Kitabı oku: «Recht der Sozialen Medien», sayfa 4
III. Betroffene Rechtsgebiete
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Auch wenn die Bezeichnung Social Media in der rechtlichen Terminologie keine Erwähnung findet, beschreibt sie doch ein Kommunikationsphänomen, das eine Vielzahl von Rechtsgebieten betrifft. Regelmäßig können die sich aus der Nutzung sozialer Medien ergebenden Rechtsfragen mithilfe der Vorschriften dieser Regelungsbereiche sachgemäß gelöst werden. So sind bestimmte Aspekte des Urheberrechts, des Datenschutzrechts, des Persönlichkeitsrechts, des Wettbewerbsrechts, des Jugendschutzrechts sowie des Strafrechts auch für den rechtlichen Umgang mit Social Media maßgebend. Neben diese technikneutralen Regelungen treten solche Vorschriften des Rundfunk- und Telemedienrechts, die sich speziell an die nicht-linearen Angebotsstrukturen sozialer Medien richten. Darüber hinaus enthalten auch die allgemeinen Regelungsbereiche Bestimmungen, die sich mit den Gegebenheiten des Internets befassen.[1]
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Dass das Phänomen der Social Media mit den bestehenden Regelungsstrukturen weitgehend beherrschbar ist, darf indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass die stetige Weiterentwicklung derartiger Kommunikationsstrukturen fortlaufend neue Rechtsfragen aufwirft, denen das geltende Recht nicht oder jedenfalls nicht in hinreichendem Maße begegnet.[2] Um diese rechtlichen Unzulänglichkeiten erkennen und beheben zu können, bedarf es jedoch zunächst einer eingehenden Darstellung der rechtlichen Verhältnisse, denen die sozialen Medien derzeit unterworfen sind.
1. Urheberrecht
1.1 Anwendbarkeit deutschen Urheberrechts
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Anknüpfungspunkt des internationalen Urheberrechts stellt das sog. Territorialitätsprinzip dar. Danach steht dem Urheber nicht ein einheitliches, im Ursprungsland des Werkes begründetes, weltweit gültiges Urheberrecht zu (sog. Universalitätsprinzip). Vielmehr besitzt er ein Bündel an nationalen Urheberrechten, die nach Inhalt, Umfang, Schutzdauer und sonstigen Modalitäten unterschiedlich ausgestaltet sein können.[3]
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Unabhängig davon, ob das Territorialitätsprinzip als kollisions- oder lediglich als sachrechtliche Bestimmung zu verstehen ist, stellt es den Ausgangspunkt des sog. Schutzlandprinzips dar.[4] Dieses kollisionsrechtliche Prinzip findet sich in Art. 8 Abs. 1 Rom-II-VO[5] und ist für die Bestimmung des anwendbaren Urheberrechts maßgeblich.[6] Auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus einer Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums ist danach das Recht des Staates anzuwenden, für den der Schutz beansprucht wird. Das Recht des jeweiligen Schutzlandes entscheidet dabei grundsätzlich über alle mit dem Urheberrecht zusammenhängenden Fragen. Dazu gehören etwa die Schutzvoraussetzungen und die damit verbundene Entstehung des Urheberechts, Inhalt und Umfang des Schutzes, Schutzdauer und sonstige Erlöschenstatbestände.[7] Ebenso maßgeblich ist das Recht des Schutzlandes zur Beantwortung der Frage, ob das Urheberrecht durch eine grenzüberschreitende Verwertungshandlung verletzt ist und welche Rechtsfolgen hiermit verbunden sind. Um das Recht des jeweiligen Schutzlandes zur Anwendung zu bringen, ist stets ein hinreichender Inlandsbezug erforderlich. Ein solcher ist dann gegeben, wenn jedenfalls Teilakte der grenzüberschreitenden Verletzungshandlung auf dem Gebiet des Schutzlandes vorgenommen worden sind.[8]
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Keine kollisionsrechtlichen Regelungen stellen indes die §§ 120 ff. UrhG dar. Sie enthalten keine Verweisung auf das deutsche Recht, sondern bestimmten vielmehr den persönlichen Anwendungsbereich des UrhG.[9]
