Kitabı oku: «Rollin Becker - Leben in Bewegung & Stille des Lebens», sayfa 2

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EINFÜHRUNG

In den hundert Jahren ihrer Existenz ist die Kunst und die Wissenschaft der Osteopathie von Hand zu Hand und von Herz zu Herz weitergegeben worden. Rollin E. Becker und seine Lehre bilden ein wichtiges Verbindungsstück in dieser Kontinuität. Dr. Becker war sowohl ein inspirierter Schüler als auch ein wunderbarer Lehrer und widmete sich sein Leben lang dem Studium der Osteopathie. Nach seinem Abschluss am College für Osteopathie arbeitete er einige Jahre so, wie es ihm gezeigt worden war. Dann begann er, die Schriften von Dr. Andrew Taylor Still, dem Begründer der Osteopathie, noch gründlicher zu studieren, und fand dort neben einem reichen Schatz an Ideen, die er erforschen wollte, auch die spezifische Anleitung, die er zur Fortführung seiner Studien brauchte.

Anfänglich bemühte er sich alleine, das zu lernen, was Dr. Still zu zeigen hatte. Er teilte zwar seine Fragen und Ideen mit Kollegen, studierte aber eigentlich still in seiner Praxis, wenn er mit seinen Patienten arbeitete. Nach ein paar Jahren, in denen er auf diese Weise vorankam, traf er WIlliam G. Sutherland, den Urheber des Kranialen Konzepts in der Osteopathie. In der Dekade, in der die beiden viel miteinander zu tun hatten, gab ihm Dr. Sutherland eine Methode und ein Forum, um noch intensiver in seine eigenen Studien einzutauchen und sein Verständnis zu vertiefen.

Die Anleitung durch Still und Sutherland veranlasste Dr. Becker, aus der verlässlichsten Quelle zu lernen: aus den lebendigen Kräften, die im lebendigen Körper existieren. Er wurde zu einem unermüdlichen Beobachter, ständig auf der Suche nach einer Antwort auf die Fragen: Was ist Gesundheit; und was ist die effektivste und effizienteste Art und Weise, ihre Anwesenheit zu unterstützen?

In Dr. Beckers Händen fokussierte sich Osteopathie auf ‚Leben in Bewegung‘ und Stille. Ihm war klar, dass alles Lebendige sich bewegt – dass sich Leben selbst als Bewegung manifestiert. Das Vorhandensein vollständig freier Bewegung in einem Wesen – und zwar auf allen Ebenen – war für ihn eine Umschreibung des Zustands, den man Gesundheit nennt. Um Patienten zu helfen, ihre Gesundheit wiederherzustellen, muss man daher alles, was eine freie Bewegung behindert, lösen.

Er verstand also, dass sich Leben als Bewegung zeigt – und ebenso war ihm klar, dass die Kraft des Lebens in der Stille wohnt. Er sah, dass es eine grundlegende Kraft bzw. Potency gibt, die in allem, was lebt, existiert, solange es lebt. Alles Leben entspringt dieser Kraft, deren Wesen Stille ist – eine dynamische Stille voller Potenzial; eine Stille, die zu palpieren man genauso gut lernen kann, wie man Bewegung palpiert. Diese Eigenschaften des Lebens, Bewegung, Potency und Stille sind alles Ressourcen, die uns beim Wiederherstellen der Gesundheit zur Verfügung stehen.

Über diese Sichtweise vom Wesen der Gesundheit kommt man zu einem anderen Schlüsselkonzept in Dr. Beckers Lehre und Werk: die Rolle des Behandlers, wie er sie verstand. Der Behandler hat nicht mehr die Funktion, zu entscheiden, was das Problem des Patienten ist, und dann etwas zu tun, um es zu korrigieren. Dr. Becker betonte immer seine Ansicht, dass die gleiche Stille und das gleiche Leben in Bewegung sowohl im Behandler als auch im Patienten existieren. Im Patienten drückt sich dies als seine Fähigkeiten zur Selbstheilung aus, die ständig am Arbeiten sind. Der Behandler wiederum kann mit Hilfe seiner bewussten Wahrnehmung und seines direkten, über die Hände hergestellten Kontakts diese Gesundheitsmechanismen anregen, im Patienten effektiver zu arbeiten.

