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Kitabı oku: «Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre», sayfa 13

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Meine cellularpathologischen Anschauungen unterscheiden sich darin von den humoralpathologischen wesentlich, dass ich das Blut nicht als einen dauerhaften und in sich unabhängigen, aus sich selbst sich regenerirenden und sich fortpflanzenden Saft, sondern als ein in einer constanten Abhängigkeit von anderen Theilen befindliches flüssiges Gewebe betrachte. Man braucht nur dieselben Schlüsse, die man für die Abhängigkeit des Blutes von der Aufnahme neuer Ernährungsstoffe vom Magen her allgemein zulässt, auch auf die Untersuchung der Abhängigkeit desselben von den Geweben des Körpers selbst anzuwenden. Wenn man von einer Säuferdyscrasie spricht, so wird Niemand die Vorstellung haben, dass Jeder, der einmal betrunken gewesen ist, eine permanente Alkoholdyscrasie besitzt, sondern man denkt sich, dass, wenn immer neue Mengen von Alkohol eingeführt werden, auch immer neue Veränderungen des Blutes eintreten, so dass die Veränderung am Blute so lange bestehen muss, als die Zufuhr von neuen schädlichen Stoffen geschieht, oder als in Folge früherer Zufuhr einzelne Organe in einem krankhaften Zustande verharren. Wird kein Alkohol mehr zugeführt, werden die Organe, welche durch den früheren Alkoholgenuss beschädigt waren, zu einem normalen Verhalten zurückgeführt, so ist kein Zweifel, dass damit die Säuferdyscrasie zu Ende ist. Dieses Beispiel, angewendet auf die Geschichte der übrigen Dyscrasien, erläutert ganz einfach den Satz, dass jede dauernde Dyscrasie abhängig ist von einer dauerhaften Zufuhr schädlicher Bestandtheile von gewissen Punkten (Atrien oder Heerden) her. Wie eine fortwährende Zufuhr von schädlichen Nahrungsstoffen eine dauerhafte Entmischung des Blutes setzen kann, eben so vermag die dauerhafte Erkrankung eines bestimmten Organs dem Blute fort und fort kranke Stoffe zuzuführen.

Es handelt sich dann also wesentlich darum, für die einzelnen Dyscrasien Ausgangspunkte, Localisationen zu suchen, die bestimmten Gewebe oder Organe zu finden, von denen aus das Blut die besondere Störung erfährt. Ich will gern gestehen, dass es in vielen Dyscrasien bis jetzt nicht möglich gewesen ist, diese Gewebe oder Organe aufzufinden. In vielen anderen ist es aber gelungen, wenn man auch nicht bei jedem derselben erklären kann, in welcher Weise das Blut dabei verändert wird. Jedermann kennt jenen merkwürdigen Zustand, welchen man ungezwungen auf eine Dyscrasie beziehen kann, den scorbutischen Zustand, die Purpura, die Petechial-Dyscrasie. Vergeblich sieht man sich jedoch nach entscheidenden Erfahrungen darüber um, welcher Art die Dyscrasie, die Blutveränderung ist, wenn Scorbut oder Purpura sich zeigt. Das, was der Eine gefunden hat, hat der Andere widerlegt, ja es hat sich ergeben, dass zuweilen in der Mischung der gröberen Bestandtheile des Blutes gar keine Veränderung eingetreten war. Es bleibt hier also ein Quid ignotum, und man wird es gewiss verzeihlich finden, wenn wir nicht sagen können, woher eine Dyscrasie kommt, deren Wesen wir überhaupt nicht kennen. Auch schliesst die Erkenntniss der Art der Blutveränderung nicht die Einsicht in die Bedingungen der Dyscrasie in sich, und eben so wenig findet das Umgekehrte Statt. Bei der hämorrhagischen Diathese wird man es immerhin als einen wesentlichen Vortheil betrachten müssen, dass wir in einer Reihe von Fällen auf ihren Ausgangspunkt in einem bestimmten Organe hinweisen können, z. B. auf die Milz oder die Leber41. Es handelt sich jetzt zunächst darum, zu ermitteln, welchen Einfluss die Milz oder die Leber auf die besondere Mischung des Blutes ausüben. Wüssten wir genau, wie das Blut durch die Einwirkung dieser Organe verändert wird, so wäre es vielleicht nicht schwer, aus der Kenntniss des kranken Organs auch sofort abzuleiten, wie das Blut beschaffen sein wird. Aber es ist doch schon wesentlich, dass wir über das blosse Studium der Blutveränderungen hinausgekommen und auf bestimmte Organe geführt worden sind, in welchen die Dyscrasie wurzelt.

