Kitabı oku: «Die Kunst, verantwortlich zu erziehen», sayfa 3

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Wissens-Autorität und Vorgesetzten-Autorität

Die Fachleute sprechen auch von „epistemischer Autorität“ (gr. episteme = Wissen) und von „deontischer Autorität“ (gr. deomai = ich soll). Die Wissens-Autorität besteht in der Vermittlung von Wissen. Die Vorgesetzten-Autorität besteht in der Vermittlung von Weisungen, Richtlinien und unter Umständen Befehlen.

Die Autorität der Wissenden ist die Autorität

 des Lehrers,

 des Sachverständigen,

 des Fachmanns,

 des Kenners.

Die Autorität des Vorgesetzten ist die Autorität

 des Chefs,

 des Leiters,

 des Übergeordneten,

 des Kommandeurs.

Auch das ist möglich, dass Wissende und Vorgesetzte in einer Person handeln. Hilfreich ist es, wenn Menschen mit Wissens-Autorität gleichzeitig eine überzeugende Weisungsbefugnis besitzen. Nicht das eine wird gegen das andere ausgespielt. Aber es muss klar sein: Menschen mit Weisungsbefugnis sind noch lange keine Wissens-Autoritäten. Die Tragik besteht darin, dass sich immer wieder Menschen mit Weisungsbefugnissen, Menschen mit Vorgesetzten-Autorität, Wissens-Autorität anmaßen und ihre Grenzen überschreiten. Über 20 Jahre habe ich Beratung und Seelsorge praktiziert. Für viele Ratsuchende war ich die Wissens-Autorität. Aber mit Händen und Füßen habe ich mich gewehrt, in die Rolle der Vorgesetzten-Autorität hineinzurutschen. Im Prinzip gebe ich keine Weisungen, keine Ratschläge, keine Anordnungen. Wenn Seelsorger und Therapeuten diese Sach-Autorität nicht von der Vorgesetzten-Autorität unterscheiden, geraten sie unter der Hand in eine verführerische Rolle. Dem Missbrauch sind Tor und Tür geöffnet.

Begründete und angemaßte Autorität

Die begründete Autorität beinhaltet:

 Dieser Mensch ist ein Fachmann auf seinem Gebiet.

 Dieser Mensch, beispielsweise ein Arzt, hat Medizin studiert. Er hat Titel und Diplome erworben. Er hat eine begründete Autorität auf seinem Gebiet.

So gibt es unzählige Menschen, die jeweils auf ihrem anerkannten Gebiet eine begründete Autorität darstellen.

Die angemaßte Autorität beinhaltet:

 Ein Mensch beansprucht eine Autorität - auf welchem Gebiet auch immer -, die nicht begründet ist.

 Ein Mensch behauptet etwas, ohne darüber ein begründetes Wissen zu haben.

Menschen maßen sich Titel, Wissen und Urteile an, die schlicht und einfach unbegründet sind.

In der Welt gibt es unzählige Pseudo-Autoritäten, die anderen Menschen ihr angemaßtes Urteil überstülpen. Immer wieder gibt es Menschen, die sich so gut verkaufen, die sich so geschickt darstellen, dass ihre angemaßte Autorität von anderen als begründet und richtig empfunden wird. Keine Frage, dass viele Menschen verführt, manipuliert, betrogen und von Pseudo-Autoritäten geknechtet werden. Zu allen Zeiten hat es in der Weltgeschichte Menschen gegeben, die mit angemaßter Autorität andere Menschen unterjocht haben.

Eine Gefahr, solchen Pseudo-Autoritäten aufzusitzen, ist die Gewohnheit. Wir haben uns daran gewöhnt, dass der Vater, der Lehrer oder der Pfarrer für uns auf einem Gebiet eine vertrauenswürdige Autorität darstellen, und wir vertrauen ihnen jetzt auch auf anderen Gebieten. Die Autorität wird missbraucht. Die Verführung geht von beiden Parteien aus. Der Verführte hat dem Verführer - unter Umständen blindlings - Vertrauen geschenkt, der Verführer fühlt sich bestätigt und ermutigt, seine Autorität - auf welchem Gebiet auch immer - zu missbrauchen.