1.2 Eigene Inhalte
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Stellt ein Nutzer im Rahmen seines Social Media-Profils eigene, von ihm erstellte Inhalte zur Schau und handelt es sich dabei um persönliche geistige Schöpfungen, die eine gewisse Kreativität und Individualität aufweisen (sog. Schöpfungshöhe), liegt ein Werk im Sinne von § 1 UrhG vor. Als Urheber kann der Nutzer grundsätzlich frei entscheiden, ob, wo, wann und in welchem Umfang er sein Werk der Allgemeinheit zur Verfügung stellen möchte. Allerdings lassen sich die Social Media-Anbieter bei erstmaliger Registrierung häufig weitreichende Nutzungsrechte an diesen Werken einräumen, die über den eigentlichen Vertragszweck hinausgehen. Sofern die zu übertragenden Rechte dabei nicht konkret benannt werden, sondern vielmehr eine pauschale Rechteeinräumung festgelegt ist, verstößt eine derartige Klausel im Rahmen Allgemeiner Geschäftsbedingungen gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und ist folglich unwirksam.[10] Auch kann im Einzelfall eine überraschende Klausel im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB gegeben sein, die aufgrund ihrer den Nutzer überrumpelnden Wirkung nicht Bestandteil des Social Media-Vertrages wird.[11]
1.3 Fremde Inhalte
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Regelmäßig werden Social Media-Profile hingegen nicht nur mit eigenen, sondern auch mit fremden Inhalten gefüllt. Sofern diese die notwendige Schöpfungshöhe erreichen, genießen sie den Schutz des Urheberrechts. Aus der Verwendung fremder Inhalte ohne vorherige Einräumung entsprechender Nutzungsrechte durch den Urheber ergeben sich daher zahlreiche Anknüpfungspunkte für mögliche Rechtsverletzungen.
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1.3.1 Hochladen fremder Werke
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So setzt grundsätzlich bereits das Hochladen eines urheberrechtlich geschützten Werkes ein Vervielfältigungsrecht (§ 16 UrhG) des Nutzers voraus, da auf dem Server des Social Media-Anbieters eine neue Kopie gespeichert wird.[12] Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Nutzer den fremden Inhalt lediglich einem eng begrenzten Personenkreis zur Verfügung stellt. In diesem Falle handelt es sich um eine zulässige Privatkopie im Sinne von § 53 Abs. 1 UrhG. Wird indessen der private Kreis verlassen, kommt dem Nutzer, der das fremde Werk im Rahmen seines Profils verwendet, keine Schranke des Urheberrechts zugute. Vielmehr handelt es sich dann um ein öffentliches Zugänglichmachen (§ 19a UrhG), das der vorherigen Rechteeinräumung durch den Urheber bedarf.[13] Die Grenze zwischen zulässiger Privatkopie und erlaubnispflichtiger öffentlicher Verwendung ist dort zu ziehen, wo ein überschaubarer Kreis persönlich bekannter Personen überschritten wird. Auch wenn insoweit keine absolute zahlenmäßige Begrenzung gezogen werden kann, wird der Umfang einer Privatkopie jedenfalls dann überschritten sein, wenn nicht nur diejenigen Personen, mit denen der Nutzer selbst im Rahmen des sozialen Mediums vernetzt ist, sondern gezielt auch deren Kontakte durch die urheberrechtlich geschützten Inhalte angesprochen werden.[14]
1.3.2 Verlinkung und Framing
