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Friede von Münster und Osnabrück – Westfälischer Friede 1648 (Auswahl)
Art. V, 1 Bestätigung des Augsburger Religionsfriedens
Der im Jahre 1552 zu Passau geschlossene Vertrag sowie der wenig später im Jahre 1555 geschlossene Religionsfriede, der 1566 zu Augsburg und hernach auf verschiedenen Reichstagen des Hl. Römischen Reichs bestätigt wurde, soll mit allen seinen Artikeln in der Form, in der diese mit einmütiger Zustimmung des Kaisers, der Kurfürsten, Fürsten und Stände beider Konfessionen angenommen und beschlossen wurden, als gültig anerkannt und als heilig und unverletzlich eingehalten werden.
Was aber hinsichtlich einiger streitiger Artikel im gegenwärtigen Vertrag durch einstimmigen Beschluss der Parteien festgelegt worden ist, soll als eine für immer gültige Auslegung des besagten Friedens angesehen werden, die sowohl bei Gericht als auch anderen Orts zu beachten ist, bis man sich durch Gottes Gnade über die Religionsfragen verglichen haben wird, unbeschadet des von Geistlichen oder Laien innerhalb oder außerhalb des Reiches zu irgendeiner Zeit erhobenen Widerspruchs oder Protests, der kraft gegenwärtigen Vertrages insgesamt für unwirksam erklärt wird.
In allen übrigen Punkten aber soll zwischen sämtlichen Kurfürsten, Fürsten und Ständen beider Bekenntnisse vollständige und gegenseitige Gleichheit, wie sie der gesamten Verfassung des Reiches, den Reichsgesetzen und dem gegenwärtigen Vertrag gemäß ist, herrschen, und zwar in der Weise, dass das, was für den einen Teil Recht ist, auch für den anderen Teil Recht sein und alle Gewaltanwendung, wie überall so auch hier, zwischen beiden Parteien für immer untersagt sein soll.
Art. V, 2 Normaltag – Stichtag für Restitutionen
Der Stichtag für die Restitution in geistlichen Angelegenheiten sowie für das, was als deren Folge in den weltlichen Angelegenheiten verändert wurde, soll der 1. Januar 1624 sein. Es soll daher die Wiedereinsetzung aller Kurfürsten, Fürsten und Stände beider Konfessionen unter Einschluss der freien Reichsritterschaft sowie der reichsunmittelbaren Städte und Dörfer vollständig und ohne jeden Vorbehalt geschehen, wobei alle in der Zwischenzeit in diesen Angelegenheiten ergangenen, veröffentlichten und vollzogenen Urteile, Verfügungen, Vergleiche, Verträge, Zuwendungen und andere Rechtsgeschäfte sowie alle Vollstreckungen als unwirksam anzusehen sind und alles auf den Stand des vorerwähnten Jahres und Tages zurückzuführen ist.
Art. V, 7 Verwaltung von Kirchen und Schulen
Jedem Teil soll die Verwaltung seiner Kirchen und Schulen vorbehalten bleiben; diejenigen Katholiken aber, die zur Zeit dieses Friedensschlusses über die oben vereinbarte Anzahl hinaus in Behörden und Ämtern sind, sollen zwar in jeder Hinsicht ihre früheren Ränge und ihre früheren Vorteile behalten dürfen, jedoch so lange zu Hause bleiben oder, wenn sie einmal im Rat anwesend sein sollten, keine Stimme haben, bis ihre Stellen entweder durch Tod oder durch Verzicht frei geworden sind.
Art. V, 8 Verbot der Unterdrückung Andersgläubiger
Keine von beiden Parteien soll die Amtsgewalt der Angehörigen ihres Bekenntnisses zur Unterdrückung des anderen Teils missbrauchen oder sich herausnehmen, unmittelbar oder mittelbar eine größere Anzahl von Glaubensgenossen in die Ämter von Stadtpflegern, Ratsherrn oder anderen öffentlichen Funktionen einzusetzen; vielmehr soll alles, was zu irgendeiner Zeit oder auf irgendeine Art und Weise versucht worden ist, unwirksam sein.
