Kitabı oku: «57,3 neue Rätsel aus Japans Alltag»
Rita Menge
57,3 neue Rätsel
aus Japans Alltag
Weitere Kuriositäten zwischen
Wahnsinn und Vernunft
Königshausen & Neumann
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© Verlag Königshausen & Neumann GmbH, Würzburg 2021
Umschlag: skh-softics / coverart
Umschlagabbildung: Beeboys: Shichigosan Girl; # 235057594 © adobestock.com
Fotos: Rita Menge; Abbildung S. 61: Vicky Möller; S. 11, S. 32: Masayo Hirai
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH
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Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt.
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ISBN 978-3-8260-8064-7
Für meine Eltern
Mein Vater, der leider viel zu früh und plötzlich verstorben ist.
Meine Mutter, die uns in ihrem langen Leben seit 1920 bis heute – immer noch und immer wieder – stets ein Vorbild und eine große Inspiration ist.
Vorwort
Japan ist für viele Menschen ein Sehnsuchtsort. Es gibt nach wie vor viele Dinge, die man nur hier entdecken, bewundern und genießen kann. Da der erste Band „57,3 Rätsel aus Japans Alltag“ auf viel Interesse gestoßen ist und sehr ermutigende Reaktionen ausgelöst hat, habe ich mich zu diesem zweiten Band entschlossen. Noch immer gibt es viel Unbekanntes, Lustiges, Erstaunliches, Kurioses und Beeindruckendes zu entdecken.
Seit fast vier Jahren lebe ich wieder in Japan, nach einem fünfjährigen Aufenthalt in den neunziger Jahren und zahlreichen Geschäfts- und Urlaubsreisen. Noch immer gibt es fast täglich Situationen und Dinge, die rätselhaft und überraschend sind und ich stelle fest, dass ich mir auch nach so vielen Jahren ausreichend Zeit nehmen muss, um mit viel Achtsamkeit meiner Umgebung und den Menschen zu begegnen.
Interessanterweise konnten auch viele meiner japanischen Freunde und Bekannten während der Recherche einige meiner Rätsel nicht lösen, was immer zu Erheiterung und Staunen auf beiden Seiten geführt hat.
Vielleicht fragen Sie sich: „Warum ausgerechnet 57,3 Rätsel?“ Meine Absicht war, hier für alle interessierten Japanfans bereits das erste Rätsel zu stellen. Die Auflösung dieses Einstiegsrätsels folgt auf der nächsten Seite.
Freuen Sie sich auf 57 ausführliche Geheimnisse zum Mitraten, Grübeln und hoffentlich vielen überraschenden Momenten und interessanten Informationen beim Lesen der Auflösungen. Die drei Rätsel hinter dem Komma werden am Ende des Buches etwas kürzer behandelt und beschäftigen sich alle mit Zahlen.
Sie finden auf der rechten Seite jeweils ein Foto mit dem dazugehörigen Rätsel und auf der Rückseite des Fotos die Auflösung und einige Hintergründe und Erklärungen.
Die kursiv gesetzten Zeilen zu Beginn jedes Kapitels dienen der kurzen Aufklärung des Rätsels für eilige Leser.
Was hat es mit den Zahlen fünf, sieben, drei auf sich, die im Buchtitel verwendet wurden?
Sieben, fünf, drei auf japanisch Shichi, Go, San kennzeichnen das Alter, in dem sehr viele japanische Kinder von ihren Eltern zum Shintoschrein begleitet werden, um dort gemeinsam um Gesundheit und eine sichere Zukunft zu bitten.
Meist findet dieser Schreinbesuch jedes Jahr um den 15. November statt und insbesondere die Mütter und Großmütter kleiden sich in einen Kimono. Auch die Kinder werden traditionell gekleidet, aber da ein echter Kimono sehr teuer ist, wird die Kinderausstattung zu Anlässen wie diesen meist geliehen. Im Anschluss geht es mit der gesamten Familie zum Fotografen, damit diese schönen Momente festgehalten werden.
