Kitabı oku: «Postdramatisches Theater als transkulturelles Theater»

Yazı tipi:

Teresa Kovacs / Koku G. Nonoa

Postdramatic Theatre as transcultural Theatre

A transdisciplinary approach

Narr Francke Attempto Verlag Tübingen

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© 2019 • Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG

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ePub-ISBN 978-3-8233-0159-2

Inhalt

  Vorwort / Preface

 Konzepte, Paradigmen, TheorienÜberschreitung des (postdramatischen) Theaters1. Postmoderne, prä/post und kein Ende2. Paradoxien der Selbstermächtigung3. Überschreitung des TheatersWas ist das transkulturelle Theater?1. Ein Theater der Fremden2. Ein Theater der Wiederholung3. Ein Theater der Geste4. Ein Fremdkörper der Gemeinschaft im transkulturellen TheaterPost-Hegel, postdramatisch, transkulturell?Postkoloniale Kritik des inter-, multi- und transkulturellen TheatersPost-Hegel: Das transkulturelle Potential des postdramatischen TheatersMistral in BerlinIsivuno Sama Phupha in Kapstadt und Animal Farm in JohannesburgTranskulturell im Sinne einer Ästhetik der EntähnlichungTravelling Concepts, Travelling Theatre?1. Travelling as a strategy of Transcultural Theatre2. Reenactment3. Travelling Performances. Wunderbaum’s Looking for PaulThe Concept of World Theatre in Postdramatic Context: Scientific and Aesthetic Points of Reference and Implications

 Performative Praktiken und Postkoloniale LektürenWarping: (re)conceptualising contemporary wedding rituals as an immersive theatre experience in South Africa1. (re)conceptual process2. Scenography and visual dramaturgy3. Expressive rituals in review4. Warping creative process5. ConclusionNô als transkulturelles Theater1. Vom Interkulturellen zum Transkulturellen2. Die Fremdheit im Eigenen des Nô-Theaters3. Die andere Fremdheit in der ästhetischen Form4. Akkulturation und Öffnung der eigenen KulturThe Performance of Counter-Sorcery in Lemi Ponifasio’s Tempest: Without a Body1. Theatre and the Lagoon2. History as Storm, Politics as Sorcery3. Ponifasio and the Practice of the Postdramatic4. The Politics of the Postdramatic5. Without a Body and Time6. Ponifasio and Wole Soyinka7. Affect and AnimismWiederholt und Durchgespielt: Deutscher Kolonialismus in Christoph Schlingensiefs The African Twin Towers1. Die vergessenen Kolonien2. Die Inszenierung einer Dokumentation3. Durchspielen statt nachspielen4. Kolonialismus als performative Wiederholung5. Eine transkulturelle Zusammenarbeit?

 Entgrenzung und ÜberschreitungTranskulturalität in Schlingensiefs postdramatischen Inszenierungen ATTA ATTA und Via Intolleranza II1. Das Fremde im Eigenen. Zur Definition des transkulturellen Theaters2. ATTA ATTA oder Die Kunst ist ausgebrochen3. Assoziative Ästhetik4. Zwei Funktionen der TranskulturalitätAnmerkungen zu den AbbildungenJenseits der Freizeitgattungen: Schlingensiefs Aktion 18, „tötet Politik!“1. Entgrenzung des theatralen Ereignisschauplatzes2. Schlingensiefs störbeladene Feedback-Schleife-Strategie3. Schaffung ästhetischen Störpotentials als Inszenierungsprinzip4. Unbestimmtheit/ Unentscheidbarkeit: Zur Problematik des Tötungsaufrufs5. Zum postdramatischen Theatersynkretismus6. Betrachtungswandel und SchlussbetrachtungExcess, Failure, Over-identification: the Influence of Camp on Schlingensief’s Making of Transcultural Theatre1. Introduction: Christoph Schlingensief, “Der Theatermacher”2. Theories of Schlingensief, Theories of Camp3. Camp and queer desire in Schlingensief’s cinema4. Please Love Austria! (Bitte liebt Österreich!) (2000): Camp, Over-Identification and the Transcultural Interrogation of Fantasy5. Conclusion: Camp, Irony and Visibility in Schlingensief’s Transcultural TheatreDas Nuevo Teatro Español als postdramatisches Theater transkultureller Prägung: Der Fall Luis Riaza1. Prolog2. Das Nuevo Teatro Español als transkulturelles Theater3. Luis Riazas Spielart des Nuevo Teatro Español in El desván de los machos y el sótano de las hembras4. Epilog„Doch nichts ist ungeheurer als die Natur“ – Transkulturalität und Universalität bei Elfriede Jelinek

