Kitabı oku: «Bomba im Wirbelsturm gestrandet», sayfa 2
3 Die tödliche Kugel
Was Bombas scharfes Auge entdeckt hatte, war eine schwarze, dreieckige Flosse, die kaum über der Meeresoberfläche auftauchte, sich aber doch mit der Geschwindigkeit eines Schnellzuges näherte.
Ein Hai! Einer der furchtbaren Räuber des Meeres hatte eine Beute gewittert und kam herangeschossen. Unter der drohenden dreieckigen Flosse konnte Bomba den langgestreckten Fischkörper erkennen, der pfeilschnell durch die grünen Wogen des Ozeans heranjagte. Jetzt hatten auch andere Männer die Flosse entdeckt. Und wilde Schreie erklangen:
„Ein Hai! Ein Hai!“
Der Schwimmer hatte die Warnung gehört. Man sah, wie er den Kopf verzweifelt herumriss. Das Boot war in der Zwischenzeit im Wasser. Weit beugten sich die Männer vor, verzweifelt schlugen ihre Ruder taktmäßig ins Wasser. Aber jeder konnte sehen, dass sie den Mann nicht rechtzeitig erreichen würden.
Peng! Wieder erklang der peitschenartige Knall von Bombas Gewehr, und eine Kugel schlug in das lange, schlanke Seeungeheuer. Ein zweiter Schuss folgte so schnell, dass sich das Krachen der Schüsse fast zu einem vermischte. Wild wirbelte das gerötete Wasser auf, als sich nun der getroffene Hai in Todeszuckungen herumwarf.
Als der Schrecken der Meere langsam in den Tiefen versank, jubelten die Zuschauer vor Freude auf. Sie drängten sich um Bomba, schlugen ihm begeistert auf die Schulter und schüttelten ihm die Hand. Bomba waren die Lobesbezeugungen peinlich. Daher suchte er nach einer Möglichkeit, wieder in die Kabine zu entkommen. Aber seine Begleiter wollten das nicht zulassen. Eine Weile war er geradezu ihr Gefangener. Seine getreuen Diener waren vor Begeisterung fast verrückt geworden; besonders Gibo brach immer wieder in einen Jubelgesang aus.
„Groß ist Bomba“, rief er, „gewaltig ist er im Dschungel, gewaltig ist er auf dem Meere. Der mächtige Elefant bricht vor ihm in die Knie, der Haifisch schließt im Tod seine Augen, niemand zu Lande oder zu Wasser kommt Bomba gleich.“
„Bist du wohl ruhig, Gibo“, befahl Bomba, der vor Unbehagen errötete.
„Beim Jupiter, der Indianer hat aber kein Wort zu viel gesagt“, erklärte Peabody, der ebenfalls ein begeisterter Zuschauer gewesen war. „Dieser Mut, diese eiskalten Nerven und die Schnelligkeit, mit der er so sicher geschossen hat! Wenn ich je das Pech habe, in einen Kampf zu geraten — so habe ich nur den einen Wunsch, dass Bomba an meiner Seite steht.“
In der Zwischenzeit hatten die Matrosen in ihrem Boot den gefährdeten Schwimmer erreicht und zurückgebracht. Eben wurde er an Deck gehoben. Jetzt wandten sich alle Augen ihm zu, und das ermöglichte es Bomba, eilig davonzuhuschen. Er lief sofort in die Kabine, die er mit seinem Vater teilte. Dort fand er Wafi, Gibo und Tobo, der sehr verlegen war, weil durch seine Achtlosigkeit der Elefant aus dem Käfig entkommen war.
„Wie ich höre, bist du wieder bei deinen alten Streichen“, sagte Mr. Bartow, liebevoll und stolz lächelnd.
„Ach“, murmelte Bomba und nahm an der Seite seines Vaters Platz, „einer musste schnell handeln. Und so blieb mir nichts anderes übrig, wenn es nicht zu spät sein sollte. Das ist alles.“
„Ja das ist alles“, bemerkte sein Vater sarkastisch; „wenn du es so schnell sagst, dann scheint es nichts von Bedeutung zu sein. Ein Menschenleben hast du durch die Erlegung des Haies bestimmt gerettet — wahrscheinlich noch viele andere vor dem Tod durch die wilden Tiere. Das hat schon Mut und Geschick erfordert.“
„Und wie fühlst du dich, Vater?“, fragte Bomba.
