Kitabı oku: «Sprache, Mathematik und Naturwissenschaften», sayfa 2

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3. Zahl trifft Funktion

»Heute«, »morgen«, »gestern« – das sind einfache Einteilungen des Zeitverlaufs. »Seit meinem Unfall sind nun schon drei Monate vergangen und in zwei Wochen darf ich wieder arbeiten.« Die Verfolgung von Zeitabläufen steht auch am Anfang des Funktionsbegriffs. Man versuchte den jeweiligen Ort als Funktion der Zeit zu beschreiben, etwa durch x = x(t). Man begann mit Differenzen zu rechnen. Ein Weg zur Differentialrechnung Δx = x(t+Δt)–x(t) wurde sichtbar.

Ebenso auf dem Begriff der Zahl aufbauend ist das Modellieren mit Funktionen. »Wenn wir schneller fahren, sind wir früher dort.« Richtig, aber die Gleichung s=vt führt zu aussagekräftigeren Umformungen, etwa t = s/v. Wenn wir daher um ein Drittel schneller fahren, d. h. v durch v˚ = v + v/3 = (4/3)v ersetzen, wird die neue Fahrzeit t˚=3s/4v = (3/4)t um ein Viertel verkürzt.

Ein wichtiger Schritt ist schon verwendet worden. Mit der Entwicklung der Schrift, die es gestattet, Gesprochenes und Gedachtes festzuhalten, zu bewahren und zu kommunizieren, ist die Entwicklung der mathematischen Symbolsprache verbunden (siehe dazu Tropfke 1980, Schweiger 2008). Zunächst waren es Zahlzeichen, historisch zunächst wohl aus Kerben entwickelt I, I I, I I I, aber bald treten opake Zahlzeichen hinzu. Die Gestalt der Ziffer 7 verrät nichts mehr über ihren Begriffsinhalt. Die Entwicklung des Positionssystems ermöglicht, die mentalen Operationen der Arithmetik (Addieren, Subtrahieren, Multiplizieren, Dividieren) durch die Verschriftlichung auf »große« Zahlen auszudehnen. Die elektronischen Rechenhilfen reduzieren dies allerdings auf die Eingabe von Daten und Operationszeichen und das Lesen der Angabe.

Der Mensch ist ein »homo ludens«. Daher stehen spielerische Aufgaben schon in den ältesten erhaltenen Büchern, etwa Aufgaben wie »Ein Bauer hat Hühner und Hasen. Miteinander sind es 35 Tiere, und sie haben zusammen 100 Beine. Wie viele Hühner und Hasen hat er?« Natürlich kann man diese Aufgabe durch Probieren lösen, aber die Symbolschrift macht es zu einem Routinefall. Sei x die Anzahl der Hühner und y die Anzahl der Hasen, so hat man zwei Gleichungen

x + y = 35

2x + 4y = 100

mit den unbekannten Variablen x und y.

Natürlich muss man mit sprachlichen Interferenzen umgehen können, wie die berühmte Testaufgabe »In einem College sind 5 mal mehr Studenten als Professoren. Drücke dies in einer Gleichung aus!« zeigt, wo sehr oft die Gleichung 5s = p hingeschrieben wird (s bezeichne die Anzahl der Studenten, p die der Professoren). Dies ist eine Mathematisierung, die nur die Schlüsselwörter »5 mal«, »Studenten« und »Professoren« in dieser Reihenfolge aufschreibt!

Die mathematische Symbolsprache dient dazu, Information zu verdichten und kann zu syntaktischem Arbeiten verwendet werden. »Das Quadrat der Summe zweier Zahlen ist gleich der Summe der Quadrate dieser Zahlen vermehrt um das Zweifache des Produkts dieser Zahlen.« Wenn dem Lernenden klar wird, dass (a + b)2 = a2 + b2 + 2ab eine gute Abkürzung ist, ist ein wichtiges Ziel erreicht! Mit der Gleichung (a+b)2 = a2 + b2 + 2ab kann man auch Entdeckungen machen. Man ersetze b durch –b und kommt auf a2 + b2 – 2ab = (a – b)2 ≥ 0.

