Sadece Litres'te okuyun

Kitap dosya olarak indirilemez ancak uygulamamız üzerinden veya online olarak web sitemizden okunabilir.

Kitabı oku: «Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre», sayfa 15

Yazı tipi:

Neuntes Capitel.
Blutbildung und Lymphe

Wechsel und Ersatz der Blutbestandtheile. Die rothen Körperchen. Hinfälligkeit derselben. Theilung derselben bei Embryonen. Zerbröckelung bei ungünstigen Einwirkungen. Ersatz aus der Lymphe.

Das Fibrin. Die Lymphe und ihre Gerinnung. Nichtgerinnung des Capillarblutes in der Leiche. Das lymphatische Exsudat. Fibrinogene Substanz. Speckhautbildung. Lymphatisches Blut, Hyperinose, phlogistische Krase. Locale Fibrinbildung. Fibrintranssudation. Fibrinbildung im Blute.

Die farblosen Blutkörperchen (Lymphkörperchen). Ihre Vermehrung bei Hyperinose und Hypinose (Erysipel, Pseudoerysipel, Typhus). Leukocytose und Leukämie. Die lienale und lymphatische Leukämie.

Milz- und Lymphdrüsen als hämatopoëtische Organe. Structur der Lymphdrüsen. Rinden- und Marksubstanz. Das eigentliche Parenchym derselben: Follikel (Markstränge), Reticulum, Lymphsinus. Parenchymzellen (Lymphdrüsenkörperchen) und ihr Verhältniss zu Lymph- und farblosen Blutkörperchen. Diagnose und Abstammung der letzteren. – Bau der Milz. Siebförmige Einrichtung der Gefässwände in der Pulpa. – Umbildung farbloser Blutkörperchen in farbige. Ort derselben. Das rothe Knochenmark.

Lymphgefässe. Zusammenhang mit dem Röhrensystem des Bindegewebes. Bau der grösseren Lymphgefässe: Contraktilität und Klappen derselben. Lymphcapillaren (Lymphgefäss-Wurzeln): einfache Epithel-Wand. Bedeutung der Bindegewebskörperchen und der Lymphe überhaupt. Recrementitielle und plastische Natur der Lymphe.

Hat man sich mit den einzelnen morphologischen Elementen des Blutes und den besonderen Eigenthümlichkeiten derselben bekannt gemacht, so ist das Nächste die Frage nach der Entstehung derselben.

Aus den Erfahrungen über die erste Entwickelung der Blutelemente lassen sich wesentliche Rückschlüsse machen auf die Natur der Veränderungen, welche unter krankhaften Verhältnissen in der Blutmasse stattfinden. Früher betrachtete man das Blut mehr als einen in sich abgeschlossenen Saft, welcher allerdings gewisse Beziehungen nach aussen habe, aber doch in sich selbst eine wirkliche Dauer besitze; man nahm deshalb an, dass sich auch besondere Eigenschaften dauerhaft daran erhalten, ja viele Jahre hindurch fortbestehen könnten. Natürlich durfte man dabei den Gedanken nicht zulassen, dass die Bestandtheile des Blutes vergänglicher Natur seien, und dass neue Elemente hinzukämen, welche alte, verloren gegangene ersetzten. Denn die Dauerhaftigkeit eines Theiles als solchen setzt entweder voraus, dass er in seinen Elementen dauerhaft ist, oder dass die Elemente innerhalb des Theiles immerfort neue erzeugen, welche alle Eigenthümlichkeiten der alten erben. Für das Blut müsste man also entweder annehmen, seine Bestandtheile wären wirklich durch Jahre fortbestehend und könnten Jahre lang dieselben Veränderungen bewahren, oder man müsste sich denken, dass das Blut von einem Theilchen auf das andere etwas übertrüge, in der Art, dass von einem mütterlichen Bluttheilchen auf ein töchterliches etwas Hereditäres fortgepflanzt würde. Von diesen Möglichkeiten ist die erstere gegenwärtig gänzlich unhaltbar. Es denkt im Augenblick wohl Niemand daran, dass die einzelnen Bestandtheile des Blutes eine Dauer von vielen Jahren haben. Dagegen lässt sich die Möglichkeit nicht von vorn herein zurückweisen, dass innerhalb des Blutes die Elemente eine Fortpflanzung erfahren, und dass sich von Element zu Element gewisse erbliche Eigenthümlichkeiten übertragen, welche zu einer gewissen Zeit im Blute eingeleitet sind. Allein mit einer gewissen Zuverlässigkeit kennen wir solche Erscheinungen der Fortpflanzung des Blutes nur aus einer früheren Zeit des embryonalen Lebens. Hier scheint es nach Beobachtungen, die erst in der neuesten Zeit von Remak und Metschnikow wiederum bestätigt sind, dass die vorhandenen Blutkörperchen sich direkt theilen, in der Art, dass in einem Körperchen, welches in der ersten Zeit der Entwickelung sich als kernhaltige Zelle darstellt, zuerst eine Theilung des Kernes eintritt (Fig. 60, c), dass dann die ganze Zelle sich einkerbt und nach und nach wirkliche Uebergänge zu einer vollständigen Theilung erkennen lässt. In dieser frühen Zeit ist es daher allerdings zulässig, das Blutkörperchen als den Träger von Eigenschaften zu betrachten, welche sich von der ersten Reihe von Zellen auf die zweite, von dieser auf die dritte u. s. f. fortpflanzen.

