Kitabı oku: «Willy Garaventa», sayfa 2
1895 ist er fast sechzig Jahre alt. Er hat in seinem Leben viel geleistet. In den Jugendjahren ist er als Analphabet ohne Ausbildung aus Italien in die Schweiz eingewandert. Schlechte Voraussetzungen eigentlich, um ein eigenes Geschäft aufzubauen und Mitarbeiter zu beschäftigen. Doch Giuseppe Garaventa wusste die Gunst der Stunde zu nutzen und baute sich eine Existenz auf. Mit harter Arbeit verdiente er sich sein Leben und unterstützte viele Jahre lang auch noch seine Familie in Italien. In rund zwanzig Jahren Selbstständigkeit gelang es ihm, ein kleines Vermögen zusammenzusparen, sodass er sich schliesslich Grundbesitz leisten konnte.
Der Kaufvertrag für die Liegenschaften in Oberimmensee lautet auf den Namen Josef Garaventa; der Grossvater hat seinen Namen also – ohne formell eingebürgert zu sein – den Deutschschweizer Gegebenheiten angepasst.
Die ersten Garaventa-Seilbahnen
Karl Garaventa, der «Maschinengrind»
Der Haupterwerb der Familie kommt nun aus der Landwirtschaft.13 Der zu einigem Wohlstand gekommene Giuseppe Garaventa gibt sich «pensioniert». Die Hauptlast der Arbeit fällt darum zunächst auf seine Frau, die mit vierzig Jahren wesentlich jüngere Dorothea. Die Kinder Karl und Carolina erleben eine strenge, aber frohe Jugendzeit. Schon früh müssen sie mit den zwei Knechten auf dem Bauernhof anpacken. Carolina Garaventa heiratet einen der beiden Knechte. Dieser Ehe entspringen zwei Söhne, die später beide im Seilbahnbau mitwirken.
Der Grossvater hat seinen Sohn Karl dazu bestimmt, den Landwirtschaftsbetrieb zu übernehmen. 1914, als Karl Garaventa 26 Jahre alt ist, heiratet er Anna Maria Kenel, genannt Maria. Er hat seine Zukünftige auf der Rigi kennengelernt, wo er während zwei Sommern auf einer Alp arbeitete. Anna Maria Kenel war Verkäuferin auf Rigi Kulm, eine «Ständligurre», wie man die Frauen, die Souvenirs feilboten, damals nannte. Noch im Jahr der Heirat, 1914, kommt die erste Tochter, Maria Carolina, zur Welt. Karl Garaventa kann mit der Landwirtschaft und dem Käsen wenig anfangen. Vielmehr liegt ihm das Tüfteln, weshalb ihn sein Vater «Maschinengrind» nennt. Karl Garaventa konstruiert alles Mögliche: Güllenpumpen, Mostpressen und den «Löchlitöff», ein Motorrad, dessen Aussehen an eine Konstruktion mit Metallbaukastenteilen erinnert.
Grossmutter Dorothea Garaventa stirbt 1916. Sie erleidet bei einem Unglück mit einem Pferdefuhrwerk tödliche Verletzungen. Der Unfall wird nach dem Jahreswechsel in der Rubrik «Unglücksfälle und Verbrechen» in der Neuen Zürcher Zeitung vermerkt: «Durch ein Fuhrwerk getötet. – In Oberimmensee geriet Frau Garaventa-Mettler, 61 Jahre alt, zwischen einen Baum und ein Fuhrwerk und erlitt so schwere Verletzungen, dass sie bald darauf starb.»14
Grossvater Giuseppe Garaventa besass grosses unternehmerisches Geschick und einen enormen Einsatzwillen, die er seinen Nachkommen weitervererbt. Er wird 81 Jahre alt und stirbt 1917 an Altersschwäche. Willy Garaventa hat seinen Grossvater nie gekannt, er kam ja erst 1934, viele Jahre nach dessen Tod, zur Welt. Mit Blick auf das Lebenswerk des Grossvaters spricht er aber voller Bewunderung von ihm: «Er muss ziemlich intelligent gewesen sein, und er konnte ganz bestimmt gut rechnen. Vielleicht besass er auch das, was heute als Bauernschläue bezeichnet wird. Auf jeden Fall ist er als strenger, aber trotzdem spezieller, lustiger Mensch in Erinnerung geblieben.»
Nach dem Tod des Grossvaters lasten die Verantwortung und die Arbeit voll auf Karl Garaventa und seiner jungen Familie.15 Seine Frau Maria bringt im Jahr danach eine weitere Tochter zur Welt. Das Kind ertrinkt jedoch, kaum ein Jahr alt, in einem Waschzuber mit Seifenlauge.