So muss man consequent schliessen, dass, wenn es eine syphilitische Dyscrasie gibt, in welcher das Blut eine virulente Substanz führt, diese Substanz nicht dauerhaft in dem Blute enthalten sein kann, sondern dass ihre Existenz im Blute gebunden sein muss an das Bestehen localer Heerde, von wo aus immer wieder neue Massen von schädlicher Substanz eingeführt werden in das Blut42. Folgt man dieser Bahn, so gelangt man zu dem schon erwähnten und gerade für die praktische Medicin äusserst wichtigen Gesichtspunkte, dass jede dauerhafte Veränderung in dem Zustande der circulirenden Säfte, welche nicht unmittelbar durch äussere, von bestimmten Atrien aus in den Körper eindringende Schädlichkeiten bedingt wird, von einzelnen Organen oder Geweben abgeleitet werden muss; es ergibt sich weiter die Thatsache, dass gewisse Gewebe und Organe eine grössere Bedeutung für die Blutmischung haben, als andere, dass einzelne eine nothwendige Beziehung zu dem Blute besitzen, andere nur eine zufällige.

Ich komme also mit den Alten darin überein, dass ich eine Verunreinigung (Infection) des Blutes durch verschiedene Substanzen (Miasmen) zulasse, und dass ich einem grossen Theile dieser Substanzen (Schärfen, Acrimonien) eine reizende Einwirkung auf einzelne Gewebe zuschreibe. Ich gestehe auch zu, dass bei acuten Dyscrasien diese Stoffe im Blute selbst eine fortschreitende Zersetzung (Fermentation, Zymosis) erzeugen können, obwohl ich nicht weiss, ob dies in allen Fällen, die man so deutet, richtig ist. Aber sicher ist es, dass diese Zymosis ohne neue Zufuhr sich nicht dauerhaft erhält, und dass jede anhaltende Dyscrasie eine erneuerte Zufuhr schädlicher Stoffe in das Blut voraussetzt.

Achtes Capitel.
Das Blut

Morphologische (anatomische) und chemische Veränderungen des Blutes (Dyscrasien).

Faserstoff. Fibrillen desselben. Vergleich mit Schleim und Bindegewebe. Homogener gallertiger Zustand.

Rothe Blutkörperchen. Kern, Membran und Inhalt derselben. Gestalt bei den verschiedenen Wirbelthieren: diagnostische Schwierigkeiten. Zusammensetzung des Zellkörpers: Hämatin, Hämoglobin. Stroma. Veränderungen der Farbe und der Gestalt. Blutkrystalle (Hämatoidin, Hämin, Hämatokrystallin).

Farblose Blutkörperchen. Numerisches Verhältniss. Struktur. Vergleich mit Eiterkörperchen. Klebrigkeit und Agglutination derselben. Specifisches Gewicht. Crusta granulosa. Diagnose von Eiter- und farblosen Blutkörperchen. Die Lehren von der Eiterresorption und von der Lymphexsudation. Lebenseigenschaften der farblosen Körperchen: Bewegung, Aufnahme anderer Körper, Auswanderung. Bedeutung dieser Erfahrungen für die cellulare Doctrin.

Wenn man die verschiedenen krankhaften Veränderungen des Blutes (Dyscrasien) in Beziehung auf Werth und Quelle ansieht, so lassen sich von vornherein zwei grosse Kategorien von dyscrasischen Zuständen unterscheiden, je nachdem nehmlich abweichende morphologische Bestandtheile im Blute enthalten sind, oder die Abweichung eine mehr chemische ist und an den flüssigen Bestandtheilen sich findet. Dabei versteht es sich aber wohl von selbst, dass in der Regel die morphologischen (anatomischen) Dyscrasien nicht ohne chemische Dyscrasie verlaufen und umgekehrt: unsere Methoden der Blutuntersuchung sind aber noch so unvollkommen, dass wir uns in der Regel an die eine oder andere Möglichkeit halten müssen. Ebenso ist es klar, dass die morphologischen Veränderungen der Blutmischung entweder durch Veränderungen der natürlichen Elemente (Blutkörperchen) oder durch Hinzufügung fremder, der Blutmischung normal nicht zukommender Theile bedingt sein können.

