderni pucciniani von 1983 bis 2007 veröffentlicht wurden. Herausgeber dieser Periodika und Veranstalter der Frühphase der Institutionalisierung war das 1979 in Mailand gegründete Istituto di Studi Pucciniani, dessen Gründungsmitglied und Vorsitzende die Komponisten-Enkelin Simonetta Puccini war. Die von ihr im Jahr 2005 gegründete Fondazione Simonetta Puccini wurde nach ihrem Tod 2018 nach testamentarischem Willen Universalerbin und besitzt seitdem die Verfügungsgewalt u. a. über die Villa Puccini in Torre del Lago. — 4 Italienische Originalausgabe: Venezia 1995; die von Laura Basini ins Englische übersetzte Ausgabe erschien unter dem Titel Puccini. His International Art, Chicago – London 2000. — 5 Julian Budden, Puccini. His Life and Works, Oxford 2002. — 6 Dieter Schickling, Giacomo Puccini . Catalogue of the Works, Kassel 2003. — 7 Vgl. die Rezension von Richard Erkens, »Gerd Uecker, Puccinis Opern. Ein musikalischer Werkführer, München: C. H. Beck 2016«, in: Die Musikforschung 71,4 (2018), S. 408 f. — 8 Dieter Schickling, Puccini: Biographie, Stuttgart 1989, 22007; die erweiterte Neuauflage wurde von Davide Arduini ins Italienische übersetzt: Giacomo Puccini: la vita e l’arte, Ghezzano – Pisa 2008. — 9 Mosco Carner, Puccini. A Critical Biography, London 1958, 21974, 31992; die letzte Auflage von 1992 erschien posthum, da Carner 1985 verstarb. — 10 Die deutsche Ausgabe von 1996 (Mosco Carner, Puccini. Biographie, Frankfurt/M – Leipzig 1996, aus dem Englischen übersetzt von Anna Wheill) ist mit Ausnahme einer zweiseitigen Ergänzung (über Victorien Sardou am Beginn des Tosca-Kapitels; S. 589 f.) mit der dritten englischen Ausgabe nach Aussage der Herausgebers Gerhard Allroggen identisch, da an sie bewusst angepasst (ebd., S. 853). Die abgedruckte Erweiterung ist ein Teil jener von Carner vorgenommenen Zusätze für eine noch zu seinen Lebzeiten geplante, aber nicht erschienene deutschsprachige Ausgabe, die jedoch aus nicht nachvollziehbaren Gründen für die schließlich realisierte Ausgabe von 1996 – mit ebendieser Ausnahme – nicht abgedruckt wurden. — 11 Carner, Puccini. Biographie (Anm. 10), S. 479. — 12 Dass Puccinis Musikdramaturgie verstärkt seit La bohème und Tosca filmspezifische Verfahrensweisen anwendete und folglich antizipierte, ist schon relativ früh nachgewiesen worden u. a. von Sieghart Döhring, »Musikalischer Realismus in Puccinis Tosca«, in: Analecta musicologica 22 (1984), S. 249–296. Jüngst zu diesem Thema auch Volker Mertens, »›Im Kino gewesen‹ – komponiert. Puccini, der Film seiner Zeit und kinematographische Operndramaturgie«, in: Arne Stollberg/Stephan Ahrens/Jörg Königsdorf/Stefan Willer (Hrsg.), Oper und Film. Geschichten einer Beziehung, München 2019, S. 47–68. — 13 Gabriella Biagi Ravenni/Dieter Schickling (Hrsg.), Giacomo Puccini, Epistolario, vol. I: 1877–1896, Firenze 2015; dies. (Hrsg.), Giacomo Puccini, Epistolario, vol. II: 1897–1901, Firenze 2018 (beide Bände: Edizione Nazionale delle Opere di Giacomo Puccini). – Siehe auch die Internetseite des Epistolario-Projekts: http://www.epistolariopuccini.it/ [letzter Zugriff: 05.06.2020]. — 14 Zu den Hintergründen und Sondierungsphasen der kritischen Werkedition mit dem Ricordi-Verlag siehe auch: Dieter Schickling, »Zur Quellenlage und Edition von Puccinis Werken«, in: Puccini Handbuch (Anm. 1), S. 416 f. — 15 Als Beispiel auch für die verschiedenen Publikationsformate des Centro studi sei an dieser Stelle auf den betreffenden Band verwiesen: Fabrizio Guidotti (Hrsg.), Giacomo Puccini organista. Il contesto e le musiche, Firenze 2017. — 16 Ganz andere Fokussierungsgrade auf die Szene hat selbstredend die Inszenierungs- bzw. Aufführungsanalyse von Opern, deren ›Untersuchungsobjekte‹ vorrangig Produktionen – grob gesprochen – ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind; eine neuere Studie auch mit fachtheoretischer und -historiografischer Reflexion bietet beispielsweise Daniele Daude, Oper als Aufführung. Neue Perspektiven auf Opernanalyse, Bielefeld 2014. — 17 Beispielhaft für viele instruktive