Dr. Becker lebte die Osteopathie, die er lehrte – er war einfach und tiefgründig. Sein Verständnis von Gesundheit und Heilen war ebenso tief gehend wie seine Fähigkeit, dieses Wissen zum Wohle seiner Patienten und Schüler anzuwenden. Diese ausgeprägte Tiefe des Verstehens zeigte sich jedoch immer auf die einfachste und direkteste Art und Weise. So gut er konnte, gab er jedem das, was er brauchte, und versuchte dabei, aus jeder Begegnung etwas Neues über das Leben zu lernen.

OSTEOPATHIE UND DAS KRANIALE KONZEPT

Die Wissenschaft der Osteopathie wurde 1874 von Dr. Andrew Taylor Still entdeckt, einem Arzt, der voller Eifer nach einem effektiveren Heilungssystem suchte. Sein intensives Studium brachte ihm Einsichten, die ihn dazu führten, eine Reihe von Grundprinzipien zu formulieren. Er lehrte, dass die Struktur des Körpers und seine Funktion untrennbar miteinander verbunden sind und dass jeder Mensch alle für seine Gesundheit notwendigen Ressourcen in sich hat. Ebenso war er der Ansicht, dass der Körper eine Funktionseinheit ist – dass Körper, Geist und Seele als ein zusammengehöriges Ganzes funktionieren, das ständig daran arbeitet, sich selbst zu heilen. Nach Dr. Stills Meinung gehört zu allen Erkrankungen und Beschwerden des Körpers eine Einschränkung im freien Fluss der stofflichen und energetischen Elemente im Körper, was dann den inneren Selbstkorrekturprozess behindert.

Basierend auf der Kenntnis dieser Prinzipien entwickelte Dr. Still einen Behandlungsansatz, der das Wissen des Behandlers, sein Verständnis und seine Hände als die Hauptwerkzeuge für Diagnose und Behandlung nutzt. Obgleich an dem von ihm gegründeten College das gesamte medizinische und chirurgische Wissen unterrichtet wurde, betonte Dr. Still immer, wie wichtig die genaue Kenntnis von Anatomie und Physiologie und die Anwendung palpatorischer Fähigkeiten seien. Im Laufe der Zeit wurden diverse osteopathische Methoden der Manipulation entwickelt, die diese Prinzipien in der Behandlung von Patienten umsetzen.

1892 gründete Dr. Still die American School of Osteopathy (ASO) in Kirksville, Missouri. In der Klasse des Jahrgangs 1900 war ein Schüler namens William Garner Sutherland. Als Student am College hatte Dr. Sutherland eine plötzliche Einsicht in die inhärenten Mechanismen des menschlichen Körpers. Er hatte den überraschenden Gedanken, dass die Knochen des lebendigen Schädels sich das ganze Leben lang bewegen, was auf die Anwesenheit einer Art Atmung hindeutet. Dr. Sutherland studierte, beobachtete und experimentierte an sich selbst unermüdlich 40 Jahre lang, bis er die Details dieses Atemmechanismus erforscht hatte. Dann verbrachte er die letzten 15 Jahre seines Lebens damit, andere dieses Kraniale Konzept in seiner praktischen Anwendung bei der Betreuung von Patienten zu lehren. Dies wurde als Kraniale Osteopathie bzw. Osteopathie im kranialen Bereich bekannt. Immer, wenn er unterrichtete, betonte Dr. Sutherland, dass das Kraniale Konzept lediglich eine Erweiterung und keine Abspaltung von Dr. Stills Wissenschaft der Osteopathie sei. Dr. Sutherlands Entdeckung ging weit über die Beschreibung eines mechanischen Systems hinaus; er begann zu verstehen, dass die Bewegung, die er beobachtete, die grundlegende Lebenskraft bei der Arbeit ist. Sie ist eine Manifestation des Lebens in Bewegung – ein äußeres Anzeichen der grundsätzlichen, selbstregulierenden, selbstheilenden Körpermechanismen.

