Kitabı oku: «Das Verzaubern», sayfa 2

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Kapitel Zwei

April zögerte auf dem Bürgersteig außerhalb des Antiquitätenladens. Sie hatte sehr wenig Schlaf gehabt, dank dessen, dass sie über ihre Chefin und den gruseligen Spiegel nachgedacht hatte. Glaubte die Frau wirklich, dass sie aus dem Wunderland kam? Hatte sie schließlich den Punkt erreicht, an welchem ihr Verstand aufgehört hatte die Realität zu verkraften? Ms. Scarlet sah nicht einen Tag über fünfunddreißig aus, aber das bedeutete nicht, dass sie nicht älter war. Die richtigen Beautyprodukte und sogar Schönheitsoperationen konnten jeden täuschen.

Da April einen Gehaltsscheck brauchte, beschloss sie es klaglos durchzustehen und für ihre Schicht einstempeln zu gehen. Als sie sich der Tür näherte, vertiefte sich ihr bereits vorhandenes Stirnrunzeln. Das Schild im Fenster war nicht umgedreht worden, um auszusagen, dass das Geschäft offen war. Sich als geschlossen anzupreisen hatte vielleicht Kunden für die erste Stunde des Geschäfts abweisen können. Ms. Scarlet würde niemals an einem Sonntag schließen und den Touristenstrom verlieren, der sich nach Wochenendausflügen nach Hause aufmachte.

Sie zog am Griff, aber die Tür rührte sich nicht. Mit einem frustrierten Schnauben grub sie ihren Schlüssel aus ihrer ramponierten Kunstledertasche, doch bevor sie ihn in das Schloss einführen konnte, erschien Ms. Scarlet an der Tür. Als sie sah, wer es war, verwandelte sich der finstere Blick der Frau in ein Lächeln. Zuckersüß, und es machte April Angst.

Ich hätte mich krankmelden sollen.

Die Tür öffnete sich und April wurde gebeten hereinzukommen. »Ist an der Zeit, dass du beschließt zur Arbeit zu kommen.« Ms. Scarlet verschloss die Tür hinter ihnen. Die Lichter waren aus, bis auf die im Ausstellungsraum, in dem der Spiegel hing, aber hier kam das Licht nicht von den Vorrichtungen an der Decke. Kerzen erhellten beide Seiten der Auslage. Rote Rosen waren über den Fußboden verstreut, wobei die Blütenblätter wie vergossenes Blut chaotisch arrangiert waren.

»Ähm …« Was konnte sie womöglich über den Anblick vor ihr sagen, außer dass es sie mehr verunsicherte als es das wahrscheinlich sollte?

Ms. Scarlet trug eine lange, rote Robe mit fließenden Hängeärmeln, die in ein mittelalterliches Historiendrama gehörten. Ihr Haar war heute aus ihrem Pferdeschwanz in geschmeidigen rabenschwarzen Wellen heruntergelassen. Ihr Haar war normalerweise glatt. Es sah hübsch so aus, aber falls möglich, machte die Veränderung das sogar noch verrückter.

»Nun?« Ms. Scarlets dunkle Augen funkelten vor … gespannter Erwartung?

»Nun was?«, fragte sie.

Dramatisch seufzend packte Ms. Scarlet sie am Arm und führte sie ins Hinterzimmer. Sie ließ sie endlich los, so dass sie ihre Tasche abstellen und einstempeln konnte. »Du hast Glück, dass ich Kosmetika mitgebracht habe.«

»Wie bitte?« April wirbelte herum und blickte sie an. Von wo hatte sich diese Frau davongemacht?

Ms. Scarlet hielt eine Hand hoch, um sie zum Verstummen zu bringen. »Es ist keine Beleidung, aber du wirst gut aussehen wollen.«

Gut aussehen für was? Plötzlich dämmerte es ihr – wieder dieser verdammte Spiegel. »Ich habe nie irgendetwas zugestimmt.« Außerdem war das alles ein Haufen Mist. »Ich bin nach Hause gekommen und habe Recherchen über die Informationen angestellt, die Sie mir gestern erzählt haben.«

Lächelnd nickte Ms. Scarlet. »Ich wäre überrascht, wenn du das nicht getan hättest. Hast ein paar Ungereimtheiten entdeckt, oder?« Sie drehte sich auf ihrem Absatz um und steuerte durch den Raum auf, was wie ein roter Kosmetikkoffer in der Form eines Liebesapfels aussah, zu. Ein Kaliber, wie ihn professionelle Make-up-Artists benutzten. Er war einen guten Meter groß und wie Gepäck auf Rädern.