Ein trauriges und trostloses Kapitel ist der sexuelle Missbrauch. Kleine Kinder vertrauen ihren Eltern häufig blind. Es sind die liebsten Personen in ihrer Umgebung. Was die Eltern tun und entscheiden, können die Kinder nur akzeptieren. So geraten sie in eine gefährliche Abhängigkeit. Die Autorität der Eltern ist schamlos ausgenutzt worden. Dieser Missbrauch der Autorität kann im späteren Leben zu schweren seelischen und körperlichen Schäden führen. Diese Menschen leiden an Identitätsstörungen, an Selbstwertproblemen und nicht zuletzt an schweren Beziehungsschwierigkeiten.

„Der autoritäre Charakter“ - das Milgram-Experiment

1936 veröffentlichte eine aus Deutschland emigrierte Gruppe von Wissenschaftlern aus dem Frankfurter Institut für Sozialforschung einige Bände über „Autorität und Familie“. Zu den Wissenschaftlern zählten Theodor W. Adorno, Max Horkheimer, Erich Fromm, Herbert Marcuse und Hans Mayer. Die Autoren beschreiben das Problem der Autorität, die in der Familie durch Unterwerfung unter den Vater gelernt wird. Das Kind ist machtlos und muss sich der Herrschaft des Vaters unterwerfen. Erich Fromm spricht von „autoritär-masochistischem Charakter“, der entsteht, weil das Kind sich mit der starken Autorität identifiziert, diese Person liebt und die eigene Unterdrückung ohne Rebellion erduldet.

Theodor W. Adorno spricht vom „autoritären Charakter“, der sich den Werten, Normen und der anonymen Autorität des „Man“ unterwirft. Die Autoritäten werden idealisiert, ihr Verhalten wird unkritisch akzeptiert. Er spricht auch von „aggressiver Autorität“, die sich darin äußert, dass überall Menschen aufgespürt werden, die bestimmte Werte verletzen, um sie dann zu verurteilen und zu bestrafen. Viele autoritäre Charaktere identifizieren sich mit Macht und Stärke, mit starken Führern, aus Angst vor der eigenen Schwäche. Schwäche und Menschlichkeit werden von ihnen lächerlich gemacht. Die Autoren sprechen vom „Faschismus-Syndrom“, wobei Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und politischer Konservatismus die Persönlichkeit bestimmen. Die Wissenschaftler waren vor Hitler geflohen und warnten eindringlich mit ihren Untersuchungen vor dem autoritären Machttyp in Familie und Gesellschaft.

Anfang der 70er Jahre testete der Amerikaner Milgram tausend repräsentativ ausgesuchte Versuchspersonen, denen er vier Dollar pro Stunde anbot, um angeblich Gedächtnisleistungen in seinem Institut zu erforschen. Dort trafen die Versuchspersonen auf die Versuchsleiter und eine weitere, angebliche Versuchsperson, die aber in Wirklichkeit zum Institut gehörte. Der Versuchsleiter erklärte beiden, dass einer von ihnen als „Lehrer“ dem anderen, dem „Schüler“, Wortpaare nennen solle. Diese Wortpaare habe der „Schüler“ immer zu wiederholen. Bei jedem Fehler habe der „Lehrer“ den „Schüler“ mit einem Elektroschock zu strafen. Der Elektroschock beginne bei 15 Volt und solle bei jedem Fehler um weitere 15 Volt gesteigert werden. Bei der Auslosung der Rollen von „Schüler“ und „Lehrer“ wusste es der Versuchsleiter so einzurichten, dass immer Institutsangehörige als „Schüler“ fungierten. Der „Lehrer“ war - ohne es zu wissen - die eigentliche Versuchsperson. Untersucht werden sollte, wie weit er sich bereit fand, sich den Anordnungen einer Autorität (des als Wissenschaftler im weißen Kittel auftretenden Versuchsleiters) zu unterwerfen. Der „Lehrer“, also die Versuchsperson, saß vor einem Schockgenerator mit 30 Schaltern und Voltbezeichnungen von 15 bis 450 Volt. Zusätzlich stand noch über den Voltzahlen:

 leichter Schock,

 mittlerer Schock,

 gefährlicher Schock,

 bedrohlicher Schock.