Daher ist a2 + b2 ≥ 2ab.

Setzt man a2 = A, b2 = B, so erhält man mühelos die Ungleichung

Man versuche aus der obigen verbalen Formulierung dieses Ergebnis herzuleiten! Natürlich muss man vorsichtig sein. Die Gleichungskette –1 = i2 = = = 1 enthält irgendwo einen oder mehrere Fehler! Der Verdacht bestätigt sich. Die Regel = ist anwendbar, wenn erstens das Wurzelsymbol eine Funktion bezeichnet und zweitens die richtige Funktion gewählt wird! Wählt man etwa für x ≥ 0 die Funktion f(x) = ≥ 0, so ist die obige Regel richtig. Wählt man hingegen x ≥ 0 für die Funktion g(x) = – ≥ 0, so ist die obige Regel falsch! Auch die Wahl fl(z) = eπiϕ für z = e2πiϕ hilft nicht weiter, da dann = –1 festgelegt ist!

Die Moral aus dieser Geschichte: Es gibt keine Festlegung von als Funktion, so dass obige Gleichungskette richtig ist. Man sieht, dass man aus Fehlschlüssen auch einen Nutzen ziehen kann.

Das mengentheoretische Paradox von Russell ist in Zeichen geradezu lächerlich einfach auszudrücken. Sei M := {S : SS}. Gilt MM, so folgt aus der Definition von M sofort MM; ist hingegen MM, so folgt MM. Das sprachliche Ungetüm »Die Menge aller Mengen, die sich nicht selbst als Element enthalten« bezeichnet eben keine Menge! Dazu ein Hinweis: Einen guten Überblick über die Verlässlichkeit mathematischen Arbeitens findet man in Harrison (2008).

Ein Ursprung der mathematischen Symbolsprache ist in der Verwendung von Abkürzungen zu finden. Das Wurzelzeichen √ ist aus Lateinisch radix »Wurzel« entstanden, das Integralsymbol ∫ stammt aus einem stilisierten großen S (für Lateinisch summa »Summe«). Variablen stehen sprachlich für Pronomina. »Denk dir eine Zahl. Multipliziere sie mit 2, addiere dazu ihr Quadrat und sage, was du erhältst!« »35« »Dann ist die Zahl 5!« Für die Zahl schreibe x. Dann erhält man 2x + x2 = 35. Das Symbol x ist ein Pronomen, ein Fürwort für die gesuchte Zahl. Ein wesentlicher Schritt ist die Ausdehnung dieser Symbolsprache auf gedachte (erfundene oder entdeckte, jedenfalls vorstellbare) Objekte. Die Abkürzung sollte aber nicht zur unschönen Sprechweise »x ist ein Element der Menge der rationalen Zahlen« Anlass geben, sondern die einfache Sprechweise »x ist eine rationale Zahl« beibehalten werden. Übersetzungsübungen und Bewusstmachen der Regeln der Fachsprache sollten in keinem Unterricht fehlen. Ist etwa ax + by + c = 0 die (allgemeine) Gleichung einer Geraden, so sollte man die Gleichung y = x gelegentlich in die Form 1 · x + (–1) · y + 0 = 0 übersetzen. Andererseits, das vielleicht bei einer Rechnung auftretende Ergebnis a= 0, b = 2, c = 4 sollte über die Zwischenform 0x + 2y + 4 zur Gleichung y = –2 vereinfacht werden.

Ein- und Ausgaben bei computeralgebraischem Einsatz können hier helfen. Ebenso können Taschenrechner und Computer die zwei Systeme der Funktionsbezeichnung »EINGABE und dann die FUNKTION« oder »FUNKTION und dann die EINGABE« bewusst machen: Man schreibt x2, und spricht »x-Quadrat«, aber schreibt und sagt »Wurzel aus x«.