Allein in dem Blute des entwickelten Menschen, ja selbst im Blute des Fötus der späteren Schwangerschaftsmonate sind solche Theilungs-Erscheinungen nicht mehr bekannt, und keine einzige von den Thatsachen, welche man aus der Entwickelungsgeschichte beizubringen vermag, spricht dafür, dass in dem entwickelten Blute eine Vermehrung der zelligen Elemente durch direkte Theilung oder irgend eine andere im Blute selbst gelegene Neubildung stattfinde. Man weiss wohl, dass unter gewissen Verhältnissen, z. B. bei Einwirkung von Harnstoff und manchen Salzen, die rothen Blutkörperchen sich einschnüren und endlich in Stücke zerfallen oder einzelne, meist rundliche Stückchen (Körnchen) von sich abschnüren, allein diese Stückchen, welche noch G. Zimmermann als die ersten Anfänge neuer Blutkörperchen betrachtete, sind nichts anderes, als Trümmer. So lange man die Möglichkeit als erwiesen betrachtete, dass aus einem einfachen Cytoblastem durch direkte Ausscheidung differenter Materien Zellen entständen, so lange konnte man auch in der Blutflüssigkeit sich neue Niederschläge bilden lassen, aus denen Zellen hervorgingen. Allein auch davon ist man zurückgekommen. Alle morphologischen Elemente des Blutes, wie sie auch beschaffen sein mögen, leitet man gegenwärtig von Orten ab, welche ausserhalb des Blutes liegen. Ueberall geht man zurück auf Organe, welche mit dem Blute nicht direkt, sondern vielmehr durch Zwischenbahnen in Verbindung stehen. Die Hauptorgane, welche in dieser Beziehung in Frage kommen, sind die lymphatischen. Die Lymphe ist die Flüssigkeit, welche, während sie dem Blute gewisse Stoffe zuführt, die von den Geweben kommen, zugleich die körperlichen Elemente mit sich bringt, aus welchen die Zellen des Blutes sich fort und fort ergänzen.