 Kollektivität und (Post-)MigrationBlöße-Geben. Postdramatische Spielformen der Exophonie in Nicolas Stemanns Inszenierung von Jelineks Die Schutzbefohlenen und Rabih Mroués Riding on a Cloud1. Aufriss: Theatrales Blöße-Geben2. „Exophones Blöße-Geben“ und das „transkulturelle Theater“3. Die Schutzbefohlenen4. Riding on a CloudMengen, Netze, Schwärme: transkulturelle Inszenierungsstrategien topologischer und imaginärer Kollektivität1.2.3.4.5.6.Transkulturalität und das Theater der Vorahmung1. Transkulturalität / Verschränkung / Sympoiesis2. Ästhetik / Nicht-Identität / Re-Assemblage3. Mimesis / Präfiguration / Vorahmung4. Bewegung / Welt-Denken / politische Ästhetik5. Vorahmung II / Neotenie / Etre-EnsembleÄsthetische Erziehung zum Kiezdeutsch?1. Multikulturalität und Theater der Metropolen2. Multikulturalität, Interkulturalität, Transkulturalität3. Postmigrantisch-postdramatisches Theater in Deutschland4. Verrücktes Blut am Gorki-Theater 20175. Deutsch? Türkisch? Identität und Integration6. Necati Öziri: Get Deutsch or die tryin'Anger as Theatrical Form in Sasha Marianna Salzmann’s Zucken1. Zucken Staged2. The Body’s Kinetic Form of Anger3. Conclusion: The Body in Postmigrant and Postdramatic Theatre

  Autor_innenverzeichnis

Vorwort

Teresa Kovacs (University of Michigan) & Koku G. Nonoa (Universität Innsbruck)

Dem vorliegenden Band liegt die Frage zugrunde, inwieweit das Paradigma des postdramatischen Theaters geeignet ist, um eine transkulturelle Theaterwissenschaft zu begründen bzw. um Theaterarbeiten analytisch zu beschreiben, die bewusst nationale, kulturelle sowie fachliche Grenzen überschreiten und die alternative Modelle erproben, um Gemeinschaft herzustellen. Der Band geht von der Beobachtung des Theaterwissenschaftlers Hans-Thies Lehmann aus, der in seiner 1999 publizierten Studie Postdramatisches Theater konstatierte, dass postdramatische Theaterformen und Inszenierungspraktiken nicht so sehr an Repräsentation, sondern viel eher an der Herstellung der Erfahrung des Realen interessiert sind. Dies spiegelt sich in der oftmals provokanten, köperzentrierten Präsenz der Künstler_in­nen sowie der Unmittelbarkeit der gemeinsamen Erfahrung von Akteur_in­nen und Publikum wieder.1

Lehmanns Fokussierung auf theatrale und performative Praktiken erlaubt es, Auf- und Ausführungen in den Blick zu nehmen, ohne einem Text und damit wiederum einem Theater der nationalen Sprachen, das immer erst in andere Kulturräume übersetzt werden muss, zu großes Gewicht zu verleihen. Darüber hinaus wird es möglich, zeitgenössische Spielformen aus historischer Perspektive zu diskutieren, ohne sie ausschließlich auf das literaturzentrierte Theater zu beziehen.

Das postdramatische Theater bearbeitet theatrale und performative Praktiken heterogener kultureller Kontexte ohne sie hierarchisch zu organisieren. Auf diese Weise durchkreuzt es simplifizierende Unterscheidungen von „Eigenem“ und „Fremdem“, aber auch geschlossene Konzepte von Tradition und Traditionsaneignung und stellt stattdessen komplexere Relationen her. Lehmann selbst schlägt eine „stärker transkulturell orientierte Betrachtungsweise“ vor. Er betont, dass „das dramatische Theater Europas eine Sonderentwicklung“ sei, weshalb ihm „die Relativierung des spezifisch europäischen Theatermodells durch transkulturell orientierte Forschung überaus wichtig“2 erscheine. Der Band schlägt daher vor, das postdramatische Theater auch als transkulturelles Theater im Sinne Günther Heegs aufzufassen.3 Die Beiträge des Bandes greifen diese Engführung von Postdramatischem und Transkulturellem auf und entwickeln davon ausgehend und darüber hinausgehend Methoden und Analyseverfahren gegenwärtiger Theaterformen und Inszenierungen.