Beiträge sei hier lediglich ein kürzlich publizierter, multilingualer Sammelband erwähnt: Naomi Matsumoto (Hrsg.), Staging Verdi and Wagner, Turnhout 2015 (= Mise en scène 2). — 18 Dass sich der noch wenig bekannte Puccini bereits Ende der 1880er Jahre im Zuge einer Wiederaufnahme von Le Villi detailliert mit Fragen der Szenenbeleuchtung auseinandersetzte, belegt eine handschriftliche Notiz für den 2. Akt mit Ergänzungen Giulio Ricordis; abgedruckt in: Gabriella Biagi Ravenni/Giulio Battelli (Hrsg.), Puccini e Lucca. »Quando sentirò la dolce nostalgia della mia terra nativa«, Lucca 2008, S. 150 f. – Für eine Einführung in diesen Themenkomplex siehe Literaturangaben in Anm. 1, dort S. 181 f. — 19 Manon Lescaut bedeutet in Puccinis Œuvre auch eine Zäsur im Hinblick auf das konventionelle Arbeitsverhältnis von Librettist und Komponist, das noch seine Zusammenarbeit mit Ferdinando Fontana für Le Villi und Edgar bestimmte: Nunmehr war es Puccini, der die dominierende Position innerhalb eines mehrköpfigen Librettisten-Teams innehatte und damit zunehmend die dramaturgische Gesamtdisposition seiner Werke bestimmte, indem er die Werkgenesen in einem komplexen work in progress vollzog – oft zum Leidwesen seiner Dichter, die mit ständigen Änderungswünschen konfrontiert waren. Puccini war zwar niemals sein eigener Librettist (wie etwa sein Zeitgenosse und Konkurrent Ruggero Leoncavallo unter dem Einfluss Wagners), hatte aber aufgrund dieser im Kontext der italienischen Oper seiner Epoche singulären Arbeitsteilung mit seinen Librettisten einen sehr hohen Anteil an der dramaturgischen wie szenisch-konzeptionellen Autorschaft seiner Werke. — 20 Grundlegend relevant natürlich für Madama Butterfly (1904) und das Folgewerk La fanciulla del West (1910). — 21 Michele Girardi (Hrsg.), Giacomo Puccini. »Madama Butterfly«. Mise en scène di Albert Carré, Torino 2012 (= Edizione dei livrets de mise en scène e delle disposizioni sceniche 4). — 22 Auch dieser Themenschwerpunkt wäre als ein ›neuester‹ der Puccini-Forschung zu beschreiben und meint explizit auch seinen Umgang mit Tonträgern und Filmen sowie sein zeitlebens ungestilltes Interesse am Entwicklungsstand moderner Techniken allgemein (Automobil, Motorboot, Radio, usw.). Als neue Medien der Verbreitung und Rezeption (neben den etablierten Druckmedien und der zunehmenden Dominanz visueller Werbeträger der Vermarktungspolitik Ricordis) fanden sie schon zuvor die Aufmerksamkeit der Forschung, wenngleich auch hier noch nicht alle Dimensionen des Phänomens erschöpfend erfasst wurden. Eine Einführung bieten Mauro Fosco Bertola, »Puccini und die neuen Medien: Tonträger und Film«, in: Puccini Handbuch (Anm. 1), S. 379–393 sowie Benedetta Zucconi, »Der ›populäre‹ Komponist: Mythos-Konstruktionen durch Massenmedien«, in: ebd., S. 404–414. — 23 Jürgen Maehder, »Giacomo Puccinis Schaffensprozess im Spiegel seiner Skizzen für Libretto und Komposition«, in: Hermann Danuser/Günter Katzenberger (Hrsg.), Vom Einfall zum Kunstwerk. Der Kompositionsprozess in der Musik des 20. Jahrhunderts, Laaber 1993, S. 35–64. — 24 Nach Verlagsangaben beschränken sich die laufenden Planungen ohnehin auf die Opern Le Villi, Edgar, La bohème, Tosca und Madama Butterfly. — 25 Stellvertretend für viele jüngere Beiträge, die ihre Blickrichtung aus diesen Perspektivfiltern auf Puccini nehmen, siehe den Sammelband von Arman Schwartz/Emanuele Senici (Hrsg.), Giacomo Puccini and His World, Princeton 2016. — 26 Grundlegend für diesen Themenkomplex und insb. für die Einflusslinien der französischen Oper wie Richard Wagners auf die Entwicklung des italienischen Orchesterklangs der Generation Puccinis sind die instruktiven Forschungsbeiträge von Jürgen Maehder, siehe u. a.: »›La giusta prospettiva dell’orchestra‹: Grundlagen der Orchesterbehandlung bei Komponisten der ›giovane scuola‹, in: Studi pucciniani 3 (2004), S. 105–149. – Eine Einführung bietet auch Tobias Janz, »Klang und Klangdramaturgie«, in: Puccini Handbuch (Anm. 1), S. 158–170.
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