In Beziehung auf zwei Bestandtheile des Blutes dürfte es kaum zweifelhaft sein, dass diese Anschauung eine vollkommen berechtigte ist, nehmlich in Beziehung auf den Faserstoff und die farblosen Blutkörperchen. Was den Faserstoff anbetrifft, dessen morphologische Eigenschaften ich im vorigen Capitel besprach, so ist es eine sehr wesentliche und wichtige Thatsache, dass derjenige Faserstoff, welcher in der Lymphe circulirt55, gewisse Verschiedenheiten darbietet von dem Faserstoffe des Blutes, welchen wir zu Gesicht bekommen, wenn wir Extravasate oder aus der Ader gelassenes Blut betrachten. Der Faserstoff der Lymphe hat die besondere Eigenthümlichkeit, dass er unter den gewöhnlichen Verhältnissen innerhalb der Lymphgefässe weder im Leben noch nach dem Tode gerinnt, während das Blut in manchen Fällen schon während des Lebens, regelmässig aber nach dem Tode gerinnt, so dass die Gerinnungsfähigkeit dem Blute als eine regelmässige Eigenschaft zugeschrieben wird. In den Lymphgefässen eines todten Thieres oder einer menschlichen Leiche findet man keine geronnene Lymphe, dagegen tritt die Gerinnung alsbald ein, sobald die Lymphe mit der äusseren Luft in Contact gebracht oder von einem erkrankten Organe her verändert wird.

Allerdings zeigt sich auch innerhalb der Gefässe einer Leiche am Blute eine sehr auffällige und schwer zu erklärende Verschiedenheit. Während das Blut des Herzens und der grösseren Gefässe nach dem Tode gerinnt, so bleibt das Capillarblut flüssig. Sonderbarerweise übersieht man diese wichtige Erscheinung fast immer, so wichtig sie auch für die Deutung des örtlichen Verhaltens der Färbung der Gefässe, insbesondere der postmortalen Ortsveränderungen, Senkungen u. s. w. des Blutes ist. Aber das Capillarblut der Leiche unterscheidet sich dadurch von der Lymphe, dass es auch nicht mehr gerinnt, wenn es aus den Capillaren entleert und der Luft ausgesetzt wird.

Was nun die Lymphe anbetrifft, so muss ich noch immer an der Anschauung festhalten, dass in derselben kein fertiges Fibrin enthalten ist, sondern dass dies erst fertig wird, sei es durch den Contact mit der atmosphärischen Luft, sei es unter abnormen Verhältnissen durch die Zuführung veränderter Stoffe, oder durch den Contact mit besonderen Substanzen. Die normale Lymphe führt eine Substanz, welche sehr leicht in Fibrin übergeht, und, wenn sie geronnen ist, sich vom Fibrin kaum unterscheidet, welche aber, so lange sie im gewöhnlichen Laufe des Lymphstromes sich befindet, nicht als eigentlich fertiges Fibrin betrachtet werden kann. Es ist dies eine Substanz, welche ich lange, bevor ich auf ihr Vorkommen in der Lymphe aufmerksam geworden war, in verschiedenen Exsudaten constatirt hatte, namentlich in pleuritischen Flüssigkeiten56.

In manchen Formen der Pleuritis bleibt das Exsudat lange flüssig, und da kam mir vor einer Reihe von Jahren der besondere Fall vor, dass durch eine Punction des Thorax eine Flüssigkeit entleert wurde, welche vollkommen klar und flüssig war, aber kurze Zeit, nachdem sie entleert war, in ihrer ganzen Masse mit einem Coagulum sich durchsetzte, wie es oft genug in Flüssigkeiten aus der Bauchhöhle gesehen wird. Nachdem ich dieses Gerinnsel durch Quirlen aus der Flüssigkeit entfernt und mich von der Identität desselben mit dem gewöhnlichen Faserstoff überzeugt hatte, zeigte sich am nächsten Tage ein neues Coagulum, und so auch in den folgenden Tagen. Diese Gerinnungsfähigkeit dauerte 14 Tage lang, obwohl die Entleerung mitten im heissen Sommer stattgefunden hatte. Es war dies also eine von der gewöhnlichen Gerinnung des Blutes wesentlich abweichende Erscheinung, welche sich nicht wohl begreifen liess, wenn wirkliches Fibrin als fertige Substanz darin enthalten war, und welche darauf hinzuweisen schien, dass erst unter Einwirkung der atmosphärischen Luft Fibrin entstünde aus einer Substanz, welche dem Fibrin allerdings nahe verwandt sein musste, aber doch nicht wirkliches Fibrin sei. Ich schlug darum vor, dieselbe als fibrinogene Substanz zu trennen, und nachdem ich später darauf gekommen war, dass es dieselbe Substanz ist, welche wir in der Lymphe finden, so konnte ich meine Ansicht dahin erweitern, dass auch in der Lymphe der Faserstoff nicht fertig enthalten sei.