Art. V, 14 Vorrang des Vertrages über einzelne Streitigkeiten
Was die reichsunmittelbaren geistlichen Herrschaften betrifft, es mögen Erzbistümer, Bistümer, Prälaturen, Abteien, Balleien, Probsteien, Komtureien oder freie weltliche Stifter oder andere sein, so sollen diese einschließlich ihrer Einkünfte, Zinsen und sonstigen Rechte, welche Bezeichnung diese auch haben mögen, ob sie von katholischen Reichsständen oder solchen der Augsburgischen Konfession am 1. Januar 1624 besessen worden sind, samt und sonders und ohne jede Ausnahme von den Angehörigen jenes Bekenntnisses, die sie zum Stichtag rechtmäßig innegehabt haben, so lange ungestört und uneingeschränkt besessen werden, bis man sich wegen der Glaubensspaltung mit Gottes Gnade endgültig verglichen hat; und es soll keinem von beiden Teilen erlaubt sein, deswegen einen gerichtlichen oder außergerichtlichen Rechtsstreit zu führen oder den anderen in irgendeiner Weise zu stören oder ihm irgendein Hindernis in den Weg zu legen. Wenn aber, was Gott verhüten möge, wegen der Religionsstreitigkeiten ein gütlicher Vergleich nicht erzielt werden kann, so sollen dieser Vertrag und dieser Friede für immer und ewig Geltung haben.
Art. V, 30 Recht zur Auswanderung
Was ferner die Grafen, Freiherrn, Adeligen, Vasallen, Städte, Stiftungen, Klöster, Kommenden, Gemeinden und Untertanen der geistlichen und weltlichen Reichsstände betrifft, so ist, da diesen reichsunmittelbaren Ständen neben der Landesherrschaft nach allgemeinem Reichsherkommen auch das Reformationsrecht zusteht und den Untertanen dieser Reichsstände schon seit dem Religionsfrieden das Recht der Auswanderung für den Fall gewährt worden ist, dass sie anderen Bekenntnisses als der Landesherr sind, und überdies zum Zwecke der Aufrechterhaltung größerer Eintracht unter den Ständen Vorsorge getroffen wurde, dass keiner die Untertanen des anderen zu seinem Bekenntnis herüberziehen oder deswegen in Schutz und Schirm nehmen oder ihnen auf andere Weise Hilfe leisten soll, ist bestimmt worden, dass diese Vorschrift auch künftig von den Ständen beider Bekenntnisse beachtet und keinem Reichsstand das Recht, das ihm gemäß der Landeshoheit in Religionssachen zusteht, geschmälert werden soll.
Art V, 34 Freiheit der Religionsausübung
Ferner ist man übereingekommen, dass die der Augsburgischen Konfession angehörenden Untertanen katholischer Stände wie umgekehrt katholische Untertanen von Ständen der Augsburgischen Konfession, denen im Jahre 1624 zu keinem Zeitpunkt die öffentliche oder private Religionsausübung zustand, wie auch die, die nach der Verkündung des Friedens künftig ein anderes Glaubensbekenntnis annehmen oder annehmen werden als ihr Landesherr, mit Nachsicht geduldet und nicht daran gehindert werden sollen, sich in vollständiger Gewissensfreiheit in ihren Häusern ihrer Andacht ohne jede Nachforschung und ohne jede Beeinträchtigung privat zu widmen, in der Nachbarschaft so oft und wo immer sie wollen am öffentlichen Gottesdienst teilzunehmen und ihre Kinder entweder in auswärtigen Schulen ihres Bekenntnisses oder zu Hause von Privatlehrern unterweisen zu lassen. Doch sollen Landsassen, Vasallen und Untertanen im Übrigen ihre Pflicht in schuldigem Gehorsam und Unterordnung erfüllen und zu keinerlei Unruhen Anlass geben.«
Art. VII, 1 Gleichstellung des reformierten Bekenntnisses
Mit einhelliger Zustimmung der Kaiserlichen Majestät und aller Reichsstände ist außerdem bestimmt worden, dass alle Rechte oder Vergünstigungen, die neben anderen Reichsgesetzen vor allem der Religionsfriede und dieser öffentliche Vertrag sowie in ihm die Regelung der Religionsbeschwerden den der katholischen und der Augsburgischen Konfession angehörenden Stände und Untertanen gewähren, auch denen zukommen sollen, die als Reformierte bezeichnet werden; sämtlich jedoch mit Vorbehalt der Verträge, Privilegien, Reversalien und anderen Bestimmungen, die die sogenannten protestantischen Stände unter sich und mit ihren Untertanen abgeschlossen haben und in denen alles, was wegen der Religion und deren Ausübung sowie dessen, was damit zusammenhängt, für die Stände und Untertanen eines jeden Ortes unbeschadet der Gewissensfreiheit eines jeden bestimmt worden ist.