„Ganz in Ordnung, bis auf ein kleines Schwindelgefühl“, lautete die Antwort. „Ich bin mit dem Kopf beim Sturz aufgeschlagen und habe eine Beule. Wie steht es denn mit dem Schiff? Können sie es von der Untiefe wieder flottmachen?"
„Das geht nicht so schnell“, antwortete Bomba, „aber jedenfalls arbeitet die Mannschaft mit allen Kräften.“
Andrew Bartow runzelte die Stirn.
„Ich glaube doch, dass wir einen Fehler gemacht haben, als wir in Mombasa nicht auf den regulären Dampfer gewartet haben und uns stattdessen auf diesem Tramp-Dampfer einschiffen. (Tramp-Dampfer sind Dampfer, die keine feste Linie mit bestimmten Fahrplänen befahren, sondern Fracht nehmen, wo und mit welchem Ziel sie diese bekommen.) Ich muss ehrlich sagen, mir gefällt weder die ‚Pamela‘ noch ihr Kapitän, noch ein Teil der Mannschaft. Die Fracht von wilden Tieren ist auch nicht gerade das, was ich wünsche. Doch was hat es für einen Sinn, dass ich jetzt damit anfange? Wir sind mitten im Indischen Ozean und müssen eben das Beste aus der Sache herausholen.“
Die farbigen Diener zogen sich aufs Oberdeck zurück, wo sie sich sofort wieder in dem Ruhm ihres Herrn und Meisters sonnten. Stolz aufgerichtet stolzierten sie herum. Gibo neigte dazu, einen Teil der Ehre für sich selbst zu beanspruchen.
„Ich habe zu meinen Göttern gebetet, als Bomba in den Bauch des Schiffes hinabstieg“, sagte er, „und sie haben ihn vor der Wut des Elefanten bewahrt.“
„Gibo hat gebetet“, erwiderte Wafi spöttisch, „aber Wafi hat dem Herrn seinen Speer angeboten.“
Das erschien als eine praktische Handlung, und Gibo war für den Augenblick verblüfft. Er fasste sich aber schnell wieder.
„Das war ein billiges Angebot. Wafis Speer hätte gegen den Elefanten nichts ausrichten können.“
„Vielleicht nicht“, antwortete der Zulu hoheitsvoll, „aber Wafi hätte es riskiert, zusammen mit seinem Herrn zu sterben.“
„Und hat Gibo das nicht öfter getan, als Wafi Finger an beiden Händen hat?“, lautete die hitzige Antwort. „Gibo war im Dschungel des Amazonas bei dem Herrn und in Afrika auch. Wafi war nur in Afrika bei ihm.“
Tobo schaltete sich als Friedensstifter bei den beiden ein, die sich trotz häufiger Streitereien doch als Kameraden aufrichtig gernhatten.
„Wafi und Gibo sollen nicht wie die Mädchen des Stammes streiten, die an der Quelle plappern“, sagte er. „Wafi und Gibo würden beide jederzeit für Bomba sterben. Lasst es gut damit sein.“
Eine halbe Stunde später unterhielten sich Bomba und sein Vater ruhig in der Kabine, als an die Tür geklopft wurde. Der Junge sprang auf, um zu öffnen. An der Schwelle stand Lester Groop, der Mann, den Bomba vor dem sicheren Tode des Ertrinkens gerettet hatte. Er war etwa dreißig und unter Mittelgröße, sein Äußeres war gepflegt; doch schien er etwas furchtsam zu sein. Er schaute durch seine Brille mit Hornrand ein wenig verlegen auf Bomba und seine Gefährten.