Das Mädchen auf dem Titelfoto ist wahrscheinlich drei Jahre alt und in den Händen hält sie Glücksbringer und einen Beutel mit Süßigkeiten.
Was ist das?
Dies ist Toastbrot in Katzenform. Toast wird in Japan immer beliebter, ausgefallener und auch immer teurer.
Japaner essen Reis! Dies scheint uns ebenso sicher, wie die Vorliebe für Sushi und Sake. Ausländische Touristen, die in Japan einen Aufenthalt in einer traditionellen Herberge gebucht haben, freuen sich zunächst auf das dort immer inbegriffene Essen und genießen das tolle Abendessen mit vielen kleinen Speisen. Beim Frühstück ändert sich die Situation meist rasch, denn gegrillter kalter Fisch und sauer eingelegtes Gemüse attackieren dann doch die Geschmacks- und Magennerven vieler Besucher. Aber diese seien getröstet, denn heute möchten auch Japaner oft viel lieber Toast und Kaffee.
Man kann schon sehr lange in Japan Toast kaufen, dieser war bis vor kurzem in erster Linie im Supermarkt erhältlich und fiel dadurch auf, dass er meist sehr dick geschnitten war. Gemessen an einem deutschen Toast etwa drei- bis viermal so dick. Sehr fluffig und leicht süß war er aber schon immer sehr lecker. Nach und nach kamen immer mehr Japaner auf den Geschmack und so gibt es plötzlich Läden, die sich auf Toast spezialisiert haben.
Ein solches Geschäft in meiner Nähe verkauft ausschließlich zwei Arten von Toast für rund 7,50 Euro für ein komplettes Brot. Dies erschien mir kostspielig, aber es geht noch teurer. Das abgebildete Toastbrot in niedlicher Katzenform kostet 8 Euro-für rund ein Drittel eines Brotes. Zum Toast erhält man einen kleinen Schokostift, den man erwärmt und dann selbst kreativ werden kann. Neben der abgebildeten Brotversion gibt es auch japanische Variationen mit süßen Bohnen, oder saisonalen Geschmacksrichtungen.
Es gibt aktuell noch andere ausgefallene Spezialitätenrestaurants in Japan. Sehr im Trend sind zurzeit Pancake Restaurants, in denen besonders dicke und weiche Pfannkuchen gebacken werden. Die Warteschlangen vor manchen Läden sind endlos lang, da jeder Pfannkuchen frisch gebacken wird, aber das Warten lohnt sich, denn die süßen Teile sind wirklich lecker und meist kann man bei der Zubereitung durch eine Glasscheibe zuschauen.
Ebenfalls eher unjapanisch, aber im heutigen Japan fast an jeder Ecke zu erhalten: Hamburger. Manchmal sind diese kreativ mit japanischer Note zubereitet, vergleichbar mit deutschen Frikadellen. In den meisten Fällen sind die Hamburger in Japan aber an das amerikanische Vorbild angelehnt und werden mit Pommes frites serviert. Diese Hamburger lassen sich oft individuell vom Gast zusammenstellen und meine Meinung dazu ist: Sie sind so köstlich, dass die Hamburger auf Hawaii nicht mithalten können.
Wozu dient dieses Gerät, das auch den Dackel „KJ“ interessiert?
Dies ist ein Gerät mit Gebläse zum Trocknen von (japanischen) Betten und vielen weiteren nützlichen Funktionen.
In unserem Apartmenthaus mitten in Tokio gibt es, typisch japanisch, zahlreiche Regeln. Eine davon ist: Keine Wäsche zum Trocknen nach draußen hängen. Nun denkt man natürlich, dass man ja schließlich den Balkon auch gemietet hat und diesen so benutzen kann, wie man möchte. Kann man auch, im Prinzip! Was diese Regel meint, ist etwas anderes. Sie besagt, dass man nicht auf die Idee kommen soll, seinen Futon (Faltmatratze) zum Trocknen über die Terrassenbrüstung zu hängen und mit überdimensionalen Wäscheklammern zu befestigen. Man kann diese Tradition in Japan fast überall sehen und gelinde gesagt: Schön ist das nicht. Nun kommt das abgebildete praktische Gerät ins Spiel.