Mensch, denkt sie, dass ich so viel Arbeit nötig habe? »Tatsache ist, das habe ich«, erwiderte April. Ms. Scarlet hatte sich später über Alices Alter ausgelassen, als sie durch den Kaninchenbau und den Spiegel gefallen war, und es passte nicht zu dem Alter, wie die Geschichte sie dokumentiert hat, als die Bücher veröffentlicht wurden. Das heißt, natürlich, angenommen, dass die fiktionale Alice und die Alice, für die angeblich die Bücher geschrieben worden sind, tatsächlich dieselbe Person waren, was völliger Mumpitz war.

Die andere Frau zuckte mit den Schultern und öffnete den Koffer, wühlte durch diverse Fächer und suchte ein paar Dinge heraus. Sie schaute auf und deutete auf einen Hocker. Na ja, wenn ihre Chefin sie bezahlen und ihr ein kostenloses Umstyling geben wollte, sah sie kein riesiges Problem darin, obwohl sie nicht sicher war, warum sie eines brauchte. Ehrlich gesagt war sie noch immer ein wenig verletzt deswegen.

»Na ja«, drängte April, »haben Sie keine Ausrede dafür?«

Ms. Scarlet gluckste. »Warum sollte ich eine brauchen? Das Mädchen hat sich wie eine verwöhnte Göre verhalten, die dachte, dass sie das Recht auf ein Königinnentum hatte, weil sie clever genug war ein zweites Mal zurückzukehren. Nichts hat mich mehr erfreut als der Tag, an dem das Wunderland sie endgültig verstoßen hat. Ich habe eine Feier gegeben, die Monate dauerte.«

Alles, was April tun konnte, war zu gaffen. »Das war während des neunzehnten Jahrhunderts.«

»Die Zeit im Wunderland bewegt sich anders.« Sie winkte abweisend mit einer Hand. »Manchmal langsamer, manchmal schneller, manchmal rückwärts, manchmal vorwärts, und manchmal … nur manchmal … seitwärts, aber das ist selten. Es gibt keinen Weg wahrlich zu wissen, wann man hineingeworfen wird. Es ist neun Jahre her, seit ich … abgelöst wurde.« Der Ausdruck, der ihre Züge für einen Moment überzog, war reine Rage, aber dann lächelte sie und ihr Gesicht erweichte sich zu dem Vertrauten. Das einer Frau, welche sie willkommen geheißen hat und über die Jahre so nett zu ihr gewesen war. Diese Seltsamkeit war etwas Neues und deshalb war es so alarmierend. »Es könnte ein Jahr später sein, als dann, wann ich gegangen bin, es könnten einhundert sein. Ich denke nicht, dass es so extrem sein wird, aber bei ihrer Rückkehr war Alice nicht zu weit weg in ihrem Alter im Vergleich zum Rest von uns zu dieser Zeit.«

Selbst wenn das wahr war, was nicht sein konnte, waren die Informationen noch immer widersprüchlich. »Wie konnte es einen Nachweis geben, dass das erste Buch geschrieben wurde, bevor sie ihm die Geschichte erzählt hat, was ihr wiederfahren war?«

Die Antwort kam nicht sofort, aber der Primer, die Foundation und der Concealer kamen. Eine Menge Concealer. Etwas, das für ihr Selbstvertrauen nicht im Mindestens Wunder wirkte.

