Kitabı oku: «Der Samurai-Manager», sayfa 3
Der Geist der Samurai lebt weiter
Alleine von den Aussagen dieser Interviewpartner können wir ein Gespür dafür entwickeln, wie stark bis heute Teile des Samurai-Geistes noch in der japanischen Gesellschaft, Kultur und in deren Unternehmen verankert sind.
Was aber wurde aus den Samurai, welche durch die neue Waffentechnologie aus den fernen Vereinigten Staaten von Amerika ihre Bedeutung verloren hatten?
Im Jahr 1868 wurde der Shogun in Kyoto abgesetzt, seine Machtbefugnisse gingen an den Kaiser über. Dieser verlegte seinen Sitz nach Edo (heute Tokio) und hat seit diesem Zeitpunkt vorrangig repräsentative Aufgaben. 1881 waren weniger als fünf Prozent der Bevölkerung Samurai. Sie hatten aber 40 Prozent der Schlüsselpositionen im Staat, insbesondere in der Verwaltung, besetzt. Der Grund dafür war nicht ihre überdurchschnittliche Bildung, sondern vielmehr das Vertrauen, das sie in der Bevölkerung genossen, basierend auf ihren Werten, die sie und ihre Vorfahren über Jahrhunderte gelebt hatten.
Die Samurai genossen großes Vertrauen in der Bevölkerung.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden den Samurai von der Regierung Ländereien zur Verfügung gestellt, um diese gewinnbringend zu bewirtschaften. Bereits 1882 stammten 75 Prozent der Einlage der japanischen Nationalbank aus Erträgen, welche die Samurai erwirtschaftet hatten. Daher überrascht es uns wenig, dass der erste Präsident der JNB (Japan National Bank) ein ehemaliger Samurai war.
Viele vormalige Samurai ließen sich im Handel und im Schiffsbau nieder und vernetzten sich so im ganzen Land. Sie führten ihre Unternehmen nach dem Kodex der Samurai, so wie sie ihn über Generationen hinweg auch gelebt hatten. Historiker sind bis heute davon überzeugt, dass der rasche Wiederaufbau Japans nach dem Zweiten Weltkrieg und der kometenhafte Aufstieg des Landes zu den größten Wirtschaftsmächten der Welt dem Geist der Samurai zu verdanken sind. In vielen japanischen Weltkonzernen finden wir die Wurzeln von Samurai-Familien. Hier einige Beispiele.
Nomura Group
Der Gründer Tokushichi Nomura wurde 1850 als Sohn eines Samurais, welcher auch der Herr der Burg von Osaka war, geboren.11 Der derzeitige CEO der global tätigen Investmentbank und eines der weltweit führenden Brokerhäuser führt den atemberaubenden Erfolg des Unternehmens auf den „Code of Ethics“ zurück. Dieser ist in 20 Punkte gegliedert und deckt sich stark mit den Werten, welche der Unternehmensgründer von seinem Vater in Form des Samurai-Kodex vorgelebt bekommen hat.
Sumitomo Corporation
Das Unternehmen zählt heute zu den Weltmarktführern in der Elektronikindustrie. Seine Geschichte geht zurück bis ins 16. Jahrhundert, als der Gründer Masatomo Sumitomo als Sohn eines Samurais aus Osaka erwähnt wird.12 Über Jahrhunderte hinweg prägte das Unternehmen ethische Grundsätze für den Umgang mit Waren, Dienstleistungen und Menschen. Die Ziele von Stärke und Wohlstand gründeten sich auf Werte wie Integrität, Flexibilität, Vorsicht und Gewinnstreben, ohne gegen nationales und öffentliches Interesse zu verstoßen. Die langfristige Entwicklung steht vor kurzfristigem Gewinn. Sumitomo erzielt auch heute noch, trotz aller Krisen bei japanischen Unternehmen, Milliardengewinne und gibt somit dem Begründer Recht.