Es nennt sich futon kansouki (Futon Trockner) und die Luxusversion für 90,– Euro hat viele Einsatzmöglichkeiten:
Betttrockner: Dazu werden die Düsen am vorderen Ende der Schläuche unter die Bettdecke gesteckt und das Gerät eingeschaltet. Das Gerät funktioniert nun ähnlich wie ein Haarfön und bläst warme Luft in das Bett. Dies ist besonders in den warmfeuchten Sommermonaten wichtig, wenn die Sonne selten scheint, und natürlich während der Regenzeit. Da es zu diesen Zeiten natürlich auch sehr warm ist, kann ein guter Futontrockner auch kühlen und gibt den Schlafenden ein angenehmes Gefühl beim Einschlafen.
Hygiene: Das Gerät wirkt durch die Temperatur von 50° Grad gut gegen Milben. Japanische Häuser haben auch heute noch oft einen Raum mit Tatami (Reisstrohmatten). In diesem Naturmaterial nisten sich auch bei guter Hygiene gerne stechende Insekten ein, die dann auch in die Bettwäsche wandern.
Heizung: Im Winter sind japanische Häuser oft sehr kalt und hiermit lässt sich das Bett schön anwärmen, allerdings besteht bei längerem Hautkontakt Verbrennungsgefahr.
Trockner: Viele dieser Geräte werden mit Zubehör angeboten, man kann Schuhe damit anwärmen oder Wäsche in speziellen Beuteln trocknen, was einen großen Wäschetrockner ersetzen kann.
Luftreinigung: Filtersysteme sorgen dafür, dass die ausgestoßene Luft Hausstaub, Schimmel, Pollen und Milben bekämpft.
Es gibt wohl auch viele Touristen, die von diesen vielseitigen kleinen Trocknern begeistert sind und so sind auch Geräte erhältlich, die sich „Touristenmodell“ nennen, mit englischen Anleitungen und betrieben mit 220 Volt. Wieder etwas, was man gerne mit nach Hause nehmen möchte, nach den unübertroffenen Toilettensitzen, den Tischgasgrills und den Reiskochern.
Um welches Getränk handelt es sich hier?
Dies ist ein Glas Bier, in dem gefrorene Früchtebällchen schwimmen. In Japan wird Bier geliebt und man schreckt nicht vor neuen Kreationen zurück.
„Ahhhh lecker! Dem Erfinder des Biers sollte der Nobelpreis verliehen werden“, befinden gleich mehrmals die Hauptdarsteller des japanischen Films „Die Zeit, in der wir stricken“ (Zitat und Titel frei übersetzt).
Japaner lieben Bier! Frauen ebenso wie Männer. Natürlich trinken sie zum Essen auch mal einen japanischen Sake (Reiswein) oder Highball (Mixgetränke mit Whisky), aber Bier ist meist das Getränk der Wahl. Wenn es um die Qualität des normalen japanischen Biers geht, das aus sehr großen Brauereien stammt, wie Asahi, Kirin oder Sapporo, streiten sich deutsche Biertrinker.