Einer der flüssigen Stoffe des Blutes, der Faserstoff (Fibrin), hat häufig als ein morphologischer oder doch als ein fester Bestandtheil des Blutes gegolten, weil er vermöge seiner Gerinnbarkeit sehr bald, nachdem das Blut aus dem lebenden Körper entfernt ist, eine sichtbare Form annimmt. Diese Auffassung ist auch in der neueren Zeit noch vielfach in der Praxis festgehalten worden, wie sie denn traditionell in der Medicin seit langer Zeit bestanden hat, insofern man fibrinarmes Blut als dissolutes zu bezeichnen und die Qualität des Blutes viel weniger nach den Blutkörperchen, als nach dem Fibringehalt zu schätzen pflegte. Eine solche Trennung des Faserstoffes von den flüssigen Bestandtheilen des Blutes hat insofern einen wirklichen Werth, als derselbe eben so, wie die Blutkörperchen, eine ganz eigenthümliche Erscheinung ist, so einzig und allein in dem Blute und den ihm zunächst stehenden Säften sich findet, dass man ihn in der That mehr mit den Blutkörperchen in Zusammenhang bringen kann, als mit dem Blutwasser (Serum). Betrachtet man das Blut in Beziehung auf seine eigentlich specifischen Theile, durch welche es Blut ist und durch welche es sich von anderen Flüssigkeiten unterscheidet, so kann man nicht umhin anzuerkennen, dass auf der einen Seite die rothen, hämatinhaltigen Körperchen, auf der anderen Seite das Fibrin der Intercellular-Flüssigkeit (Liquor sanguinis, Plasma) es sind, in welchen die Unterschiede am meisten hervortreten.

Fig. 59. Geronnenes Fibrin aus menschlichem Blute. a Feine, b gröbere und breitere Fibrillen; c in das Gerinnsel eingeschlossene rothe und farblose Blutkörperchen. Vergr. 280.


Betrachten wir daher zunächst diese specifischen Bestandtheile etwas näher. Die morphologische Schilderung des Faserstoffes ist verhältnissmässig schnell gemacht. Untersuchen wir ihn, wie er im Blutgerinnsel vorkommt, so finden wir ihn fast immer in der Form, wie ihn Malpighi beschrieben hat und von welcher er den Namen trägt, der fibrillären. Die geronnene Substanz zeigt wirkliche Fasern von etwas zackiger Gestalt, welche sich vielfach durchsetzen und dadurch äusserst feine Geflechte, zarte Maschennetze bilden. Die Fasern sind in den einzelnen Fällen von sehr verschiedener Breite. Gewöhnlich sind sie sehr fein; zuweilen finden sich aber ungleich breitere, fast bandartige, welche viel glatter sind, sich aber im Uebrigen ziemlich auf dieselbe Weise durchsetzen und verschlingen. Es sind dies Eigenthümlichkeiten, über deren Bedeutung bis jetzt ein sicheres Urtheil noch nicht gewonnen ist. Ich finde solche Verschiedenheiten ziemlich häufig, bin jedoch nicht im Stande, die Bedingungen dafür anzugeben. Betrachtet man einen Blutstropfen während der Gerinnung, so sieht man überall, wie zwischen den Blutkörperchen feine Fibrin-Fäden anschiessen. In dem Coagulum finden sich daher die morphologischen Elemente in den Maschenräumen des entstandenen Netzwerkes (Fig. 59, c), rings umschlossen und zuweilen nicht wenig verdrückt durch die Fasern desselben.

