Kitabı oku: «Beautiful Lights»
Beautiful Lights
1 Vorwort
2 Liebesrausch
3 Verloren
4 Daphnis et Chloé
5 Erwachen
6 Zur Saalburg
7 Mit John
8 Mit Lisa
9 Abstract
10 Mallorquinische Luft
11 Morgenstunde
12 Getragen
13 Ausflug nach Valldemossa
14 Neuigkeiten von John
15 Rückflug
16 Küchengespräch
17 Gewissheit
18 Das einfache Leben
19 Weihnachten mit Papa und Heidi
20 Frankfurter Stadtgeläut
21 Rückschau
22 Traum in der Nacht
23 Auf Intensiv
24 Am Krankenbett
25 Hannah
26 Abschied
27 Trauergottesdienst
28 Wechselbad
29 Heidelberg
30 Sommerurlaub
31 Erstsemester
32 Die Feuerzangenbowle
33 Gespräch mit John Morgan
34 Zustimmung
35 Anatomie
36 Abendessen
37 Semesterschluss
38 82 Cents
39 Kurztrip
40 Zwischenexamen
41 Inspiriert
42 Klinische Visite
43 Enttäuschung
44 Im Labor
45 Denunziert
46 Krankenpflegepraktikum
47 Vom Sterben
48 Neue Tatsachen
49 Das Abendessen
50 Herzlicher Empfang
51 Das Experiment
52 Auf dem Campus
53 Ausgehen
54 Zweiter Anlauf
55 Francis
56 Das Gravimeter
57 Das Treffen
58 Die Reifeprüfung
59 Der Dekan
60 Rebecca
61 Rückkehr in die Normalität
62 Reflecting Pool
63 Auf dem Weg nach Tel Aviv
64 Zentrum für Nanowissenschaften
65 Penthouse
66 In die Heimat
67 An der Klagemauer
68 Das abendliche Mahl
69 An Lisa
70 An Lars
71 Chanukka
72 En Gedi
73 Annäherung
74 Brainstorming
75 Rückkehr
76 Tag X
77 i24News
78 Der Konzertabend
79 Abschied von Abraham
80 Die Nacht
81 Auf den Flügeln der Morgenröte
82 Heimkehr
83 Kintsugi
84 Party
85 Das gemeinsame Tagebuch
86 Die Antwort
87 Eine neue Bleibe
88 Heimweg
89 Möbeldiscounter
90 Mein Kompass
91 Hänseln
92 Das verdorbene Abendessen
93 Schlaflos
94 GoetheKids
95 Ein neuer Anlauf
96 Ein unerwarteter Besuch
97 Elternabend
98 Die Nacht - 1
99 Selbstgespräch
100 Halbzeit
101 Über die Kiemenfurchen
102 Die Knesset, Ha'kirya, Jerusalem
103 Erste Famulatur
104 Danke
105 Station Scharrer
106 Zwei Fälle
107 Spätsommerregen
108 Zwischenfall
109 Spontan
110 Schwere Tage
111 Gesamtnote
112 Gästeliste
113 OK
114 Am Neckar
115 Für Lisa
116 Zuhause
117 Reisevorbereitung
118 Abflug
119 Ins Abenteuer
120 Frisches Wasser
121 King David Hotel
122 In der Synagoge
123 Arbeitstreffen
124 Meine Freunde aus D.C.
125 Die Knesset
126 Impressum
Vorwort
Die große Liebe – wer wünscht sie sich nicht? Doch eine Ehe ohne Schwierigkeiten – die gibt es nicht. Lars und Lisa sind das Liebespaar über mehrere Romane von Rüdiger Marmulla hinweg. In Lifetime Learning beginnt ihre Liebe als Kinderfreundschaft. In Lars‘ Diary werden die beiden ein Paar und in Beautiful Lights findet diese Liebe ihre Erfüllung. Rüdiger Marmulla, bekannt durch seine einfühlsamen Lebensbeschreibungen, lässt die Leser teilhaben an einer Ehe, die alle Facetten eines normalen Ehelebens widerspiegelt. Der Autor streut medizinische, technische und kulturelle Aspekte in die Hauptgeschichte ein, so dass ein permanenter Lernprozess entsteht. Wer das nicht will, kann dennoch mit den Protagonisten leben, leiden und lieben. Das Buch zeigt, dass Gegenwart und Vergangenheit nicht voneinander zu trennen sind, und es nimmt den Leser in eine mögliche Zukunft mit, in der futuristische Alltagsszenarien und atemberaubende künftige Forschungsfelder skizziert werden.