»Charles Dodgson, äh … Lewis Carroll war ein Schriftsteller, April. Er schrieb Geschichten und Gedichte und genoss es sich unsinnige Worte und Rätsel auszudenken. Er hatte bereits Material ohne Handlung. Hast du die Alice-Bücher gelesen, Liebes? Besonders das Erste hatte eine Menge zufälliger Szenen, während das Zweite eine zusammenhängendere Handlung hatte, wo Alice, die halbe Portion, versucht Königin zu werden, die Rote und Weiße Königinnen verspottet und missachtet –« Sie schniefte hochmütig und drückte einen Make-up-Schwamm so fest in ihrer Hand, dass ihre Nägel sich hineinbohrten. »Ich würde sie gerne schütteln, bis sie sich in ein verdutztes Kätzchen verwandelt, so wie das Buch besagte, dass sie es mit mir getan hat, dieser kleine undankbare Mensch.«

Oooooookay. Jemand hatte offensichtlich einige Probleme mit dem Ende von Hinter den Spiegeln und es war wahrscheinlich nicht hilfreich, dass sie dachte, sie wäre die tatsächliche Rote Königin.

»Wie auch immer«, sagte Ms. Scarlet, während sie einen Lidschattenpinsel herauszog und ihn in ein silbriges Pigment tauchte. »Er hatte bereits ein paar unsinnige Szenen geschrieben und war so von den phantastischen Geschichten vereinnahmt, dass er sie überarbeitet und miteinander verbunden hat. Das Wunderland ist magisch, oftmals gefährlich oder merkwürdig, und es ist erheblich anders zu dieser Welt, das ist wahr, aber wenn du dorthin gehst und absoluten Unsinn und Possen erwartest, wirst du bitter enttäuscht. Lewis Carrolls Wunderland ist eine Geschichte, ein Märchen seiner Anfertigung, das auf dem Gefasel eines Kinds basiert, für das er eine unangemessene Faszination hatte. Der echte Ort«, sie schloss ihre Augen und atmete tief ein, als ob sie die Luft in dieser imaginären Welt roch. »Es gibt keinen anderen Ort wie diesen.«

Das restliche Make-up wurde in völliger Stille aufgetragen. Als Ms. Scarlet fertig war, hielt sie einen Handspiegel hoch, um ihre Arbeit stolz vorzuzeigen. April nahm die Gabe an und gaffte. Ihre Chefin war heimlich eine Meisterin der Kosmetologie. Abgesehen von dem Augen-Make-up, das dunkler als gewöhnlich war, und dem roten Lippenstift, der das Kupfer in ihrem mahagonifarbenen Haar hervorbrachte, sah sie noch immer ziemlich wie sie selbst und nicht wie eine völlig Fremde aus.

»Bist du sicher, dass du nicht die Kleidung wechseln willst? Ich habe ein zusätzliches Kleid.«

Make-up war eine Sache. Bei der Arbeit Verkleiden zu spielen eine andere. »Ich hasse Kleider.«

Ms. Scarlet warf ihren Kopf zurück und lachte. »Wie ich mir wünsche, dass ich das Gesicht des Hutmachers sehen könnte, wenn du seine Talente beleidigst. Ich wusste, ich habe den perfekten Findling ausgewählt.«

April legte den Spiegel in einer langsamen, kalkulierten Bewegung ab, so dass sie nicht ihre Fäuste ballte. »Wie haben Sie mich genannt?« Was bedeutete das überhaupt? Findling? So wie … sie hat sie von der Straße aufgesammelt, ganz nach dem Motto wer’s findet, darf’s behalten, oder so?

»Nichts Schlimmes, falls es das ist, was du denkst.« Sie stand auf. »Dein Haar sieht anständig genug aus. Du solltest es öfter offen tragen. Es hat solch hübsche Wellen.« Jaah, und sie sollte wahrscheinlich auch mehr lächeln, richtig?

»Ähm, danke? Aber ich gehe nicht ins Wunderland.« Die Vorstellung ließ sie gegen ein Lachen ankämpfen. Würde ihre Chefin sie in den Spiegel schmettern? Was passierte, wenn April nicht darin verschwand?

Ms. Scarlet legte ihre Hände auf ihre Hüften und wölbte eine Braue. Sie sah herrschaftlich aus, wenn sie das tat. Es war beunruhigend, wie sehr sie wie die legendenumwobene Rote Königin aussah. »Und warum nicht?«

»Ich habe Fantasien und Märchen aufgegeben, als ich Jahre in einem Waisenhaus verbracht habe, bevor eine Pflegefamilie nett genug war mich aufzunehmen.« Und sie wurden dafür belohnt, indem sie von einem betrunkenen Sattelschlepperfahrer getroffen wurden und unverzüglich bei dem Zusammenstoß starben. Sie waren auf ihrem Weg gewesen, um die Adoptionspapiere zu unterschreiben, um sie zu überraschen. Die Traurigkeit hatte sie nie verlassen. Sie waren anständige Leute gewesen und sie hatten gewollt, dass sie ihre Tochter wurde. Etwas, das ihre echten Eltern nicht gewollt hatten. Sie hatte sie nie gekannt.