Wissen über die Kulturgeschichte ist vor allem Reflexionswissen. Ein möglicher Einsatz im Unterricht erfordert viel didaktisches Geschick und muss wohl dosiert sein. Kinder lernen auch nicht schreiben, indem man den historischen Weg von den Hieroglyphen über die Schriften des Alten Orients bis heute nachvollzieht! Die Verwendung kleinerer Einheiten (durch Teilen) führt allerdings nicht nur zum Bereich der rationalen Zahlen (mit der Zwischenstufe der Brüche!), sondern zugleich zu deren Begrenztheit. Mit keiner noch so kleinen Längeneinheit kann man die Längen von Seite und Diagonale eines Quadrats zugleich messen. Wir sagen dafür » ist irrational« (lat. ratio »Verhältnis«). Die Entdeckung dieses Sachverhalts soll eine Erschütterung der griechischen Wissenschaft nach sich gezogen haben, aber es gelingt nicht so recht, dies in den Unterricht zu übertragen. Immerhin hat die Menschheit gut zwei Jahrtausende mit irrationalen Zahlen gelebt und irgendwie gerechnet. Der Kalkül überwand die Bedenken, und erst im 19. Jahrhundert hat man hier entscheidend weitergearbeitet; die Erforschung der Grundlagen der Mathematik bekam einen neuen Aufwind. Kinder sitzen vor dem Fernseher ohne etwas über die Entdeckung des Elektrons als Elementarteilchen zu wissen. Sie fahren auch im Flugzeug in den Urlaub, bewundern vielleicht die technologische Umgebung, aber empfinden nicht das Staunen über das aerodynamische Prinzip des Auftriebs.

4. Zeichen, Wörter und Sätze

Daher ist es legitim, Mathematik als Handeln zu vermitteln, mit einer Dosis Reflexionswissen im Hintergrund. Auch das Vokabular kann technisch sein. Es ist gut, wenn Wörter wie »Addieren, Multiplizieren, Funktion, komplexe Zahl …« signalisieren, dass man Mathematik treibt. »Hinzuzählen, Vervielfachen« sind Wörter mit begrenzter Reichweite (und die Differenz zur Alltagssprache soll bei der Zahlbereichserweiterung von nicht verschwiegen werden). Wenn Subtrahieren »Wegnehmen« bedeutet, so ist die Aufgabe 2x2 – x2 = 2 richtig gelöst, denn x2 wurde ja weggenommen. Störend ist dabei die Konvention der 1-Deletion, nämlich x2 statt 1· x2 zu schreiben (ähnlich wie wir »zehn« statt »*ein-zehn« sagen, bei »hundert« ist aber auch schon »einhundert« zulässig und das Wort »Million« kommt ohne Zusatz »eine Million« nicht aus).

Eine Schwierigkeit liegt auch darin, dass im Alltag Wörter kontrastiv verwendet werden: Eine Ellipse ist durch ihr typisches Aussehen kein Kreis, aber in der Mathematik ist ein Kreis ein Spezialfall einer Ellipse, ebenso ist ein Quadrat prototypisch kein Rechteck. Über den Randfall »leere Menge« könnte man lange diskutieren, denn eine Menge sollte doch eben eine Menge von Dingen oder Ähnlichem sein! Die freie Verwendung von Wörtern wie »Gruppe«, »Ring«, »Körper« usw. ist sicher kein Problem. Die Verwendung von »Topologischer Raum«, »Metrischer Raum« oder »Vektorraum« zeigt die metaphorische Dimension des Wortes »Raum« auf, denn in der Mathematik gibt es keine Definition von Raum. Historisch erklärbar ist die Verwendung von Wörtern für Elemente mancher Strukturen (z.B. »Vektor« für »Element eines Vektorraums«), was aber auch zu Interferenzen führen kann, weil im Physikunterricht mit dem Begriff »Vektor« andere Vorstellungen angesprochen werden als mit den Axiomen eines Vektorraums. Die Beschränkung weiter Teile der Schulmathematik auf Zahlen im weitesten Sinn ist insofern nicht zufällig, als die Strukturen »kategorisch« sind, d.h. sie sind durch die dahinter liegenden Axiome im Wesentlichen eindeutig bestimmt, während es viele Gruppen, Ringe oder auch Körper gibt.