Continental Airlines
Als Gordon Bethune CEO von Continental Airlines wurde, stand das Unternehmen kurz vor der Pleite. Jeder, der die Geschichte von Continental Airlines kennt, weiß, dass der Vorstandvorsitzende in den Jahren des Turnarounds die Reinkarnation eines Samurai-Kriegsherrn war. Er konzentrierte sich auf das Wesentliche und agierte extrem pragmatisch: „Wenn du im Pizzageschäft bleiben willst, musst du früher oder später eine gute Pizza abliefern. Wenn man eine Fluggesellschaft betreiben will, muss man erstens die Menschen pünktlich ans gewünschte Ziel bringen, zweitens das Gepäck gleichzeitig mit dem Kunden abliefern, drittens lächelnde Mitarbeiter haben. That’s it!“13
Alles, was er von seinen Mitarbeitern erwartete, war er bereit, auch selbst zu tun. Er handelte streng nach dem Motto „Go first“. Seine Aussagen waren gleichzusetzen mit der Tat, eine der Tugenden, welche den Samurai über fünf Jahrhunderte höchstes Ansehen einbrachten. Gordon Bethune hat mit der Implementierung des Samurai-Kodex in die Fluggesellschaft bewiesen, welche Nachhaltigkeit Werte im Unternehmen erzeugen können, und das Unternehmen wieder zur ertragreichsten Fluglinie der Vereinigten Staaten von Amerika gemacht.
Es gibt bis heute keinen Manager-Kodex
Der Politik von heute fehlt es an Samurai, sie wird von Söldnern betrieben! 14
Diese Aussage des Grazer Bürgermeisters Mag. Siegfried Nagl hat mich beflügelt, das Projekt „Der Samurai Manager“ voranzutreiben. Wir sehen, dass das Thema „Werte“ in allen Gesellschaftsschichten präsent ist und eine fundamental wichtige Rolle einnimmt. Wenn wir uns nicht an Werten orientieren, woran denn sonst? In vielen Interessengemeinschaften gibt es einen Kodex: Bei den Ärzten beispielsweise den Hippokratischen Eid. Aber auch die meisten Armeen, die Pfadfinder und auch die Rechtsanwälte haben Leitbilder, an denen sie sich orientieren. Für Manager hat sich nichts dergleichen entwickelt und das ist ein Problem.
So wie jedes geschäftliche Ziel in weiterer Folge eine Vision in sich trägt, braucht ein Manager nicht nur eine Vorstellung, was er werden will, sondern vor allem, wie er werden soll. Mit welchem Führungsmodell setzt er seine Ziele durch? Wie sieht seine Leitlinie aus, die ihn auch in schwierigen Zeiten sicher führt? Er benötigt etwas, das ihm Halt gibt, einen Kodex.
Der Manager braucht einen Kodex!