In Beziehung auf die Natur dieser Fasern können wir hervorheben, dass es histologisch nur noch zweierlei Arten von Fasern gibt, welche mit ihnen eine nähere Aehnlichkeit darbieten43. Die eine Art kommt in einer Substanz vor, welche sonderbarer Weise eine gewisse Verbindung zwischen den ältesten kraseologischen Vorstellungen und den modernen bildet, nehmlich im Schleim (S. 65). In der hippokratischen Medicin fällt der Blutfaserstoff noch unter den Begriff des Phlegma (Mucus), und die antike Lehre von dem phlegmatischen Temperament würde in moderner Formel ganz wohl als fibrinöse Krase übersetzt werden können. In der That, wenn wir den Schleim mit dem Faserstoff vergleichen, so müssen wir zugestehen, dass eine grosse formelle Uebereinstimmung in ihrer Gerinnung besteht. Wie das Fibrin, bildet auch der Schleim, zumal bei Zusatz von Wasser oder organischen Säuren, Fasern und Häute, welche unter einander zu oft sehr sonderbaren Figuren zusammentreten. Dass auch in der Absonderung von Schleim und Faserstoff gewisse Beziehungen bestehen, werden wir später darlegen. – Die andere Substanz, welche hierher gehört, ist die Intercellularsubstauz des Bindegewebes, der leimgebende Stoff, das Collagen (Gluten der Früheren), und es ist gewiss interessant, sich daran zu erinnern, dass noch im vorigen Jahrhundert, ja hier und da noch in dem gegenwärtigen, die Speckhaut des Blutes als Gluten bezeichnet wurde. Die Fibrillen des Bindegewebes verhalten sich nur insofern anders, als die des Faserstoffes, als sie in der Regel nicht netzförmig, sondern parallel verlaufen; im Uebrigen sind sie den Fibrin-Fasern in hohem Maasse ähnlich. Die Intercellularsubstanz des Bindegewebes stimmt auch darin mit dem Faserstoff überein, dass ihr Verhalten gegen Reagentien sehr analog ist. Wenn wir diluirte Säuren, namentlich die gewöhnlichen Pflanzensäuren oder auch schwache Mineralsäuren darauf einwirken lassen, so quellen sie auf und unter den Augen verschwinden die Fasern, so dass wir nicht mehr sagen können, wo sie bleiben. Die Masse schwillt auf, es verschwindet jeder Zwischenraum, und es sieht aus, als ob die ganze Masse ein continuirliches, vollkommen homogenes Gewebsstück bildete. Waschen wir dasselbe langsam aus, entfernen wir die Säure wieder, so lässt sich, wenn die Einwirkung keine zu concentrirte war, wieder der faserige Zustand herstellen. Es ist dies Verhalten bis jetzt noch unerklärt, und gerade deshalb hatte die Ansicht Reichert's, welche ich früher (S. 41, S. 141) erwähnte, etwas Bestechendes, dass die Substanz des Bindegewebes eigentlich homogen und die Fasern nur eine künstliche Bildung oder eine optische Täuschung seien, indessen isoliren sich beim Faserstoff noch viel deutlicher als beim Bindegewebe die einzelnen Fibrillen so vollständig, dass ich nicht umhin kann, zu sagen, dass ich die Trennung in einzelne Fäserchen für wirklich bestehend und nicht bloss für künstlich und eben so wenig für eine Täuschung des Beobachters halte.

Eine fernere Uebereinstimmung ist die, dass sowohl beim Fibrin, als beim Bindegewebe jedesmal vor dem Stadium des Fibrillären ein Stadium des Homogenen oder Gallertigen liegt. Betrachtet man die Gerinnung fibrinöser Flüssigkeiten, so sieht man nicht etwa von vornherein Fasern entstehen, sondern die ganze Flüssigkeit „gesteht“ zuerst zu einer ganz gleichmässigen Masse, welche zuweilen so fest ist, dass man sie in einem Stücke aufheben kann. Erst aus dieser homogenen Gallerte scheiden sich die Fasern aus, mit deren Bildung die Zusammenziehung des Gerinnsels, die eigentliche Coagulation auftritt44. In ähnlicher Weise erscheint auch die Intercellularsubstanz des Bindegewebes zuerst bei ihrer Bildung als homogene Intercellularsubstanz (Schleim); erst nach und nach sieht man sich Fibrillen, wenn ich mich so ausdrücken darf, ausscheiden oder, wie man gewöhnlich sagt, differenziren. Die Bildung der Fasern, die Fibrillation lässt sich daher recht wohl mit der Krystallisation vergleichen, und in der That gibt es auch unter den anorganischen Stoffen gewisse Analogien. Manche Niederschläge von Kalksalzen oder Kieselsäure sind ursprünglich vollkommen gelatinös und amorph; nach und nach scheiden sich aus ihnen solide Körner und Krystalle aus.

Man kann also immerhin den Namen der Fibrillen für die gewöhnliche Erscheinungsform des Faserstoffes beibehalten, aber man muss sich dabei erinnern, dass diese Substanz ursprünglich in einem homogenen, amorphen, gallertartigen Zustande existirte, und wieder in denselben übergeführt werden kann. Diese Ueberführung geschieht nicht nur künstlich, sondern sie macht sich auch auf natürlichem Wege im Körper selbst, so dass an Stellen, wo vorher Fibrillen vorhanden waren, später der Faserstoff wieder homogen angetroffen wird. Die Coagula der Aneurysmen, manche Thromben der Venen werden allmählich in homogene, knorpelartig dichte Massen verwandelt. —


Fig. 60. Kernhaltige Blutkörperchen von einem menschlichen, sechs Wochen alten Fötus. a Verschieden grosse, homogene Zellen mit einfachen, relativ grossen Kernen, von denen einzelne leicht granulirt, die meisten mehr gleichmässig sind, bei * ein farbloses Körperchen. b Zellen mit äusserst kleinen, aber scharfen Kernen und deutlich rothem Inhalte. c Nach Behandlung mit Essigsäure sieht man die Kerne zum Theil geschrumpft und zackig, bei mehreren doppelt; bei * ein granulirtes Körperchen. Vergr. 280.