Die Reflexion des Postdramatischen aus der Perspektive des Transkulturellen und umgekehrt lässt beide Konzepte konkreter fassen und verdeutlicht, welch vielfältige analytische Möglichkeiten im Dialog beider Konzepte entstehen. Während das Konzept des postdramatischen Theaters aus der aktuellen theaterwissenschaftlichen Forschung kaum noch wegzudenken ist, findet man den Begriff des transkulturellen Theaters bislang weit seltener in der bestehenden Forschungsliteratur aufgegriffen. Was beide Konzepte allerdings teilen, ist die Unschärfe ihrer Definition. „Transkulturelles Theater“ wird oftmals synonym zu verwandten Konzepten wie inter- und multikulturelles Theater verwendet. Das Konzept des postdramatischen Theaters wiederum hat im deutschsprachigen Raum mittlerweile ein paradoxes Eigenleben erfahren, es hat sich nicht nur aufgrund üblicher Einordnungstendenzen in eine Kunsttradition zu einem Synonym des Regietheaters und der Postmoderne entwickelt, sondern es wird auch verkürzt als „Theater gegen den Text“ oder als den Neoliberalismus stützende Spielform definiert.4

Daher scheint am Beginn eines Bandes, der das Postdramatische für die transkulturelle Untersuchung zeitgenössischer und internationaler Arbeiten stark machen will, eine nochmalige historische Kontextualisierung von Relevanz zu sein: Der Begriff des Postdramatischen wurde in der deutschsprachigen Theaterwissenschaft erstmals von Andrzej Wirth 1987 aufgegriffen, um die damals aktuellsten Formen von Theater zu charakterisieren (allerdings in der Schreibweise „post-dramatisch“). Wirths Beschäftigung mit Theaterformen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist deutlich geprägt von Jean-François Lyotards frühem Ansatz des performativen Theaters. Dieser führte den Begriff der „affirmativen Ästhetik“ ein, um neue Theaterformen zu beschreiben, die durch die „Unabhängigkeit, die Gleichzeitigkeit der Töne/Geräusche, der Wörter, der Körper-Figuren, der Bilder“ gekennzeichnet sind, und die die „Zeichenbeziehung und deren Kluft“ abschaffen.5 Wirths Anliegen war es, mit dem Begriff „post-dramatisch“ zunächst einen blinden Fleck im theaterwissenschaftlichen Diskurs zu markieren und die Aufmerksamkeit auf all jene Formen zu lenken, die aufgrund ihrer Abweichung von konventionellen Genres bis dahin kaum rezipiert wurden. Wirth entwickelte seinen Ansatz ausgehend von prominenten Theaterarbeiten von u.a. Robert Wilson, Pina Bausch, Richard Foreman und George Tabori. Er betonte in verschiedenen Publikationen im Kontext der Debatte um die Postmoderne, dass sich das Theater in eine Richtung verändern würde, die die Dekonstruktion der Dichotomie Drama – Theater zur Folge hat.

Hans-Thies Lehmann griff den Begriff „postdramatisch“ von Wirth auf. Er verwendete ihn erstmals 1991, um in seinen Vorbemerkungen zur Publikation Theater und Mythos. Die Konstitution des Subjekts im Diskurs der antiken Tragödie „Formen des neuen und neuesten Theaters der (Post-)Moderne“ zu beschreiben, die „jenseits des Dramas“6 angesiedelt sind. Mit seiner Publikation Postdramatisches Theater legte er schließlich eine erste umfangreiche Studie vor, die den Anspruch hatte, bestehende Forschungsansätze zusammenzuführen und Beschreibungskategorien für zeitgenössische Spiel- und Inszenierungsformen zu finden.