Dieselbe Substanz, welche sich von dem gewöhnlichen Fibrin dadurch unterscheidet, dass sie eines mehr oder weniger langen Contactes mit der atmosphärischen Luft bedarf, um coagulabel zu werden, findet sich unter gewissen Verhältnissen auch im Blute der peripherischen Venen vor, so dass man auch durch eine gewöhnliche Venaesection am Arme Blut bekommen kann, welches sich vom gewöhnlichen Blute durch die Langsamkeit seiner Gerinnung unterscheidet. Polli hat die so gerinnende Substanz Bradyfibrin (langsames Fibrin) genannt. Solche Fälle kommen besonders vor bei entzündlichen Erkrankungen der Respirationsorgane und geben am Häufigsten Veranlassung zur Bildung einer Speckhaut (Crusta phlogistica). Es ist bekannt, dass die gewöhnliche Crusta phlogistica bei pneumonischem oder pleuritischem Blut um so leichter eintritt, je wässeriger die Blutflüssigkeit ist, je mehr die Blutmasse an festen Bestandtheilen verarmt ist, aber es ist wesentlich dabei, dass auch das Fibrin langsam gerinnt. Wenn man mit der Uhr in der Hand den Vorgang controlirt, so überzeugt man sich, dass bei der Crustenbildung eine sehr viel längere Zeit vergeht, als bei der gewöhnlichen Gerinnung. Von dieser häufigen Erscheinung, wie sie sich bei der gewöhnlichen Crustenbildung der entzündlichen Blutmasse findet, zeigen sich nun allmähliche Uebergänge zu einer immer längeren Dauer des Flüssigbleibens.

Das Aeusserste dieser Art, was bis jetzt bekannt ist, geschah in einem Falle, den Polli beobachtete. Bei einem an Pneumonie leidenden, rüstigen Manne, welcher im Sommer, zu einer Zeit, welche gerade nicht die äusseren Bedingungen für die Verlangsamung der Gerinnung darbietet, in die Behandlung kam, gebrauchte das Blut, welches aus der geöffneten Ader floss, acht Tage, ehe es anfing zu gerinnen, und erst nach 14 Tagen war die Coagulation vollständig. Es fand sich dabei auch die andere, von mir am pleuritischen Exsudat beobachtete Erscheinung, dass im Verhältniss zu dieser späten Gerinnung eine ungewöhnlich späte Zersetzung (Fäulniss) des Blutes stattfand.

Da nun Erscheinungen dieser Art überwiegend häufig bei Brustaffectionen beobachtet werden, so überwiegend, dass man seit langer Zeit die Speckhaut als Corium pleuriticum bezeichnet hat, so scheint daraus mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit hervorzugehen, dass das Respirationsgeschäft einen bestimmenden Einfluss hat auf das Vorkommen oder Nichtvorkommen der fibrinogenen Substanz im Blute. Jedenfalls setzt sich die Eigenthümlichkeit, welche die Lymphe besitzt, unter Umständen auf das Blut fort, so dass entweder das ganze Blut daran Antheil nimmt, und zwar um so mehr, je grössere Störungen die Respiration erleidet, oder dass neben dem gewöhnlichen, schnell gerinnenden Stoffe ein langsamer gerinnender gefunden wird. Oft bestehen nehmlich zwei Arten von Gerinnung in demselben Blute neben einander, eine frühe und eine späte, namentlich in den Fällen, wo die direkte Analyse eine Vermehrung des Faserstoffes, eine Hyperinose (Franz Simon) ergibt. Diese hyperinotischen Zustände führen also darauf hin, dass bei ihnen eine vermehrte Zufuhr von Lymphflüssigkeit zum Blute stattfindet, und dass die Stoffe, welche sich nachher im Blute finden, nicht ein Product innerer Umsetzung desselben sind, dass also die letzte Quelle des Fibrins nicht im Blute selbst gesucht werden darf, sondern an jenen Punkten, von welchen die Lymphgefässe die vermehrte Fibrinmasse zuführen.