Allmählich in der Schweiz integriert, zeigte dies Grossvater Giuseppe Garaventa nach aussen, indem er sich damals, beim Kauf der Liegenschaften, als Josef Garaventa in den Kaufvertrag eintragen liess. Als er einmal gefragt wurde, ob er sich nicht offiziell einbürgern lassen wolle, antwortete er allerdings: «Nein, ich bleibe meinem Vaterland treu.» Sein Sohn Karl Garaventa – der Secondo – macht nun den Schritt: 1920 ersucht der 32-Jährige bei der Bezirksgemeinde Küssnacht am Rigi um das Schweizer Bürgerrecht. Die Bürgerversammlung entspricht dem Wunsch einstimmig. Die Einbürgerungsurkunde datiert vom 18. Juli 1920. Der Bürgerbrief kostet damals 4000 Franken, was ungefähr einem Jahreslohn entspricht. Doch Karl Garaventa wirtschaftet gut auf seinem Bauernhof. 1921 kann er den Betrieb durch den Kauf von weiteren Liegenschaften und Land auf neun Hektar vergrössern. Neun Hektaren entsprechen ungefähr einer Fläche von 13 Fussballfeldern. Vom Kaufpreis von 30 000 Franken zahlt er einen Drittel auf die Hand, für 20 000 Franken erwirbt er Schuldbriefe. Es ist die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, während der auch die Schweizer Bevölkerung auf eine harte Probe gestellt wird. Fleiss und Sparsamkeit prägen in jenen Krisenjahren das Leben der Garaventas.
Karl und Maria Garaventa bekommen im Laufe der Zeit weitere Kinder: Eine dritte Tochter wird 1921 geboren, verstirbt aber schon nach wenigen Tagen. 1922 kommt Sohn Karl jun. zur Welt, 1926 Tochter Anna, 1934 Sohn Wilhelm Anton, genannt Willy. Karl jun. und Willy treten später in die Fussstapfen des Vaters und übernehmen dessen Seilbahnunternehmen. Die Altersunterschiede zwischen den Kindern sind gross: Der Abstand von Willy zu seiner ältesten Schwester Maria Carolina, geboren 1914, beträgt zwanzig Jahre.
Grossvater Giuseppe Garaventa (oben rechts mit Pfeife) und Vater Karl Garaventa (unten links mit Handorgel) lieben beide die Musik.
Kaum hat nun Vater Karl Garaventa den Bauernbetrieb durch Zukäufe vergrössert, wird sein Leben komplett auf den Kopf gestellt. Als er 1921 mit Pferd und Wagen einen Bahnübergang in Immensee überqueren will, scheut das Pferd. Das Fuhrwerk kippt, und Karl Garaventa wird an Brust und Lunge verletzt. Dieser Schicksalsschlag bringt die wohl entscheidende Wende: Weil das Geld für einen Kuraufenthalt fehlt, rät der Arzt zu vermehrtem Aufenthalt in guter, die Heilung fördernder Waldluft. Dies nutzt Karl Garaventa als Befreiungsschlag von der Landwirtschaft und der Käserei. Einer seiner Neffen führt das Gut weiter.
Jetzt fühlt sich Karl Garaventa frei, das zu tun, was er schon immer tun wollte. Er übernimmt wie zuvor schon sein Vater Aufträge der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) für Holzakkorde an der Rigilehne. Dort bewahrt ein grosser Schutzwald die Bahn vor Steinschlag und Schneerutsch. Dieser Wald muss gepflegt, gehegt und durch Aushiebe verjüngt werden. Karl Garaventa hilft auch mit beim Aufforsten von Waldstücken. Ein Reglement bestimmt, wann was wie zu tun ist. Beim Reisten wird das Holz in Leitbahnen ins Tal gebracht, man lässt es in einer Rinne talwärts gleiten. Manchmal werden Seile zu Hilfe genommen, um die Baumstämme zu führen. Den Schutzwald an der Rigi-Nordlehne haben die Bundesbahnen von der ursprünglichen Besitzerin, der Unterallmeind Korporation Arth (UAK), eingefordert. Per Bundesgerichtsentscheid muss die UAK im Jahr 1920 den Bundesbahnen 190 Hektar, ein Fünftel des Gebiets an der Rigilehne, zwangsweise abtreten.16
Karl Garaventa merkt bald, wie gefährlich diese Arbeit im Wald sein kann und dass das Holz bei jedem Stoss Schaden nimmt.17 Im Wissen darum, dass ein kontrollierter Transport Risiken und Schäden mindert, beginnt der Tüftler um 1928, Holzseilbahnen einzurichten. Diese Seilbahnen werden immer ausgeklügelter. Karl Garaventa nutzt die Kraft des Hangabtriebs mit geschickt umgelenkten Seilen, um Holz zur Verladestelle ins Tal zu befördern. Später hilft er zeitweise bei Remigius Niederberger in Dallenwil im Kanton Nidwalden, Holz und Baumaterial zu transportieren und Transportseilbahnen zu montieren.