Eine gewisse Schwierigkeit liegt in der Verwendung von Adjektiven. Ein schwarzer Hund ist im Alltagsverständnis jedenfalls ein Hund, ein abgebranntes Haus allerdings eigentlich kein Haus mehr. Eine komplexe Zahl ist nur dann sinnvoll, wenn man schon weiß, was eine Zahl ist. Dies erinnert eher an den Begriff Fledermaus, die ja auch keine Maus (im zoologischen Sinn) ist. StudentInnen haben oft Schwierigkeiten zu verstehen, warum man beweisen muss, dass eine »offene Kugel« (die Menge aller Punkte x in einem metrischen Raum, die die Bedingung |xm|<r erfüllen) eine »offene Menge« im Sinne der Topologie ist.

Doppeldeutigkeiten, mit denen man ganz gut leben kann, liegen bei geometrischen Begriffen und zugeordneten Maßzahlen vor. Ein Radius eines Kreises ist eine gerichtete Strecke (eine Menge von Punkten mit festgelegtem Anfangspunkt), aber die Aussage, dass der Radius des Kreises gleich 5 ist, ist dennoch korrekt interpretierbar. Der Hintergrund ist hier, dass geometrische Verfahren und Messverfahren eng zusammenhängen. Die Gleichheit der Länge zweier Strecken ist durch Kongruenz feststellbar, aber eben auch durch Längenmessung. Bei der Flächenmessung von Rechtecken ist das bereits anders!

Die Verdichtung der Information, die das Verständnis mathematischer Texte erschwert, ist mit dem Lückentest leicht nachvollziehbar. Der Satz »G_st_rn war i__ i_ Ki_o« ist spielend zu »Gestern war ich im Kino« ergänzbar. Die Aussage »1kg Äpfel kostet € 1,12. Wie viel bezahlte Frau Bauer für 1,75 kg?« ist aus »_kg Äpf_l kostet € 1,12. Wie viel bezahlte Fr_u Bau_r für 1,75 __?« mit größerer Mühe rekonstruierbar. Die Nichtbeachtung des minimalen Unterschieds (Beisetzung eines hochgestellten Striches) zwischen der Funktion f und ihrer Ableitung f’ kann verhängnisvoll sein.

Hat der Lernende sich mit dem mathematischen Vokabular und den Anfängen der Symbolsprache angefreundet, so wartet die nächste Hürde auf ihn, die mathematische Syntax. Hier ist oft die Reihenfolge entscheidend! Der Satz »Es gibt eine Frau für jeden Mann« wird im Alltag meist zu dem (in Grenzen richtigen) Satz »Für jeden Mann gibt es eine Frau« uminterpretiert. Hingegen wird bei einer Algebraprüfung die Aussage »In einer Gruppe gibt es ein inverses Element zu jedem Element« schon als Fehler angesehen, denn korrekt sollte es doch heißen »In einer Gruppe gibt es zu jedem Element ein inverses Element.« Besonders auffällig ist diese Diskrepanz bei der berühmten Formulierung »Zu jedem ε > 0 gibt es ein δ > 0 …«, obwohl der Kundige schon die konventionelle Signalwirkung am Buchstaben ε erkennt. Im Alltag ist es die Verschiedenheit der Begriffe und eine leichte Phrasierung, die hier helfen: »Für jede Krankheit gibt es eine passende Behandlung« ist vielleicht noch ein Wunschtraum, aber der Satz »Es gibt eine Behandlung, die bei jeder Krankheit hilft« kaum glaubwürdig. In der Mathematik sind ε und δ beides eben nur Zahlen.

Dazu kommen noch die (zum Teil vermeidbaren) Nominalisierungen (»Aus der Orthogonalität zweier Vektoren folgt ihre lineare Unabhängigkeit«) und die Schachtelsätze: »Eine Funktion f heißt im Punkt xo differenzierbar, wenn es eine Zahl k gibt, so dass es zu jeder Zahl ε > 0 eine Zahl δ > 0 gibt, so dass aus der Bedingung |xxo| ≤ δ folgt |f(x) – f(xo) – k(xxo)| ≤ ε|xxo|« . Ist die Zahl k eindeutig bestimmt, so setzt man f’(xo):=k.