Aufgrund der fundamentalen Natur dieses Mechanismus und seiner rhythmischen Qualität nannte ihn Dr. Sutherland den Primären Atemmechanismus (auch Kraniosakraler Mechanismus genannt). Er beschrieb folgende fünf Komponenten dieses Mechanismus, die zusammen als eine Einheit funktionieren:

1. die Fluktuation des Liquor cerebrospinalis, mit der Potency der Tide.

2. die inhärente Motilität des Zentralen Nervensystems.

3. die Mobilität der kranialen und spinalen Dura (reziproke Spannungsmembran).

4. die gelenkige Mobilität der kranialen Knochen.

5. die unwillkürliche Bewegung des Sakrum zwischen den Ilia.

Nachdem Dr. Sutherland die Anatomie und Physiologie dieses subtilen und gleichzeitig mächtigen Mechanismus verstanden hatte, konnte er Behandlungsprinzipien entwerfen, um mit diesem Mechanismus zu arbeiten. Er entwickelte einen manuellen Behandlungsansatz, der so subtil und mächtig ist, wie der Mechanismus, mit dem man arbeitet. Der folgende Ausspruch von Dr. Sutherland fasst diesen Behandlungsansatz zusammen:

„Der innewohnenden physiologischen Funktion zu erlauben, ihre unfehlbare Potency zu entfalten, statt von außen blinde Kraft anzuwenden ….“ 2

Das von Dr. Sutherland gelehrte Verständnis war ebenso wie sein Behandlungsansatz nie auf den Kranialen Mechanismus beschränkt.

Dieser Primäre Atemmechanismus ist in der gesamten Körperphysiologie vorhanden. Er eignet sich in einzigartiger Weise zum Behandeln von Problemen im kranialen Bereich, kann jedoch eine jede durch Krankheit oder Traumen entstandene Körpersituation möglicherweise beeinflussen.

Dr. Sutherland entwickelte einen Lehrkursus, um Ärzten das notwendige Verständnis und die palpatorischen Fähigkeiten beizubringen, um Patienten auf diese Weise zu behandeln. Seine loyalen Schüler, unter ihnen Dr. Becker, führten diese Kurse fort. Auf diese Weise wird Dr. Sutherlands Arbeit weitergegeben.

Rachel E. Brooks, MD

BIOGRAFIE

Rollin Becker (1910–1996) wuchs in einem osteopathischen Haushalt auf. Sein Vater Arthur D. Becker, DO, ein prominenter und angesehener Osteopath, der noch unter Dr. Andrew Taylor Still als Lehrer tätig war; fungierte später an zwei osteopathischen Colleges als Dekan. 1934 graduierte Rollin an der American School of Osteopathy, dem späteren Kirksville College of Osteopathic Medicine. Nach ein paar Jahren in Oklahoma zog er nach Michigan, wo er dreizehn Jahre lang praktizierte.

1944 traf er dort William Garner Sutherland, DO, 1948 unterrichtete er zum ersten Mal als Teil der Lehrfakultät in einem von Dr. Sutherlands Kursen. 1949 ließ sich Dr. Becker in Texas nieder, wo er bis 1989 praktizierte. Während dieser ganzen Zeit blieb er Dr. Sutherland und dessen Werk verpflichtet. Von 1962–1979 war Dr. Becker Präsident der Sutherland Cranial Teaching Foundation3, einer Organisation, die der Fortbildung im Sinne von W. G. Sutherland dient.

1. STUDIUM UND PRAXIS DER OSTEOPATHIE
1.1. EIN TIEFER OZEAN DES STUDIUMS

Überarbeitete Fassung eines Vortrags, gehalten 1982 in einem Grundkurs der Sutherland Cranial Teaching Foundation in Alexandria, Virginia.

Um das, was ihr bislang in eurer Praxis getan habt, mit dem zu verbinden, was ihr während dieser Woche lernen werdet, muss nun ein gewaltiger Übergang stattfinden. Unsere Hauptaufgabe als Lehrer ist es, euch dabei zu helfen, diese Brücke so bequem wie möglich zu überqueren. Gleichzeitig muss ich euch jedoch auch darauf hinweisen, dass das, was wir diese Woche tun werden, vor allem harte Arbeit ist.