Obwohl das Konzept des postdramatischen Theaters in der deutschsprachigen Forschung fest etabliert ist, wurde es teilweise bereits ad acta gelegt bzw. stellen einige Theaterwissenschaflter_in­nen in Frage, ob er für das Nachdenken über zeitgenössische Formen und Praktiken des Theaters überhaupt noch brauchbar ist.7 Nicht nur zeigen die in diesem Band versammelten Beiträge, dass das Konzept des Postdramatischen immer noch aktuell ist, sondern vielmehr plädiert der Band für einen bewussten „Umweg“ zu diesem Konzept in der deutschsprachigen Forschung aus einer kritischen, gegenwärtigen Perspektive, anstatt vorschnell einzig die „Überwindung“ des Konzepts zu proklamieren. Diesem Umweg, so möchten wir argumentieren, wohnt großes Potential inne, um einen die Grenzen des deutschsprachigen Raums überschreitenden fachlichen Diskurs über Theater zu führen. Nachdem nämlich das Konzept lange Zeit als ein „deutsches Phänomen“ diskutiert und zurecht auch problematisiert wurde, erfährt es aktuell international immer größere Aufmerksamkeit und kann daher als eine Basis für einen umfangreichen, internationalen Dialog dienen. Zugleich erlaubt es der historische und kulturübergreifende Ansatz des postdramatischen Theaters, in verschiedenen Wissenschaftslandschaften produktiv weitergedacht und mit anderen bestehenden Methoden und Theorien in Verbindung gebracht zu werden. Auch Künstler_in­nen außerhalb des deutschsprachigen bzw. europäischen Raums beziehen sich mehr und mehr auf dieses Konzept und ordnen ihre Arbeiten im Bereich des postdramatischen Theaters ein.8

Die Konzepte des transkulturellen-, inter- und multikulturellen Theaters werden im Band als deutlich voneinander abweichende Konzepte reflektiert, die jedoch verbindet, dass sie kulturelle Begegnungs-, Erfahrungs- und Aushandlungsprozesse zeiträumlich bearbeiten – wenn auch grundlegend verschieden. Theaterarbeiten, denen trans-, inter- oder multikulturelle Konzepte zugrunde liegen, ordnen sich um Kategorien des „Eigenen“ und „Fremden“, wobei diese Kategorien im interkulturellen oder multikulturellen Theater anders besetzt sind als im Denken des Transkulturellen. Günther Heeg folgend wird das Transkulturelle Theater in diesem Band nicht als eigene Ausformung oder Genre verstanden, sondern als Erkenntnis- und Handlungsmodell.9

Als genuin kulturelle Praktik weist das Theater im gegenwärtigen Zeitalter der Globalisierungs- und Internationalisierungsprozesse zunehmend transnationale und -kontinentale Begegnungsformen globaler Kulturen auf. Während aber „globale Kulturen […] durch ihre Fluidität, Grenzverschiebung bzw. -aufhebung“ gekennzeichnet sind, wie Dorothee Kimmich und Schamma Schahadat anmerken, „entwickeln [sie] dabei auch neue Strategien des Ein- und Ausschlusses.“10 Die ästhetische und wissenschaftliche Reichweite dieser Sachlage eruiert das postdramatische Theater als transkulturelles Theater.

Der Band versammelt Beiträge von Theatermacher_in­nen und von Forscher_in­nen verschiedener Disziplinen aus Europa, Afrika, Nordamerika und Asien. Er setzt sich aus ausgewählten und zu längeren Beiträgen ausgearbeiteten Vorträgen sowie einer Podiumsdiskussion der gleichnamigen internationalen Konferenz zusammen, die zwischen 14. und 16.4.2016 in Innsbruck stattgefunden hat. Die Konferenz wurde von Koku G. Nonoa im Rahmen des Forschungsfelds „Dynamik der Ordung(en)“ vom Forschungsschwerpunkt „Kulturelle Begegnungen – Kulturelle Konflikte“ der Universität Innsbruck initiiert und gemeinsam mit Michaela Senn und Johanna Zorn organisiert. Der Band präsentiert aber auch darüber hinausgehende Beiträge, die Themenfelder und Fragestellungen abdecken, die im Rahmen der Konferenz nicht oder nur am Rande thematisiert werden konnten. Anliegen ist es, die transdisziplinäre Forschung als einen integrativen Forschungsansatz für den Sammelband fruchtbar zu machen, um so den gegenseitigen akademischen und praktischen Transfer von Wissen über Theaterforschung und -praxis hervorzuheben und die Kluft zwischen Wissen und Praxis in Bezug auf Theater zu überwinden.