Leider ist Bier in Japan sehr teuer, im Supermarkt zahlt man für die günstigste Dose Bier etwa den dreifachen Preis eines Markenbiers in Deutschland. Viele Verbraucher haben sicher auch aus diesem Grund in den letzten Jahren vermehrt zu japanischen Mixgetränken in Dosen gegriffen und so gingen die Verkaufsquoten von Bier immer mehr zurück. Schuld am hohen Bierpreis sind die hohen Steuern, die sich am Malzgehalt berechnen. Was lag da näher, als den Malzgehalt zu verändern und auch sonst ein bisschen herumzuprobieren? Schon immer wurden in Japan erfolgreiche Dinge aus der Welt übernommen und dann an den eigenen Geschmack und die Gegebenheiten angepasst. Als dann auch noch der Gesetzgeber die Bestimmungen, was in einem Bier beinhaltet sein darf, geändert hat, waren die Schleusen offen. Nun kann man unglaubliche Kreationen als Bier bezeichnen, auch wenn sich der echte Biertrinker mit Grausen abwendet. Was darf es sein? Ein Glas Bier mit ein wenig Austernextrakt, Bonitofischflocken, grünem Tee, Himbeerextrakt, oder eben gefrorenen Fruchtbällchen wie im Foto auf der vorangehenden Seite? Ich hatte mich im Restaurant für das extra angepriesene Getränk „Beer drops“ entschieden, in der Variante „Wassermelone, Pfirsich, Ananas“. Ein Argument im Flyer war, dass das Bier auf diese Weise länger kalt bleibt. Dies ist ein ganz wichtiger Aspekt bei Bier im Restaurant: Es muss eiskalt sein. Asahi wirbt damit, dass das Bier bei minus 2,2 Grad gezapft wird. Böse Zungen behaupten, dass dann der Geschmack noch nicht richtig zum Vorschein komme, was bei bestimmten Biersorten ganz hilfreich sei…
Deutsches Spitzenbier gibt es auch, z.B. Stephan Ragers „Bayern Meister Bier“ in Fujinomiya am Wasserfall Shiraito no taki.
Was ist die Bedeutung dieses Straßenverkehrszeichens?
Dieses Zeichen bedeutet: Gleich kommt ein Zebrastreifen. Dort anzuhalten ist allerdings keine Pflicht. Japaner wissen dies wohl auch nicht so genau: Beim Vortrag zur Erlangung einer Führerscheinverlängerung wagte sich keiner der Anwesenden, eine Antwort auf die Frage zu geben.
Auf der japanischen Autobahn: Vier deutsche Golfer geraten plötzlich in stockenden Verkehr. Der Fahrer des Wagens, seit 30 Jahren in Japan beheimatet, ist der Meinung, dass die nächste Ausfahrt nur zwei Kilometer entfernt sei und er jetzt einfach schnell auf dem Standstreifen am Stau vorbeifahren könne, da in dieser Gegend ohnehin nie kontrolliert werde. Gesagt, getan! Nach wenigen Metern ertönt eine Polizeisirene und der Wagen wird angehalten. Ein Polizist kommt zum Fahrzeug und fragt extrem langsam und akzentuiert: „Sprechen Sie japanisch?“ Was trotz guter Sprachkenntnisse aller Insassen energisch verneint wird. So muss der Fahrer aussteigen, seine Papiere werden kontrolliert und mit einer Strafe von rund 80,– Euro darf er schon nach 20 Minuten weiterfahren, denn die angeblich nicht vorhandenen Sprachkenntnisse schützten zwar nicht vor der Strafe, aber wenigstens vor den obligatorisch langwierigen Belehrungen.
Auch der Stadtverkehr ist speziell: Wenn nach einer langen Rotphase die Ampel auf aoi (blau, also grün) springt, muss man extrem vorsichtig abbiegen, da die Fußgänger nun grün haben, oft noch im letzten Moment lossprinten und aus dem Nichts plötzlich Radfahrer auftauchen, gerne in entgegengesetzter Fahrtrichtung. Wenn man nun denkt: „alles frei und los“ bremst plötzlich das vorausfahrende Taxi an einer völlig unübersichtlichen, engen Stelle und blockiert minutenlang den Verkehr. Japanische Autofahrer ertragen all diese Unbilden mit beneidenswerter Geduld, aber nach dem Erwerb des japanischen Führerscheins ist man wohl in Geduld und Demut extrem trainiert. Ausländer, die in Japan einen Führerschein erwerben müssen, fallen meist viele Male durch die Prüfung. Es geht nämlich vor allem darum, die vorgeschriebenen Abläufe und Regeln zu befolgen: Bevor der Fahrer einsteigt, muss er die Umgebung des Wagens kontrollieren, auch unter dem Fahrzeug muss nachgeschaut werden, dass dort nichts und niemand liegt. Vor dem Annähern an die Fahrerseite muss der Verkehr kontrolliert werden, vor dem Öffnen der Tür wieder. All dies muss mit deutlichen Körper- und Kopfbewegungen korrekt ausgeführt werden, wobei wir Ausländer uns schon mal veräppelt fühlen und nachlässig sind – schon durchgefallen! Ein lustiger Film zum Thema ist: „You drive me crazy“ aus dem Jahr 2012.