Die Versuchsperson hatte dem „Schüler“ (also einem Angehörigen der Institutsleitung) über Mikrofon die Wortpaare vorzulesen und bei Fehlern stets größer werdende Schocks zu erteilen. Für den Fall, dass die Versuchsperson sich weigern würde, Schocks zu verabreichen, war der Versuchsleiter angewiesen, folgende stereotype Aussagen zu machen: „Bitte, fahren Sie fort, bitte, machen Sie weiter! Das Experiment erfordert, dass Sie weitermachen. Sie müssen unbedingt weitermachen! Sie haben keine Wahl. Sie müssen weitermachen. Die Schocks mögen schmerzhaft sein, sie hinterlassen aber keine bleibende Gewebeschädigung.“

Für die „Lehrer“, also für die eigentlichen Versuchspersonen, war das eine schreckliche Konfliktsituation. Sie wussten ja nicht, dass die Opfer bzw. die „Schüler“ als Institutsangehörige lediglich die Opfer spielten. Bei höheren Voltstößen schrien sie. Der eine simulierte Herzschmerzen und bat, die Versuche zu beenden.

Das Milgram-Experiment verdeutlicht, wie anfällig der Mensch ist, auf Anordnung und Befehle, die von so genannten „Autoritätspersonen“ gegeben werden, artig und gehorsam zu reagieren. Viele Versuchspersonen waren bereit, gefährliche und sogar lebensbedrohliche Stromstöße einzuleiten, nur um ein so genanntes „wissenschaftliches Experiment“ nicht zu gefährden. Wie fragwürdig muss unsere Erziehung sein, dass selbst im angeblich freiesten Land der Welt, in Amerika, eine solche Untertangesinnung möglich ist! Der unbedingte Gehorsam, der von Menschen verlangt wird, ist immer fragwürdig.

Anarchismus und Totalitarismus

Was sind Anarchisten? Menschen, die der Autorität trotzen. Es handelt sich um Menschen, die jegliche Vorgesetzten-Autorität ablehnen. Sie wollen sich nicht bestimmen lassen. Sie lassen Druck und Zwang nicht gelten. Sie lehnen Führung ab.

Der Anarchist weiß, dass es Autoritäten gibt, aber er will, dass es keine geben soll. Radikale Anarchisten lehnen sogar die so genannte „Solidaritäts-Autorität“ ab. Sie beinhaltet, dass ein Kapitän eines Schiffes beispielsweise, der mit seiner Mannschaft in Seenot geraten ist oder andere Schwierigkeiten erlebt, Befehle erteilt, die alle Besatzungsmitglieder akzeptieren, um ein Chaos zu vermeiden. Für radikale Anarchisten ist jede Autorität ein Zwang. Und jede Form von Zwang, wie er subjektiv erlebt wird, kann von diesen Menschen nicht bejaht werden.

Bei Licht besehen ist radikaler Anarchismus überhaupt nicht durchführbar. Gott sei Dank ist es um diese Menschen in der westlichen Welt auch relativ still geworden. Anarchismus ist eine ideale Vorstellung, die aus logischen Gründen meistens nicht durchführbar ist.

Der Totalitarismus ist allerdings eine lebbare Form. Wir haben ihn unter Hitler erlebt. Eine totalitäre Gesellschaft ist denkbar. Von den meisten Menschen wird sie verworfen, und zwar aus logischen und moralischen Gründen. Eine solche Gesellschaft ist dem Menschen unwürdig. Freiheit und weitgehende Selbstbestimmung sind erstrebenswerte Ziele für den Menschen. Und doch haben es immer wieder Diktatoren verstanden, sich an die Macht zu bringen, und haben ihre Untertanen gefügig gemacht. Doch der Totalitarismus hat keine Zukunft. Die Zwangssysteme zerfallen, spätestens nach einigen Jahrzehnten.

Was beinhaltet autoritäres Verhalten?

Machtausübung in Form

 von Befehlen,

 von Anordnungen,

 von Verboten,

 von Verwarnungen.

Autoritäres Erziehen und Führen beinhalten:

 Manipulation,

 grundloses Bestimmen,

 Erpressung,

 unpartnerschaftliche Einflussnahme,

 Durchsetzung ohne Erklärungen,

 Abhängigmachen von Mitarbeitern,

 Druck ausüben,

 Einschüchterung,

 Monologe führen,

 Beeinflussung durch Macht und Überlegenheit,

 geringe Respektierung des Selbstwertgefühls anderer,

 Herabsetzung der Leistung,

 häufige Kritik,

 Betonung der hierarchischen Rangordnung,

 fehlendes Mitspracherecht,

 Einschränkung der Handlungsfreiheit.