Niederberger gehört zu den legendären Seilbahnpionieren aus der Zentralschweiz.18 Er gründet seine Firma 1881 als Dorfschmied und ist in den Jahrzehnten danach ein wichtiger Arbeitgeber in Nidwalden. Er beginnt vor 1900, sogenannte Heuseile für die Bauern in der Region herzustellen.19 Der Dorfschmied lötet Metallstäbe zu langen Stangen zusammen, an denen mit einem Haken ein «Heuburdli» in einem grossen Netz befestigt wird.20 An diesem Heuseil saust das «Burdli», das durchaus fünfzig Kilogramm schwer sein kann, mit grosser Geschwindigkeit zu Tal. Das Heuseil ist da und dort noch heute in Gebrauch, damit die Bauersleute das Heu nicht auf dem Rücken bergab tragen müssen. Später beginnt Niederberger, auch Seilbahnen zum Transport von Personen zu bauen. Viele davon sind Kleinseilbahnen. Dazu zählen alle Bahnen, mit denen pro Richtung maximal acht Personen befördert werden dürfen. Zu einiger Bekanntheit gebracht hat es das «Niederberger Schiffli», das zum Transport von Personen und Material an abgelegene Orte wie Bergbauernhöfe weiterhin in Betrieb ist. Dabei handelt es sich um eine Kleinseilbahn mit einer einfachen Konstruktion aus einer Art Holzkiste mit Blechdach und einem Laufwerk. Nidwalden ist heute noch ein Kanton mit einer grossen Dichte an Seilbahnen.
Bei Remigius Niederberger, dem «Schiffli»-Erfinder, verdient also auch Karl Garaventa zeitweise sein Geld. Schritt für Schritt gelingt ihm der Einstieg in die Welt der Seilbahnen, die ihn immer mehr fasziniert. Der «Maschinengrind» hat seine Berufung gefunden.
Seilbahnen – eine frühe Erfindung
Als sich Karl Garaventa in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf Seilbahnen zu spezialisieren beginnt, sind diese vor allem ein praktisches Hilfsmittel, mit dem man sich eine schwere Arbeit etwas leichter machen kann. Einfache Konstruktionen, die in ihrer Art heutigen Luftseilbahnen ähneln, gab es allerdings schon viel früher – lange Zeit bevor die Bauern in den Bergregionen der Schweiz anfingen, ihre Heuballen mithilfe eines Heuseils ins Tal sausen zu lassen. Quellen gehen davon aus, dass in China bereits um 400 v. Chr. Seilbahnen in sehr einfacher Form eingesetzt wurden, um Felsbrocken für den Bau einer Befestigungsanlage zu transportieren.21 Aus anderen Quellen geht hervor, dass schon die alten Ägypter primitive Seilzüge für den Bau der Pyramiden benutzten. Im Mittelalter sollen die Japaner Luftseilbahnen konstruiert haben, um Schluchten zu überwinden. Im 17. Jahrhundert entstanden die ersten Seilfähren zur Überquerung von Flüssen.22 Dabei mussten sich die Passagiere mit Muskelkraft vorwärtsziehen. Man weiss, dass die Seile damals aus Naturfasern bestanden, etwa aus Hanf, Jute, Flachs oder Baumwolle, und nur beschränkt belastbar waren. Ein Meilenstein war deshalb die Erfindung des Drahtseils aus verseilten Stahldrähten, die aufs Jahr 1834 datiert wird. Ab da stand der Entwicklung im Luftseilbahnbau nichts mehr im Weg.