Der Samurai-Kodex ist eine jahrhundertealte Verhaltensrichtlinie und hat keine festgelegte Form. Die Richtlinie, wie wir sie heute verstehen, leitet sich vom „Bushido“ ab. Bushido – japanisch 武士道, wörtlich: „Weg (dō) des Kriegers (Bushi)“ – bezeichnet den Verhaltenskodex und die Philosophie des japanischen Militäradels im späten Mittelalter – der Samurai. Seine Popularität und Bekanntheit verdankt der Begriff in besonderer Weise dem 1899 in englischer Sprache erschienen Werk Bushido – the Soul of Japan von Inazo Nitobe.15
Demnach ist Bushido ein ungeschriebener Kodex:
Bushido ist also der Kodex jener moralischen Grundsätze, welche die Samurai beobachten sollten. Es ist kein in erster Linie schriftlich fixierter Kodex; er besteht aus Grundsätzen, die mündlich überliefert wurden und nur teilweise aus der Feder wohlbekannter Ritter oder Gelehrter flossen. Vieles davon spiegelt sich bereits im ‚Buch der fünf Ringe‘ vom Samurai Fechter und Philosophen Myamoto Musashi (16. Jh.) wider. Wu Sunzi weist in seinem bis heutigen Bestseller ‚Die Kunst des Krieges‘ bereits 300 vor Christus auf ähnliche Prinzipien hin. Es ist ein Kodex, der wahrhafte Taten heiligspricht, ein Gesetz, das im Herzen geschrieben steht. Bushido gründet sich nicht auf die schöpferische Tätigkeit eines fähigen Gehirnes oder auf das Leben einer berühmten Person. Es ist vielmehr das Produkt organischen Wachsens in Jahrhunderten militärischer Entwicklung.16 (…)
„Bushido ist ein Kodex, der wahrhafte Taten heiligspricht, ein Gesetz, das im Herzen geschrieben steht.“
1.3 Die Werte der Samurai in Bezug auf unser Geschäftsleben
In den beiden folgenden Interviews wird ersichtlich, welche Stellung Werte im Management einnehmen können. Im ersten Fall wurden Werte unter beträchtlichem Aufwand global in einem Unternehmen implementiert. Im zweiten Fall wurden Werte im Büro visualisiert und prägen das Handeln eines Topmanagers.
Am 14. September 2012 lernte ich beim Weltkongress für Personal- und Wertediagnostik in München Thomas Perlitz von der Gerresheimer AG Deutschland kennen. Er war ebenso wie ich Vortragender bei dieser Veranstaltung und sein Input zum Thema „Werte im Management“ hat mich tief beeindruckt. Ich erzählte ihm von meinem Buch und er sagte mir ohne zu zögern einen Termin für ein Interview zu.
THOMAS PERLITZ
© Alexander Vejnovic
Global Human Resources, Gerresheimer AG
Sie tragen als Personalchef die globale Verantwortung für die Personalentwicklung von mehr als 11.000 Mitarbeitern bei der Gerresheimer AG und setzen in einer Zeit, in der Shareholder- und Stakeholder-Value17 dominieren, auf Werte in der Unternehmensführung. Ist das nicht ein Wunschdenken?
Nein. Wir haben ja Shareholder-Value und Stakeholder-Value: Da muss man unterscheiden. Die vergangenen fünfzehn, zwanzig Jahre waren geprägt durch das reine Shareholder-Value-Denken: Quartalsergebnis abliefern, Börsenerwartungen erfüllen, fertig. Hier gab es in den letzten Jahren viele, die sich davon distanziert haben. In Deutschland sind wir dem Shareholder-Value auch nicht so „sektenhaft“ hinterhergelaufen, im Speziellen familiengeführte Unternehmen nicht. Inzwischen erlebe ich auch bei amerikanischen Unternehmen ein wenig stärker den Wandel hin zu einer ehrlicheren Stakeholder-Value-Orientierung. Dort finden alle Partner, am Unternehmen Beteiligte oder Einwirkende ihr Recht und damit rutscht auch das Thema Werteorientierung wieder mehr auf die Agenda. Ich war auch schon in der Zeit, in der das Thema Shareholder-Value sehr hoch gehalten wurde, jemand, der immer propagiert hat, dass gerade auch in dieser Zeit eine klare Werteorientierung die Mitarbeiter mitziehen kann und damit Wert entsteht. Mein Motto ist ja „Werte schaffen Wert“. Dadurch wird positive Energie erzeugt, die beim Kunden ankommt, dadurch entsteht Kundenbindung und Unternehmensergebnis.
Gehen wir nun vom Allgemeinen ins Detail zu Ihrem Unternehmen: Welche Werte haben bei Ihnen – in Ihrem Unternehmen – besondere Bedeutung und warum?