„Vielleicht störe ich“, sagte er, als er Mr. Bartows Einladung annahm, einzutreten und Platz zu nehmen, „aber ich konnte einfach nicht ruhen, ehe ich dem Mann gedankt hatte, der mich vor dem Hai rettete.“
Bomba winkte bescheiden ab.
„Das ist doch selbstverständlich“, sagte er.
„Selbstverständlich!“, rief Groop. „Aber für mich war es alles. Er hat mich vor dem Tod errettet — und vor so einem Tod“, setzte er hinzu und erschauerte bei dem Gedanken.
„Wie sind sie denn eigentlich ins Wasser geraten?“, fragte Mr. Bartow.
Lester Groop errötete tief.
„Das war meine eigene Feigheit“, gestand er. „Ich kann nichts dafür, ich habe immer schreckliche Angst vor wilden Tieren. Als nun der Elefant trompetete, hörte ich, wie jemand sagte, er habe die Käfige der Löwen und Leoparden zerschmettert. Ich bekam große Angst und sprang einfach über Bord. Ich schäme mich, das einzugestehen, aber es ist die Wahrheit.“
„Sie brauchen sich deswegen nicht zu schämen“, antwortete Andrew Bartow freundlich; „ich glaube kaum, dass wir nicht alle einmal in Panik geraten, wenn wir einer plötzlichen Gefahr gegenüberstehen.“
„Aber doch nicht so schlimm“, widersprach Groop; „ich schäme mich aus tiefem Herzensgrund. Am liebsten möchte ich allen anderen Passagieren ausweichen. Wenn ich an meine eigene Feigheit denke, erkenne ich um so mehr Ihre Tapferkeit. Ich bin gekommen, um Ihnen meinen tiefsten Dank auszusprechen, dass Sie den Hai erlegten. Ich werde das nie vergessen, solange ich lebe.“
Bomba bewegte sich unbehaglich.
„Sie machen zu viel aus dem Vorfall“, protestierte er.
„Das könnte ich gar nicht“, erklärte Groop. „Ich habe in der Zwischenzeit gehört, dass Sie den tollen Elefanten auch erlegt haben, ehe Sie sich dem Hai stellten. Ich bin sicher, es gibt nur wenig Menschen, die so viel riskiert hätten. Oh, was würde ich darum geben, wenn ich so tapfer wäre wie Sie.“
„Bitte sagen Sie doch nichts mehr darüber“, bat Bomba. Er sagte es so bittend, dass der Besucher abbrach und von anderen Dingen sprach. Trotzdem konnte er seine Dankbarkeit für Bomba nicht verbergen.
Auch die anderen Passagiere teilten Groops Gefühle. Sie alle waren sich bewusst, dass Bomba ihr Leben gerettet hatte, genauso wie das Lester Groops. Wo immer er auftauchte, drängten sie sich um ihn, bis er sich schließlich fast gezwungen fühlte, abgeschlossen in seiner Kabine zu leben. Und doch steigerte gerade das seinen Ruhm. Die Passagiere wandten sich nun an Bombas Diener und Kameraden, sehr zu deren Freude. Die drei wurden es nicht müde, von den Taten ihres Herrn zu prahlen. Dabei brauchten sie gar nicht zu übertreiben; denn selbst eine nüchterne Erzählung ihrer Taten, die keinerlei Ausschmückungen brauchte, genügte, um Bewunderung zu erregen. In der Zwischenzeit arbeitete man immer noch daran, das Schiff freizubekommen, aber die Fortschritte, die man dabei machte, waren kaum zu bemerken. Der Kapitän des Schiffes, Kapitän Dondy, ging mit zornigem, finsterem Gesicht auf und ab. Er war ein großer Mann mit schwerem Bart und einem mürrischen, abstoßenden Wesen. Mit den Fäusten schlug er schnell zu, aber fast ebenso gefürchtet waren seine harten Worte. Seine Matrosen führten unter ihm ein bedauernswertes Dasein. Es war kein Wunder, dass die Besatzung ihn hasste und ihm gern entgegengetreten wäre. Aber die Disziplin auf See verhinderte eine offene Meuterei.