Die Folgen:

 Widerstand der Kinder und Mitarbeiter,

 eine gespannte Atmosphäre,

 Konflikte untereinander,

 Suche nach „Sündenböcken“.

Was beinhaltet Autorität?

Autorität ist abgeleitet von „auctoritas“ =

 Vertrauensmacht,

 von innen her führen,

 Überzeugungskraft,

 von innen her raten können.

Autorität hängt auch mit dem lateinischen Wort „augere“ zusammen, heißt:

 mehren,

 wachsen lassen,

 fördern,

 entfalten lassen.

Wer Autorität besitzt,

… ist ein Förderer,

… ist ein Mehrer,

… ist ein Entwicklungshelfer.

Wer autoritativ erzieht oder führt,

… vermittelt Sicherheit,

… stellt keine Bedrohung dar,

… behandelt Mitarbeiter gleichwertig,

… muss sich nicht auf Macht berufen,

… verstößt nicht gegen die Würde des Menschen,

… übt keine herabsetzende Kritik,

… bietet ein Recht auf Mitsprache an,

… berücksichtigt das Fühlen und Denken anderer,

… fördert die Selbstständigkeit,

… unterstützt die Initiativfreude,

… fördert ein freundschaftliches Klima,

… kann das Selbstwertgefühl stärken,

… praktiziert keine Einschüchterung,

… kann Kompromisse schließen,

… trifft Entscheidungen mit andern.

Verantwortungsbewusstes und autoritäres Verhalten -
Ein Selbsterforschungsfragebogen



Hinweise zum Fragebogen

1. Füllen Sie ohne langes Überlegen den Fragebogen aus! Seien Sie ehrlich zu sich selbst!

2. Je häufiger Sie bis zur 13. Frage „stimmt voll“ bzw. „stimmt etwas“ angekreuzt haben, desto eher neigen Sie -vermutlich - zu autoritärem Verhalten.

3. Je mehr Sie ab Frage 13 „stimmt voll“ bzw. „stimmt etwas“ angekreuzt haben, desto verantwortungsbewusster gehen Sie mit anderen Menschen um.

4. Wenn Sie über Ihr eigenes Verhalten unsicher sind, lassen Sie den Bogen von Ihrem Partner bzw. von einem guten Freund (einer guten Freundin) ausfüllen.

5. Wenn Sie autoritäre Züge in Ihrem Denken und Verhalten erkennen, was wollen Sie in Arbeit nehmen, was wollen Sie ändern?

Familienharmonie - Ein Selbsterforschungsfragebogen

Wann ist die Harmonie gegeben? Wann ist sie nicht gegeben? Zwei Eigenschaften sind notwendig, um die Anpassungsfähigkeit in einer Familie zu gewährleisten.

Eigenschaft 1: Eine intakte Familie kann planen und gemeinsam Pläne und Ideen verwirklichen.

Eigenschaft 2: Eine intakte Familie kann aufkommende Schwierigkeiten austragen und meistern.

Familienstruktur und Anpassungsfähigkeit


Harmonie und Zufriedenheit in der Familie sind Grundpfeiler für gesundes Wachstum und fruchtbare Kommunikation aller Mitglieder.

Neun Faktoren spiegeln die intakte Familie wider. Welche Faktoren sind es, die kleine oder große Reibungen im Zusammenleben hervorrufen?

Hinweise zum Fragebogen

1. Die Zahlen bedeuten: 1 = sehr stark; 6 = sehr schwach.

2. Vater und Mutter füllen getrennt die Fragen aus und unterhalten sich vorher, ob sie die Begriffe übereinstimmend interpretieren.

3. Anschließend diskutieren beide über ihr Ergebnis. Sie streiten nicht, sondern akzeptieren die Antworten des Partners. „Wenn du es so erlebst, will ich es hören. Lass uns jedoch über einen gemeinsamen Kompromiss reden.“

4. An welchen Punkten gehen die Eltern am weitesten auseinander? Was bedeutet das für die Harmonie in der Familie? Wie definieren beide konkret ihre Probleme?