Ich persönlich lese gerne Romane, in denen die Liebe garantiert ist. Doch das Leben ist anders. Meisterhaft navigiert der Autor die Geschichte durch Höhen und Tiefen. Der christliche Glaube darf wie immer nicht fehlen, und als Leserin spüre ich die psychologische und menschliche Kompetenz des Schriftstellers.
Das Buch tut gut, weil ich mich darin wiederfinde und meine Lebensfragen bearbeitet werden.
Margit Helten, Karlsruhe im Juni 2021
Liebesrausch
Liebe Lisa,
ich nehme das Ende der Geschichte vorweg. Ich möchte sagen, dass ich das Lieben dem Geliebtwerden vorziehe. Zu lieben hüllt die Welt in ein warmes, wundervolles Licht. Geliebt zu werden kann sehr belastend sein, wenn man keine Gegenliebe aufbringen kann. In diesem Fall mag sich sogar eine innere Leere einstellen, wenn man fühlt, dass da ein Weg ist, den man mitzugehen nicht im Stande ist. So ist es mir willkommener, meinerseits im Liebesrausch keine Ungeschicklichkeit auszulassen, als dass ich umgekehrt einem Menschen erkläre, warum ich nicht wiederliebe.
Und nun bin ich diesen neuen Weg gegangen. Ich wollte noch einmal ganz neu lieben. Und jetzt ist alles anders zwischen uns. Beim Gedanken, Dich verloren zu haben, fühle ich mich einsam. Diese Einsamkeit ist ganz neu in mir. Sie ist stark und überwältigt mich. Wie dumm ich doch war. Ich bin zu spät klug geworden, Lisa. Bitte verzeihe mir.
Ich schaue aus dem Fenster. Hinter uns steht die Sonne noch ganz tief über dem Horizont. Wir kommen über den Osten rein. Ich komme auf den Flügeln der Morgenröte. Ich sehe die Autobahn A3. Die Wälder. Die Ortschaften. Gleich landen wir. Ich will zu Dir. Wirst Du mich empfangen? Und was wird Francis sagen?
Ich stelle diese Seite unserem gemeinsamen Tagebuch voran. Heute ist Donnerstag, der 5. März 2043, Dein einundzwanzigster Geburtstag. Und meine Knie zittern.
Verloren
Lieber Lars,
ich sah gerade deinen neuen Tagebucheintrag in der Cloud. Eigentlich wollte ich mich auf unserem gemeinsamen Account nicht mehr einloggen. Jetzt habe ich es doch gemacht.
Wir haben uns aus den Augen verloren.
Zu lieben und geliebt zu werden ist das größte Glück der Erde. Mit diesem Glück spielt man nicht. Ich wollte nicht, dass das Ende so kommt, wie es sich jetzt anbahnt. Ich habe noch so viele Gedanken im Kopf. Ich habe noch nichts gesagt. Ich habe noch alles zu sagen.
Daphnis et Chloé
„Lisa! Das war eine wundervolle Idee von dir, mich zu meinem Geburtstag in die Alte Oper einzuladen. Jetzt bin auch ich endlich volljährig.“ Ich nehme neben ihr in der Mitte des Parketts Platz. Die große Orgel über der Orchesterbühne ist imposant. Die Holztäfelung schenkt dem großen Saal eine warme Atmosphäre. Die Decke des Saals mit ihrem Metallgeflecht wirkt raffiniert. Die Konstruktion muss etwas mit der guten Akustik in der Alten Oper zu tun haben.
In der Hand halte ich das aktuelle Programmheft der Saison Frühjahr/Sommer 2040.
„Lars, gib mir bitte das Programmheft. Ich will sehen, was heute gegeben wird.“ Lisa nimmt das Heft von mir entgegen. „Es beginnt heute mit Claude Debussy. Es wird ‚La Mer‘ gespielt. Dann schließt sich Erik Satie mit ‚Gymnopédies‘ an. Der Konzertabend endet mit Maurice Ravel und der zweiten Suite von ‚Daphnis et Chloé‘. Also die beiden letzten Komponisten kenne ich gar nicht. Ich kenne nur Claude Debussy.“
„Mir sind alle drei unbekannt.“ Ich kratze mich am rechten Ohr. Papa und Heidi gehen gerne in die Alte Oper. Ich hatte sie dazu nie begleitet. „Das ist hier eine ganz neue Welt für mich.“
„Also, Lars – auf keinen Fall darfst du zwischen den einzelnen Sätzen eines Stückes applaudieren.“
„Nicht?“
„Nein. Niemals.“
„Wie weiß ich, wann ein Stück zu Ende ist?“
„Du schaust ins Programmheft und zählst die Sätze mit. Kritisch wird es, wenn zwei Sätze ineinander übergehen. Dann können die zwei Sätze wie ein einzelner Satz wirken. Und wenn du nicht mitzählen möchtest, dann achte einfach darauf, wann der ganze Saal applaudiert.“
„Ja. Das ist mir sympathischer.“ Ich lächele sie an.