Was nun den zweiten specifischen Antheil des Blutes betrifft, die Blutkörperchen, so habe ich schon hervorgehoben (S. 12), dass gegenwärtig ziemlich alle Histologen darüber einig sind, dass die farbigen Blutkörperchen des Menschen und der Säugethiere im erwachsenen Zustande keine Kerne besitzen. Ihre zellige Natur könnte daher in Zweifel gezogen werden, wenn wir nicht wüssten, dass sie zu gewissen Zeiten der embryonalen Entwickelung (Fig. 60) je einen Kern besitzen. Mehrere neuere Beobachter, namentlich Brücke, leugnen jedoch auch die Existenz einer Membran an ihnen, so dass man versucht ist, auf jene ältere Bezeichnung der Blutkörner zurückzukommen, welche auch auf blosse Concretionen chemischer oder mechanischer Art anwendbar ist. Indess erscheint im Bewusstsein der heutigen Zeit, wie wir sahen (S. 16), die Membranlosigkeit an sich als kein Grund, die zellige Natur eines organischen Elements in Abrede zu stellen, und da in den früheren Monaten des Embryolebens die rothen Blutkörperchen nicht nur genetisch aus unzweifelhaften Bildungszellen durch fortschreitende Umbildung hervorgehen, sondern auch unter Umständen eben solche Membranen zeigen (Fig. 60, a u. c), wie sie an anderen Zellen nachweisbar sind, so wird man unbedenklich aussagen können, dass die rothen Blutkörperchen des Menschen sowohl in der späteren Zeit der fötalen Entwickelung, als namentlich in der Zeit nach der Geburt einfache kernlose Zellen sind.


Fig. 61. Menschliche Blutkörperchen vom Erwachsenen. a das gewöhnliche, scheibenförmige rothe, b das farblose Blutkörperchen, c rothe Körperchen, von der Seite und auf dem Rande stehend gesehen. d rothe Körperchen in Geldrollenform zusammengeordnet. e zackige, durch Wasserverlust (Exosmose) geschrumpfte rothe Körper. f geschrumpfte rothe Körper mit hügeligem Rand und einer kernartigen Erhebung auf der Fläche der Scheibe. g noch dichtere Schrumpfung. h höchster Grad der Schrumpfung (melanöse Körperchen). Vergr. 280.


Ganz abweichend von allen anderen Zellen ist die Gestalt derselben beim Menschen und den Säugethieren. Sie stellen nehmlich platte, scheiben- oder tellerförmige Bildungen mit zweiseitiger centraler Depression dar. Der dickere Rand erscheint daher als ein dunkler gefärbter Ring, die dünnere Mitte als eine ganz schwach gefärbte Fläche. Bei Vögeln, Amphibien und Fischen, bei welchen sich der kernhaltige Zustand während des ganzen Lebens erhält, findet sich zugleich eine ovale Gestalt, die übrigens merkwürdigerweise auch bei dem Lama und Kameel vorkommt. Der allerniederste Fisch, der Amphioxus, hat überhaupt keine Blutkörperchen und beim Leptocephalus bleiben sie ungefärbt. Bei keinem anderen Gewebe sind die Verschiedenheiten der Elemente bei verschiedenen Thieren so gross, wie gerade bei den rothen Blutkörperchen, und man sollte daher ungemein vorsichtig sein, aus Erfahrungen, welche nur für die Blutkörperchen einer Gattung Gültigkeit haben, allgemeine Formeln abzuleiten. Andererseits sind nur ausnahmsweise die Blutkörperchen einer Gattung mit so charakteristischen Eigenthümlichkeiten ausgestattet, dass man daraus diagnostische Unterschiede abzuleiten vermöchte. Namentlich vom gerichtsärztlichen Standpunkte aus wäre es im höchsten Grade erwünscht, wenn ein sicheres Merkmal nachgewiesen würde, wodurch die Blutkörperchen des Menschen von denen der Säugethiere unterschieden werden könnten. Allein alle Versuche, ein solches zu finden, sind bis jetzt fruchtlos gewesen. Das einzige, an sich nicht einmal durchgreifende Merkmal, dass die Blutkörperchen des Menschen etwas grösser sind, als die der meisten Säugethiere, ist in der Regel nicht verwerthbar, da man es in forensischen Fällen meist mit altem und häufig sogar mit getrocknetem Blute zu thun hat.