Als einen Teil der Brücke, die wir benutzen, um diesen Übergang zu vollziehen, habe ich an die Tafel die vier grundlegenden osteopathischen Prinzipien notiert, die euch am College beigebracht wurden:

1.Der Körper ist eine Einheit.

2.Der Körper besitzt selbstregulierende Mechanismen.

3.Struktur und Funktion stehen in reziproker Beziehung zueinander.

4.Eine vernünftige Behandlung basiert auf dem Verstehen der selbstregulierenden Körpermechanismen und der wechselseitigen Beziehung von Struktur und Funktion im Körper.

Das sind Grundprinzipien, die ihr schon euer gesamtes Praxisleben lang kennt; zuerst habt ihr sie in eurem ersten Jahr an einem osteopathischen College gehört. Wir sind uns alle einig, dass das schöne Aussagen sind. Aber wie viele von euch realisieren, während ihr diese Behauptungen hört und lest, dass wir hier über einen lebendigen Mechanismus sprechen? Aus unserer Ausbildung, in der wir nur gesehen haben, wie sich die Dinge bei einem toten, auf dem Seziertisch liegenden Körper verhalten, bringen die meisten von uns das Gefühl mit, dass wir mit ihm machen können, was wir wollen.

In der kommenden Arbeitswoche sprechen wir jedoch über einen lebendigen Körper als eine Einheit, einen lebendigen selbstregulierenden Mechanismus, eine lebendige Struktur und Funktion, die in reziproker Beziehung zueinander stehen, sowie über eine auf diesem Verstehen basierende, lebendige Behandlung. Diese Mechanismen sind bereits belebt, sie sind gesund. Das ist der Grund, warum wir heute hier sind. Wir finden es nun notwendig, eine zusätzliche Verantwortung zu übernehmen, nämlich mit einem lebendigen Mechanismus zu arbeiten. Und wir lassen ihn die Arbeit für uns tun, anstatt etwas mit ihm zu machen. Wir sind hier, um zu lernen, wie dieser Mechanismus für uns arbeitet, und dass es Regeln und Gesetze gibt, die es uns ermöglichen, ihn für uns arbeiten zu lassen. Es gibt Wege, ihn zu ermuntern, in eine aktive Zusammenarbeit zu gehen – mit der wir dann wiederum kooperieren. Wir machen nicht etwas mit ihm, wir kooperieren; denn er arbeitet bereits für uns.

Deshalb ist das Ziel dieses Kurses, zu zeigen, wie Gesundheit und Funktion sich durch anatomisch-physiologisch funktionierende Mechanismen ausdrücken. Wir sind hier, um zu lernen, wie unser Körper und unser Geist, all unsere verschiedenen Funktionseinheiten, für uns arbeiten, wenn sie gesund sind. Wir sind nicht hier, um die Anatomie und Physiologie eines Kraniosakralen Mechanismus zu unterrichten – das sind lediglich die Werkzeuge, mit denen wir spielen werden, die uns etwas zeigen und von denen wir lernen. Wir sind nicht nur hier, um zu lernen, wie wir Krankheit und Traumen in diesem Mechanismus diagnostizieren und behandeln, sondern um zu erfahren, wie Gesundheit aus dem Inneren eines lebendigen Mechanismus heraus geliefert wird. Das erfordert von uns, allmählich zu begreifen, dass wir alle einen primären inneren Arzt haben, zu dem der Kraniosakralen Mechanismus dazugehört – man kann sie nicht trennen – es ist alles eine Einheit. Wir verstehen also allmählich, dass es diesen inneren Arzt in uns gibt, der genau weiß, was Gesundheit ist, und diese Gesundheit ununterbrochen zum Vorschein bringt – vorausgesetzt, wir hören diesem inneren Arzt zu.

Dieser lebendige Arzt in unserem Inneren manifestiert ständig Gesundheit. Von der Empfängnis bis zum Tod manifestiert er ohne Unterlass Gesundheit. In jedem Lebensjahrzehnt habt ihr ein Lebensmuster, das für euch stimmt. Wenn ihr zwischen 20 und 30 seid, habt ihr ein Gesundheitsmuster, das im wahrsten Sinne des Wortes ein Ausdruck dieses Jahrzehnts ist. Es reift, so wie wir reifen, und wechselt allmählich den Gang, aber es manifestiert beständig Gesundheit.