Lisa zieht ihre Augenbrauen nach oben. „Die Königsklasse ist natürlich, wenn man die Kompositionen schon kennt und anhand der Musik weiß, wann ein Stück zu Ende ist. ‚La Mer‘ kenne ich gut. Das hören meine Eltern gern zuhause.“
Ich greife nach Lisas Hand. „Schön, dass wir jetzt verheiratet sind und du mit Francis mit mir wohnst. Ich hätte nicht länger warten können.“
Lisa nickt. „Zu mir mussten gleich zwei Männer ‚Ja‘ sagen – du und auch dein Vater. Schließlich brauchtest du seine Einwilligung, weil du vor einem Monat noch minderjährig warst.“
Lachend gebe ich zu: „Du warst mir mit deinem Vierteljahr, das du vor mir geboren bist, immer schon voraus.“
„Klar doch. Die Frau von heute nimmt sich einen jüngeren Mann.“ Lisa hat ein verschmitztes Lächeln um ihren Mund.
Ein Gong ertönt. Die letzten Hörer nehmen Platz. Die hellen Lichter im Saal werden gelöscht. Die Spots bleiben auf die Orchesterbühne gerichtet. Ich denke daran, wie ich vor vielen Jahren mein erstes Konzert mit den Stadtratten in der Festhalle erlebt habe. Hier, in der Alten Oper, ist alles so viel feierlicher und vornehmer. Während Debussy gespielt wird, schaue ich Lisa an. Sie ist so unendlich schön. Ihr Haar. Ich liebe ihr schulterlanges dunkelblondes Haar. Ihre Gesichtszüge. Ich liebe ihre zarten Gesichtszüge. Ihre Gestalt. Ich liebe alles an ihr. Lisa verfolgt das Konzert sehr aufmerksam und bewegt. Ich halte mich streng an Lisas Applaus-Regel.
Das letzte Stück wird gegeben. Es besteht nur aus einem einzigen Satz. Es beginnt ganz leise. Und es baut sich zu einem erhebenden Crescendo auf. Lisa drückt meine Hand ganz fest, während die Musik anschwillt. Der Saal bebt. Es wird wieder sanfter. Lisa flüstert mir ins Ohr: „Das ist wie ein Sonnenaufgang. So schön. So überwältigend. Ich sehe alle Farben der Morgenröte vor mir.“
Ich sehe es Lisa an, dass ihr Herz von nun an für Maurice Ravel schlägt.
Der Konzertabend geht zu Ende. Der Saal wird wieder erhellt und wir gehen nachhause. Auf dem Weg zur S-Bahn schwärmt Lisa: „Ich muss mehr über Maurice Ravel erfahren. Und über Daphnis und Chloé.“
Kaum sind wir in unserer Wohnung im Sonnenring angekommen, schlägt Lisa im Internet den spätantiken Liebesroman nach. Voller Begeisterung liest sie mir vor: „Die Hirtengeschichte von Daphnis und Chloé spielt auf der ägäischen Insel Lesbos. Die zwei wachsen als Findelkinder bei Hirten heran. Ein neues, unbekanntes Gefühl steigt in Chloé auf, als sie Daphnis beim Baden zusieht. Das junge Mädchen spürt das Verlangen, ihn wieder baden zu sehen. Die erotische Spannung zwischen den beiden wird immer stärker – bis Seeräuber die Küste überfallen und Daphnis entführen.“
Ich schaue Lisa an. „Wer hat das Stück geschrieben?“
„Der griechische Schriftsteller Longos. Ach und schau nur – hier. Weißt du wer das Stück über Daphnis und Chloé am meisten verehrte?“
„Johann Wolfgang?“
„Genau, Lars. Woher weißt du das? Wie kamst du auf Goethe?“
„Wir Frankfurter müssen doch zusammenhalten.“ Jetzt lache ich. Da habe ich tatsächlich richtig getroffen.