Der eigentliche Zellkörper der rothen Blutkörperchen besteht aus einer ziemlich zähen Masse, an welcher die Farbe haftet. Letztere erscheint unter dem Mikroskope bei den einzelnen Körperchen als eine mehr gelbliche, sogar leicht ins Grünliche spielende. Gewöhnlich bezeichnet man in der Kürze die gefärbte Substanz als Hämatin, Blutfarbstoff. Allein der rothe Zellkörper ist keine einfache chemische Substanz, und das, was man Hämatin nennt, bildet eben nur einen Theil davon; einen wie grossen Theil, lässt sich bis jetzt noch gar nicht ermitteln. Was sonst noch innerhalb des Blutkörperchens enthalten ist, das gehört wesentlich der chemischen Untersuchung an, und diese ergiebt in den verschiedenen Wirbelthierklassen und Gattungen ebenso gut chemische, wie morphologische Verschiedenheiten. Beim Menschen nahm man früher neben dem Hämatin gewöhnlich noch eine besondere Substanz, das Globulin an; gegenwärtig betrachtet man als die Hauptmasse des rothen Zellkörpers das Hämoglobin, aus welchem erst durch Zersetzung das Hämatin selbst und verschiedene andere, namentlich eiweissartige Stoffe entstehen. Dieses Hämoglobin ist nach der Annahme Rollett's in einem schwammigen Stroma enthalten, welches möglicherweise noch wieder aus verschiedenen stickstoffhaltigen Stoffen besteht. Man beobachtet dasselbe an gefrorenem Blute, bei welchem das Hämoglobin die Blutkörperchen verlässt und an das Serum tritt. Ob wirkliches Protoplasma und damit eine wahre Contraktilität an den rothen Körperchen vorhanden ist, lässt sich nach den heutigen Erfahrungen noch nicht mit Sicherheit aussagen.

Was wir direkt beobachten können, sind gewisse Veränderungen der Farbe und Gestalt, welche durch äussere Agentien hervorgerufen werden. Da das Hämoglobin Sauerstoff, Kohlenoxyd und Stickoxyd absorbirt, wahrscheinlich auch Kohlensäure aufnimmt, so ist es leicht begreiflich, dass dadurch die Farbe der Blutkörperchen und damit die des Blutes im Ganzen geändert wird. Noch viel auffälliger ist die Farbenveränderung durch stärkere chemische Körper, namentlich die intensiv grüne durch Schwefelwasserstoff und die schwärzliche oder bräunliche (atrabiläre) durch organische und mineralische Säuren und Alkalien. Manche dieser Farbenveränderungen erfolgen ohne erhebliche Gestaltveränderungen; andere, wie die der stärkeren chemischen Körper, unter schneller Zerstörung der Blutkörperchen. Dabei ist es jedoch, namentlich auch für forensische Untersuchungen, von grosser Wichtigkeit, dass gerade kaustische Alkalien (Natron, Kali), concentrirt angewendet, die Blutkörperchen erhalten, während, diluirt angewendet, sie dieselben schnell zerstören. – Die meisten Gestaltveränderungen erfolgen unter der Einwirkung von chemischen Lösungen, welche den Blutkörperchen Wasser entziehen; in Folge davon schrumpfen sie und erleiden sie eigenthümliche Gestaltsveränderungen, die sehr leicht Irrthümer herbeiführen können. Dies sind nicht unwichtige Verhältnisse, auf die ich deshalb noch mit ein paar Worten eingehen will.

Wenn ein rothes Blutkörperchen dadurch einem Wasserverluste ausgesetzt ist, dass eine stärker concentrirte Flüssigkeit auf dasselbe einwirkt, so bemerkt man zuerst, dass in dem Maasse, als Flüssigkeit exosmotisch austritt, an der Oberfläche des Körperchens kleine Hervorragungen entstehen, welche anfangs sehr zerstreut liegen, sich bald an dem Rande, bald auf der Fläche finden und im letzteren Falle zuweilen täuschend einem Kerne ähnlich sehen (Fig. 61, e, f). Dies ist die Quelle für die irrthümliche Annahme von Kernen, welche man so viel beschrieben hat. Beobachtet man ein Blutkörperchen unter Einwirkung concentrirter Medien längere Zeit, so treten immer mehr Höcker hervor und das Körperchen wird in seinem Flächendurchmesser kleiner. Dabei bilden sich immer deutlicher kleine Falten und Höcker an der Oberfläche: das Körperchen wird zackig, sternförmig, eckig (Fig. 61, g). Solche zackigen Körper sieht man jeden Augenblick, wenn man Blut untersucht, welches eine Zeit lang an der Luft gewesen ist. Denn schon die blosse Verdunstung erzeugt diese Veränderung. Sehr schnell können wir sie hervorbringen, wenn wir die Mischung des Serums durch Zusatz von Salz oder Zucker ändern. Dauert die Wasser-Entziehung fort, so verkleinert sich das Körperchen noch mehr; endlich wird es wieder rund und glatt (Fig. 61, h), vollkommen sphärisch, und zugleich erscheint seine Farbe viel saturirter; der Inhalt sieht ganz dunkel schwarzroth aus. Es lässt sich daraus eine nicht uninteressante Thatsache erschliessen, nehmlich die, dass die Exosmose wesentlich eine Wasser-Entziehung ist, wobei vielleicht dieser oder jener andere Stoff, z. B. Salz, mit austritt, wobei aber die wesentlichen Bestandtheile zurückbleiben können. Das Hämoglobin insbesondere folgt dem Wasser nicht; das Blutkörperchen hält dasselbe zurück, so dass in dem Maasse, als viel Flüssigkeit verloren geht, natürlich das Hämoglobin im Innern dichter werden muss.