Patienten kommen zu uns, weil ihr Gesundheitsmuster wie von einer Wolke bedeckt worden ist, und es sozusagen auf sie regnet; aber das ändert nichts an der Tatsache, dass über der Wolke immer noch eine Sonne scheint und Gesundheit vorhanden ist. Es ist unsere Aufgabe, das Gesundheitsmuster aus dem traumatischen oder kranken Zustand heraus zu entwickeln, bis die Gesundheit als einziges Muster bleibt. In diesem Sinne ist unsere Rolle als Behandler sekundär. Es ist unsere Verantwortung, als sekundärer Behandler mit dem primären Arzt in uns selbst und in unseren Patienten zu arbeiten, um es der inneren physiologischen Funktion zu ermöglichen, ihre eigene unfehlbare Potency zu offenbaren – dieses Gesundheitsmuster zum Vorschein zu bringen.

Um auf diese Art und Weise zu arbeiten, müssen wir tief in ein anderes Meer des Verstehens eintauchen und es der physiologischen Funktion im Patienten erlauben, uns im wahrsten Sinn des Wortes auszubilden. Wir wollen Folgendes lernen: Wo ist in diesem Patienten Gesundheit? Wie bringe ich sie zum Vorschein? Die Körperphysiologie des Patienten unterweist uns buchstäblich. Der Arzt, der in meinen Patienten lebt, hat mich in den letzten achtundvierzig Jahren ausgebildet, und immer noch bin ich ein Student. Dies ist ein Teil des Übergangs, den wir vollbringen müssen.

Wir wollen lernen, diese Mechanismen, die sowohl in uns als auch in unseren Patienten arbeiten, zu spüren und uns ihrer bewusst zu sein. Erlaubt euch während dieser Woche, wenn ihr der Patient seid, diesen Mechanismus bei der Arbeit zu fühlen, während gleichzeitig der behandelnde Student versucht zu spüren, wie dieselben Mechanismen in euch arbeiten. So kann man beginnen, Funktion zu spüren.

Um die hier dargelegten Ziele zu erreichen, muss man drei Lernschritte durchlaufen, wobei der erste am schwierigsten ist. Zunächst musst du die Tatsache akzeptieren, dass die anatomisch-physiologische Funktion in dir und in deinem Patienten lebendig ist, bereits in Bewegung, verfügbar für deinen Befund und Gebrauch. Du musst diese Tatsache akzeptieren – schließe deine Augen, überschreite diese Grenze und hoffe, dass es immer noch einen Boden unter deinen Füßen gibt, wenn du auf der anderen Seite der Grenze aufsetzt. Plötzlich bist du zweitrangig in Bezug auf diese Sache, an der du arbeitest. Der Boss ist innen. Er ist sowohl in dir als auch in deinem Patienten. Als Behandler bist du dabei, diese Tatsache zu verstehen und zu nutzen.

Zweitens müssen wir die Details des anatomisch-physiologischen Mechanismus im lebendigen Körper studieren. Wir müssen verstehen, dass die lebendigen anatomisch-physiologischen Details des Primär Respiratorischen Mechanismus, des Kraniosakralen Mechanismus, keine abgetrennten Funktionseinheiten sind, die separat studiert werden müssen. Wir fügen diese Details zu der Anatomie und Physiologie hinzu, die wir in der Schule gelernt haben. In meiner ersten Unterrichtsstunde bei Dr. William Garner Sutherland sagte ich zu ihm, ich sei nicht gekommen, um seine Art zu arbeiten zu lernen, sondern um mein Wissen von Anatomie und Physiologie um den Kraniosakralen Mechanismus zu erweitern, über den wir am College nichts gelernt hatten. Dr. Sutherland war es, der das unserem Berufsstand schenkte, und nun geben wir es euch weiter. Ihr seid hier, um euer Studium der Anatomie und Physiologie des lebendigen Körpers fortzuführen, und dazu gehört der Primäre Atemmechanismus. Der dritte Schritt besteht darin, lebendige palpatorische Fähigkeiten zu entwickeln. Um mit lebendigen Mechanismen in einem lebendigen Körper zu arbeiten, sind wir auf lebendige palpatorische Fähigkeiten angewiesen. Diese Fähigkeiten werden uns die Chance geben, die arbeitenden Einheiten des Körpers zu befunden und einzusetzen, damit sie selbst den Patienten behandeln können. Unsere Patienten behandeln sich jedes Mal selbst, wenn wir sie mit unseren Hände berühren – vorausgesetzt, wir kooperieren mit den Mechanismen, die in ihnen schon am Arbeiten sind.