Wir haben uns in einem Prozess, also unter Einbeziehung der Mitarbeiter aus der ganzen Welt, in mehreren Runden getroffen und herausgearbeitet: Wo kommt die Gerresheimer her? Wo wollen wir hin? Was macht uns stark? Dadurch entstand eine Reihe von Werten. Wir haben uns am Ende auf fünf Werte verständigt, denen wir mehr Bedeutung geben wollen. Hier ist es häufig so, dass Unternehmen ja ähnliche Werte haben. Es kommt entscheidend darauf an, wie man diese nachhaltig implementiert und dann auch lebt. Bei der Gerresheimer sind es folgende Werte: Integrität, Höchstleistungen, Innovation, Verantwortung und Teamwork. Für uns besondere Bedeutung hat das Thema Integrität, weil darin Ehrlichkeit enthalten ist.
Jetzt stehen Sie natürlich vor einer riesen Herausforderung, als Personalchef von 11.000 Mitarbeitern bei einem global organisierten und agierenden Konzern. Wie funktioniert die Werteimplementierung bei so vielen verschiedenen Kulturen?
Entscheidend war, dass wir dieses Thema nicht „top down“ angegangen sind, sondern dass wir bereits bei der Erarbeitung weltweit Führungskräfte und Mitarbeiter unterschiedlichster Nationalitäten, Hierarchiestufen und so weiter zusammengeholt haben. Wir haben dadurch schon in der Entstehungsphase darauf geachtet, dass vieles an Fragen und Ideen hineinkommt, aus den unterschiedlichsten Kulturen und Blickwinkeln. Bei der Implementierung in ein Unternehmen mit weltweit 47 Standorten gab es eine klare Vorgabe: Für die fünf Werte gibt es alters- und kulturell bedingt unterschiedliche Interpretationen. Es war uns schnell klar, dass die Implementierung nur so erfolgen kann, dass wir einen Rahmen setzen und innerhalb dieses Rahmens jedes Land, jedes Werk der eigenen Kultur entsprechend gewisse Spielräume hat, um eine eigene Definition von Integrität, Innovation oder auch Teamwork zu finden. Verbindlich war aber für jedes Werk, dass alle Mitarbeiter in Workshops trainiert werden müssen, und dies innerhalb eines Jahres.
Wir haben die Werke aufgefordert, ihre eigene Implementierung zu gestalten, die wir dann global überwacht haben. Dadurch haben sie eine viel, viel höhere Identifikation und auch Auseinandersetzungen mit dem Thema, als wenn wir es sozusagen „top down“ in die Organisation gedrückt hätten.
Wenn ich jetzt den Bogen spannen darf von Ihrer Welt in meine Welt: Sie hatten ja bei meinem Vortrag beim „Weltkongress für Wertediagnostik“ in München meinen Ausführungen aufmerksam zugehört. Wo finden Sie Parallelen zwischen meiner Sichtweise und Ihren Ansätzen?
Also am Anfang, wenn man so die plakative Überschrift gelesen hat, sich natürlich auch mit der asiatischen Kultur befasst und auch das Thema Samurai immer nur durch – wenn Sie so wollen – Berichte oder Fernsehfilme wahrgenommen hat, sind sie ja niemals auf den wirklichen Hintergrund oder auf die wirkliche Entstehungsgeschichte und damit auch auf den Wert des Themas des Samurais gekommen. Der Begriff „Samurai“ wird herkömmlich ja immer im kriegerischen Zusammenhang dargestellt und man erfährt gar nicht, was wirklich dahintersteckt. Das war für mich dieser ganz, ganz große „Aha-Effekt“: Was steckt denn da wirklich dahinter und vor allem, welche Konsequenzen resultieren daraus für mich als Führungskraft, als Personalverantwortlicher? Der Samurai war häufig allein und auf sich gestellt, insofern musste er eine Veränderung bei sich beginnen. Wenn wir etwas verändern wollen, müssen wir auch bei uns beginnen. Diese Parallele fand ich extrem spannend.