»Und deshalb bist du der perfekte Findling.«

Da war wieder dieses Wort.

»Komm schon, April. Leb ein wenig. Wenn ich nur ein Lügensack bin, dann kannst du darüber lachen und wirst noch immer für die Mühe bezahlt. Aber wenn ich das nicht bin …« Ms. Scarlett umklammerte ihre Schultern und schüttelte sie. »Wenn ich das nicht bin, könntest du ein Abenteuer, eine Romanze, was auch immer du dir erträumst, haben!«

»Vermutlich …« Aber wirklich eine Romanze? Mit wem, dem verrückten Hutmacher?«

Sie erlaubte es ihrer Chefin sie in den Ausstellungsraum mit den Kerzen und Rosen zu zerren. April sah sich und ihr geschminktes Gesicht, wie das Haar wellenartig über ihre Schultern stürzte, zerrissene Jeans, schäbige Sneaker und ein dunkelgraues T-Shirt, das möglicherweise einmal zu viel gewaschen worden war. Ehrlich gesagt fühlte sie sich immer ein bisschen fehl am Platz, und nicht wegen all dem Pech und der Einzelgänger-Atmosphäre, die sie abstrahlte. Es war einmal, da hatte sie sich nach Abenteuer, Romantik und Fantasie gesehnt. Aber diese Tage waren vorbei, als ihr die einzige gute Sache, die ihr widerfahren war, in nur einem Augenblick weggenommen wurde.

»Wag es nicht zu weinen und meine harte Arbeit zu verschmieren.« Ms. Scarlet klatschte ihr auf den Arm. Es stach. »Ich will nicht, dass du besorgt bist, aber das hier wird einen winzig kleinen Blutaustausch benötigen.«

April begegnete ihrem Blick im Spiegel, ihre Miene vollkommen ernst. Sie wirbelte herum und funkelte sie von Angesicht zu Angesicht an. »Wie bitte?« Und das war nicht einmal das Verrückteste gewesen, das sie den ganzen Tag gesagt hatte.

»Ich schneide in deine Handfläche und dann in meine, wir verschränken die Hände und berühren dann den Spiegel. Spiegel funktionieren nicht für jeden; ansonsten würde es jeder hindurchschaffen und die geheime Fähigkeit dieses Spiegels wäre nicht mehr so geheim, oder etwa nicht? Da ich früher dort gehaust habe, wird mein Blut kombiniert mit deinem ihm sagen, dass er dich dorthin bringen soll, um dich zu testen.«

Es gab jetzt einen Test? Niemand hat gesagt, dass es einen Test geben würde!

Moment … Warum stresste sie sich überhaupt deswegen, wenn es doch vollkommener Schwindel war?

Aber April wurde nicht die Chance gegeben zu diskutieren. Ms. Scarlet hob einen unheimlichen goldenen Dolch mit Rubinen im Griff auf, den sie unter einem Handhandtuch versteckt hatte, und packte dann Aprils Hand. »Wenn du dich wehrst, wird er tiefer schneiden als beabsichtigt«, sagte sie durch zusammengebissene Zähne, versuchte einen beständigen Griff um ihre Hand und den Dolch zu halten. Sie kerbte ihre linke Handfläche ein, in der Nähe ihres Daumens. Sie ließ April los, tat dasselbe mit ihrer eigenen und warf den Dolch zur Seite, als ob er Abfall war und keine unbezahlbare Antiquität.

Sie hielt schützend ihre Wunde in einer Hand und schüttelte ihren Kopf. »Sie haben den Verstand verloren.«

Ms. Scarlet lachte, aber dem mangelte es an Humor. »Wohl kaum. Gib mir deine Hand.«

»Nein.« Sie drehte ihren Körper weg, als die Frau nach ihr grapschte.