Warum ist dieses Ei schwarz?
Dies ist ein in einer heißen Schwefelquelle gekochtes Ei, ein sogenanntes Onsen tamago. Die überall im Land vorkommenden heißen Quellen werden vielfältig genutzt.
„Ah, ein Onsen tamago. Wenn man eines isst, lebt man drei Jahre länger“ äußerte eine japanische Freundin beim Anblick dieses Fotos. In Japan gibt es eben viele gesunde Lebensmittel und glücksverheißende Dinge. Es drängt sich der Eindruck auf, wenn etwas nicht so appetitlich aussieht, oder weniger gut schmeckt, ist es immer „gut für den Körper“. Dieses Foto ist in Owakudani nahe dem Berg Fuji entstanden, wo die Erde so viel heißen Schwefeldampf abgibt, dass die Gegend in den letzten Jahren immer wieder gesperrt wurde. Japan hat 100 aktive Vulkane, 8% aller aktiven Vulkane der Welt befinden sich damit in Japan und die darunterliegenden Magmakammern erhitzen den Boden und das Grundwasser. Daneben gehörte Japan zu den Pionieren der Erdwärme, Toshiba und Hitachi stellen erfolgreich Dampfturbinen für den weltweiten Einsatz her. Es gab deshalb auch immer wieder Hoffnung, dass diese ungenutzte natürliche Energiequelle stärker in den Fokus rücken könnte. So wurde ein neues Energieeinspeisegesetz verabschiedet, das auch Erdwärme stark bezuschusst. Da fast alle in Frage kommenden Vulkane in Naturschutzgebieten liegen, wurden viele Gesetze angepasst und verändert, um die Erdwärme leichter kommerziell nutzen zu können. Leider hat all dies zu keinem nennenswerten Zuwachs am Anteil der Erdwärme geführt: 2010 wurden 21,8 Terawattstunden aus Erdwärme gewonnen und 2018 33,7 TWh, in beiden Jahren waren dies an der Gesamtenergie der sehr geringe Anteil von 1,9%.
Was ist der Grund hierfür? Japaner sind sehr traditionsbewusst und sie lieben althergebrachte Dinge, zum Beispiel ihre Onsen (heiße Badequellen), von denen es 28.000 gibt. Die Angst ist groß, dass sich das Wasser für diese Onsen verändern könnte, sich zum Beispiel abkühlt, oder die Quellen ihre Heilkraft verlieren und so bleibt beim Thema Geothermie alles beim Alten. Viele Japaner und Touristen freut es und auch die weltberühmten Japanmakaken können weiter die heißen Quellen ohne einen vielleicht möglichen Qualitätsverlust in vielen Landesteilen genießen. Eine japanische Studie bestätigte, dass die Affen aus denselben Gründen baden wie die Menschen, die sie nachahmen: Sie wärmen sich natürlich auf, entspannen und dies sorgt in den kalten Wintermonaten für eine starke Reduzierung von Stresshormonen. Affen sind eben auch nur Menschen.
Wo befindet sich dieser kleine Hausaltar und wozu dient er?
Dies ist ein Kamidana (shintoistischer Hausaltar), der in der sympathischen kleinen Stehbar Joe in Nishiazabu an der Wand hängt.