Ich habe letztes Wochenende einen Samurai Manager-Durchgang, sprich ein Samurai Manager-Seminar gemacht. Ein dreitägiges, mit Topführungskräften von Mazda, und es ist üblicherweise nicht meine Art, bei einem Seminar zu fragen: Was erwarten sich die Teilnehmer vom Seminar? Weil es sehr abgedroschen ist. Wenn man aber zum Samurai Manager geht, dann ist diese Frage berechtigt. Die Motive der Teilnehmer waren sehr unterschiedlich. Jedoch mehr als die Hälfte der Teilnehmer hat gesagt, der Titel habe sie sehr angesprochen. Was war Ihr erstes Gefühl, Ihre erste Reaktion auf den Titel „Der Samurai Manager“?
Ähnlich, wie Sie das angedeutet haben. Ich habe so etwas wie „Wie passt denn das nun zusammen?“ empfunden. Also ich hatte ganz ehrlich gesagt einen riesig großen Aha-Effekt. Weil ich eben durch Fernsehfilme oder Berichte auf die Wahrnehmung über das Thema „Samurai“ eher auf Kampfkunst oder Ähnliches programmiert war. Die man sich mit einer hohen Disziplin erarbeiten muss. Aber auf welchem Fundament das steht oder wo es herkommt und was vor allen Dingen die wirklichen Inhalte sind, war für mich beeindruckend. Eine ähnliche Geschichte – das ging mir da durch den Kopf – wie wenn Sie das Thema „Knigge“ betrachten. Wenn man sich mit der Vergangenheit von Herrn Knigge befasst, war er ein Philosoph und ein sehr breit denkender Mensch. Er wird heute oft darauf reduziert, dass er die Benimmregeln am Tisch formuliert hat. Und dieses Bild hat man in den Köpfen, wenn man sich nicht tiefer damit auseinandersetzt. Und so hatte ich eben auch ein Kampfbild im Kopf und Sie konnten mich zum Glück „umprogrammieren“.
Das freut mich. Ich bleibe jetzt noch ganz kurz beim Thema: Eine der Kernaussagen des Samurai Manager-Programms ist es, dass Intuition eine wichtige Kompetenz einer Führungskraft ist und dass diese Fähigkeit verbesserbar ist. Stimmen Sie dem zu?
Ja, verbesserbar oder vielleicht kann man auch sagen „revitalisierbar“. Damit meine ich: Intuition haben wir vielfach verlernt, weil sie nicht gefordert wurde. Ich glaube, dass sie ganz tief in uns drinnen steckt. Ein ganz einfaches Beispiel: Wir haben in Indien eine Fabrik zugekauft, und wir machen medizinische Verpackungsprodukte aus Glas und auch aus Kunststoff. Und dort haben wir eine Glasfabrik gekauft. Jetzt stellen Sie sich vor, die Mitarbeiter laufen dort in der Glasfabrik ohne Schuhe herum! Jetzt kommen wir dort als Europäer hin, als Deutscher, und sagen: „Mein Gott, das geht doch gar nicht. Sie brauchen doch Sicherheitsschuhe!“ Und dann überlegen wir: „Wie implementiere ich nun Sicherheitsschuhe, wie mache ich das?“, und dann sagen Ihnen plötzlich die Mitarbeiter: „Wir wollen keine Schuhe.“
„Das geht gar nicht“, denken Sie im ersten Augenblick. Und wenn Sie das dann weiter hinterfragen, dann kommen Sie auf den Kern. Dann sagen sie Ihnen: „Sie berauben uns eines weiteren Sinnesorgans.“ Durch das Barfußlaufen haben sie eine zusätzliche Sinneswahrnehmung, die wiederum im übertragenen Sinne vielleicht auch die Intuition stärkt. Und ich bin davon überzeugt, dass wir, wenn wir wieder mehr lernen auf uns zu hören, auch bessere Entscheidungen treffen. Insofern bin ich eher der Meinung: Lassen Sie uns die Intuition zuerst revitalisieren und dann weiter trainieren.