»Jetzt, Mädchen!«

Etwas an dem autoritären Tonfall ließ sie sich fügen. Vorsichtig bot sie die verwundete Hand dar. Der Schnitt war nur ein kleiner oberflächlicher Kratzer gewesen, aber pochte, als ob bis zum Knochen geschlitzt wurde. Blut strömte ungehindert heraus.

Ihre Wunde war gegen Ms. Scarlets gepresst, die es offenkundig nicht kümmerte, wie unhygienisch es war. April hoffte, dass ihre Chefin keinerlei Krankheiten beherbergte. Wenn man die Situation bedachte, wäre es nicht überraschend, wenn sie geistig krank war.

»Gemeinsam legen wir unsere blutigen Hände auf das Glas.«

Nickend trat April mit der Frau an den Spiegel heran und schluckte schwer. Das Glas war neblig, beinahe als ob hinter der Oberfläche Rauch aufgestiegen war. Gänsehaut brach über ihrer Haut aus. Sie legte zur selben Zeit wie ihre Chefin ihre Handfläche auf das Glas.

Die feste Oberfläche wurde eisig, so kalt, dass es brannte, und alles verschwand. Puff. Eine rauchig dunkle Leere öffnete sich unter ihrer Handfläche, und bevor sie reagieren konnte, schubste Ms. Scarlet sie hinein.

Kapitel Drei

Marchy starrte auf den Haufen an Dingen, die in hölzernen Kisten und auf Tischen deponiert waren, und wandte sich an Gareth. »Bist du nicht der König? Kannst du nicht jemanden finden, um das zu tun, der darauf brennt dir zu gefallen?« Sicher, er verbrachte eine absurde Menge Zeit damit für den Hutmacher aufzuräumen, aber das bedeutete nicht, dass er ein königlicher Diener sein wollte, der ihren verlorenen Unrat säuberte. Der Hutmacher war wie ein Bruder für ihn und er wurde für seine Arbeit dort bezahlt.

»Du brennst nicht darauf mir zu gefallen?«, spottete Gareth und strich mit einer Hand durch sein schulterlanges blondes Haar, betrachtete die Szene mit so viel Widerwillen, wie Marchy verspürte. »Ich weiß nicht. Ich bin ziemlich sicher, dass ich das Hochverrat nennen kann.«

Mit einem Prusten fuhr Marchy mit einem Finger durch eine erheblich dicke Schicht Staub auf einer Holzkiste und belächelte den grauen Schmierfleck, der auf seiner Fingerspitze haftete. »Kein Hochverrat. Nur Rebellion.« Er wischte die beleidigende Substanz an seinem Hosenbein ab.

»Rebellion führt oftmals zu Hochverrat.«

Dieses Thema führte ihn dazu beides zu begehren. Seine Geduld reichte dieser Tage nicht sehr weit, obwohl er sich schnell genug beruhigen konnte. Wenn er doch nur die Quelle seiner Unzufriedenheit genau festlegen könnte. »Halt die Klappe, wärst du so gut?«

Gareth lachte, wobei sein Lächeln seine goldenen Züge und silbrigen Augen erleuchtete. »Hast du diesen Ausdruck von Melody oder Cadence gelernt?«

Marchy schaute finster drein. Das Letzte, was er tun brauchte, war es einen Ausdruck anzunehmen, den ein paar vorwitzige Findlinge ständig äußerten. Melody war immer vor seinem Gesicht, wollte ihm helfen seine Arbeit zu machen, wollte ihn mit einer Frau verkuppeln, mit der sie sich am Hof angefreundet hatte, wollte Hawthorn streicheln, der – wenn man von Verrätern spricht – sie mochte. Die angenehme Seite davon war, durch ihre Position im Weißen Königreich als Beraterin der Königin, machte sie eine Menge Reisen von Zuhause weg. Also bekam er etwas Frieden. Etwas.

»Ich vermisse die Dinge, wie sie waren. Der Hutmacher und ich brauchten niemand anderen.« Es war selbstsüchtig von ihm sich die Einsamkeit seines Freundes zurück zu wünschen. Melody linderte den Wahnsinn in einem Mann, der Anfällen des Reimens und Rätselns schnell erlegen war. Manchmal tat er das noch immer, aber es geschah weitaus seltener. Die Frau war ein Geschenk des Himmels, aber das bedeutete nicht, dass Marchy sie mögen musste. Sie würdigen, aye. Sie mögen, nein.