Selbst seinen Passagieren gegenüber war Dondy sehr mürrisch und unfreundlich; besonders gegen Peabody schien er Todfeindschaft zu hegen. Er ärgerte sich maßlos, die wilden Tiere an Bord genommen zu haben, und gab sich keine Mühe, seine Gefühle zu verbergen. Der tote Elefant hatte die Lage auf dem Schiff nicht gerade verbessert. Die schreckliche Hitze war die Ursache, dass der Verfall fast augenblicklich einsetzte. Peabody und seine Helfer arbeiteten so angestrengt, wie sie nur konnten, um den Riesenkadaver zu zerlegen und zu beseitigen. Ein Teil des Fleisches wurde an die anderen Tiere verfüttert, der größte Teil aber über Bord geworfen.
Trotz aller Bemühungen, es zu verhindern, verbreitete sich der Fäulnisgeruch aber immer schneller und trug dazu bei, die allgemeine Unzufriedenheit bei den Passagieren und der Mannschaft noch zu steigern. Dann gab es neue Komplikationen, als der Kapitän sich weigerte, den Raubtieren genügend Trinkwasser zukommen zu lassen. Er behauptete, der Vorrat für die Passagiere würde nicht ausreichen, falls sie noch länger auf der Untiefe festsitzen würden. Ob diese Behauptung gerechtfertigt war, konnte nicht festgestellt werden; man nahm jedoch allgemein an, dass er einfach ein Ventil für die Feindschaft gegen Peabody gesucht hatte. Zwischen Dondy und dem Besitzer der Tiere gab es wegen des Wassers hitzige Auseinandersetzungen. Sie wurden wenigstens teilweise eingeschränkt, als Mr. Bartow Peabodys Ansicht unterstützte. Da der Kapitän wusste, dass Mr. Bartow als Maler und Künstler ein einflussreicher, wohlhabender Mann war, dessen Wort gerade in wichtigen Kreisen sehr viel galt, gab er so weit nach, dass er die Wasserausgabe für die Tiere etwas vergrößerte. Trotzdem reichte auch das noch nicht aus, und die Reibungen dauerten an. Endlich wurden die verzweifelten Anstrengungen der Schiffsoffiziere und der Mannschaft, den Dampfer freizumachen, von Erfolg gekrönt. Zoll um Zoll und Fuß um Fuß wurde die ‚Pamela’ weiter zurückgezogen und glitt schließlich wieder in klares Wasser. Aber selbst jetzt konnte die Fahrt nicht sofort wieder aufgenommen werden, denn eine sorgfältige Untersuchung zeigte, dass die ‚Pamela‘ doch mehr gelitten hatte, als man glaubte; besonders der Bug war beschädigt worden, ein Teil der Metallverkleidung war weggerissen. Ausgedehnte Reparaturarbeiten erwiesen sich als nötig — und ein Teil davon sogar unter Wasser — ehe das Schiff seine Reise wieder fortsetzen konnte. Mehrere Passagiere bestürmten den Kapitän, er solle zur Reparatur die nächste Insel anlaufen, aber Kapitän Dondy weigerte sich hartnäckig.
„Wer befehligt das Schiff?“, fragte er die Abordnung der Passagiere, die auf ihn wartete. „Ich kenne die Anzeichen des Wetters und möchte Ihnen nur sagen, dass sich ein schwerer Sturm zusammenbraut. Ich muss jetzt weiter. Wenn ich einmal den Rat der Gentlemen brauche, werde ich darum bitten.“
Die Proteste blieben also ergebnislos. Der vielleicht heiterste unter den Passagieren war ein Mann namens Brasser, wahrscheinlich war er aber auch der verächtlichste. Obwohl er behauptete, ein Geschäftsmann zu sein, der sich von seinen Geschäften zurückgezogen hatte und jetzt von seinen Erträgnissen lebte, war er in Wirklichkeit ein Spieler, der sich vor allem auf seine Fingerfertigkeit verließ. Er war etwa vierzig Jahre alt und auf eine etwas derbe Art hübsch; immer zeigte er eine heitere Laune, die ihn ‚schnell zum Zentrum jeder Party’ machte. Seine herzhafte Art hatte ihn bei vielen Passagieren beliebt gemacht, die in seiner Gesellschaft eine Entspannung von der Eintönigkeit der Reise sahen. Anderen freilich, die schärfer beobachteten und beurteilten, lag nicht so viel an seiner Nähe. An Land wären sie ihm völlig ausgewichen. Auf einer Seereise war das aber schwierig; hier waren alle Reisenden eng zusammengedrängt, außerdem herrschte eine gewisse Kameradschaft, die den einzelnen daran hinderte, allzu kritisch zu werden.