Zur Erklärung dieser Erscheinungen habe ich eine etwas kühne Hypothese gewagt, welche ich jedoch für vollkommen discussionsfähig erachte, nehmlich die, dass das Fibrin, wenn es im Körper ausserhalb des Blutes vorkommt, nicht immer als eine Abscheidung aus dem Blute zu betrachten ist, sondern häufig als ein Local-Erzeugniss, und ich habe versucht, eine wesentliche Veränderung in der Auffassung der sogenannten phlogistischen Krase in Beziehung auf die Localisation derselben einzuführen57. Während man früher gewöhnt war, die veränderte Mischung des Blutes bei der Entzündung als ein von vorn herein bestehendes und namentlich durch primäre Vermehrung des Faserstoffes bezeichnetes Moment zu betrachten, so habe ich vielmehr die Krase als ein von der localen Entzündung abhängiges Ereigniss entwickelt. Gewisse Organe und Gewebe besitzen an sich in höherem Grade die Eigenschaft, Fibrin zu erzeugen und das Vorkommen von grossen Massen von Fibrin im Blute zu begünstigen, während andere Organe ungleich weniger dazu geeignet sind.

Ich habe ferner darauf hingewiesen, dass diejenigen Organe, welche diesen eigenthümlichen Zusammenhang eines sogenannten phlogistischen Blutes mit einer localen Entzündung besonders häufig darbieten, im Allgemeinen mit Lymphgefässen reichlich versehen sind und mit grossen Massen von Lymphdrüsen in Verbindung stehen, während alle diejenigen Organe, welche entweder sehr wenige Lymphgefässe enthalten, oder in welchen wir kaum Lymphgefässe kennen, auch einen nicht nennenswerthen Einfluss auf die fibrinöse Mischung des Blutes ausüben. Es haben schon frühere Beobachter bemerkt, dass es Entzündungen sehr wichtiger Organe gibt, z. B. des Gehirns, bei denen man die phlogistische Krase eigentlich gar nicht findet. Aber gerade im Gehirn kennen wir nur wenige Lymphgefässe. Wo dagegen die Mischung des Blutes am frühesten verändert wird, bei den Erkrankungen der Respirationsorgane, da findet sich auch ein ungewöhnlich reichliches Lymphnetz. Nicht bloss die Lungen sind davon durchsetzt und überzogen, sondern auch die Pleura hat ausserordentlich reiche Verbindungen mit dem Lymphsystem, und die Bronchialdrüsen stellen fast die grössten Anhäufungen von Lymphdrüsen-Masse dar, die irgend ein Organ des Körpers überhaupt besitzt.

Andererseits kennen wir keine Thatsache, welche die Möglichkeit zeigte, dass unter einfacher Steigerung des Blutdruckes, oder unter einfacher Veränderung der Bedingungen, unter denen das Blut strömt, in diesen Organen ein Durchtreten spontan gerinnender Flüssigkeiten von den Capillaren her in das Parenchym oder auf die Oberfläche derselben erfolgen könnte. Man denkt sich allerdings in der Regel, dass im Verhältniss zur Stromstärke des Blutes auch eine fibrinöse Zumischung zum Exsudate stattfinde, aber dies ist nie durch ein Experiment bewiesen worden. Niemals ist Jemand im Stande gewesen, durch blosse Veränderung in der Strömung des Blutes im lebenden Körper das Fibrin zu einer direkten Transsudation aus den Capillaren in Form eines entzündlichen Processes zu vermögen; dazu bedürfen wir immer eines Reizes. Man kann die beträchtlichsten Hemmungen im Circulationsgeschäft herbeiführen, die colossalsten Austretungen von serösen Flüssigkeiten experimentell erzeugen, aber nie erfolgt dabei jene eigenthümliche fibrinöse Exsudation, welche die Reizung gewisser Gewebe mit so grosser Leichtigkeit hervorruft.