Gareth gluckste. »Noch immer eifersüchtig, ich verstehe.«

»Ich bin nicht eifersüchtig.« Es war nicht so, dass er wollte, dass der Hutmacher ihm gehörte, ungeachtet dessen, was andere denken mochten, sie waren Freunde, praktisch Brüder. Nichts Romantisches war je zwischen ihnen erblüht. Marchy mochte nur einfach die Veränderung nicht. Hasste sie. In letzter Zeit hatte sich zu viel verändert. Paradebeispiel: Gareth war der neue Rote König, der sie herum befahl. Es war zu viel.

Zu, zu viel und weitaus zu bald.

»Wenn du das sagst.« Gareth klang nicht überzeugt, während er durch einen Korb stocherte, der voller Murmeln oder Steine irgendeiner Art war, die im Licht aufblitzten. »Was du brauchst, ist deine eigene Frau und dann wird es dir nicht mehr zu schaffen machen«, sagte er, als ob er nicht wusste, was Marchy früher am Tag im Schilde geführt hatte. Es war innerhalb ihres Bekanntschaftskreises kein riesiges Geheimnis. Gareth und Cadence waren glücklicherweise nicht grausam genug, um ihn dadurch zu verstricken.

»Nein, vielen Dank. Hawthorn und ich brauchen keine Frau, die in unserer persönlichen Distanzzone herumhängt, unsere Habseligkeiten berührt und sie herumrückt. Ich mag Frauen gut genug – sie sind liebreizende, exquisite Wesen – , aber man genießt sie lieber in kurzen Spurten.« Eines seiner Ohren zuckte.

Gareth brach in schallendes Gelächter aus.

»Was?«, blaffte Marchy.

Da der König nichts anderes tun konnte, als inmitten des Raums auf sein Hinterteil zu plumpsen und zu lachen, machte Marchy einen Schritt nach vorn, um zu sehen, ob er sich dasselbe Gebrechen zugezogen hatte wie er selbst – dasjenige, bei welchem er geneigt war für einen beliebigen Zeitraum ohne Vorrede unkontrolliert zu lachen. Der Nebeneffekt vom Leben im Wunderland war es, dass die Einwohner von einer Art Wahnsinn beeinträchtigt wurden, wenn sie sich über eine längere Zeitperiode mit sich selbst nicht wohlfühlten. Der Hutmacher hatte seine Reime und Rätsel. Marchy lachte aus keinem ersichtlichen Grund. Während es beim Hutmacher besser wurde, wurde Marchys Zustand schlechter.

Seine Grübeleien wurden unterbrochen, als Hawthorn von der offen Tür in den Raum rannte, innehielt, um Gareth zu betrachten, und sich dann in Richtung der Vorräume wandte, die sie nach diesem ausräumen mussten. Ohne weiteres Zögern raste die kleine Kreatur in einen der Räume. »Ich gehe ihm besser nach, so dass wir ihn nicht zerquetschen, während wir Kisten bewegen.«

Gareth winkte ihn weg, erlangte langsam die Kontrolle über sein Gelächter. Marchy war sich nicht sicher, was er davon halten sollte. Falls der König begann am selben Gebrechen zu leiden wie er, bedeutete das dann, dass es Schwierigkeiten mit Cadence gab? Er hatte einen nervigen Verdacht, dass es seine Aussage über Frauen gewesen war, die den König so übermäßig amüsiert hatte. Warum fand jeder seine Abneigung gegen Veränderungen so absurd? Es wäre weitaus einfacher, wenn alle ihn, und seine Sachen, in Ruhe lassen würden. Und hier war er … berührte die persönlichen Habseligkeiten anderer Leute. Entgegen besserem Urteilsvermögen, aber dennoch. Seine Stimmung wurde noch verbitterter.

Marchy hielt inne und betrachtete die Stapel vergessener Gegenstände, welche die vorige Rote Königin hier deponiert hatte, als diese sie nicht länger ansprachen. Solch eine Verschwendung. Doch es gab keinen Hinweis auf Hawthorn. Wo war diese Haselmaus hingegangen? Und noch schlimmer, wo war sein schwert-schwingender Komplize Hörnchenpoleon hingerannt, wenn Hawthorn hier heruntergekommen war? Falls dieser Borogove heraussprang, um ihn zu erschrecken, nun ja, dann würde es ihm Recht geschehen, wenn aus Reflex nach ihm geschlagen wurde.