An den Abenden wurde natürlich vor allem Karten gespielt. Da keine Frauen an Bord waren, auf die sich die Aufmerksamkeit der Männer lenken konnte, sammelte sich der größte Teil der Passagiere am Abend im Salon, um entweder selbst zu spielen oder dem Spiel zuzusehen. Zuerst war Brasser sehr vorsichtig; er verlor genauso häufig, wie er gewann. Allmählich fiel es doch auf, dass er weit mehr gewann, als er verloren hatte, und dass seine Karten besonders dann gut waren, wenn hohe Einsätze auf dem Tisch lagen. Man schrieb diesen Umstand zuerst der Laune des Glückes zu und hegte auch keinen Verdacht, bis Brasser eines Abends in einer ungewöhnlich langen Sitzung Lester Groop fast das ganze Geld abnahm. Andrew Bartow hatte an diesem Abend scharf beobachtet. Er war selbst ein geschickter Spieler, hatte aber nicht am Spiel teilgenommen. Eben war Brasser an der Reihe; er sollte geben. Als er es tat, schnellte Mr. Bartows Hand vor und packte ihn am Handgelenk.
„Geht nicht“, sagte er ruhig, „die Karten haben Sie unten vom Päckchen weggenommen.“
Blitzschnell sprang Brasser auf.
„Was?“, schrie er. „Wollen Sie mich einen Betrüger nennen?“ Er ballte die Faust und beugte sich drohend vor.
Im nächsten Augenblick aber wurde er schon beim Kragen gepackt, hochgerissen und heftig durchgeschüttelt.
4 Ertappt
Keuchend versuchte Brasser sich frei zu machen, aber der Griff, mit dem ihn Bomba hielt, war wie Stahl. Dann riss Bomba den Spieler herum, bis sie sich ins Auge sehen konnten. Bomba hob die Hand und ohrfeigte den Mann, ehe er ihn auf seinen Sitz zurückfallen ließ.
„Du — du —“ stotterte Brasser, dessen Gesicht sich vor Wut purpurn färbte.
„Sagen Sie es besser nicht“, warnte Mr. Bartow, „oder das, was Sie jetzt schon bekommen haben, ist nichts gegen das, was noch folgen würde.“
Ein Blick in Bombas funkelnde Augen überzeugte Brasser, dass es wohl besser war, sich bei dem Vorfall etwas zurückzuhalten. Er unterdrückte also die Flüche und Verwünschungen, die schon auf seinen Lippen zitterten.
„Es ist eine Schmach und eine Schande“, winselte er, wobei er sich an Mr. Bartow wandte, „mich des Betruges zu bezichtigen. Ich habe immer fair und offen gespielt."
„Sie haben eine Karte ins Spiel geschoben“, sagte Andrew Bartow, „das steht einwandfrei fest. Aber wir wollen jetzt nicht weiter darüber streiten. Nehmen Sie Ihren Anteil an dem Spielgeld zurück, und Mr. Groop tut das gleiche. Und dann mögen Sie den Sternen danken, dass Sie nicht an einem Ort sind, wo Männer ein sehr hartes Verfahren für Spieler haben, die Karten unten aus dem Päckchen ziehen.“
Brasser tat wie geheißen; dann schlich er sich weg. Er hatte die Karten zuerst sorgfältig eingesammelt. Sie waren sein persönliches Eigentum, und er ließ sie nie aus den Augen. Die Nacht war schon weit fortgeschritten; deshalb hatte es nur wenige Zuschauer des Vorfalls gegeben.