1.2. STUDENTEN EIN LEBEN LANG

Überarbeitete Niederschrift eines Vortrages, gehalten 1986 im Rahmen einer Lehrerfortbildung der Sutherland Cranial Teaching Foundation in Philadelphia, Pennsylvania.

Was ist ein Behandler? Die Rolle eines Behandlers ist es, der Menschheit zu dienen. Die Wissenschaft der Osteopathie hat ihren Ursprung in der sich offenbarenden Struktur und Funktion des Individuums. Diese kommt zum Ausdruck als ein der Körperphysiologie innewohnender Mechanismus, der Motilität, Mobilität und einen Fluid Drive besitzt. Sie stellt sich dar als eine Erfahrung aus dem Inneren des Patienten und als eine selbst erlernte, geschulte, palpatorische Kunstfertigkeit im Behandler. Das Werk von A. T. Still schenkte uns die Wissenschaft der Osteopathie. Das Werk von W. G. Sutherland schenkte uns den Primären Atemmechanismus mit seiner detaillierten Anatomie und Physiologie, und zwar nicht als eine von Dr. Stills Schaffen abgetrennte Einheit, sondern als einen in die Wissenschaft der Osteopathie integrierten Anteil.

Folgenden wichtigen Punkt müssen wir dabei bedenken: Vom Zeitpunkt ihrer jeweiligen Entdeckungen an akzeptierten Still und Sutherland die Wissenschaft der Osteopathie als ein grundlegendes lebendiges Gesetz der Körperphysiologie und die Notwendigkeit, ein Leben lang Studenten der Autorität zu sein, die der lebendigen Körperphysiologie innewohnt. Sie hörten auf, Ärzte zu sein und wurden zu Studenten. Ihre Suche war beendet, sie hatten die Osteopathie gefunden und waren nun für den Rest ihres Lebens Studenten dieser Wissenschaft. Dr. Still und Dr. Sutherland wurden zu ewigen Studenten, so wie es auch alle Behandler, die in ihre Fußstapfen treten, nötig finden werden einzuwilligen, sich von den gleichen lebendigen Gesetzen für deren Dienst an der Menschheit benutzen zu lassen.

Wir sind jedoch nicht hier, um uns an das Werk von Still oder Sutherland zu erinnern. Wir sind hier, um Studenten der Gesetze des Mechanismus zu werden, der ihre Entdeckung war. Diese Gesetze sind zugänglich, sie sind ein offener Raum. Still und Sutherland wurden zu Studenten und gaben etwas von sich her. Sie schenkten denen, die ihnen folgten, das Werk – gaben ihnen aber lediglich Hinweise, in dem Wissen, dass jene nachfolgenden Behandler selbst ebenfalls Studenten dieses Werkes werden mussten. Die Herausforderung beim Ausüben der osteopathischen Wissenschaft besteht darin, die Körperphysiologie als ein Ganzes – ihre Struktur und Funktion als eine Einheit – zu sehen, diesen willkürlich-unwillkürlichen motilen, mobilen Fluid-Drive-Mechanismus als eine manifestierende Transmutation der Autorität zu verstehen, die in der Körperphysiologie angelegt ist. Als Ärzte und Behandler müssen wir Palpationskünste entwickeln, die es uns erlauben, von der Physiologie des Patienten benutzt zu werden. Wir müssen den Primären Atemmechanismus als eine arbeitende Einheit innerhalb der Wissenschaft der Osteopathie auffassen und diese Funktionseinheit in das Gesamtbild von Gesundheit und/oder Dysfunktion innerhalb der Körperphysiologie des Patienten einbeziehen.