Die Beiträge orientieren sich an den von Hans-Thies Lehmann und Günther Heeg entwickelten Begrifflichkeiten. Sie diskutieren beide Konzepte kritisch, erweitern diese durch alternative Ansätze und verweisen damit auf die Produktivität, die beide Begrifflichkeiten in Kombination mit Theorien und Methoden anderer Disziplinen entwickeln können. Der Band präsentiert ein umfangreiches Spektrum an Theorien und Methoden, wobei die Theorie- und Methodendiskussion stets anhand konkreter Analysen veranschaulicht und erprobt wird. Obwohl der Fokus des Bandes auf Arbeiten liegt, die in Europa (v.a. in Deutschland) produziert oder gezeigt wurden, erweitert der Band dieses Spektrum um Arbeiten, die in anderen kulturellen Kontexten erarbeitet und vorgeführt wurden, und lädt damit hoffentlich auch zu einer Neuperspektivierung der europäischen und außereuropäischen Theaterlandschaft ein.

Der Band gliedert sich in vier Bereiche: „Konzepte, Paradigmen, Theorien“, „Performative Praktiken und Postkoloniale Lektüren“, „Entgrenzung und Überschreitung“, „Kollektivität und (Post-)Migration“.

Der erste Abschnitt „Konzepte, Paradigmen, Theorien“ präsentiert sowohl theoretische Reflexionen der Konzepte „Postdramatisches Theater“ und „Transkulturelles Theater“, stellt aber auch darüber hinausgehende theoretische Konzepte und Methoden vor, um das transkulturelle Potential zeitgenössischer Theaterformen zu beschreiben. Dieser Teil wird mit einer international besetzten Podiumsdiskussion beschlossen, die das historische Konzept des „Welttheaters“ im Kontext des postdramatischen und transkulturellen Theaters diskutiert. Die Aufsätze des zweiten Themenbereichs stellen anhand einer theoretisch reflektierten Projektbeschreibung sowie mit Hilfe konkreter Inszenierungsanalysen Spielformen vor, die das Fremde im Eigenen durch die Reflexion performativer Praktiken und durch postkoloniale Lektüren sichtbar machen. In den Blick genommen werden Arbeiten, die im europäischen und außereuropäischen Raum realisiert wurden. Der dritte Teil beschäftigt sich mit höchst unterschiedlichen Strategien der Entgrenzung und Überschreitung des Theaters. Der Fokus liegt auf Arbeiten Christoph Schlingensiefs, dessen bereits in den frühen 1990er Jahren beginnende Arbeit an der Überschreitung und Entgrenzung des Theaters nach wie vor singulär im deutschsprachigen Raum ist. Darüber hinaus werden textuelle Strategien in den Blick genommen, die über nationale Grenzziehungen hinausgehen. Der vierte und letzte Bereich hinterfragt Inszenierungsformen von „Kollektivität und (Post-)Migration“ im Verhältnis zum postdramatischen Theater. Ein Schwerpunkt liegt auch in diesem Bereich auf der Analyse konkreter Theaterarbeiten, darüber hinaus wird mit dem „Theater der Vorahmung“ ein Konzept reflektiert, das in unserer von Diskussionen um Migration, Identität und Zugehörigkeit geprägten Gegenwart ein anderes Modell des Welt-Werdens im Raum des Theaters vorstellt.

Wir bedanken uns bei allen, die diese Buchpublikation unterstützt und damit erst möglich gemacht haben. Allen voran bei Erin Johnston-Weiss und Eva Triebl, die bei der Transkription der Podiumsdiskussion und beim Lektorat der englischsprachigen Beiträge mitgearbeitet haben. Darüber hinaus beim Land Tirol, der Universität Innsbruck vertreten durch das Vizerektorat für Forschung, die Philologisch-Kulturwissenschaftliche Faktultät und den Forschungsschwerpunkt „Kulturelle Begegnungen – Kulturelle Konflikte“ für die finanzielle Unterstützung des Projekts. Nicht zuletzt gilt ein großes Dankeschön dem Herausgeber dieser Reihe, Christopher Balme, und Kathrin Heyng, unserer Lektorin beim Narr Francke Attempto Verlag, die uns während des Entstehungsprozesses des Buches mit hilfreichen Tipps und Anregungen zur Seite gestanden sind.