Bei einem Treffen mit meiner Freundin Yoshie, das wir dazu nutzten, einen der zahlreichen schönen Schreine in Tokio zu besuchen, sagte sie bei meiner ersten Bemerkung über die zahlreichen steinernen Füchse im Schrein: „Bitte frag mich nichts, ich kenne mich ganz schlecht mit religiösen Dingen aus.“
Religionen in Japan werden von der Bevölkerung vor allem intuitiv und durch Nachahmen ausgeübt und so herrscht auch nicht das Gefühl vor, eine religiöse Handlung auszuführen, sondern eine Sache, die in das tägliche Leben integriert ist. Beispielsweise ist es üblich, regelmäßig in den Tempeln Glücksbringer für viele Lebenslagen zu kaufen, sich mittels Horoskopzetteln die Zukunft vorhersagen zu lassen oder sich ein Ema (Holztäfelchen) zu kaufen, auf dem man sehr weltliche Wünsche notiert, wie eine gesunde Reise, ein gelungenes erstes Date oder einen guten Umzug in die neue Wohnung. Ein Pflichttermin für Japaner jeden Alters ist auch ein Besuch im Tempel in den ersten Tagen des neuen Jahres. Bei besonders beliebten Tempeln bilden sich tagelang Warteschlangen, in denen die Besucher viele Stunden ausharren müssen, bis sie vor der Tempelhalle kurz um ein glückliches neues Jahr bitten können. Danach werden an den Verkaufsständen die verbrauchten Glücksbringer des letzten Jahres durch neue ersetzt.
Einen kleinen Hausaltar wie auf dem Foto kann man in manchen japanischen Häusern, Geschäften oder Gaststätten finden. Er beinhaltet einen in einem berühmten Schrein gekauften Glücksbringer als Symbol für die Anwesenheit glücksverheißender Götter. Wichtig ist, dass der Schrein unter der Decke angebracht ist, über den Köpfen der Menschen. Dieser Altar soll den geschäftlichen Erfolg sichern, aber auch Unheil von der Bar und ihren Besuchern abhalten. Er wird mit viel Respekt behandelt und gepflegt. So wird das Wasser der Sakakiblätter (im Shinto eine heilige Pflanze) jeden Tag ausgetauscht, regelmäßig Sake in die Schalen gefüllt und ab und zu die Kerzen angesteckt (kürzlich gab es einen kleinen Zwischenfall, wobei das Strohseil links etwas angebrannt wurde) und der Chef der Bar bittet bei seiner Ankunft jeden Tag um Beistand, Glück und Gesundheit für alle sich hier Aufhaltenden. Es gibt sehr viele Regeln, aber am Ende halten es alle so damit, dass sie sich wohl fühlen und den nötigen Respekt erweisen.
Warum gibt es eine Wandtapete mit dem Pariser Arc de Triomphe auf einem Seeräuberausflugsschiff am Fuße des Fujiyama?
Da die französische Lebensart in Japan als besonders exklusiv und vornehm gilt, wurde auf diesem Ausflugsschiff die erste Klasse mit französischem Flair gestaltet, mit einem Mosaik von Ludwig XIV und auch dem Triumphbogen.
Japaner in Paris: der stolze Eiffelturm, köstliche Macaron und wunderschöne Museen in historischen Gebäuden, oder eher Schwindelgefühle, Verfolgungswahn und Angst? Japaner in Paris haben eine eigene Krankheit kreiert: Das Paris-Syndrom.