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Urheberechtlich problematisch kann ferner das Anbieten von Links im Rahmen des eigenen Social Media-Profils sein, sofern diese den Zugang zu fremden, im Internet veröffentlichten Werken eröffnen. Das Setzen eines Links auf eine vom Berechtigten öffentlich zugänglich gemachte Webseite stellt zwar dem Grunde nach keine urheberrechtlich relevante Nutzungshandlung dar. Es handelt sich dabei lediglich um eine elektronische Verknüpfung der den Link enthaltenden Datei mit einer anderen in das Internet eingestellten Datei.[15] Dies gilt auch im Falle sog. Deep Links, die unter Umgehung der Startseite einen unmittelbaren Zugriff auf tieferliegende Ebenen der Webseite ermöglichen, auf der sich das geschützte Werk befindet.[16] Der Abruf der jeweiligen Inhalte wird durch die Verlinkung lediglich technisch erleichtert, ohne dass jedoch die Möglichkeit der Kenntnisnahme auf die Inanspruchnahme des Links beschränkt wäre. Vielmehr ermöglicht der Berechtigte durch die Einstellung des Werkes ins Internet bereits selbst die Vornahme urheberrechtlicher Nutzungshandlungen durch die Abrufenden. Die Gefahr rechtswidriger Nutzungen wird durch die Verlinkung nicht qualitativ verändert, sondern nur insofern erhöht, als dadurch der Zugang zum Werk erleichtert und dieses unter Umständen einer größeren Nutzerzahl eröffnet wird.[17] Ungeachtet dessen verbleibt die grundlegende Entscheidung, ob die urheberrechtlich geschützten Inhalte der Öffentlichkeit des Internets zugänglich bleiben sollen, stets bei dem jeweiligen Rechteinhaber. Entfernt er das betreffende Werk im Nachhinein, geht der Link auf die entsprechende Webseite ins Leere.[18] Der Linksetzende haftet demnach weder als Täter für eine öffentliche Zugänglichmachung noch als Störer für etwaige urheberrechtswidrige Vervielfältigungshandlungen der abrufenden Nutzer.
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Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Berechtigte das geschützte Werk zwar auf einer öffentlichen Webseite zum Abruf bereithält, dabei allerdings technische Schutzmaßnahmen einsetzt, um den Zugang nur in eingeschränkter Weise zu ermöglichen. Das Setzen eines Hyperlinks, der unter Umgehung dieser Schutzmaßnahmen einen unmittelbaren Zugriff auf die betreffenden Inhalte ermöglicht, greift in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19a UrhG ein.[19] Unerheblich ist dabei, ob es sich um wirksame technische Maßnahmen im Sinne von § 95a UrhG handelt. Vielmehr genügt es, dass der Berechtigte überhaupt Schutzmaßnahmen getroffen hat und diese für Dritte als solche erkennbar sind. Maßgeblich ist insoweit der nach außen tretende Wille des Berechtigten, den Werkzugang lediglich in eingeschränktem Umfang zu ermöglichen.[20]
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Bestätigung haben diese nationalen Leitlinien auch auf europäischer Ebene gefunden. Auf entsprechende Vorlage des schwedischen Svea Hovrätt hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) den Anwendungsbereich der öffentlichen Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG[21] dahingehend eingeschränkt, dass keine urheberrechtliche Nutzungshandlung in diesem Sinne vorliegt, wenn auf einer Internetseite Verlinkungen zu Werken bereitgestellt werden, die auf einer anderen Internetseite frei zugänglich sind.[22] Ermöglicht ein Link den Nutzern der entsprechenden Seite indes die Umgehung beschränkender Schutzmaßnahmen, die auf der ursprünglichen Seite, auf der das geschützte Werk zu finden ist, getroffen wurden, ist eine öffentliche erlaubnispflichtige Wiedergabe anzunehmen.[23]
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Mit dieser Entscheidung des EuGH war indes noch nicht abschließend geklärt, ob diese Grundsätze auch dann gelten, wenn der Link in das eigene Profil dergestalt eingebettet ist, dass er die unmittelbare Wiedergabe des fremden Werkes ersetzt (sog. Framing). Allerdings hatte der EuGH die rechtliche Zulässigkeit des Framings hier bereits angedeutet. In Bezug auf die Erlaubnispflichtigkeit von Verlinkungen hatte er ausgeführt, dass eine öffentliche Wiedergabe auch dann nicht angenommen werden könne, wenn das Werk bei Anklicken des betreffenden Links in einer Art und Weise angezeigt wird, die den Eindruck vermittelt, dass es auf der Seite erscheint, auf der sich der Link befindet, obwohl es in Wirklichkeit einer anderen Seite entstammt.[24] Mit diesem obiter dictum wollte der EuGH die Fälle des Framings ansprechen und somit die für herkömmliche Verlinkungen geltenden Grundsätze hierauf angewendet wissen.[25]