Als erste Luftseilbahn mit Drahtseilen, die man für den Personentransport in der Schweiz einsetzte, gilt eine von Hand angetriebene Konstruktion. Sie wurde 1866 am Rheinfall bei Schaffhausen in Betrieb genommen23 und war Teil einer Transmissionsanlage der aufstrebenden Schaffhauser Industrie. Die Seilbahn bildete die Verbindung zwischen dem Rheinufer und einer Turbinenstation mitten im Fluss; sie diente den Turbinenwärtern als Transportmittel über den Rhein zu ihrem Arbeitsplatz und war nicht öffentlich. Die Anlage verfügte über vier Tragseile.24 Der Blechkasten, der als Kabine diente, konnte zwei Personen aufnehmen und wurde über ein am Kabinenkasten befestigtes umlaufendes Zugseil bewegt. Initiant war damals der Schaffhauser Uhrmacher Heinrich Moser, der mit 22 Jahren nach Russland ausgewandert war, wo er 1828 in St. Petersburg das Handelsunternehmen H. Moser & Cie. gründete.25 Ein Jahr später eröffnete er in Le Locle eine Uhrenfabrik, die den europäischen und asiatischen Markt belieferte. Zurück in der Schweiz, investierte er sein Vermögen aber auch in die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung der Region Schaffhausen. Er galt als Pionier im Bereich des Kraftmaschinenbaus vor dem Aufkommen der Elektrizität. So liess er 1863 bis 1866 ein Kraftwerk am Rhein mit einem Staudamm und der Seilbahn für die Turbinenwärter errichten. Die Turbinen des Staudamms speisten riesige Drahtseiltransmissionen. Diese wiederum übertrugen die Kraft in verschiedene Werkstätten in einer grossen Industriehalle.
Legendär ist auch die erste öffentliche Personen-Luftseilbahn, die in den Jahren nach 1900 am Wetterhorn bei Grindelwald gebaut wurde – der sogenannte Wetterhorn-Aufzug. Erbaut hat die Pendelbahn die Giesserei Bern der Ludwig von Roll’schen Eisenwerke nach einem Patent des Kölner Regierungsbaumeisters Wilhelm Feldmann. Geplant war ursprünglich, die Luftseilbahn in vier Sektionen, das heisst vier Abschnitten, auf den Gipfel des Wetterhorns zu führen.26 Erbaut wurde jedoch nur eine Sektion. 1907 wurden die ersten Fahrten und Bremsproben durchgeführt; 1908 wurde der Aufzug für den öffentlichen Verkehr freigegeben. Allerdings musste der Betrieb nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs und dem Ausbleiben der Gäste 1915 eingestellt werden. 1934 wurde der Lift demontiert. Eine der Kabinen steht heute im Verkehrshaus Luzern.
Für Berggänger, die das 3692 Meter hohe Wetterhorn besteigen wollten, war der Aufzug damals jedenfalls eine grosse Sache, wie aus dem Bericht eines Bergsteigers von 1913 hervorgeht: «Unser Führer Hueffer war ein Eingeborener von Grindelwald und hatte das Wetterhorn schon oft bestiegen, also waren wir mit Lokalkenntnis gut versehen. Als erfahrene Bergsteiger fanden wir die Mitnahme eines zweiten Führers nicht erforderlich. Wir sagten dem vortrefflichen Hotel ‹Bären› dankbar Lebewohl und marschierten eines Nachmittags die Strasse entlang, bis wir den Pfad erreichten, der zum unteren Gletscher führt. Dort erlagen wir der Versuchung und ersparten uns zwei Stunden Kletterei über diesen vielbegangenen Gletscher, indem wir den luftig aussehenden Aufzug bestiegen, der ein paar Tausend Fuss lang von vier Drahtseilen am Gletscher hinausbefördert wird. Huesser unterhielt uns mit Geschichten aus seiner Jugend, wie er als kleiner Junge Besucher über die gefährlichen Hänge geführt habe, gegen einen Lohn von zwanzig Centimes, und von seiner grenzenlosen Seligkeit, als ihm eine dicke Französin, die er aus einer zwei Fuss tiefen Spalte ‹gerettet› hatte, einen ganzen Franken dafür schenkte. Nachdem wir den Aufzug verlassen, wanderten wir den reizenden, leichten Pfad zur Gleckstein-Hütte hinauf und setzten uns, nachdem wir für unser Nachtlager gesorgt hatten, auf einen Felsen, der gerade über den Gletscher hinausragte und bewunderten die Schönheit des Panoramas von schneebedeckten Höhen.»27
Der Typ Pendelbahn – wie der Wetterhorn-Aufzug eine war – gilt als älteste Form und als «Klassiker» der Luftseilbahn.28 Dieser Luftseilbahntyp zeichnet sich dadurch aus, dass meist zwei Kabinen auf je einer aus einem oder zwei Tragseilen bestehenden Fahrbahn fahren. Bewegt werden die Kabinen mit Zugseilen, welche von einer Winde auf- und abgerollt werden oder – wesentlich häufiger – durch Zugseile, welche an den Fahrzeugen befestigt sind und durch Berg- und Talstation geführt werden. Dabei zieht die talwärts fahrende die gleichzeitig bergwärts fahrende Kabine nach oben, sodass der Antrieb in einer der Stationen nur noch die Differenz der Hangabtriebe der beiden Kabinen ausgleichen muss. Die Kabinen von Pendelbahnen pendeln somit zwischen Berg- und Talstation hin und her: Die eine fährt bergwärts, die andere bewegt sich synchron abwärts. Während Pendelbahnen früher noch mit Wasserballast bewegt wurden, werden sie heute meist durch Elektromotoren angetrieben.