Ann Arbor, Innsbruck, Juli 2018

Preface

Teresa Kovacs (University of Michigan) & Koku G. Nonoa (University of Innsbruck)

The present volume is based on the question of how suitable for the foundation of transcultural theatre studies the paradigm of postdramatic theatre is. Moreover, the volume is interested in how useful it can be for analytically describing theatrical works which consciously cross national, cultural and disciplinary boundaries and which test alternative models for creating a sense of community. This volume takes as its point of departure an observation by Hans-Thies Lehmann, who stated in his 1999 published study Postdramatisches Theater (Postdramatic Theatre) that postdramatic theatre forms and practices of production are not so much interested in representation, but in creating an experience of the real. This is reflected in the often provocative, body-centered presence of artists and the immediacy of the joint experience of actor and audience.11

Lehmann’s focus on theatrical and performative practices allows us to consider performance and implementation without placing too much emphasis on a particular text and thus, in turn, on a theatre of national languages, which must always be translated in order to be comprehensible in other cultural spaces.

Postdramatic theatre addresses theatrical and performative practices of heterogeneous cultural contexts without organizing them hierarchically. In this way, it negates not only simplistic and simplifying distinctions between one’s “own” and “foreign”, but also closed concepts of tradition and its adoption, creating more complex relations. Lehmann himself proposes a “more strongly transculturally oriented perspective.” He stresses that “the dramatic theatre of Europe” was a “special development”, which is why he considers “the relativisation of the specifically European model of theatre by transculturally oriented research as highly important.”12 Thus the present volume suggests thinking of postdramatic theatre as a transcultural theatre in the sense of Günther Heeg.13 The contributions to this volume take up this narrow conceptualization of the postdramatic and transcultural and develop methods and analytical procedures for contemporary forms of theatre and production.

The reflexion of the postdramatic from the transcultural perspective and vice versa makes it possible to more concretely grasp both concepts and reveals the large variety of analytical possibilities created by a dialogue between the two concepts. While it is hard to imagine contemporary theatre studies without the concept of postdramatic theatre, the concept of transcultural theatre has been significantly less frequently addressed in the existing literature. What both concepts share, however, is the imprecision of their respective definitions.

“Transcultural Theatre” is often used synonymously with related concepts such as inter- and multicultural theatre. The concept of postdramatic theatre, in turn, has taken on a paradoxical life of its own in the German-speaking world; it has not only become a synonym for director’s theatre and postmodernity due to their common tendencies towards categorization according to art traditions, but it is also discussed in simplified terms as “theatre against the text” or as a dramatic genre supporting neoliberalism.14

This is why it seems relevant to begin this volume, which seeks to promote the Postdramatic for the transcultural analysis of contemporary and international works, with yet another historical contextualisation: the term ‘Postdramatic’ (albeit spelled “post-dramatic”) was first taken up in German theatre studies by Andrzej Wirth in 1987 to characterize the then-latest forms of theatre. Wirth’s discussion of theatre forms of the second half of the 20th century is clearly shaped by Jean-François Lyotard’s early performative theatre approach.

It was he who introduced the term “affirmative aesthetics” to describe new forms of theatre which are characterized by the “independence and the simultaneity of noises-sounds, of words, body arrangements, images” and which abolish the “sign relation and its hollowness.”15 With the term “post-dramatic”, Wirth initially sought to mark a blind spot in academic theatre discourse and to direct attention to all those forms which had largely been ignored because of their divergence from conventional genres. Wirth developed his own approach based on prominent theatre works like, e.g., those by Robert Wilson, Pina Bausch, Richard Foreman, and George Tabori. In the context of the postmodernism debate, he stressed in various publications that theatre had changed in a way that would result in the deconstruction of the drama – theatre dichotomy.

Hans-Thies Lehmann adopted Wirth’s term “post-dramatic”. He first used it in his initial remarks on the 1991 publication Theater und Mythos. Die Konstitution des Subjekts im Diskurs der antiken Tragödie to describe “forms of new and latest theatre in (Post-)Modernity” which are situated “beyond drama.”16 In his publication Postdramatic Theatre he presented his first comprehensive study aimed at bringing together existing research approaches and finding descriptive categories for contemporary forms of play and performance.