Lisa setzt wieder an und liest aus der Online-Bibliothek: „In der Trennung von Daphnis erkennt Chloé, dass gegen den Eros kein Mittel hilft – nicht, was getrunken, nicht was eingenommen, nicht was in Zauberliedern ausgesprochen wird. Kein Mittel kann helfen als allein der Kuss, die Umarmung und das Zusammenliegen mit nackten Leibern.“
„Lisa?“
„Ja, Lars?“
„Francis ist bei deinen Eltern. Wir haben die Nacht allein für uns.“
„Ja, Liebling. Lösche das Licht. Heute Nacht sind wir Daphnis und Chloé.“
Erwachen
„Das ist ein wundervoller Samstag. Der Himmel ist wolkenlos, die Sonne strahlt. Schau nur, Lisa.“ Ich stehe vor dem Wohnzimmerfenster und schaue auf die Frankfurter Skyline.
Lisa stellt sich zu mir. „Was hältst du davon, wenn wir nach dem Frühstück Francis von meinen Eltern abholen und dann einen Ausflug machen.“
„Wohin magst du?“
„Ich war schon lange nicht mehr auf der Saalburg. Wir könnten am Limes entlangwandern. Das kann ein schöner Ausflug werden.“ Lisa nimmt mich in den Arm und gibt mir einen Kuss.
„Wer kann da schon ‚Nein‘ sagen?“
„Du willst?“
„Ja. Aber erst mache ich uns noch ein schönes Frühstück. Ich habe Toast und deine geliebte Ananasmarmelade gekauft. Und frische Milch und Schoko-Flakes.“
„Da kann auch ich nicht ‚Nein‘ sagen, Lars.“
Ich gehe in die Küche und bereite das Essen vor.
Lisa spielt über die Mediathek noch einmal das Musikstück von Maurice Ravel, das wir gestern Abend gehört haben.
Ja. Das klingt wie ein Sonnenaufgang. Jetzt kann ich es mir auch vorstellen.
Während ich die Tafel decke, macht es sich Lisa am Tisch schon einmal gemütlich. Sie schaut mich an. „Du, ich werde nächstes Jahr mein Abitur machen. Durch die Geburt von Francis ist ja einiges nicht so ganz planmäßig verlaufen.“
„Ich unterstütze dich.“
„Ich habe einen Traum, Lars.“
„Ja?“
„Ich möchte Medizin studieren und Ärztin werden, wie mein Vater.“
„Du wirst bestimmt eine gute Ärztin.“ Ich setze mich zu Lisa an den liebevoll gedeckten Frühstückstisch. Ich drücke ihre Hand ganz fest. Dann essen wir.
„Deine Einkünfte aus dem Algorithmus zur Kryptierung von Personen-IDs geben uns eine große Freiheit, zu tun, was wir wollen. Viele träumen davon, ein Leben so frei führen zu können, wie wir das tun.“
„Ich bin glücklich, dich zu unterstützen. Dr. med. Lisa Krönlein. Das klingt irgendwie gut.“
„Mein Traum ist es, Menschen zu helfen und in schwierigen Zeiten zur Seite zu stehen. Mein Vater ist mir da ein Vorbild.“
Ich lächele. „Soll ich uns einen Mietwagen bestellen? Dann holen wir Francis von deinen Eltern ab, und dann geht es in den Taunus.“
„Ja, Lars. Wir werden einen schönen Tag zu dritt haben.“
Zur Saalburg
Der Mietwagen fährt uns zum römischen Kastell und parkt auf dem großen Platz neben der Burg ein. Der Bordcomputer zeigt als Adresse „Jupitersäule“ an. Francis jubelt, als er das Kastell entdeckt.
Während wir zur Pforte der Saalburg laufen, wird mir plötzlich klar, dass ich das letzte Mal hier mit Mama und Papa war, als ich selbst noch ein kleiner Junge war. Das ist eine Ewigkeit her. Und plötzlich vermisse ich Mama. Warum musste sie so früh gehen?
„Lars? Du schaust so traurig. Was ist mit dir?“
„Ich denke an meinen letzten Besuch auf der Saalburg. Das war noch mit meinen beiden Eltern. Ich habe mit einem Mal so große Sehnsucht nach Mama.“
„Lars! Das tut mir leid. Ist es nicht gut, dass wir heute hierher gefahren sind? Damit habe ich nicht gerechnet.“
„Doch, Lisa. Ist schon OK. Es war nur ein kleiner Moment. Es geht schon wieder. Ich bin in Ordnung.“
„Sicher?“
„Ja, Lisa.“
Francis stellt sich zwischen uns und nimmt unsere Hände. Dann zieht er uns zum Eingang der Saalburg. Die große Vorhalle der Principia beeindruckt unseren Francis am meisten. Er schaut mit großen Augen die Halle an. Dann sagt er: „Ich habe Hunger.“Hung
Wir kehren in die Taberna ein. Wir finden noch einen schönen Tisch im Schatten eines großen Sonnenschirms. Ich bestelle eine Centurio-Pfanne, Francis sucht sich eine gebratene Lucanica und Lisa einen Salatteller Agricola aus. Dazu bestellen wir uns eine große Flasche Mineralwasser. Francis‘ Augen wandern über die Zinnen der Burgmauer hinweg.