In den Anfängen baut Vater Karl Garaventa (ganz rechts) vor allem Transportbahnen für Holz. Das Bild entstand 1944 in Erstfeld.
Karl Garaventa (rechts) beteiligt sich Anfang der 1940er-Jahre am Bau einer Transportbahn für das Klosterkraftwerk in Engelberg.
Vater Karl Garaventa (links) und sein Sohn Karl jun. führen an der Rigi Arbeiten in schwindelerregender Höhe aus.
Für viele Anwendungen braucht es Spezialkonstruktionen wie diesen Kabelkran von Vater Karl Garaventa in Engelberg.
Eine Alternative zur Pendelbahn ist die Umlaufbahn, bei der ein endloses, zu einer grossen Schlaufe verspleisstes Seil zwischen Berg- und Talstation verläuft. Daran sind in meist regelmässigen Abständen Fahrzeuge befestigt, die auf der in der Berg- und Talstation umgelenkten Förderseilschlaufe kontinuierlich im Umlauf bewegt werden: auf der einen Seite nach oben und auf der anderen wieder nach unten. Typische Umlaufbahnen sind Gondelbahnen, aber auch Sessel- und Skilifte.
Weil die Passagiere Zeit brauchen, um bei einer Gondel- und Sesselbahn ein- und auszusteigen, entwickelte man kuppelbare Sessel und Gondeln, die mit Klemmen am Förderseil befestigt sind. Damit konnten die Gondeln oder Sessel verlangsamt werden, um Passagiere ein- oder aussteigen zu lassen. Die kuppelbaren Klemmen lösen sich in den Stationen vom Seil und werden, auf Schienen verlangsamt, durch eine Fördereinrichtung den Ein- und Ausstieg entlangbewegt. Bei der Ausfahrt werden die Sessel beziehungsweise Gondeln wieder auf die normale Fahrgeschwindigkeit beschleunigt und die Klemmen am Förderseil angekuppelt.
Willy Garaventas Kindheit am Fuss der Rigi
Als Willy Garaventa geboren wird, ist es tiefster Winter. Am 8. Januar 1934 erblickt er im Kantonsspital Luzern das Licht der Welt. «Man erzählte mir, ich sei ein grosses, schweres Neugeborenes gewesen», sagt er. «Sechs Kilogramm brachte ich auf die Waage.» Es gibt einen Kaiserschnitt, und so kommt Willy Garaventa ohne Komplikationen zur Welt. Während heute rund ein Drittel der Kinder durch einen Kaiserschnitt geboren werden, wird diese Operation damals, in den 1930er-Jahren, nur selten durchgeführt. Die meisten Mütter gebären ihre Kinder zu Hause; ein Kaiserschnitt kommt ausschliesslich im Notfall und aus medizinischen Gründen infrage. Willy Garaventas Mutter ist allerdings zuckerkrank und schwer übergewichtig. Darum will die Hebamme in Immensee kein Risiko eingehen. Sie befindet gemeinsam mit den Ärzten im Spital, in diesem Fall sei die Indikation für einen Kaiserschnitt gegeben.