Lester Groop war in seinem Dank geradezu überschwänglich; er begleitete Mr. Bartow und Bomba in ihr Zimmer.
„Wie Sie mit dem Mann fertig geworden sind!“, sagte er und schaute Bomba ehrfurchtsvoll an. „Sie haben ihn ja herumgewirbelt, als ob er eine Feder sei. Und wenn er nun einen Revolver gezogen hätte?“
„Dann hätte ich ihn Brasser weggenommen“, antwortete der Junge schlicht.
„Aber eine Kugel kann sehr schnell sein.“
„Er hätte nie die Chance zum Ziehen gehabt“, sagte Bombas Vater. „Bomba wäre wie ein Falke über ihn hergefallen. Sehen Sie“, fuhr er fort, „wir beide hatten diesen Mann schon eine ganze Weile im Verdacht. Ich war der Meinung, es wäre gut, ihm die Betrügereien um der anderen Passagiere willen nachzuweisen. Das ist der Grund, warum ich eingegriffen habe.“
„Ich wollte, Sie hätten es schon früher getan“, antwortete Lester mit einem melancholischen Lächeln, „dann hätte ich nämlich eine Menge Geld gespart.“
„Sie haben viel an ihn verloren, nicht wahr?“
„Das kann man wohl sagen“, klagte Lester; „er hat mich praktisch ausgeraubt.“
„Er ist ein Schurke vom Scheitel bis zur Sohle; aber es ist nun einmal geschehen. Wenn ich Ihnen finanziell zeitweilig aushelfen kann, dann zögern Sie bitte nicht, sich an mich zu wenden.“
„Das ist wirklich gut von Ihnen“, erwiderte Lester dankbar, „aber da ja meine Passage bezahlt ist, komme ich schon irgendwie aus, und in London ist alles wieder in Ordnung. Ich habe einen Kreditbrief auf eine dortige Bank.“
Man hätte eigentlich annehmen können, dass Brasser sich nach seiner Bloßstellung so weit wie möglich von seinen Mitpassagieren zurückgezogen hätte, aber die Keckheit des Mannes war fast unglaublich. Nach ein oder zwei Tagen wanderte er schon wieder auf dem Schiff herum und nahm so munter wie immer am Leben der Passagiere teil. Viele Reisende ignorierten ihn freilich völlig, andere wieder duldeten ihn nur. Es gab aber immer noch einige, die seine moralischen Schwächen gern übersahen, weil seine leichte, unterhaltende Art und seine Munterkeit die Eintönigkeit der Reise etwas auflockerten.
Endlich waren die Reparaturen an der ‚Pamela‘ beendet. Als das Schiff wieder Fahrt aufnahm, lebte die Stimmung der Passagiere auf. Kapitän Dondy allerdings war so mürrisch und unfreundlich wie nur je geblieben. Seine von Natur schlechte Laune wurde durch den Aufenthalt und die Ungelegenheit der Strandung noch gesteigert. Weiterhin waren die Wetterzeichen keineswegs beruhigend. Die Sorge des Kapitäns war durchaus verständlich. Und doch entschuldigte es nicht die brutale Art, in der er seine Wut an seinen Untergebenen ausließ. Flüche und Schläge waren das tägliche Los der Matrosen, ganz gleich, wie hart sie arbeiteten oder wie schnell sie den Befehlen gehorchten.
„Dondy ist ein brutaler Mensch und ein Narr zugleich“, sagte Andrew Bartow eines Tages, während er und Bomba an der Reling standen und zum Horizont schauten. Sie waren eben Zeugen einer Misshandlung gewesen, die einfach unbegreiflich war. „Er steht kurz vor seinem Sturz. Letzten Endes können Menschen nur ein gewisses Maß an Grausamkeit und schlechter Behandlung hinnehmen. Der Kapitän kann von Glück sagen, wenn er nicht in einer dunklen Nacht über Bord geworfen wird.“
„Die Männer hassen ihn wie Gift“, sagte Bomba. „Der Kapitän hat ein schwarzes Herz. Im Dschungel wäre man schnell mit ihm verfahren, aber auf hoher See tut er, was er will. Mehr als einmal hatte ich bereits den dringenden Wunsch, einzugreifen, aber hier macht ihn das Gesetz der See fast zu einem Gott. Was ist das?“ Er unterbrach sich plötzlich und schaute scharf in die Ferne.