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Auf entsprechende Vorlage des Bundesgerichtshofs (BGH)[26] hat der EuGH die Rechtmäßigkeit solcher Links, die fremde urheberrechtlich geschützte Werke im Wege des Framings als integralen Bestandteil in die eigene Internetpräsenz einbetten, nunmehr ausdrücklich bestätigt.[27] Während der BGH das Framing als – der Zustimmung des Urhebers unterliegende – öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG einstufte,[28] lehnte der EuGH eine derartige Einordnung im Regelfall ab. Eine öffentliche Wiedergabe nimmt er nur an, wenn ein geschütztes Werk unter Verwendung eines technischen Verfahrens, das sich von dem bisher verwendeten unterscheidet, wiedergegeben wird oder sich das Werk an ein neues – vom Berechtigten nicht bedachtes – Publikum richtet.[29] Ob eine erlaubnis- und vergütungspflichtige Nutzungshandlung vorliegt, hängt demnach weniger von der gewählten Darstellungsform als einfacher Link oder eingebetteter Frame, sondern maßgeblich davon ab, ob das urheberrechtlich geschützte Werk einem weiteren, von der Verlinkung bislang nicht erreichten Nutzerkreis zugänglich gemacht wird.[30] Steht demnach ein Werk auf einer Webseite mit Erlaubnis des Urhebers für jedermann zum Abruf bereit und wird dieses Werk dann im Wege des Framings in eine andere Internetpräsenz eingebunden, erfolgt diese Handlung gegenüber keinem neuen Publikum. Der Erlaubnis des Urhebers bedarf es daher nicht.[31]
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Keine Stellung bezogen hat der EuGH dagegen zu der durch den BGH aufgeworfenen Frage des Zu-Eigen-Machens. Denn auch wenn sich eine Verlinkung in Form des Framings nicht zwingend an ein neues Publikum richtet, kommt dem Linksetzenden doch eine zentrale Rolle bei der Werkvermittlung zu.[32] Dies birgt die Gefahr einer Umgehung der urheberrechtlich garantierten Verwertungsrechte. Vor diesem Hintergrund wird daher auch vertreten, das Framing nicht generell als erlaubnisfreie Nutzungshandlung einzuordnen, sondern je nach Art und Intensität der Einbettung des konkreten Links einer einzelfallbezogenen Entscheidung zuzuführen.[33] Da sich Verlinkungen in Form des Framings insbesondere im Rahmen von Social Media großer Beliebtheit erfreuen,[34] ist die rechtliche Bewertung dieses Phänomens auch hier von Bedeutung.
2. Datenschutzrecht
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Während sich datenintensive Anwendungen im Rahmen sozialer Medien bei den Nutzern großer Beliebtheit erfreuen, fehlt es an Bestrebungen der Anbieter, die hierdurch generierten Daten hinreichend zu schützen. Probleme des Datenschutzes ergeben sich vor allem deshalb, weil die Geschäftsmodelle der Anbieter gerade auf der Sammlung, Auswertung und Weitergabe der Daten beruhen. Die Aufmerksamkeit der Nutzer richtet sich zwar zunehmend auch auf Aspekte des Datenschutzes und der Datensicherheit. Eine konsistente Bereitschaft zum Wechsel des Social Media-Anbieters ist indes nur dann gegeben, wenn dieser über vergleichbare Anwendungen verfügt und unter den Nutzern eine vergleichbare Popularität aufweist.[35]
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2.1 Verfassungsrechtlicher Schutz personenbezogener Daten