Der Vater, Karl Garaventa, verdient sein Geld nach seinem schweren Unfall mit dem Pferdefuhrwerk zunächst hauptsächlich mit Holzfällen und dem Bau von Fusswegen im Wald an der Rigi. Dazu zählen viele schmale Begehungswege, die von Förstern genutzt werden. Sie existieren noch heute, sind aber nicht als offizielle Wanderwege gekennzeichnet. Zum Schleppen der Baumstämme setzt Karl Garaventa Pferde ein; hin und wieder kommen auch andere Vierbeiner als Zugtiere zum Einsatz, etwa Rinder, Kühe oder ein Stier. Um den Transport der schweren Lasten zu erleichtern, beginnt Karl Garaventa also, die ersten einfachen Seilbahnen zu bauen. Damit kann er die Effizienz steigern. Das Geschäft läuft nicht schlecht. Jedenfalls kann er die Arbeit bald schon nicht mehr alleine bewältigen und braucht Angestellte. Karl Garaventa ist ein beliebter Arbeitgeber, denn er zahlt vier bis fünf Franken pro Tag, plus Kost und Logis. Der Arbeitstag beginnt mit dem Sonnenaufgang und hat zehn und mehr Stunden. Viele Bauern aus der Umgebung bieten ihre Dienste an, sie wollen Karl Garaventa beim Holzen unterstützen und damit ein Zugeld verdienen. «Unter den Hilfsarbeitern war ein ehemaliger Verdingbub, der mit 18 Jahren frei geworden war», erinnert sich Willy Garaventa. «Er erzählte, er habe herumgefragt, wo er eine gute Arbeit finden könne. Da habe man ihm geraten, bei Karl Garaventa anzuheuern.» Der frühere Verdingbub sagt später einmal zu Willy Garaventa, dessen Mutter Maria habe für ihn gesorgt, als sei sie seine eigene Mutter.
«Meine Mutter war eine liebevolle und gutmütige Frau», sagt Willy Garaventa. Aufgrund ihrer Diabetes-Erkrankung ist sie aber nur eingeschränkt leistungsfähig, weshalb Willy Garaventas acht Jahre ältere Schwester Anna die Mutterrolle in der Familie übernimmt. Die Mutter bringt sich ein, wo sie kann, und sie ist eine gesellige Person. Jedem, der am Hof vorbeikommt, bietet sie ein Glas Most und einen Teller Suppe an. Den Most stellt die Familie selbst her, denn zum Bauerngut gehören Kulturen mit rund 300 Apfel- und Birnbäumen. In den Genuss der mütterlichen Gastfreundschaft kommen alle, die beim Bauernhof Halt machen. Dabei unterscheidet die Mutter nicht zwischen Clochards und wohlhabenden Reisenden. «Auch mein Vater war ein wunderbarer, lieber Mensch», erzählt Willy Garaventa. «Alles, was ich kann, hat er mich gelehrt. Selbst das Kochen hat er mir beigebracht.»
Familie Garaventa, um 1940.Von links: Vater Karl, Willy Garaventas Schwester Maria Carolina, Willy, Mutter Anna Maria, Bruder Karl und Schwester Anna.
Karl Garaventa ist ein leidenschaftlicher Jäger. Er besitzt drei Hunde, die er für unterschiedliche Jagdarten einsetzt. Er schiesst Gämsen, Rehe, Hirsche, Dachse, Hasen, Marder und Füchse. Zwar ist er als Holzakkordant erfolgreich und kann sogar Arbeiter beschäftigen, doch zuweilen ist das Geld in der Familie knapp. Hunger leiden muss niemand, weil die Eltern auch mit minderwertigem Fleisch von Füchsen oder Dachsen einen Eintopf zubereiten. Marder- und Fuchsfelle sind wertvoll und werden für bis zu 120 Franken pro Stück verkauft. Hin und wieder nimmt es Karl Garaventa nicht so genau mit dem Jagdgesetz. «Der Vater besass eine Flinte, die man in vier Teile zerlegen konnte», sagt Willy Garaventa. «Die Einzelteile konnte man besonders gut im Rucksack verstecken.» Der Vater nimmt die Tiere, die er vor allem während der Kriegsjahre heimlich schiesst, im Keller oder im Schopf aus. Um nicht beobachtet zu werden, deckt er das Fenster mit Tüchern ab, bevor er die Beute zerlegt. Die Innereien vergräbt er hinter dem Haus in einem Loch.
Der Vater nimmt den Sohn zum ersten Mal mit auf die Jagd, als Willy fünf oder sechs Jahre alt ist. Einmal verfolgt der Jagdhund einen Fuchs bis in seinen Bau hinter zwei Felsen. Der Vater versucht, den Hund wieder hinter den Steinen hervorzulocken, was aber nicht gelingt. Der Hund lässt sich nicht mehr blicken. Nun fordert der Vater den Knaben auf, sich durch den Felsspalt hindurchzuzwängen, um den Vierbeiner zu holen. Der kleine Willy Garaventa weigert sich, weil er Angst hat. Erst als der Vater ein Seil an seinem Bein festbindet, lässt er sich zu dem Manöver bewegen.