5. Sind beide bereit, mit ihren Kindern die Schwachpunkte zu besprechen und zu bearbeiten?

6. Welche Aspekte machen Vater und Mutter am meisten zu schaffen? Sind es familiäre Probleme oder Eheprobleme?

7. Wenn die Familienharmonie leidet: Sind Sie bereit, Ehe- oder Familienberatung in Anspruch zu nehmen?

Kapitel 4

Die Entwicklung der antiautoritären Bewegung

Wir gehen zurück in die 60er Jahre, wo sich besonders in Berlin eine antiautoritäre Bewegung etablierte. Ein kurzer Rückblick:

Die Entwicklung der antiautoritären Bewegung in der Bundesrepublik, die Entwicklung der Kinderladenbewegung, ging von Berlin aus. Berlin wurde nach den Vereinbarungen der alliierten Siegermächte in den Jahren 1944 und 1945 mehr und mehr in die politischen Organisationen der BRD integriert. Es wurde zum „Schaufenster der freien westlichen Welt“ erklärt und erhielt nach und nach eine Brückenkopffunktion gegen den Kommunismus. Linke Kritik und linke Argumente wurden zum Schweigen gebracht.

Aber gerade in der Stadt, wo offenkundig prowestlich argumentiert wurde, wo fast unüberwindliche Vorurteilsbarrieren das politische Leben beeinflussten, fragten kritische Studenten nach dem wirklichen Sachverhalt über das verteufelte kommunistische System. Die Brückenkopfpolitik westdeutscher Großunternehmen, die Demonstration westlichen Wohlstandes und die dauernde Beschwörung einer kommunistischen Bedrohung verloren mehr und mehr an Überzeugungskraft und provozierten zu studentischen Protesten, die immer massiver und gezielter durchgeführt wurden.

Die Ablehnung politischer Beschlüsse der studentischen Selbstverwaltung Anfang 1959 und in den folgenden Jahren durch den Rektor der Freien Universität und durch den akademischen Senat - einmal ging es um eine Petition an den Bundestag, NS-Richter und Staatsanwälte aus dem Staatsdienst zu entlassen, und das andere Mal um Solidaritätserklärungen für algerische Flüchtlinge und Studenten - rief bei den politisch engagierten Studenten Widerstand hervor. Es folgten Vorlesungsstreiks, politische Podiumsdiskussionen, ein Bombenanschlag gegen eine Vietnam-Diskussion, Demonstrationen gegen Amerikas Vietnam-Politik und Farbeieranschläge auf das Amerika-Haus. Die Presse heizte die Atmosphäre an. Die Gegner zeigten deutlich ihr Gesicht, es kam wiederholt zu Demonstrationen und Prügelszenen. Der akademische Senat beschloss schließlich, keine politischen Veranstaltungen in den Räumen der Universität zu dulden.

Der Besuch des amerikanischen Vize-Präsidenten Humphrey im April 1967 endete mit Demonstrationen und Rauchbomben der Linken, wobei einige Mitglieder der Kommune I verhaftet wurden.

Einige Monate später fand der Besuch des persischen Schahs in der Bundesrepublik und Berlin statt. Große Demonstrationen wurden durchgeführt, es kam zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten. Der Student Benno Ohnesorg wurde dabei von der Polizei erschossen. Dieser Märtyrer der politischen Linken entfachte die Studentenbewegung zu neuem Kampf und gezielten, groß angelegten Protestdemonstrationen. Knapp ein Jahr später fand dann der Vietnam-Kongress statt, der Studenten und Jugendgruppen aus vielen europäischen Ländern in Berlin vereinigte.

Die Geburtsstunde der antiautoritären Bewegung

Dieser Kongress kann als die Geburtsstunde der antiautoritären Bewegung angesehen werden. Im Auditorium Maximum der Technischen Universität trafen sich Tausende junger Leute. Ein revolutionäres Pathos riss die Versammelten mit. Es fanden geplante Demonstrationen und Solidarisierungsmärsche statt. Die radikalen Minderheiten hatten sich gefunden und erarbeiteten revolutionäre Programme.

Am Rande der großen Ereignisse spielten im Garderobenraum der Universität über 40 APO-Kinder. Die Frauen wollten nicht nur Zaungäste sein und organisierten während des Kongresses einen Kindergarten. Ebenfalls am Rande des Kongresses legten Mitglieder der „Kommune II“ ihr Modell einer antiautoritären Erziehung vor. Die Grundlage dieses Modells ist bezeichnend. Es handelt sich um das von Wera Schmidt in den 20er Jahren in Moskau geleitete Kinderheim-Laboratorium auf psychoanalytischer Grundlage. Die Erfahrungen einer kollektiven und repressionsfreien, druckfreien Erziehung wurden von den Linken als Vorbild betrachtet.