Umgekehrt verhält es sich, wenn wir diluirte Flüssigkeiten anwenden. Je mehr die Flüssigkeit verdünnt wird, um so mehr vergrössert sich das Blutkörperchen: es quillt auf und wird blasser. Behandeln wir die unter der Einwirkung concentrirter Flüssigkeiten verkleinerten Blutkörperchen mit gewöhnlichem Wasser, so sehen wir, wie die kuglige Form wieder in die eckige und diese in die scheibenförmige zurückgeht, wie das Blutkörperchen sich sodann immer mehr wölbt, sich oft ganz sonderbar gestaltet, und wieder blasser wird. Diese Einwirkung kann man, wenn man die Verdünnung des Blutes recht vorsichtig eintreten lässt, so weit treiben, dass die Blutkörperchen kaum noch gefärbt erscheinen, während sie doch noch sichtbar bleiben. In den gewöhnlichen Fällen, wo man viel Flüssigkeit auf einmal zusetzt, wird in der Einrichtung des Blutkörperchens eine so grosse Revolution hervorgebracht, dass alsbald ein Entweichen des Hämoglobins aus dem Körperchen stattfindet. Wir bekommen dann ausserhalb der Blutkörperchen eine rothe Lösung, in welcher die Farbe frei an der Flüssigkeit haftet. Ich hebe diese Eigenthümlichkeit deshalb hervor, weil sie bei mikroskopischen Untersuchungen immerfort vorkommt, und weil sie eine der merkwürdigsten Erscheinungen bei der Bildung pathologischer Pigmentirungen erklärt, wo wir ein ganz ähnliches Entweichen des gefärbten Inhaltes aus den Blutkörperchen antreffen (Fig. 63, a). Gewöhnlich drückt man sich so aus, das Blutkörperchen werde aufgelöst, allein es ist eine schon längst bekannte Thatsache, welche zuerst von Carl Heinrich Schultz erkannt wurde, dass, wenn auch scheinbar gar keine Blutkörperchen mehr in der Flüssigkeit vorhanden sind, man durch Zufügen von Jodwasser die Membranen wieder deutlich machen kann. Aus dieser Erfahrung geht hervor, dass nur der Grad der Aufblähung und die ausserordentliche Verdünnung der Häute das Sichtbarwerden der Blutkörperchen gehindert hat. Es bedarf schon sehr stürmischer Einwirkungen durch chemisch differente Stoffe, um ein wirkliches Zugrundegehen der Blutkörperchen zu Stande zu bringen. Setzt man unmittelbar, nachdem man die Blutkörperchen mit ganz concentrirter Salzlösung behandelt hat, Wasser in grosser Menge hinzu, so kann man es dahin bringen, dass man den Blutkörperchen, ohne dass sie aufquellen, den Inhalt entzieht, und dass die Membranen oder die Stromata sichtbar zurückbleiben. Dies ist der Grund gewesen, weshalb Denis und Lecanu davon gesprochen haben, dass die Blutkörper Fibrin enthielten; sie haben geglaubt, indem sie die Körper erst mit Salz und dann mit Wasser behandelten, Fibrin aus ihnen darstellen zu können. Dieses sogenannte Fibrin ist aber, wie ich gezeigt habe45, nichts Anderes, als eine Zusammenhäufung von Membranen oder, wie man jetzt sagen würde, von Stromata der Blutkörperchen, aber allerdings bestehen dieselben aus einer Substanz, die den eiweissartigen Stoffen verwandt ist und daher, wenn sie in grossen Haufen gewonnen wird, Erscheinungen darbieten kann, die an Fibrin erinnern. Ob im Uebrigen die rothen Blutkörperchen, wie neuerlich wieder Heynsius gefunden zu haben glaubt, wirkliches coagulables Fibrin enthalten, ist eine andere Frage, da sie sich nicht an die Rückstände zersetzter Blutkörperchen anknüpft.