Ich möchte noch eine generelle Frage stellen: Sie haben im Zusammenhang mit dem Thema „Führung/Führungskraft“ sehr stark auch den Wert Integrität herausgestrichen. Als Manager eines Konzerns: Was ist Ihre persönliche Meinung, in einem Satz ausgedrückt? Was zeichnet eine Topführungskraft aus?
Für mich sind zwei Komponenten ganz wichtig: Authentizität und mit Leidenschaft Mitarbeitern Orientierung geben.
Das folgende Interview entstand im Umfeld einer Veranstaltung in Warschau. Ich hatte die Ehre, Gast zu sein, als Dr. Włodzimierz Kwiecinski in der japanischen Botschaft eine hochrangige Auszeichnung verliehen wurde. Ein langjähriger Schüler von ihm, Sławomir Jędrzejczyk, polnischer Meister im Traditionellen Karate und heute CFO der Orlen Group (eine der größten Ölgesellschaft Zentraleuropas), war ebenso eingeladen. Dadurch hatten wir Gelegenheit, uns ausführlich über Budo-Prinzipien im Management auszutauschen. Dr. Kwiecinski ist der Gründer des „Dojo Stara Wieś“. Es handelt sich hierbei um das weltweit größte Zentrum für Entwicklung traditioneller Kampfkünste. Das Zentrum steht unter der Patronanz von Friedensnobelpreisträger Lech Wałęsa.
SŁAWOMIR JĘDRZEJCZYK
CFO Orlen Group
Ist eine Managementstrategie, welche auf Werten und Prinzipien der Samurai basiert, in einem Unternehmen, welches nach Gewinnmaximierung für die Eigentümer trachtet, realistisch?
Absolut. Zunächst bin ich persönlich der festen Überzeugung, dass ein Mensch oder auch ein Unternehmen nur dann erfolgreich sein kann, wenn es bestimmte Werte und Prinzipien verfolgt. Die globalen Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen, machen es mehr und mehr notwendig, wieder auf Werte zu setzen. Erfreulicherweise stelle ich verstärkt fest, dass diese Werte sich stark an die Werte der Samurai annähern. Wir kommen wieder zurück zu den Wurzeln, wo Integrität, Fokussierung, Entschlossenheit und Respekt der Schlüssel für Erfolg als Individuum und als Unternehmen sind.
Als Sie das erste Mal vom Samurai Manager-Programm hörten: Was war Ihre Reaktion?
Ich habe beides praktiziert. Ich betreibe Karate und ich bin seit einigen Jahren ein Manager. Ich dachte, dies ist ein Konzept, das ich näher studieren sollte. Ich las mich in die Thematik ein und kam schnell zu der Erkenntnis, dass mich, aber auch mein Unternehmen, das Samurai Manager-Programm weiterbringen kann.
Wie passt das Samurai Manager-Programm zum Dojo Stara Wieś?
Die Location Dojo Stara Wieś ist perfekt für dieses Programm, da man schon beim Eintreffen das Gefühl hat, in einem japanischen Dorf zu sein, in dem die Zeit stehengeblieben ist. Es gibt dort keine Ablenkung, die ganze Konzentration geht auf die persönliche Weiterentwicklung für Geist, Körper und auch Seele. Für viele, welche das erste Mal in einem Karate Gi (Karate-Anzug) sind und Karate trainieren, ist es ein überwältigendes Gefühl, gestärkt von einem gigantischen Ausblick in die Weite des Landes. Ich kann mir vorstellen, dass sich viele wie ein Samurai fühlen.
Warum glauben Sie, hat Lech Wałęsa die Patronanz für das Dojo übernommen?