Art. VIII, 1 Bestätigung der Rechte der Untertanen
Damit aber Vorsorge getroffen sei, dass künftig keine Streitigkeiten in Bezug auf die Verfassung entstehen, sollen sämtliche Kurfürsten, Fürsten und Stände des Römischen Reiches in ihren alten Rechten, Vorrechten, Freiheiten, Privilegien, der ungehinderten Ausübung der Landeshoheit sowohl in geistlichen als auch in weltlichen Angelegenheiten, Herrschaften, Regalien sowie in deren Besitz Kraft dieses Vertrages derart bestätigt und bekräftig werden, dass sie von niemandem jemals unter irgendeinem Vorwand tatsächlich beeinträchtigt werden können oder dürfen.
Art. VIII, 2 Gewährung der Landes- und Vertragshoheit
Ohne jede Einschränkung sollen sie das Stimmrecht bei allen Beratungen über Reichsgeschäfte haben, namentlich, wenn Gesetze zu erlassen oder auszulegen, Kriege zu beschließen, Abgaben vorzuschreiben, Werbungen oder Einquartierungen von Soldaten zu veranlassen, neue Befestigungen innerhalb des Herrschaftsgebietes der Stände im Namen des Reiches zu errichten oder alte mit Besatzungen zu versehen, Frieden oder Bündnisse zu schließen oder andere derartige Geschäfte zu erledigen sind; nichts von diesen Angelegenheiten soll künftig jemals geschehen, ohne dass die auf dem Reichstag versammelten Reichsstände freiwillig zugestimmt und ihre Einwilligung gegeben haben.
Insbesondere aber soll den einzelnen Ständen das Recht zustehen, unter sich oder mit Auswärtigen zu ihrer Erhaltung und Sicherheit Bündnisse zu schließen, jedoch in der Weise, dass sich solche Bündnisse nicht gegen den Kaiser, gegen das Reich und dessen Landfrieden oder insbesondere gegen diesen Vertrag richten, vielmehr so beschaffen sind, dass der Eid, durch den jeder von ihnen Kaiser und Reich verpflichtet ist, in allen Teilen unberührt bleibt.«
Eines der wichtigsten Ergebnisse im Vertrag war in Bezug auf die Konfessionsfrage die Gewährung der Gleichberechtigung von drei Konfessionen. Der Augsburger Religionsfriede von 1555 wurde wiederhergestellt und auf die Calvinisten ausgedehnt. Die Restitution der geistlichen und weltlichen Rechtsverhältnisse wurde gemäß dem »Normaltag« des 1. Januar 1624 festgelegt, die Protestanten konnten alle geistlichen Besitzungen behalten, die vor 1624 säkularisiert worden waren. Es galt die Konfessionszugehörigkeit dieses Stichtages, spätere Wechsel waren zu tolerieren. Die Reichsstände behielten ihre Kirchenhoheit, durften aber andersgläubige Untertanen nicht diskriminieren, diese durften ihren Glauben privat ausüben. Der Landesherr legte, wie schon 1555 geregelt, die Religion seines Territoriums fest. Wer diese Religion nicht annehmen wollte, konnte oder musste auswandern.