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Schutz finden personenbezogene Daten sowohl durch europäische als auch durch nationale Verfassungsbestimmungen. So sieht die EU-Grundrechtecharta den Schutz entsprechender Daten ausdrücklich in Art. 8 EU-GRCharta vor. Im Rahmen der Europäischen Menschenrechtskonvention und des Grundgesetzes werden personenbezogene Daten dagegen nicht explizit geschützt. Allerdings wird der Schutz hier aus dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK bzw. dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitet.[36] Handelt es sich – wie etwa im Falle von integrierten Chat-Funktionen oder Voice-over-IP-Diensten – um eine „unkörperliche Übermittlung von Informationen an individuelle Empfänger mit Hilfe des Telekommunikationsverkehrs“, ist diese Art der Kommunikation zugleich von den Gewährleistungen des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 GG umfasst.[37]
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Um dem verfassungsrechtlichen Schutz größtmögliche Wirksamkeit zu verleihen, obliegen dem Staat aufgrund dieser Vorschriften nicht nur negative Unterlassungs-, sondern auch positive Handlungspflichten. Dem Einzelnen steht demnach nicht nur ein Abwehrrecht gegenüber rechtswidrigen staatlichen Datenzugriffen zu. Um den Schutz personenbezogener Daten möglichst umfassend zu gewährleisten, muss der Staat zugleich die Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorschriften durch private Social Media-Anbieter sicherstellen.[38]
2.2 Einfachgesetzlicher Schutz personenbezogener Daten
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Auf einfachgesetzlicher Ebene sind die über soziale Medien verbreiteten personenbezogenen Daten nach Maßgabe der Vorschriften des TMG und des BDSG geschützt. Weil die Social Media-Dienste nicht auf die Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze beschränkt sind und typischerweise auch nicht dem einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff unterfallen, handelt es sich um Telemedien im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 TMG.[39] Datenschutzrechtlichen Vorrang genießen daher die Regelungen der §§ 11 ff. TMG (vgl. § 1 Abs. 3 S. 1 BDSG). Darüber hinaus finden gemäß § 12 Abs. 3 TMG indessen auch die Vorschriften des BDSG Anwendung. Aus diesem Wechselspiel beider Gesetze resultieren zahlreiche Grundprinzipien, die den datenmäßigen Umgang im Rahmen sozialer Medien näher ausgestalten.[40]
2.3 Anwendbarkeit deutschen Datenschutzrechts
2.3.1 §1 Abs.5 BDSG als Kollisionsnorm
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Weil die Anbieter sozialer Medien in aller Regel nicht in Deutschland ansässig sind,[41] stellt sich die Frage der Anwendbarkeit deutschen Datenschutzrechts. Grundsätzlich können hiervon sowohl Anbieter mit Sitz in der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum als auch solche, die in sonstigen Drittstaaten angesiedelt sind, erfasst sein.
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Im Falle des grenzüberschreitenden Verkehrs richtet sich die Frage, ob das deutsche Datenschutzrecht Anwendung findet, stets nach den Vorgaben des § 1 Abs. 5 BDSG. Dies gilt nicht nur für die Regelungen des BDSG, sondern auch für die datenschutzrechtlichen Bestimmungen des TMG (§§ 11 ff.). Zum einen stellt das in § 3 TMG normierte Herkunftslandprinzip keine eigenständige Kollisionsnorm, sondern lediglich ein sachrechtliches Beschränkungsverbot dar.[42] Zum anderen schließt bereits § 3 Abs. 3 Nr. 4 TMG die Anwendbarkeit dieses Prinzips für das Datenschutzrecht aus.[43]
2.3.2 Verantwortliche Stelle innerhalb EU/EWR
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Für Social Media-Betreiber mit Sitz in der Europäischen Union bzw. im Europäischen Wirtschaftsraum gilt deutsches Recht jedoch ausschließlich dann, wenn die verantwortliche Stelle nicht nur die Datenerhebung, -verarbeitung oder -nutzung in Deutschland vornimmt, sondern dies zugleich durch eine Niederlassung im Inland erfolgt (§ 1 Abs. 5 S. 1 BDSG). Besteht dagegen keine innerdeutsche Niederlassung, gilt das nationale Datenschutzrecht des entsprechenden Sitzlandes.