Even though the concept of postdramatic theatre is firmly established in the German-speaking research context, it has already been partly abandoned, and there is increasing doubt that it is still useful for analyzing contemporary theatre forms and practices.17 The contributions in this volume show not only that the concept of the Postdramatic is still up-to-date, but also advocate that German-speaking research take a deliberate detour to postdramatic theatre from a contemporary critical perspective instead of simply proclaiming that this concept should be “overcome.” This detour, we shall argue, bears great potential for leading scholarly discourse beyond the boundaries of the German-speaking world.

This is because this concept, after having been discussed and, rightly, called into question as a “German phenomenon”, is increasingly attracting international attention and can therefore serve as the basis for comprehensive, international dialogue. Simultaneously, the historical and cross-cultural approach of postdramatic theatre can be productively advanced in various academic disciplines and be placed in relation to other existing methods and theories. Furthermore, artists from outside of the German-speaking and/or European geographical context are increasingly referring to this concept, situating their work in the field of postdramatic theatre.18

Trans-, inter- and multicultural theatre are reflected upon in this volume as clearly divergent concepts, which are however still related insofar as they address cultural processes of encounter, experience and negotiation in spatiotemporal terms – albeit in fundamentally different ways. While works of theatre based on trans-, inter- and multicultural concepts situate themselves in terms of the categories “own” and “foreign”, there are conceptualized differently in intercultural and multicultural theatre than in the transcultural context. According to Günther Heeg, in this volume transcultural theatre is not understood to be a form or genre in its own right, but as an epistemic and action model.19 As a genuinely cultural practice, theatre in the contemporary context of globalization and internationalization increasingly displays transnational and transcontinental forms of encounter among global cultures. However, while “global cultures […] are marked by their fluidity and the shift or, respectively, abolishment of boundaries”, as Dorothee Kimmich and Schamma Schahadat note, “[they] also develop new strategies of in- and exclusion in this process.”20 The aesthetic and academic scope of this situation is explored by postdramatic theatre as transcultural theatre.

This volume unites contributions by theatre makers and researchers across various disciplines from Europe, Africa, North America, and Asia. It is made up of selected talks that have been elaborated into longer contributions as well as a roundtable held at an international conference with the same title, which took place in Innsbruck between April 14 and 16, 2016. The conference was initiated by Koku G. Nonoa within the framework of the University of Innsbruck’s “Dynamics of the Order(s)” within the research area “Cultural Encounters – Cultural Conflicts” and was organised together with Michaela Senn and Johanna Zorn. In addition to that, this volume presents contributions covering topics and questions that could not be addressed in depth at this conference. The aim is to cement transdisciplinary research as an integrative research approach for this edited volume in order to highlight a mutual academic and practical transfer of knowledge about theatre research and practice and to overcome the gap between theory and practice.

The contributions are oriented towards the terms developed by Hans-Thies Lehmann and Günther Heeg. They discuss both terms critically, expand them by introducing alternative approaches, thus emphasizing the productivity which both concepts can develop when combined with theories and methods from other disciplines.

This edited volume presents a comprehensive range of theories and methods, whereby every theoretical and methodological discussion is illustrated with and tested on concrete examples. Even though this volume focuses on works that were produced or performed in Europe (mainly in Germany), it supplements this spectrum with works created and staged in other cultural contexts and thus hopefully invites a new perspective on the European and non-European theatrical landscape.

The present volume is divided into four thematic areas: “Concepts, Paradigms, Theories”, “Performative Practices and Postcolonial Readings”, “Eliminating and Crossing Boundaries”, and “Collectivity and (Post-) Migration.” The first part, “Concepts, Paradigms, Theories”, is a theoretical reflexion on the concepts of “Postdramatic Theatre” and “Transcultural Theatre”, but beyond that also introduces theoretical concepts and models to describe the transcultural potential of contemporary theatre forms. This part concludes with a podium discussion with international participants debating the historical concept of ‘World Theatre’ in the context of postdramatic and transcultural theatre.

The contributions from the second thematic area draw upon theoretically reflective project description and concrete production analysis to present dramatic forms which make visible the “foreign” in one’s “own” by reflecting on performative practices and postcolonial readings. The works examined were created in both the European and non-European context. The third part of this volume sheds light on highly differentiated strategies of eliminating and crossing the boundaries of theatre. Emphasis is put on Christoph Schlingensief, whose transgressive works are still unique in the German-speaking area since his debut as a theatre director in the early 1990’s. Additionally, textual strategies are explored which serve to transcend national boundaries.