Geistliche katholische Fürsten durften nicht zum Protestantismus wechseln. Der »geistliche Vorbehalt« sah vor, dass katholische Fürsten bei einem Konfessionswechsel ihr Amt als Landesherr verloren.
Die Reichsverfassung wurde so umgewandelt, dass keine Konfession die andere dominieren konnte. Auf Reichstagen galt in Religionssachen nicht mehr das Mehrheitsprinzip, das bislang den katholischen Reichsständen einen Vorteil verschafft hatte, sondern ein Zwang zur »freundschaftlichen Einigung« der beiden Religionsparteien.
Die Konfessionsproblematik verschwand allerdings auch mit dem Westfälischen Frieden nicht, aber insgesamt bildete das Verfassungssystem des Reiches in der Folgezeit den Rahmen für eine konfessionelle Koexistenz der Reichsstände und für eine juristische Austragung politisch-sozialer Konflikte.
Ein weiteres Ergebnis des Westfälischen Friedens war, dass sich in Europa erstmals zwei Demokratien auch vertragsmäßig etablieren konnten. Die Schweizer Eidgenossenschaft und im parallel ausgehandelten niederländisch-spanischen Frieden die Republik der Vereinigten Niederlande wurden als souveräne Staaten anerkannt. Sie erhielten innerhalb ihrer Territorien alle Hoheitsrechte, waren aber weiterhin Mitglieder des Reichs und an Reichsgesetze gebunden.
Art. XVII, 2 Der Friede als erstes Reichsgrundgesetz
Zur größeren Gewähr und Sicherheit sämtlicher Bestimmungen soll der gegenwärtige Vertrag als ein dauerndes Verfassungsgesetz des Reiches wie alle anderen Gesetze und Grundgesetze des Reiches ausdrücklich dem nächsten Reichsabschied und der nächsten kaiserlichen Wahlkapitulation einverleibt werden und für alle gegenwärtigen, geistlichen wie weltlichen Personen, sie seien Reichsstände oder nicht, gleichermaßen verbindlich sowie den kaiserlichen Räten und den Räten und Dienern der Städte, auch den Richtern und Beisitzern aller Gerichte als eine für immer zu beachtende Vorschrift vorgeschrieben sein.
Art. XVII, 5 Allgemeine Gewähr des Friedens
Der geschlossene Friede soll uneingeschränkt in Kraft bleiben, und die Vertragsparteien sollen verpflichtet sein, sämtliche Bestimmungen dieses Friedens gegen jedermann ohne Unterschied des Bekenntnisses zu schützen und zu verteidigen. Sollte aber eine Bestimmung verletzt werden, soll der Geschädigte den Schädiger zunächst abmahnen, danach jedoch die Sache einem gütlichen Vergleich oder einer rechtlichen Entscheidung zuführen.
Art. XVII, 6 Sicherung des Friedens
Sollte aber ein solcher Streit durch keines dieser Mittel innerhalb von drei Jahren zu Ende gebracht werden können, so sollen sämtliche Vertragspartner verpflichtet sein, sich mit dem Verletzten in Rat und Tat zu verbinden und auf den Hinweis des Verletzten, dass weder der Weg einer gütlichen Einigung noch der Rechtsweg zum Erfolg geführt habe, zur Unterdrückung des Unrechts zu den Waffen zu greifen, unbeschadet jedoch der einem jeden zustehenden Gerichtsbarkeit und aller für jeden Fürsten oder Stand geltenden Gesetze und Ordnungen.
Art. XVII, 7 Verbot von Gewaltanwendung
Keinem Reichsstand soll es erlaubt sein, sein Recht mit Gewalt und mit Waffen zu verfolgen, sondern jeder soll den Weg des Rechts beschreiten, wenn ein Streit entstanden ist oder künftig entstehen sollte. Wer dem zuwiderhandelt, soll des Friedensbruches angeklagt werden. Was durch Gerichtsurteil entschieden wurde, soll ohne Unterschied des Standes vollzogen werden, wie es die Reichsgesetze über den Vollzug eines Urteils bestimmen.