Da kommt über meinen Messenger eine Nachricht von John Morgan herein: „Hallo Lars. Wir haben hier eine sensationelle Entdeckung gemacht, die ich unbedingt mit ihnen teilen möchte. Melden sie sich doch bitte ab 12 Uhr Ostküstenzeit bei mir.“ Ich lese Lisa die Nachricht vor. In Washington D.C. ist es jetzt früh am Morgen. Vermutlich hat John mit seinem Team die Nacht über diese Entdeckung gemacht. Und nun legt er sich wohl schlafen.
„Das klingt spannend, Lars. Ja, melde dich später bei deinem Professor.“
Unser Essen trifft ein. Francis hat ganz hungrige Augen, als er seine römische Wurst auf dem Teller liegen sieht. Lisa schneidet ihm die Wurst in kleine Stücke. Dazu hat er frisches Brot und einen Salat. Wir alle essen.
Lisa schaut mich an. „Wir könnten nach dem Essen den Limes entlanglaufen. Da gibt es einen schönen Wanderweg. Magst du?“
„Klar.“ Ich zahle und wir brechen auf. Auf dem Wanderweg neben dem nachgebildeten Limes finden wir einen Jägerhochstand. „Da will ich hoch“, ruft Francis. Hinter ihm steige ich die Leiter nach oben, um ihn sicher halten zu können, falls er fällt. Dann folgt Lisa. Auf dem Hochstand setzen wir uns. Ich fühle mich sehr glücklich. Es ist hier vollkommen ruhig, und die Luft ist mild. Ich nehme diesen Moment zufrieden in mich auf.
Mit John
Nachdem wir wieder zuhause eingetroffen sind, melde ich mich bei John Morgan. Sein Avatar erscheint über meinem Handgelenk. Er sieht gut aus. Ich frage ihn unvermittelt: „Haben sie sich nach einer langen Nacht gut ausgeschlafen?“
„Ja, Lars. Wir haben eine atemberaubende Entdeckung gemacht. Wir werden nächste Woche einen Artikel an das Scientific American senden. Ich wollte sie unbedingt benachrichtigen. Ich will wissen, was sie über alles denken.“
„Schießen sie los.“
„Wir lassen seit einer Woche unseren Quantencomputer eine komplexe rekursive Kryptierung durchführen. Und heute Nacht haben wir eine Entdeckung gemacht, die wir zuerst selbst nicht glauben konnten. Wir haben es wieder und wieder kontrolliert, weil es zunächst so unfassbar war.“
„Ja?“
„Die Uhr im Quantencomputer lief auf zehn Minuten genau fünf Sekunden nach. Wir legten eine andere Uhr neben den Quantencomputer. Die lief ebenfalls auf zehn Minuten fünf Sekunden nach. Wir haben es mit verschiedenen Chronometern vielfach wiederholt.“
„Sie meinen, während der Rechentätigkeit des Computers verlief die Zeit langsamer?“
„Genau, Lars. Und nun fragen wir uns, was das zu bedeuten hat.“
Ich lache. „Vielleicht leben wir ja tatsächlich in einer Simulation, und ihr Computer verbraucht so viel Kapazität, dass für die Welt um ihren Quantencomputer herum weniger Rechenleistung übrigbleibt.“
„Das könnte das Phänomen erklären. Ja, Lars. Könnten sie diesen Gedanken einmal zu Papier bringen? Wir lassen ihre Vorstellungen dann in die Diskussion unserer gemeinsamen Publikation einfließen.“
„Ja, John. – John?“
„Ja?“
„Das ist ein echter Knaller. Wenn das stimmt, dann müssen wir unser ganzes Weltbild überdenken.“
„Richtig. Deshalb dachten wir auch, dass dieser Artikel am besten im Scientific American untergebracht wird.“
„John?“
„Ja?“
„Ich fühle, wir haben die Tür in eine neue Welt eben erst ein Stück weit geöffnet. Ich fühle, da ist noch mehr zu entdecken.“
„Damit könnten sie Recht haben, Lars. Ich sende Montag den Erstentwurf für unser Paper. Und ich warte auf ihre Diskussion.“
Wir beenden die Telekommunikation.