»Hawthorn?« Marchy trat durch eine weitere Türöffnung, die sich in einen kleinen Korridor öffnete und an einer Tür endete, die bessere Tage gesehen hatte. Ein Loch in den unteren Paneelen war groß genug, so dass ein Nager hindurchgelangen konnte.

Marchy versuchte den Knauf, aber die Tür gab nicht nach. Er war sicher, dass Gareth auf ihrem Weg hier herunter gesagt hatte, dass alle Räume offen wären. Vielleicht sollte dieser hier nicht geräumt werden? Er versuchte es noch einmal und erkannte, dass nicht das Schloss das Problem war. Das Holz war alt und verzogen und ein Teil der oberen Kante steckte fest. Dieses Mal, als er den Knauf drehte, drückte er ebenfalls nach unten. Das Holz gab nach und die Tür öffnete sich weit, als Marchy eintrat und sich umschaute.

Ein einzelner Strahl Sonnenlicht erleuchtete den Bereich durch einen Schlitz im Stein, der es dem Licht erlaubte sich in einem großen, kunstvollen, bodenlangen Spiegel mit einem silbernen und goldenen Rahmen, der ganz dringend eine gute Politur brauchte, zu spiegeln. Dornige Ranken eines Rosenbuschs draußen im Garten waren vor geraumer Zeit durch den Fensterschlitz hineingeklettert, aber sie standen momentan entlang der Wände nicht in Blüte. Inmitten des staubigen Fußbodens saß Hawthorn fasziniert vom Spiegel auf seinen Hinterläufen.

»Hast du plötzlich dein eigenes Spiegelbild entdeckt?«

Die Haselmaus beachtete ihn nicht. Wie äußerst sonderbar.

Marchy begann sich umzudrehen, entschlossen die kleine Kreatur seinen Träumereien zu überlassen, da nichts in dem Zimmer auf ihn fallen könnte, aber dann klapperte der Spiegel gegen die Steine hinter ihm, als ob er wieder und wieder geschüttelt wurde. Möglicherweise konnte Hawthorn hier drin trotzdem Schaden ereilen. Bevor er jedoch reagieren konnte, erschien eine Frau hinter dem reflektierenden Silber und purzelte dann kreischend aus dem Glas. Hawthorn piepste und rannte in die Ecke, um sich unter einem Rosenblatt zu verstecken. Ohne zu zögern, schoss Marchy nach vorne, um die Frau aufzufangen, bevor sie auf dem steinernen Fußboden landete, wobei er bei diesem Manöver seinen Hut verlor.

Was ist gerade geschehen?

Dann dämmerte es ihm. Dies war kein gewöhnlicher Spiegel, sondern der Spiegel. Derjenige, aus dem Alice gekommen war, ebenso wie andere Findlinge zu anderen Gelegenheiten. Alice war die Berüchtigtste gewesen, da sie, wie Cadence, es geschafft hatte das Wunderland mehr als einmal zu besuchen.

Die zweite vorliegende Erkenntnis war, dass die Frau, die er vor einem hässlichen Fall gerettet hatte, ein Findling sein musste. Der erste Findling, der, seit Melody und Cadence vor einigen Jahren, erschien.

»Oh mein Gott. Ist das wirklich passiert?«, fragte der Findling und drehte sich in seinen Armen, um sein Gesicht zu suchen. Sie blinzelte mit strahlendblauen Augen und, bei seinem ersten guten Blick auf sie, stockte ihm der Atem in seiner Kehle. Dann erhitzten sich seine Wangen, da sich ihr Blick unverzüglich nicht auf ihn fokussierte, sondern auf seine Ohren. Er war es gewohnt, aber manchmal störte es ihn. »Sie sind –«