Psychologen erklären die unterschiedlichen psychischen Krankheitsbilder, die Japaner in Paris befallen, damit, dass der Traum von der wunderschönen flirrenden Stadt der Liebe und die vor Ort angetroffene Realität nicht übereinstimmen. Es scheint bei vielen Japanern der Wunsch zu bestehen, in Paris eine Pilgerstätte zu finden, die ihre Sorgen und Probleme in der fernen Heimat zu lösen hilft. Dies gleicht einer Erlösung religiösen Ausmaßes. All diese Zusammenhänge wurden bereits in den 80er Jahren von dem in Paris lebenden japanischen Psychiater Hiroaki Ota beschrieben und in der Folge wurden einige Bücher veröffentlicht, die sich mit dem Problem beschäftigen. Japaner sind also inzwischen mit diesem Phänomen vertraut und so manch einer hat sicher seine Konsequenz gezogen und sucht sich lieber ein Stück Frankreich in Tokio. Dies ist nicht schwierig. Zunächst ist da der Tokyo Tower, der dem Eiffelturm nachempfunden ist, ihm tatsächlich sehr ähnlich sieht und ein Wahrzeichen der Stadt darstellt.
Der Bedarf an französischen Restaurants scheint riesig zu sein, wenn man sich deren schiere Anzahl in den Tokioter Stadtbezirken anschaut. Der Guide Michelin Tokyo von 2017 führt 93 Restaurants mit französischer Küche besonderer Qualität auf. Daneben gibt es natürlich noch zahlreiche weitere französische Restaurants, Cafés, Brasserien und Bistrots, die keine besondere Beachtung finden. So kann man an vielen Stellen französische Crêpes genießen und es gibt sogar einen Ort in Tokio, der als „Klein Paris“ bezeichnet wird: Im Bezirk Kagurazaka gibt es einen kleinen Hügel, den manche romantisierend mit dem Montmartre in Paris vergleichen. Vor allem gibt es hier viele Bäckereien, Bistrots und Restaurants mit französischem Flair. Dies ist natürlich sehr praktisch für alle Japaner, die etwas Französisches genießen wollen, ohne Angst vor Sprachproblemen, Jetlag oder Paris-Syndrom. Falls die Bedienung dann für das einheimische Empfinden doch etwas zu französisch direkt agiert, kann der Gast zum Ausgleich noch einen Absacker in der japanischen Kneipe nebenan nehmen und wieder bei gewohntem Verhalten des Personals entspannen.
Was hat es mit diesem Tisch auf der Aussichtsplattform einer beliebten Insel auf sich?
Dieses Foto ist auf dem Rastplatz Umi Hotaru (Meeresglühwürmchen) aufgenommen worden und der kleine weiße Tisch verfügt über eine Besonderheit: Er hat einen Ständer für das Smartphone, damit man Selfies vor dem beliebten Werbeschild machen kann.
Beim Auschecken in einem neuen Hotel, das bereits eine gewisse Berühmtheit erlangt hat, fragte uns einer der Angestellten, ob er ein Foto von uns mit dem Hotelschild machen soll. Etwas verständnislos und verwirrt lehnten wir das Angebot dankend ab, was zu der Erklärung führte, dass alle Japaner hier fotografiert werden möchten.
Wo wir Ausländer stets auf der Suche nach dem besonderen Motiv für ein gelungenes Foto sind, wollen Japaner ein Foto, auf dem man erkennt, wo sie sind und das als Erinnerung und Nachweis dienen kann.
Auch bei Reisen ins Ausland möchte der japanische Gast die Orte sehen, die berühmt sind und die alle besuchen. Dies war einem in Paris lebenden Freund leider völlig unbekannt und so führte er ein befreundetes japanisches Paar auf Hochzeitsreise durch das „echte“ Paris, zeigte ihm Hinterhöfe und -gassen, besuchte mit ihm kleine Kaschemmen und brachte die beiden in einer winzigen, urigen Pension unter. Als Ergebnis waren die Japaner total enttäuscht und wagten sich nach einigen Tagen, den Wunsch zu äußern, die touristischen Hotspots aufzusuchen und sich dort natürlich zu fotografieren.
Früher war es ein gerne bemühtes Klischee, dass Japaner auf Reisen besonders viel fotografieren. Das ist in der Zwischenzeit wohl bei allen Nationen der Fall, allerdings lieben es die Gäste aus Japan besonders, ihr Essen zu fotografieren. Auch unspektakuläre Speisen werden abgelichtet, in den sozialen Medien geteilt oder an Freunde geschickt. Essen ist einfach extrem wichtig für Japaner.