Die Bestimmungen des Artikels XVII bildeten ein erstes Grundgesetz des Reiches und stellten einen völkerrechtlichen Versuch dar, in Streitfällen zu friedlichen Verhandlungen zu greifen statt Kriege zu führen.
Obwohl der Vertrag in der Folgezeit keinen allgemeinen Frieden in Europa herbeiführte, wurde er zur Grundlage eines neuen völkerrechtlichen Systems. Von zentraler Bedeutung für das Reich waren die verfassungspolitischen Bestimmungen. Sie garantierten die »Teutsche Libertät”, die Reichsstände wurden souverän und durften unabhängig von Kaiser und Reich Bündnisse mit dem Ausland und untereinander schließen, jedoch nicht gegen Kaiser und Reich. Der Kaiser war bei allen Entscheidungen, die das Reich betrafen, an ihre Zustimmung gebunden. Das Reich war damit in souveräne Einzelstaaten zerfallen und bildete bis zu seinem Ende 1806 ein Machtvakuum in Europa.
Der Westfälische Friede gab Europa eine neue Ordnung, wenngleich keinen dauerhaften Frieden. Immer neue Kriege überzogen den Kontinent, bis Kaiser Franz II. die Kaiserkrone niederlegte. Aber erstmals hatten in Münster und Osnabrück Unterhändler europäischer Mächte gemeinsam um einen europäischen Frieden gerungen und Kompromisse ausgehandelt.
4. Die Habeas-Corpus-Akte (1679)
Der Schutz vor ungerechter Verhaftung und Inhaftierung gehört zu den ältesten Anliegen der Menschen. Die Gefahr, der Willkür und der Macht eines entfernten Königs oder einer anderen anonymen Institution hilflos ausgeliefert zu sein, führte in England im 17. Jahrhundert zur Formulierung der Habeas-Corpus-Akte, die eines der wichtigsten Grundrechte des Menschen, nämlich die Feststellung von Schuld und Unschuld oder von Haft und Freiheit durch ein unabhängiges Gericht festschrieb. Die Habeas-Corpus-Akte beruhte teilweise auf älteren Bestimmungen und schuf klare Verfahrensregeln. Sie war ein Meilenstein in der Entwicklung der persönlichen Freiheitsrechte.
Habeas Corpus, aus dem Lateinischen übersetzt bedeutet das: »(Wir befehlen) den Körper zu haben«, ist eine Rechtsvorschrift oder ein Erlass, mit dem eine Person ihre Befreiung von unrechtmäßiger Einkerkerung entweder für sich selbst oder für jemand anderen verlangen kann.
Der Erlass des Habeas Corpus war historisch gesehen ein wichtiges Instrument zum Schutz der persönlichen Freiheit gegen jede eigenmächtige und tyrannische staatliche Maßnahme, die sich gegen eine Einzelperson richtete.
Habeas Corpus kann sich in seiner Ausformung als »Habeas Corpus ad subiciendum« mit der Autorität einer Richters oder Gerichts an einen offiziellen Vertreter der Staatsmacht wenden, der eine Person in seiner Gewalt hat. Er kann damit verlangen, dass dieser Gefangene vor ein ordentliches Gericht gebracht wird, dass seine Identität festgestellt wird und dass Beweise erbracht werden, die es dem Gericht erlauben festzustellen, ob der Gefangene zu Recht an seiner Freiheit gehindert wird und ob derjenige, der diese Person in seiner Gewalt hat, auch dazu berechtigt ist. Wenn nicht, muss der Gefangene befreit werden, er kann auch bis zu einer Verhandlung gegen Gewährung einer Kaution auf freien Fuß gesetzt werden. Das Recht auf eine Habeas-Corpus-Feststellung hat aber nicht nur der Gefangene selbst, sondern jede andere Person in dessen Auftrag.