»Ja, wie ein Kaninchen. Nennen Sie mich aber nicht so. Oder einen Hasen.« Er hatte nicht absichtlich blaffen wollen und bereute, dass er die Schönheit mit mahagonifarbenem Haar bei seinem Tonfall zusammenzucken lassen hat. Seit Alice gegangen war, tauchten Findlinge auf und nannten ihn den Märzhasen, als ob er irgendein zur Schau gestelltes Tier wäre. Er hatte Alice nie gemocht. Hatte den Hutmacher vor ihr gewarnt, aber hatte er zugehört? Neeeeiiin …

»Es tut mir leid.« Ihre Stimme brachte ihn aus seiner grollenden Vergangenheit zurück. Die Frau trat von ihm weg und er ballte betreten seine Fäuste an seiner Seite, nicht sicher, was er tun sollte, während er sich umblickte. Er konzentrierte sich auf ihre Hände, wovon eine hochrot erstrahlte. Sie hatte sich irgendwie geschnitten.

»Ihre Hand«, sagte er und schickte einen Blick auf den Spiegel, um zu sehen, ob die Dornen zu nahe gewachsen waren oder ob es am Rahmen scharfe Kanten gab, aber nichts schien verkehrt. »Sie bluten.«

»Ich …« Sie starrte auf ihre Hand und schüttelte ihren Kopf, brachte ihren Blick zu seinem zurück. »Ich …« Sie schwankte, und dieses Mal scheiterte Marchy darin sie rechtzeitig zu erreichen, bevor sie auf dem Boden landete, bewusstlos, und auf seinem Lieblingshut. Er machte sich deswegen im Moment keine Gedanken und zumindest hatte es ihren Kopf vom Fall abgefedert. Hawthorn wurde mutig und kam vorsichtig näher, schnüffelte an ihrem Haar, bevor er sich ihm zuwandte und piepste.

Hatte die Haselmaus gespürt, dass jemand durch den Spiegel kam, bevor sie hindurchgefallen war? »Sie sollte in Ordnung sein. Ich werde sie sowieso zur Königin bringen, um sie genau anschauen zu lassen.« Cadence und ihre Schwester wären besser ausgerüstet, um mit dem Findling umzugehen und die Regeln ihres Besuchs zu erklären. Aufgrund ihrer Kleidung musste sie aus derselben Welt und Zeit wie die anderen zwei stammen. Cadence trug oft ein Paar Hosen aus demselben blauen, rauen Material, nur ohne Risse und Löcher überall darin. Er ging neben dem neuen Findling in die Hocke und überprüfte die Bereiche ihrer Beine, wo die Risse waren, für den Fall, dass es mehr Verletzungen gab oder sie von irgendeiner Art Biest angegriffen worden war, aber sie schien, abgesehen von ihrer Handfläche, unverletzt.

Was ist ihr zugestoßen?

Als Marchy die Frau aufhob, hing ihr Kopf schlaff gegen seine Schulter und er blinzelte. Ihre Lippen waren roter als eine Rose. Sie sahen so weich aus, dekadent. Er schüttelte sich aus seinen lasziven Gedanken, bevor sie noch weiter gehen konnten. Er war wirklich der Flegel, wie er zuvor genannt worden war. Komisch, wie ihm das jetzt zu schaffen machte, wenn man bedachte, wie er sich von einer Frau zur nächsten bewegte, ohne den Drang eine zu behalten.

Hawthorn kletterte an seinem Bein hoch und auf die Brust des Findlings, sattelte bei der kostenlosen Fahrt auf. »Was denkst du?«, fragte er die Haselmaus. »Die Königin sagte, ich könnte eine Sache, die ich hier unten fand, als Geschenk zum Nichtgeburstag behalten. Sollten wir den Findling behalten, bis sie nach Hause zurückkehrt? Jedem zeigen, dass ich nicht so unfreundlich und verschroben bin, wie sie denken?«

Es war der perfekte Aufbau. Er würde beweisen, dass er mehr als ein oder zwei Stunden mit einer Frau in seinen Räumlichkeiten umgehen konnte, und sie würde in zwei Tagen nach Hause gehen, ihn und seine Sachen und all seine anderen Hüte zurücklassen, allein. Möglicherweise konnte die Bitte ihn sogar vor der Handarbeit retten, welche die Königin an ihn weiterzureichen versucht hatte.

Aye, der Findling war in der Tat das perfekte Geschenk.

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Litres'teki yayın tarihi:
27 mart 2021
Hacim:
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9788835421412
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