Dass das Fibrin in der Blutflüssigkeit selbst durch eine Umsetzung des Eiweisses entstünde, ist eine chemische Theorie, die weiter keine Stütze für sich hat, als die, dass Eiweiss und Fibrin grosse chemische Aehnlichkeit haben, und dass man sich, wenn man die zweifelhafte chemische Formel des Fibrins mit der ebenso zweifelhaften Formel des Eiweisses vergleicht, durch das Ausscheiden von ein paar Atomen den Uebergang von Albumin in Fibrin sehr leicht denken kann. Allein diese Möglichkeit der Formelüberführung beweist nicht das Geringste dafür, dass eine analoge Umsetzung in der Blutmasse geschehe. Sie kann möglicherweise im Körper erfolgen, aber auch dann ist es jedenfalls wahrscheinlicher, dass sie in den Geweben erfolgt, und dass erst von da aus eine Fortführung durch die Lymphe geschieht. Indess ist dies um so mehr zweifelhaft, als die rationelle Formel für die chemische Zusammensetzung des Eiweisses und des Faserstoffes bis jetzt noch nicht ermittelt ist, und die unglaublich hohen Atomzahlen der empirischen Formel auf eine sehr zusammengesetzte Gruppirung der Atome hindeuten.

Halten wir daher an der Erfahrung fest, dass das Fibrin nur dadurch zum Austritt auf irgend eine Oberfläche gebracht werden kann, dass wir ausser der Störung der Circulation auch noch einen Reiz, d. h. eine locale Veränderung des Gewebes setzen. Diese locale Veränderung genügt aber erfahrungsgemäss für sich, um den Austritt von Fibrin zu bedingen, wenn auch keine Hemmung der Circulation eintritt. Es bedarf dieser Hemmung gar nicht, um die Erzeugung von Fibrin an einem bestimmten Punkte einzuleiten. Im Gegentheil sehen wir, dass in der besonderen Beschaffenheit der gereizten Theile die Ursache der grössten Verschiedenheiten gegeben ist. Wenn wir einfach eine reizende Substanz auf die Hautoberfläche bringen, so gibt es bei geringeren Graden der Reizung, mag sie nun chemischer oder mechanischer Natur sein, eine Blase, ein seröses Exsudat. Ist die Reizung stärker, so tritt eine Flüssigkeit aus, welche in der Blase vollkommen flüssig erscheint, aber nach ihrer Entleerung coagulirt. Fängt man die Flüssigkeit einer Vesicatorblase in einem Uhrschälchen auf und lässt sie an der Luft stehen, so bildet sich ein Coagulum; es ist also fibrinogene Substanz in der Flüssigkeit. Nun gibt es aber zuweilen Zustände des Körpers, wo ein äusserlicher Reiz genügt, um Blasen mit direkt coagulirender Flüssigkeit hervorzurufen. Im Winter von 1857–58 hatte ich einen Kranken auf meiner Abtheilung, welcher von einer Erfrierung der Füsse eine Anästhesie zurückbehielt, wogegen ich unter Anderem locale Bäder mit Königswasser anwendete. Nach einer gewissen Zahl solcher Bäder bildeten sich jedesmal an den anästhetischen Stellen der Fusssohle Blasen bis zu einem Durchmesser von zwei Zoll, welche bei ihrer Eröffnung sich mit grossen gallertigen Massen von fibrinösem Coagulum (nicht etwa mit Eiweiss-Niederschlägen) erfüllt zeigten. Bei anderen Menschen hätten sich wahrscheinlich einfache Blasen gebildet, mit einer Flüssigkeit, die erst nach dem Herauslassen erstarrt wäre. Diese Verschiedenheit liegt offenbar in der Verschiedenheit nicht der Blutmischung, sondern der örtlichen Disposition. Die Differenz zwischen der Form von Pleuritis, welche von Anfang an coagulable und spontan coagulirende Substanzen abscheidet, und derjenigen, wo coagulable, aber nicht spontan coagulirende Flüssigkeiten austreten, weist gewiss auf Besonderheiten der localen Reizung hin.