Weiters ist in der Habeas-Corpus-Akte festgeschrieben, dass niemand, der von einem Verbrechen freigesprochen wurde, nochmals für dasselbe Verbrechen angeklagt werden kann, außer bei der Vorlage neuer Tatsachen und vor einem anderen Gerichtshof.
Das Petitionsrecht für einen Habeas-Corpus-Erlass wurde lange als die wichtigste Maßnahme zur Erlangung persönlicher Freiheit, als Schutz vor ungerechter Einkerkerung und Verfolgung angesehen. Die meisten Gesetzgebungen der Welt kennen diese Rechte, auch wenn sie nicht überall als Habeas Corpus bezeichnet werden.
Dennoch gibt es in vielen Ländern auch juristische Möglichkeiten, in bestimmten Zeiten, in denen sich der Staat in seiner Existenz in Gefahr sieht, die Habeas-Corpus-Akte auf Zeit zu suspendieren.
Die Rechte des Habeas Corpus wurden erstmals in England niedergeschrieben. Seit den Zeiten der Magna Charta (1215) gab es immer wieder Auseinandersetzungen zwischen König und Parlament, in deren Verlauf das Parlament versuchte, sich durch die Anerkennung von Urkunden durch den König dieses Recht zu sichern.
Bereits im alten englischen Recht hatte es die »Writs of Habeas Corpus« gegeben, die bestimmten, dass ein Verhafteter seinem zuständigen Richter zugeführt werden müsse, damit er sich entsprechend der Gesetze verantworten könne. Das gelte auch, wenn die Verhaftung aufgrund eines königlichen Befehls erfolgt sei. Während des Kampfes zwischen Krone und Parlament unter den Stuarts war in der »Petition of Rights« 1628 bereits gefordert worden, dass niemandem ohne ein rechtliches Verfahren die Freiheit entzogen werden dürfe.
Die erste Erwähnung eines »Habeas corpus ad subiciendum« stammt in England aus dem Jahre 1305. In diesen Feststellungen heißt es: »…der König hat zu allen Zeiten das Recht zu erfragen, warum eine Person ihrer Freiheit beraubt ist und wodurch ein Haftbefehl ausgelöst wurde.«
Im mittelalterlichen Europa galt es als Vorrecht der Könige, Personen festnehmen zu lassen. Die Haftbefehle begannen je nach Haftgrund mit den Worten: Habeas corpus ad subiciendum (man kann die Person festhalten, um sie zum Gegenstand einer Befragung oder einer Anklage) zu machen oder mit: Habeas corpus ad testificandum (man kann die Person festhalten, um ein Zeugnis zu erlangen).
In England missbrauchte König Karl I. (1600-1649) dieses Recht, indem er von wohlhabenden Bürgern Gelder mit der Androhung erpresste, sie bei Verweigerung der Zahlungen einkerkern zu lassen. 1641 musste Karl einem Erlass des Parlaments zustimmen, der Verhaftungen nur noch mit angemessener Begründung zuließ. Nach dem englischen Bürgerkrieg (1642–1649), der in der Hinrichtung Karls I. gipfelte, und dem Commonwealth-Regime unter Oliver Cromwell (1649–1660) kam Karl II. (1630-1685) an die Macht, der die Praxis der willkürlichen Festnahmen wieder aufnahm, wobei er seine Gegner in Gebiete außerhalb Englands bringen ließ.
1679, in der Zeit einer Schwächeperiode seiner Herrschaft, wurde Karl II. vom Parlament gezwungen, den »Habeas Corpus Amendment Act« zu unterzeichnen. Angeklagte mussten danach innerhalb von drei Tagen ihrem zuständigen Richter vorgeführt werden, unabhängig von einer Verlegung des Gefangenen in ein anderes Gefängnis. Hohe Strafen wurden für diejenigen festgelegt, die diese Bestimmungen verletzten. Kein Einwohner Englands durfte zur Einkerkerung außer Landes gebracht werden.