Den Körper müssen wir als ein Ganzes diagnostizieren und behandeln. Wir dürfen ihn nicht in einen somatischen und einen kranialen Teil aufspalten sondern müssen ihn als eine Einheit behandeln, ein Teil im andern. Die Wissenschaft der Osteopathie betrachtet auch die Funktion von Gesundheit und Dysfunktion als eine Gesamtheit. Es ist die Aufgabe des Behandlers, sich mit der Körperphysiologie des Patienten auseinanderzusetzen, von ihr als einem Ganzen zu lernen und dabei die Falle zu vermeiden, die darin besteht, dass man die verschiedenen Körpereinheiten trennt. Wenn ihr mit einem Körperteil arbeitet, seid ihr in Kontakt mit allen. Ihr fühlt und hört einem Teil zu, aber ihr hört dabei das Ganze. Wenn ihr auf diese Weise beim Arbeiten ‚die Tür auflasst‘ , wird er mehr als eine Einheit – er wird eine Gesamtheit.

Wenn ihr es lernt, der Körperphysiologie des Patienten zu lauschen, mag es nach außen hin so erscheinen, als tätet ihr nichts – aber ihr arbeitet hart; längere Zeit zuzuhören, ist schwere Arbeit. Ihr könnt das jedoch erlernen, und ihr habt den Rest eures Praxislebens dazu. Still und Sutherland haben es so gemacht, ich sehe nicht, warum es euch nicht gelingen sollte. Dr. Still und Dr. Sutherland waren Studenten. Sie verbrachten ihr gesamtes Leben damit, die Wissenschaft der Osteopathie zu studieren. Und eines der grundlegenden Dinge, die sie herausfanden, war, dass es keinen Zeitpunkt gibt, an dem man aufhören kann, weiter in diese Wissenschaft einzudringen. Sie waren damit einverstanden, von den zugrunde liegenden Gesetzen, die es innerhalb einer jeden Körperphysiologie gibt, benutzt zu werden. Sie lernten es, die Regeln der Gesundheit, so wie sie in uns existieren, zu erkennen und zu nutzen. Und es sind diese Regeln, die auf dem Weg zurück zur Gesundheit gesucht werden, wenn ein Patient bei einer Dysfunktion, einer Krankheit oder durch ein Trauma unseren Dienst in Anspruch nimmt. Dr. Still und Dr. Sutherland studierten jeden einzelnen Mechanismus innerhalb der Körperphysiologie des jeweiligen Patienten;und in jedem individuellen Fall zeigte ihnen der Körper durch das, was er selbst zu tun versuchte, das geeignete diagnostische Vorgehen und Behandlungsprogramm.

Was ist neu in der Wissenschaft der Osteopathie? Die Antwort ist einfach: Der nächste Patient, der zur Tür hereinkommt und zuvor schon überall war und alles ausprobiert hat. Die Körperphysiologie ist der Lehrer, der Behandelnde ist der Student. Der Mechanismus der Körperphysiologie bietet viele Türen, um im Dienste einer besseren Gesundheit experimentelle Erfahrungen zu machen. Als Arzt und Studierender zugleich erschaffst du auf dem Verstehen dieses Mechanismus basierende Techniken, indem du zunächst visualisierst, was deiner Meinung nach in diesem Bereich sein sollte, und dann abhängig davon, wie du den Mechanismus in jedem einzelnen Fall und in jedem einzelnen Patienten verstehst, jene Techniken entwickelst. Anders gesagt: Dir wird viel Raum für Experimente zugestanden, solange du den Gesetzen der osteopathischen Wissenschaft gehorchst. Resultate erhältst du proportional zu deinem Wissen und deinem sich verfeinernden Tastsinn. Wir als Studenten der Körperphysiologie, als Ärzte, können beim Behandeln jedes einzelnen Patienten dessen Körperphysiologie nutzen und von ihr benutzt werden. Die Zukunft leuchtet hell für alle, die sich dafür entscheiden, die Werke von Dr. Still und Dr. Sutherland zu studieren und anzuwenden.

Vielen Dank.

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23 aralık 2023
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