„Wo?“, fragte sein Vater. „Ich kann nichts sehen.“
„Aber ich“, antwortete der Junge.
„Was denn?“, brummte Kapitän Dondy, der zufällig in dem Augenblick vorbeikam.
„Ein Schiff“, lautete die Antwort.
Der Kapitän schaute angestrengt in die Richtung, in die Bomba wies.
„Blödsinn“, sagte er mürrisch. „Der Ozean ist leer und glatt wie ein Brett.“
„Ich sehe aber trotzdem ein Schiff“, antwortete Bomba ruhig.
„Kapitän, ich würde die Sache nicht so unbeachtet abtun“, riet Andrew Bartow. „Bombas Augen sind bemerkenswert scharf. Obwohl ich das Schiff selbst nicht sehe, bin ich jederzeit bereit, ihm zu glauben. Ich schlage vor, Sie suchen die Richtung einmal mit Ihrem Glas ab.“
Dondy, der immer noch brummte, es sei ein Unsinn, setzte doch sein Glas ans Auge; dann zuckte er heftig zusammen.
„Beim großen Hirnlöffel, es stimmt“, gab er grollend zu. „Carson, stellen Sie fest, was Sie weiter ausmachen können“, rief er seinem ersten Offizier zu, der während des Gesprächs herangekommen war.
Carson nahm das Glas, setzte es ans Auge und beobachtete scharf.
„Ein Handelsschiff“, sagte er endlich, „und beim Jupiter, ein Schiff in Seenot. Ich kann die Signale sehen.“
„Sind Sie sicher?“, fragte der Kapitän in schlecht verhohlenem Ärger.
„Todsicher“, lautete die Antwort. „Das Schiff ist in Seenot, so viel steht fest. Es sieht so aus, als ob die Mannschaft schon in die Boote geht. Soll ich den Befehl geben, den Kurs zu ändern?“ fragte er.
„Das werden wir wohl müssen“, sagte der Kapitän in unverhüllter Verärgerung und fügte eine Kette von Flüchen an. „Das ist wieder mein besonderes Pech, jetzt noch so aufgehalten zu werden, nachdem wir schon so viel Zeit verloren haben.“
Es blieb ihm aber nichts anderes zu tun übrig. Kein Kapitän, so herzlos und brutal er auch sein mochte, hätte es gewagt, das Gesetz der See zu missachten, wenn man es mit einem Schiff in Seenot zu tun hatte. Der Kapitän wäre überall geächtet worden.
Zögernd wurde der Befehl erteilt, den Kurs der ‚Pamela‘ zu ändern. Es dauerte nicht lange, bis sich der Dampfer dem Schiff in Seenot genähert hatte; es war wirklich keine Zeit zu verlieren, denn das andere Schiff war im Sinken. Das untere Deck wurde schon fast von den Wellen erreicht. Die Besatzung hatte die Bedienung der Pumpen aufgegeben und drängte sich in die Boote. Einige hatten schon abgelegt, wenn es auch nur unter Mühe gelang; denn die See war ziemlich rau geworden. Riesige Wellen ließen die kleinen Rettungsboote fast kentern. Einige der Männer fielen ins Wasser und wurden nur mit Mühe wieder geborgen. Endlich jedoch waren alle Matrosen gerettet, obwohl ihre Ruderboote bei dem Manöver zerschmettert wurden und aufgegeben werden mussten. Kaum war der letzte Mann der Besatzung an Deck der ‚Pamela’ als das Deck des Handelsschiffes steil in die Luft hochfuhr und danach fast senkrecht in die Tiefen des Ozeans versank.