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Sowohl im BDSG als auch im Rahmen der Vorschriften der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-RiLi) ist ausschließlich der Begriff der verantwortlichen Stelle definiert, wohingegen eine Definition des Niederlassungsbegriffs unterbleibt.[44] Gemäß § 3 Abs. 7 BDSG ist jede Person oder Stelle datenschutzrechtlich verantwortlich, die personenbezogene Daten für sich selbst erhebt, verarbeitet oder nutzt oder dies durch einen anderen im Auftrag vornehmen lässt. Für die Verarbeitung Verantwortlicher im Sinne von Art. 2d der Datenschutz-RiLi ist die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder jede andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke oder Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet. Maßgeblich auf den Begriff der Niederlassung stellt Art. 4 Abs. 1a Datenschutz-RiLi ab, dessen nationale Umsetzung § 1 Abs. 5 S. 1 BDSG darstellt. Danach hat jeder Mitgliedsstaat die Vorschriften des nationalen Datenschutzrechts auf alle Verarbeitungen personenbezogener Daten anzuwenden, die im Rahmen der Tätigkeiten einer Niederlassung ausgeführt werden, die der für die Verarbeitung Verantwortliche im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedsstaats besitzt. Aus jener Bestimmung leitet das OVG Schleswig ab, dass eine Niederlassung in diesem Sinne nicht zwingend eine (eigene) verantwortliche Stelle darstellen müsse.[45] Regelmäßig scheide dies bereits deshalb aus, weil es im Hinblick auf die Niederlassung an der von Art. 2d der Datenschutz-RiLi geforderten Kompetenz zur Entscheidung über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten fehle.[46] Soweit eine Niederlassung nicht als verantwortliche Stelle zu qualifizieren sei, sei für die Anwendbarkeit des deutschen Datenschutzrechts in richtlinienkonformer Auslegung des § 1 Abs. 5 S. 1 BDSG nicht der Belegenheitsort der verantwortlichen Stelle, sondern vielmehr der Sitz der Niederlassung maßgebend.[47] Allerdings wurde die Anwendbarkeit deutschen Datenschutzrechts im konkreten Fall dennoch verneint, da es nach Auffassung des Gerichts an einem tatsächlichen Einfluss der deutschen Zweigniederlassung (Facebook Germany GmbH) auf die Datenverarbeitung des irischen Mutterkonzerns (Facebook Ireland Ltd.) fehlte.[48]
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Die zentrale Bedeutung des Begriffs der Niederlassung als Einfallstor für die Anwendbarkeit nationalen Datenschutzrechts hat nunmehr auch der EuGH im Rahmen einer aufsehenerregenden Entscheidung zum sog. Recht auf Vergessen(werden) bestätigt.[49] Demnach ist das Datenschutzrecht eines EU-Mitgliedstaates aufgrund einer dort belegenen Niederlassung bereits dann anzuwenden, wenn es sich dabei um eine Zweigniederlassung oder Tochtergesellschaft des datenverarbeitenden Hauptunternehmens handelt und sie die Aufgabe hat, in dem betreffenden Mitgliedsstaat für die Förderung des Verkaufs und/oder den Verkauf der angebotenen Waren oder Dienstleistungen selbst zu sorgen.[50] Zur Begründung führt der Gerichtshof das Bestehen einer untrennbaren Verbindung zwischen den von der Niederlassung ausgehenden Werbeaktivitäten und den sonstigen datenverarbeitenden Tätigkeiten des Verantwortlichen an.[51] Mit diesem weiten Verständnis des Niederlassungsbegriffs hat der EuGH die praktische Wirksamkeit der Datenschutz-RiLi und damit auch die effektive Durchsetzung des Datenschutzrechts der Mitgliedsstaaten gestärkt. Im Besonderen gilt dies für die international operierenden Social Media-Anbieter, denen die maßgeblichen Strukturen der Datenverarbeitung häufig von zentralen Mutterkonzernen vorgegeben werden. Um in den nationalen europäischen Märkten Präsenz zu zeigen und dennoch die Anwendbarkeit des strengen Datenschutzrechts eines Mitgliedsstaats zu unterlaufen, wurden die Aufgabenfelder einer solchen Niederlassung häufig auf Marketing- oder sonstige Nebentätigkeiten ohne personenbezogenen Datenumgang beschränkt.[52] Eine solche Praxis wird künftig nicht mehr möglich sein. Soweit die Social Media-Betreiber über eine Niederlassung in einem Mitgliedsstaat verfügen und die dort vorgenommenen Aktivitäten die Haupttätigkeit des Anbieters jedenfalls unterstützen, hat der EuGH klargestellt, dass in diesen Fällen das Datenschutzrecht des betroffenen Mitgliedstaates Anwendung finden soll.[53]
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