Ganz im Gegensatz zu den Klagen von Geishas in Kyoto, die von Gästen aus dem Ausland mit Kameras verfolgt werden, sind Japaner selten so aufdringlich, fremde Menschen auf ihr Bild zu bannen und es ist ihnen meist auch peinlich, andere Passanten zu fragen, ob diese ein Foto von ihnen machen könnten. Früher trugen viele Japaner deshalb auch kleine Stative mit sich durch die Städte und irgendwann hatte jemand die Idee, Halterungen wie auf dem Foto an Fotospots anzubringen. Wenn man sie aber anspricht und bittet, ein Foto zu machen, sind sie immer sehr hilfsbereit, fotografieren und freuen sich sehr, wenn man sie im Gegenzug ebenfalls fotografiert. Wer braucht da noch Stativ oder Handyhalterung? Und viel netter ist es ohnehin.
Welche Hintergrundmusik wird auf diesem Golftrainingsplatz gespielt?
Jazzmusik! Ob unter Golfern besonders viele Jazzfans zu finden sind, ist wahrscheinlich nicht bekannt, dennoch ist hier Jazz zu hören. Es ist auffällig, dass dort, wo Hintergrundmusik in Tokio nötig scheint, Jazz sehr oft die Musik der Wahl darstellt.
Da sitzt man gemütlich am Tresen bei einer äußerst leckeren italienischen Holzofenpizza, trinkt ein Glas italienischen Rotwein dazu und wundert sich irgendwann über die doch recht laute und aufdringliche Jazzmusik, die über die Lautsprecher die Gäste beschallt.
Nach eigener Feldstudie in Restaurants und Bars der Hauptstadt bleibt nur eine Schlussfolgerung: Japaner lieben Jazz, auch an Orten, wo man ihn eher nicht vermuten würde. Einerseits gibt es legendäre Jazzclubs in Tokio wie das Blue Note, den Cotton Club oder das Pit Inn, aber andererseits gibt es Jazz als Hintergrundmusik an sehr alltäglichen Orten: In Kaufhäusern, in Toilettenanlagen von Rastplätzen, in Warteräumen, in Fitnessstudios. Die sündhaft teuren Bars der Luxushotels, wie das Park Hyatt oder das Ritz Carlton, wo man dann auch zu seinem Cocktail eine respektable Extrasumme für die Musik zahlen muss, bieten ebenfalls regelmäßig Jazz. Die angebotene Tonkunst ist oft kein eingängiger Jazz, der von der großen Mehrheit als angenehm empfunden oder vielleicht einfach überhört wird, sondern durchaus sperrige, aber anspruchsvolle Kunst. Sehr oft ist Bebop zu hören, der bei Wikipedia folgendermaßen beschrieben wird: „Mit dem Bebop verabschiedet sich der Jazz als Unterhaltungsmusik und wird nach und nach als Kunstmusik definiert“.
Während des zweiten Weltkrieges war Jazz in Japan verboten, um danach umso erfolgreicher neu zu starten. In dieser Zeit war natürlich der Einfluss der Musik der amerikanischen Siegermacht sehr groß, aber die japanischen Jazzmusiker befreiten sich davon zusehends und begannen eigenständigen Jazz zu entwickeln. Dabei verließen sie auch häufig alle vorgegebenen Regeln und Stilrichtungen „Musik machen, die noch keiner gehört hat“ ist beispielsweise ein Motto der japanischen Jazzpianistin Satoko Fujii. Diese Einstellung haben sich auch viele andere experimentelle japanische Musiker zu eigen gemacht. Vor einigen Jahren waren wir Gäste beim „Otomo Yoshihide New Jazz Orchestra“ wo neben konventionellen Instrumenten auch mit Staubsaugerrohren, Rauschgeneratoren und sphärischen Piepsgeräuschen experimentiert wurde. Es war ein durchaus anderes und völlig neues Hörerlebnis.
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