In einer noch stärker formalisierten Sprache könnte der Bedingungssatz etwa so geschrieben werden: ∃k.∀ε.ε > 0 ⇒ ∃δ.δ > 0∧∀x. |xxo| < δ ⇒ |f(x) + f(xo) – k(xxo)| ≤ ε|xxo|.

Es sei darauf hingewiesen, dass kausale Bestimmungen, vor allem die Fragen Warum? und Wieso? ebenfalls zu Mathematik führen. Das Modell kausaler Abläufe (»Wenn die Sonne scheint, wird es wärmer«) spiegelt sich im mathematischen Beweis wider. Gewiss sind hier die Gründe nicht physikalischer Natur oder empirisch abgesichert, aber logischer Natur und dann für den Mathematiker eine Freude, für andere eher abschreckend. »Wenn eine Zahl n2 gerade ist, so ist auch ihr Quadrat n2 gerade.« Der Alltag gibt aber immer wieder Anlass zur Vermischung von Implikation und Äquivalenz. »Wenn morgen die Sonne scheint, gehen wir ins Schwimmbad.« Es ist anzunehmen, dass der Badeausflug entfällt, wenn die Sonne nicht scheint.

Die Bedeutung der Sprache in der Mathematik wird auch bei einer Analyse des Modellierens deutlich. Folgt man etwa dem Lösungsplan nach Blum 2006, so werden vier Schritte unterschieden: Aufgabe verstehen – Modell erstellen – Mathematik benützen – Ergebnis entdecken. Eine Aufgabe verstehen bedeutet, die in einer Sprache kodierte Information zu entschlüsseln. Die Erstellung eines Modells verlangt die Übersetzung in das mathematische Register, mit welchem dann gearbeitet wird, also Mathematik benutzt wird. Das Ergebnis erklären, erfordert sodann die Rückübersetzung in eine mit nur wenigen fachsprachlichen Elementen angereicherte Sprache.

5. Epilog

In den Bildungsstandards für den Abschluss der Sekundarstufe I Deutschlands werden fünf Leitideen unterschieden: Zahl – Messen – Raum und Form – Funktionaler Zusammenhang – Daten und Zufall. Man erkennt aber, dass in fast all diesen Leitideen die Zahl enthalten ist. Die Leitidee Zahl meint offenbar vor allem geläufige Schulung der Arithmetik. Das Messen ist ohne Zahl gar nicht möglich! Funktionale Zusammenhänge sind auf diesem Niveau vor allem Zusammenhänge zwischen Zahlenreihen. Qualitative Aussagen, wie »die Funktion steigt oder fällt«, werden durch Ungleichungen präzisiert. Daten und Zufall – das ist geradezu die Betrachtung großer Mengen von Zahlen! Raum und Form können durch ihre visuelle Komponente, ästhetische Aspekte und Erfahrungen durch Begreifen und Bewegen eine von der Zahl unabhängige mathematische Einsicht beanspruchen. Wenn man diese Einsichten aber genauer beschreiben will, tritt dann doch die Zahl auf den Plan – Beschreibung der Lage durch Koordinaten, Gleichungen für Kurven und Flächen, Darstellung von Symmetrien und Kongruenzabbildungen durch Matrizen (hier werden Modelle andersartiger Strukturen sichtbar, nämlich Gruppen!).

Mathematisches Denken ist die Basis unserer technologisch orientierten Kultur. Es wurde versucht darzustellen, wie aus den Anfängen des Zahlbegriffs durch Hinzunahme verschiedener Strategien und Entwicklung einer geeigneten Sprache die Mathematik entstanden ist. Verstehen der Sprache der Mathematik ist somit ein Beitrag zur Bildung. Die Wichtigkeit dieser Sprachform einzuschätzen, heißt auch ihre Grenzen zu erkennen. In einer Zeitschrift las ich den Satz »Die Erde dreht sich zärtlich« (Dorothee Sölle). »Die Erde dreht sich«. Das ist Physik und vieles ist daraus in Mathematik beschreibbar. Das Adverb »zärtlich« entzieht sich der Rationalität. Es kann spirituelle Erfahrung ausdrücken oder schlichter die Hoffnung vieler Menschen auf eine gute Zukunft, zu der auch die Mathematik etwas beitragen könnte.