Ein anderes Mal sucht der Vater nach der Jagd längere Zeit vergeblich nach einem der Hunde. Er kann nicht wissen, dass sich das Tier in ein Wildschongebiet verirrt hat und dort vom Förster erschossen wurde. Der Förster hat zwei Holzarbeiter beauftragt, den toten Hund zu vergraben. Sie müssen versprechen, niemandem von dem Vorfall zu erzählen. Bei einer feuchtfröhlichen Zusammenkunft plaudert einer der Holzarbeiter das Geheimnis jedoch aus. Als Karl Garaventa davon erfährt, klagt er den Förster ein und erkämpft für den erschossenen Hund 300 Franken Schadenersatz. Diese Erlebnisse beeindrucken Willy Garaventa, und sie prägen ihn. Die Leidenschaft für die Jagd und die Wertschätzung für Jagdhunde übertragen sich auf ihn. Aus Willy Garaventa wird später ebenfalls ein begeisterter Jäger.
Seine Eltern Karl und Maria Garaventa sind grosszügige Menschen. Bis zu zehn Holzarbeiter wohnen bei ihnen im Haus und nehmen die Mahlzeiten zusammen mit der Familie ein. Alle, die am Tisch sitzen, werden gleich behandelt. «Der Vater war im Dorf als sympathischer und kontaktfreudiger Mann bekannt», sagt Willy Garaventa. Karl Garaventa pflegt viele Freundschaften mit Einheimischen. Er engagiert sich in den Vereinen, ist eine Zeit lang Präsident der Schützengesellschaft Immensee und präsidiert die örtliche Musikgesellschaft. Er spielt jahrelang Trompete, Horn und Tuba, und auch in der Musiktheatergesellschaft ist Karl Garaventa aktiv.
Der Alltag auf dem Bauernhof ist hart, besonders im Winter. Das Wohnhaus, ein Riegelbau, ist undicht, durch die Ritzen zieht der kalte Wind. Es gibt Vorfenster, die man im Herbst einhängt und im Frühling wieder in den Keller stellt. Sie sollen die Isolation ein wenig verbessern. Trotzdem bilden sich Eisblumen an vielen Fenstern. Einige Zimmer werden mit einem Holzofen beheizt. Die Toilette besteht aus einem einfachen Plumpsklo, das sich zwischen Schopf und Wohnhaus befindet. Im Haus hat es zwei Stuben: eine Wohnstube, die von der Küche her beheizt wird und in der man sich zum Essen trifft, und eine «schöne Stube», die für besondere Anlässe bestimmt ist. Die «schöne Stube», mit erlesenem Parkettboden, ist im Winter nicht beheizt. Die Arbeit lohnt sich nicht für die wenigen Gelegenheiten, zu denen sie benutzt wird. In ihr steht aber ein Eckschrank, in dem allerlei Gift und Schnaps aufbewahrt wird.
Willy Garaventa ist drei Jahre alt, als er sich eines Tages aus Neugier an diesem Giftschrank zu schaffen macht. Was er dann tut, hat dramatische Auswirkungen auf sein ganzes Leben. «Man erzählte mir später, ich sei auf einen Stuhl gestiegen und habe die Schranktür geöffnet.» Der Dreijährige trinkt aus einer Flasche, die vermutlich mit Salpetersäure gefüllt ist. Er verätzt sich die Speiseröhre. Die Mutter, die das Verschwinden des Kleinen bemerkt und ihn gesucht hat, tritt hinzu. Als sie begreift, was passiert ist, gibt sie ihm Milch zu trinken. Willy Garaventa schafft es nicht, die Flüssigkeit zu schlucken. Auch in den folgenden Tagen bringt er nichts zu essen und zu trinken herunter. Daraufhin begleitet ihn der Vater ins Kinderspital Zürich, wo er sechs Wochen lang bleiben muss. Die Eltern haben keine Zeit, den Buben im Spital zu besuchen. Eine Schwester der Mutter besucht ihn an ihrer Stelle. Sie ist mit einem Angestellten der SBB verheiratet und kann deshalb günstiger Bahn fahren.
In den Tagen und Wochen nach dem Unglück erholt sich das verletzte Gewebe nur langsam von der Verätzung. Über viele Jahre folgen Arztbesuche und Therapien. Die Tante begleitet den Buben nun regelmässig mit dem Zug ins Kantonsspital Luzern, wo man versucht, die Speiseröhre auszuweiten: eine Prozedur, die jedes Mal sehr schmerzhaft ist. Die Folgen dieses kindlichen Missgeschicks begleiten Willy Garaventa bis heute. Sie sind die Vorboten für weitere Krankheiten, die ihn bis ins Alter belasten, sein Leben wiederholt gefährden und ihn und seine Familie immer wieder auf die Probe stellen.