Was nun die Inhaltssubstanzen der Blutkörperchen anbetrifft, so haben gerade sie in der neueren Zeit ein erhöhtes Interesse gewonnen durch die mehr morphologischen Produkte, welche aus ihnen hervorgehen, und welche in die ganze Anschauung von der Natur der organischen Stoffe eine Art von Umwälzung gebracht haben. Es handelt sich hier namentlich um eigenthümliche gefärbte Krystalle, die unter gewissen Verhältnissen aus dem Blutfarbstoffe entstehen, und durch deren Beobachtung zuerst die Ansicht von der Nichtkrystallisirbarkeit der eiweissartigen Stoffe widerlegt worden ist. Sie besitzen übrigens nicht bloss ein grosses chemisches, sondern auch ein sehr erhebliches praktisches Interesse. Wir kennen bis jetzt schon drei verschiedene Arten von gefärbten Krystallen, für welche das Hämoglobin gemeinschaftliche Quelle ist.


Fig. 62. Hämatoidin-Krystalle in verschiedenen Formen (Archiv f. path. Anat. Bd. I. Taf. III. Fig. 11). Vergr. 300.


Der ersten Form, welche ich zuerst genauer kennen lehrte, habe ich den Namen Hämatoidin gegeben46. Es ist dies eins der häufigsten Umwandlungs-Produkte, welches innerhalb des Körpers spontan aus Hämatin entsteht, und zwar oft so massenhaft, dass man es mit blossem Auge wahrnehmen kann. Seine Krystalle erscheinen in ihrer ausgebildeten Form als schiefe rhombische Säulen von schön gelbrother, bei dickeren Stücken von intensiv rubinrother Farbe; sie stellen eine der schönsten Krystallformen dar, die wir überhaupt kennen. Auch in kleinen Tafeln finden sie sich nicht selten, manchmal ziemlich ähnlich den Formen der Harnsäure. In der Mehrzahl der Fälle sind die Krystalle sehr klein, nicht bloss makroskopisch unerkennbar, sondern selbst für die mikroskopische Betrachtung etwas difficil. Man muss ein scharfer Beobachter oder speciell darauf vorbereitet sein, sonst bemerkt man häufig nichts weiter an den Stellen, wo dieses feine Hämatoidin liegt, als eckige Körner oder kleine Striche oder scheinbar gestaltlose Klümpchen. Erst wenn man genauer zusieht, lösen sich die Körner oder Striche in kurze rhombische Säulen, die Klümpchen in Aggregate von Krystallen auf.

Das Hämatoidin kann als das regelmässige typische Endglied der Umbildungen des Hämatins an Stellen des Körpers betrachtet werden, wo grössere Mengen von Blut liegen bleiben (stagniren). Ein apoplectischer Heerd des Gehirns heilt in der Regel so, dass ein grosser Theil des Blutes in diese Krystallisation übergeht, und wenn wir vielleicht 10 Jahre nachher bei der Autopsie eine gefärbte Narbe an dieser Stelle finden, so können wir fast mit Gewissheit darauf rechnen, dass die Farbe von Hämatoidin abhängt. Wenn eine junge Dame menstruirt und die Höhle des Graafschen Follikels, aus welchem das Ei ausgetreten ist, sich mit coagulirtem Blute füllt, so geht das Hämatin allmählich in Hämatoidin über, und wir treffen später an der Stelle, wo das Ei gelegen war, einen mennig- oder zinnoberfarbenen Fleck, als letztes Denkmal des Ereignisses. Auf diese Weise können wir rückwärts die Zahl der apoplectischen Anfälle zählen, oder berechnen, wie oft ein junges Mädchen menstruirt war. Jede Extravasation kann ihr kleines Contingent von Hämatoidin-Krystallen zurücklassen, und diese, wenn sie einmal gebildet sind, bleiben als vollständig widerstandsfähige, compacte Körper im Innern der Organe beliebig lange Zeit liegen.

41.Handb. der spec. Path. und Ther. I. 246.
42.Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie. 1858. XV. 217. Geschwülste II. 476.
43.Gesammelte Abhandl. S. 137.
44.Froriep's Neue Notizen 1845. Sept. No. 769. Gesammelte Abhandlungen. S. 59, 65.
45.Zeitschrift für rationelle Medicin. 1846. Bd. IV. S. 281. Gesammelte Abhandl. S. 88.
46.Archiv f. path. Anatomie und Physiol. 1847. I. 391.
Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 haziran 2018
Hacim:
863 s. 156 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain
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