Erziehung zur Revolution

Für ein funktionierendes Kinderkollektiv war nach Meinung vieler Linker ein Elternkollektiv, das auf Kommune-Ebene zusammenlebt, erforderlich. Denn in der Familie würden ja die spezifische Art der Triebunterdrückung, die Konkurrenzhaltung von frühester Kindheit an und die Vereinzelung des Individuums gefördert und im Herzen und Leben der Kinder verwurzelt. Die Kommunen sollten aber nach Meinung der Linken nicht nur die seelischen Verklemmungen von Kindern lösen, sondern die politische Entwicklung und das politische Engagement fördern. Die gemeinsame politische Arbeit war das Hauptziel der Linken. Denn politische Apathie wirke sich entmutigend auf die Absicht aus, die Kinder gegenüber den Einflüssen und Wünschen der kapitalistischen Gesellschaftsordnung widerstandsfähig zu machen.

Viele Linke brachen das Studium ab und arbeiteten in Arbeiterbezirken, in Betriebskinderläden; andere beabsichtigten später, als sozialistische Lehrer sozialistisches Bewusstsein zu verwirklichen. Die Kinderläden blieben rote, sozialistische Inseln in der kapitalistischen Gesellschaft. In der antiautoritären Phase richtete sich der Kampf gegen Ordinarien und Autoritäten in den Universitäten, um ihre Scheinautorität zu entlarven. Längst aber hatten die Linken erkannt, dass sich angeprangerter Bürokratismus und angeprangerte Schlamperei und Faulheit als Rohrkrepierer erwiesen hatten. Die Linken sahen, dass ihre Antihaltung zerstörerisch wirkte. Man kann sogar sagen, dass mit dem Tode Benno Ohnesorgs Mitte 1968 die antiautoritäre Bewegung ein Ende fand.

Das Kinderladenkonzept wurde fallen gelassen. Man hatte eine antiautoritäre Erziehung gleichsam auf einer Insel realisiert. Die Antiautoritären wurden mit der Erziehung nicht fertig. Orientierungsmöglichkeiten fehlten. Kinder waren nicht in der Lage, ihre Aggressionen zu steuern und sich selbst zu regulieren. Dem Chaos ausgeliefert, wurden sie immer aggressiver. Die Linken mussten nun lernen, dass eine Laissez-faire-Erziehung (eine völlig repressionsfreie, führungsfreie, orientierungslose und schleifen lassende Erziehung) Tyrannen schafft. Sie begriffen, dass die Kinder realitätstüchtig und widerstandsfähig, autonom und selbstkritisch werden mussten.

Es geschah ein radikales Umdenken. Wer revolutionäre Berufspraxis bejahte, konnte nicht mehr im bürgerlichen Beruf bleiben. Es bildeten sich mehr und mehr rote Zellen, Basisgruppen und Stadtteilgruppen, die sich zusammenschlossen. Die Betriebe wurden wiederum als Ausgangspunkt der Arbeit anvisiert. Die Pädagogische Hochschule wurde von vielen Studenten unterwandert. Man argumentierte auf Seiten der Linken, dass eine straffe Organisation zum Aufstand der Massen gehörte. Sie versuchten, den Arbeiter zum Kämpfer zu erziehen, den Arbeiter zu verstehen, ohne sich verproletarisieren zu lassen. Die Politisierung der Eltern wurde angestrebt. Ihre Ziele, eine proletarische Erziehung zu garantieren, formulierten sie selber so:

„Sie alle erziehen einen Menschen, der fähig sein wird, in einer sozialistischen Gesellschaft den Sozialismus zu praktizieren. Sie alle haben nur ein Ziel, den Aufstand der Massen, die proletarische Revolution.“

Kommunen wurden als kollektive Lebensform mit politischem Programm gegründet. Die Kommune war definiert als Wohn- und Lebensgemeinschaft von mehr als zwei Erwachsenen verschiedenen Geschlechts mit dem Ziel, eine sozialistisch orientierte Lebensgemeinschaft zu installieren. Sie wurde als Modell der Zukunft und als Gesellschaftsform von morgen verstanden.

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Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
Hacim:
166 s. 11 illüstrasyon
ISBN:
9783865065766
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