Die Freude der Geretteten war grenzenlos; sie wurde von den Passagieren und der Besatzung der ‚Pamela’ geteilt. Die einzige Ausnahme stellte Kapitän Dondy dar. Er nahm an der allgemeinen Freude nicht teil — er war übelster Laune und versuchte gar nicht, das zu verbergen.
Zu den Offizieren der ‚Betty Jane’, so hieß die unglückliche Barke, war er kaum höflich, den Matrosen gegenüber aber ausgesprochen hässlich und gemein.
„Fünfzig weitere Mäuler füttern, fünfzig weitere Männer, die man unterbringen muss“, grollte er Carson an, „und alles, weil dieser dumme Junge aus dem Dschungel Augen wie ein Falke hat. Verflixter Kerl, warum konnte er sich nicht um seine eigenen Dinge kümmern? Wenn er sich nicht eingemischt hätte, wäre das nicht so gekommen.“
Selbst Carson, der Dondy doch kannte, war über diese Kaltherzigkeit entsetzt, die der Kapitän jetzt zeigte, und widersprach ihm tadelnd:
„Sie wollen doch nicht sagen, es tut Ihnen leid, dass man die armen Kerle nicht Ihrem Schicksal überließ?“
„Oh, es wäre schon noch jemand des Weges gekommen und hätte sie aufgenommen“, murrte Dondy. „Diese Meeresgegend ist ziemlich stark befahren. Ich sehe nicht ein, warum ausgerechnet ich das Opfer sein muss. Ich denke mir schon, unser Schiff ist verhext.“
Er rächte sich dadurch, dass er seinen Männern gegenüber doppelt brutal war; er ließ sie wie Sklaven arbeiten, bis sie kaum mehr in der Lage waren, sich abends in die Kojen zu begeben. Diese erbärmliche Behandlung erstreckte sich auch auf die Matrosen, die aus der‘,Betty Jane’ gerettet worden waren. Seine Schläge fielen schneller als seine Worte, bis ihn schließlich die gerettete Besatzung genauso abgrundtief hasste, wie seine eigene Mannschaft.
„Verflixt noch einmal“, hörte Bomba jemand sagen, „ich glaube, wir wären besser in den Booten geblieben und hätten trotz aller Gefahr gewartet, bis uns ein anderes Schiff aufnimmt.“
Carson, der menschlich dachte, versuchte sich einzuschalten.
„Kapitän, können Sie nicht etwas vorsichtiger auftreten?“, fragte er. „Die Stimmung bei den Männern ist sehr schlecht, und wenn sie zu hart angetrieben werden, kann man nicht sagen, was geschieht.“
„Halten Sie sich an Ihre Aufgaben, Carson“, fauchte Dondy, „das Schiff befehlige ich.“
„Natürlich tun Sie das, Kapitän“, beschwichtigte der Erste Offizier. „Ich denke ja schließlich nur an Ihre eigene Sicherheit. Eines Nachts könnte ganz von ungefähr ein Sparren herabsausen und Sie niederstrecken. So etwas ist schließlich schon geschehen.“
„Mir wird es nicht geschehen“, erklärte der Kapitän trotzig; „bis jetzt habe ich mich auf meine zwei Fäuste verlassen können, und wenn die nicht mehr genügen, habe ich auch noch zwei Revolver. Einer der Kerle soll auch nur quieken, und er kann dann sehen, was geschieht.“
Am nächsten Tag führte er diese Drohung aus. Wegen eines leichten Missverständnisses hinsichtlich der Ausführung eines Befehls hatte er einen Matrosen mit einem Schlag niedergestreckt. Im Sturz schlug der Mann schwer mit dem Hinterkopf auf und blieb betäubt liegen. Wafi, der ganz in der Nähe stand, eilte heran, um den Matrosen aufzuheben. Als er sich bückte, schlug der Kapitän auch auf den Schwarzen los und streifte ihn an der Schulter. Blitzschnell sprang der Zulu-Riese auf. Seine wilden Instinkte waren in ihm geweckt, seine Augen funkelten. Mit beiden Händen packte er Dondy, riss ihn wie ein kleines Kind hoch und rannte mit ihm an die Reling.
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