Lech Wałęsa ist ein großartiger Pole. Er hat gekämpft für die Wende in Polen und für die Wende in der Welt. Auf Basis von Werten hat er eine bessere Welt geschaffen. Ich denke, er war vom Konzept des Dojo Stara Wieś beeindruckt und war überrascht, dass die Prinzipien im Budo eine so hohe Übereinstimmung mit seinem Wertesystem haben.
Es gibt ganz wenige Gegenstände in Ihrem Büro. Einer davon ist eine Wandtafel mit dem Dojo Kun (Dojo-Regeln).
Warum? Mein neues Büro beschränkt sich auf das Wesentliche und das im japanischen Stil. An der zentralen Wand hängt der Dojo Kun. Er soll mich, meine Mitarbeiter und meine Gäste an die großartigen Werte des Traditionellen Karate erinnern. Und es funktioniert tatsächlich. Oft, bevor wir mit einer Besprechung beginnen, überlegen wir, wie wir uns als Mensch und charakterlich weiterentwickeln können, wie wir den Weg der Wahrheit gehen können, wie wir unser Bemühen verbessern können, wie wir respektvoller miteinander umgehen können und wie wir Gewalt vermeiden können.
Wie können Sie von der Kampfkunst im Geschäfts- und auch im Privatleben profitieren?
Ich bin sicher, dass regelmäßiges Üben in einer Kampfkunst uns einen gesamtheitlichen Zugang verschafft. Wir trainieren Geist, Körper und Seele. Definitiv hilft dies, einen hohen Energielevel zu halten. Zielverfolgung und Entschlossenheit sind essenziell in der Welt, in der wir leben, wo alles so schnell geht und gehen muss. Wir werden zugeschüttet von unwesentlichen Dingen. Budo-Training hilft uns, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden und aus einem ruhigen Geist heraus die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Sie waren einer der Topathleten im polnischen Karate-Nationalteam. Jetzt sind Sie eine der Topführungskräfte eines riesigen Ölunternehmens. Was ist Ihr Geheimnis?
Ich denke, ich habe das Geheimnis bereits gelüftet. Du brauchst etwas, an das du glauben kannst. Dem musst du folgen, als wäre es deine Bestimmung, mit einem klaren Fokus und voller Entschlossenheit, jedoch immer basierend auf nachhaltigen Werten als rotem Faden. Natürlich braucht man auch von Zeit zu Zeit etwas Glück. Aber wenn man die Werte hochhält, hat man das Glück des Tüchtigen.
Wenn Sie Entscheidungen treffen, hören Sie auf Ihre Intuition?
Ich habe einen technischen und betriebswirtschaftlichen Hintergrund. Deshalb muss ich mich stark auf Fakten und Tatsachen konzentrieren. Je länger ich jedoch im Management tätig bin, desto mehr gelange ich zur Überzeugung, dass ich mich auf mein Gefühl verlassen kann. Aus diesem Grund liebe ich auch den Spruch aus dem Samurai Manager-Programm: „you feel. you go.“ Es ist so einfach, aber dieser Slogan beschreibt sehr klar, wie wir unsere Entscheidungen treffen sollten, insbesondere auch privat. Wir wissen, in komplexen Unternehmen mit unterschiedlichen Führungspersönlichkeiten ist es entscheidend, eine gute Balance zwischen Intuition und logischer Annäherung zu finden.
Glauben Sie, dass die Intuition durch Training der Prinzipien aus den Kampfkünsten verbessert werden kann?
Die Kampfkunst bereitet uns für einen realen Kampf vor. Für Situationen, in denen wir keine Zeit haben nachzudenken, wo wir aus der Intuition heraus agieren müssen. Aus meiner persönlichen Erfahrung, als ich noch Athlet war, waren die besten Techniken jene, bei denen ich mich nachher nicht mehr erinnern konnte, wie es dazu kam. Es passierte einfach – reine Intuition. Intuition kann definitiv trainiert werden. Ich musste eine Menge Schmerzen, Schweiß und manchmal auch Blut ertragen, aber es hat sich wirklich ausgezahlt.