Trotz dieses Unfalls mit der Salpetersäure erlebt Willy Garaventa alles in allem eine unbeschwerte, fröhliche Kindheit. Er ist ein Lausbub. Da es der Mutter die meiste Zeit nicht gut geht, ist er viel schneller als sie. Er entwischt ihr und verbringt viele Nachmittage und Abende am Zugersee. Im Sommer geht er baden, und einmal präpariert er ein altes Güllenfass so, dass er damit wie in einem Boot herumfahren kann. Auch im Winter ist er oft am See und wagt sich mit seinen Freunden aufs Eis hinaus, das sich damals noch jedes Jahr bildet.
Seine Eltern verstehen es, Geld und Lebensmittel einzuteilen und zu sparen. Einmal pro Woche kocht die Mutter in der Gusspfanne auf dem Holzherd einen halben Kuhkopf aus. Die Suppe wird mit altem, auf dem Feuer ein wenig angeröstetem Brot serviert. Die Mutter bewirtschaftet vor dem Haus einen Garten, sodass sich die Familie selbst während des Kriegs mit Gemüse und Früchten versorgen kann. Für magere Zeiten wird vorgesorgt: Das Gemüse wird eingemacht, Wildfleisch wird in Essig und Salz konserviert, die Äpfel lagern in Holzkisten mit Torfmull im Keller. Manche Lebensmittel kauft die Familie auch ein. In Oberimmensee gibt es einen kleinen Spezereiladen, in dem Polenta und Mehl verkauft werden.
Als der Vater einmal im Tessin zu tun hat, bringt er in einer Werkzeugkiste eine grössere Menge Kastanien in die Zentralschweiz. In der Zeit des Kriegs ist ein solcher Import aus einem anderen Kanton ohne Bewilligung eigentlich verboten. Karl Garaventa liefert die illegal eingeführten Tessiner Kastanien an einen Wirt, der ihm im Tausch dafür Reis und Teigwaren gibt. «Die Eltern wussten sich zu helfen und kamen in schwierigeren Zeiten immer über Runden», sagt Willy Garaventa. An grössere Streitigkeiten unter den Eheleuten kann er sich nicht erinnern. «Der Vater und die Mutter hatten es gut miteinander.»
Jugend- und Lehrjahre
Die Mutter stirbt 1946 im Spital Schwyz. Der Todesfall ist eine Zäsur im Familienleben, auch wenn Maria Garaventa schon seit vielen Jahren krank war. Der Tod der Mutter, die damals 55-jährig ist, bringt viele Veränderungen für den Vater und die Kinder. Willy Garaventa verliert als 12-Jähriger seine Mutter. Sein Bruder Karl ist damals 24-jährig, seine Schwestern Anna und Maria Carolina sind 20 beziehungsweise 32 Jahre alt. Willy Garaventa hat nur verschwommene Erinnerungen an den Todesfall und an seine Gefühle in diesen Tagen und Wochen. «Man sah es wahrscheinlich kommen, es ging ihr davor immer schlechter», sagt er. «Ein- oder zweimal habe ich die Mutter im Spital noch besucht, bevor ich erfuhr, dass sie gestorben war.»
Auf den Todesfall im Sommer folgt ein schon längere Zeit geplanter Umzug. Im Herbst siedelt Karl Garaventa mit seinen Kindern vom Bauernhaus, in dem er selbst aufgewachsen ist, in ein neues Haus um, das er nach seinen Plänen hat bauen lassen. Das Bauerngut verpachtet er. Sein neues Daheim hat er als Zweifamilienhaus konzipiert, da die Kinder zum Teil schon erwachsen sind. Das Haus der Garaventas befindet sich an der Artherstrasse, damals die Hauptverkehrsachse zwischen Arth-Goldau und Immensee. Der Verkehrslärm ist gering, es sind noch nicht viele Autos unterwegs. Regelmässig rauscht aber ein Zug unterhalb des Gebäudes vorbei, das schräg gegenüber dem Bahnhof Immensee etwas erhöht am Hang steht. Es verfügt über Aussicht auf den Zugersee und über einen grosszügigen Garten. Der Wohnbereich erstreckt sich beim Einzug der Familie über zwei Geschosse; der Dachstock wird erst später ausgebaut. Im Erdgeschoss befindet sich neben der Küche eine Stube mit einem Kachelofen, der mit Tierbildern verziert ist. Der holzgetäferte Raum ist mit zahlreichen Jagdtrophäen geschmückt.
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