Literatur

BLUM, WERNER (2006): Modellierungsaufgaben im Mathematikunterricht – Herausforderungen für Schüler und Lehrer. In: Büchter, Andreas et al.: Realitätsnaher Mathematikunterricht – Vom Fach aus und für die Praxis. Festschrift für Hans-Wolfgang Henn zum 60. Geburtstag. Hildesheim: Franzbecker, S. 8–23.

GALILEI, GALILEO (1623): Il saggiatore. In: Opere di Galileo Galilei a cura di Franz Brunetti. Volume Primo. Torino: Unione Tipografico – Editrice Torinese 1964.

HARRISON, JOHN (2008): Formal Proof – Theory and Practice. In: Notices of the AMS 55, S. 1395–1406.

HEISENBERG, WERNER (1955): Das Naturbild der heutigen Physik. Hamburg: Rowohlt.

MAIER, HERMANN; SCHWEIGER, FRITZ (1999): Mathematik und Sprache. Zum Verstehen und Verwenden von Fachsprache im Unterricht. In: Reichel, Hans-Christian (Hrsg.): Mathematik für Schule und Praxis. Bd. 4. Wien: ÖBV & HPT.

SCHWEIGER, FRITZ (2008): The grammar of mathematical symbolism. In: Barbin, Evelyne; Stehlíková, Nad’a; Tzanakis, Constantinos (Ed.): History and Epistemology in Mathematics Education. Proceedings of the 5th European Summer University. Plzen: Vydavatelsky servis, S. 423–430.

DERS. (2005): Sprache und Mathematik. In: Maaß, Jürgen; Langer, Ulrich; Larcher, Gerhard (Hrsg.): Kepler Symposium. Philosophie und Geschichte der Mathematik. Linz: Universitätsverlag Rudolf Trauner, S. 38–50.

TROPFKE, JOHANNES (1980): Geschichte der Elementarmathematik. Bd. 1: Arithmetik und Algebra. 4. Auflage vollständig neu bearbeitet von Kurt Vogel, Karin Reich, Helmuth Gericke. Berlin-New York: Walter de Gruyter.

Peter Gallin, Urs Ruf
Von der Schüler- zur Fachsprache*

Authentische Begegnungen zwischen Lernenden und Unterrichtsstoffen kommen zustande, wenn die Annäherung an den Inhalt jeweils so erfolgt, dass sie der Verfassung der Lernenden entspricht. Zwischen der singulären Position des Lernenden und der regulären Welt des Fachs liegt immer ein Spannungsfeld, aus dem alle Lernprozesse ihre Dynamik beziehen.1

Wer ein Fachgebiet durchschaut und beherrscht, kann sich in den unterschiedlichen Sprachebenen sicher bewegen. Er vermag reguläre Formalisierungen jederzeit bis ins Fundament der singulären Sprech- und Sehweisen zurückzuführen und ist umgekehrt in der Lage, Probleme aus seiner unmittelbaren Umgebung wahrzunehmen und ihre fachlichen Aspekte über alle Abstraktionsstufen bis hin zur fachlichen Präzision zu verdichten. Diese sprachliche und fachliche Beweglichkeit darf man allenfalls als hochgesteckte Zielvorstellung eines Fachstudiums fordern, nicht aber als unreflektierte Grundvoraussetzung für den Fachunterricht in der Schule. Der Lehrende muss also über diese Beweglichkeit verfügen, der Lernende muss sie nach und nach erwerben.

Konkret bedeutet das: Die Schülerinnen und Schüler reden in ihrer Sprache und auf dem für sie erreichbaren Abstraktionsniveau über Fachliches; der Lehrkraft obliegt die Aufgabe der Übersetzung und Interpretation. Diese einfache und naheliegende Forderung an den Unterricht wird in der heutigen Realität des Schulalltags mit regelmässiger Hartnäckigkeit missachtet: Normalerweise setzt die Lehrperson die Sprachebene fest, in der sie den Stoff darbieten und verhandeln will, und die Schülerinnen und Schüler sind stillschweigend dazu verpflichtet, die Aufgabe der Interpretation und der Übersetzung in ihre eigene Sprache zu übernehmen.

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