Ich glaube also nicht, dass man berechtigt ist zu schliessen, dass Jemand, der mehr Fibrin im Blute hat, damit auch eine grössere Neigung zu fibrinöser Transsudation besitze; vielmehr erwarte ich, dass bei einem Kranken, der an einem bestimmten Orte sehr viel fibrinbildende Substanz producirt, von diesem Orte aus viel von dieser Substanz in die Lymphe und endlich in das Blut übergehen wird. Man kann also das Exsudat in solchen Fällen betrachten als den Ueberschuss des in loco gebildeten Fibrins, für dessen Entfernung die Lymphcirculation nicht genügte. So lange der Lymphstrom ausreicht, wird Alles, was in dem gereizten Theile an Stoffen gebildet wird, auch dem Blute zugeführt; sobald die örtliche Production über dieses Maass hinausschreitet, häufen sich die Producte an, und neben der Hyperinose wird auch eine örtliche Ansammlung oder Ausscheidung von fibrinösem Exsudat stattfinden. Ist diese Deutung richtig, und ich denke, dass sie es ist, so würde sich auch hier wieder jene Abhängigkeit der Dyscrasie von der örtlichen Krankheit ergeben, welche ich schon früher als den wesentlichsten Gewinn aller unserer Untersuchungen über das Blut hingestellt habe.

Es ist nun eine sehr bemerkenswerthe Thatsache, welche gerade für diese Auffassung von Bedeutung ist, dass sehr selten eine erhebliche Vermehrung des Fibrins Statt findet ohne gleichzeitige Vermehrung der farblosen Blutkörperchen, dass also die beiden wesentlichen Bestandtheile, welche wir in der Lymphflüssigkeit finden, auch im Blute wiederkehren. In jedem Falle einer Hyperinose kann man auf eine Vermehrung der farblosen Körperchen rechnen, oder, anders ausgedrückt, jede Reizung eines Theiles, welcher mit Lymphgefässen reichlich versehen ist und mit Lymphdrüsen in einer ausgiebigen Verbindung steht, bedingt auch die Einfuhr grosser Massen farbloser Zellen (Lymphkörperchen) ins Blut.

Diese Thatsache ist besonders interessant insofern, als man daraus begreifen kann, wie nicht bloss gewisse Organe, welche reich versehen sind mit Lymphgefässen, eine solche Vermehrung bedingen können, sondern wie auch gewisse Processe eine grössere Fähigkeit besitzen, beträchtliche Mengen von diesen Elementen in das Blut zu führen. Es sind dies alle diejenigen, welche früh mit bedeutender Erkrankung des Lymphgefäss-Systems verbunden sind. Vergleicht man eine erysipelatöse oder eine diffuse phlegmonöse (nach Rust pseudoerysipelatöse) Entzündung in ihrer Wirkung auf das Blut mit einer einfachen oberflächlichen Hautentzündung, wie sie im Verlauf der gewöhnlichen acuten Exantheme, nach traumatischen oder chemischen Einwirkungen auftritt, so ersieht man alsbald, wie gross die Differenz ist. Jede erysipelatöse oder diffuse phlegmonöse Entzündung hat die Eigenthümlichkeit, frühzeitig die Lymphgefässe zu afficiren und Schwellungen der lymphatischen Drüsen hervorzubringen. In jedem solchen Falle aber kann man darauf rechnen, dass eine Zunahme in der Zahl der farblosen Blutkörperchen stattfindet.

Weiterhin ergibt sich die bezeichnende Thatsache, dass es gewisse Processe gibt, welche gleichzeitig Fibrin und farblose Blutkörperchen vermehren, andere dagegen, welche nur die Zunahme der letzteren bewirken. In diese Kategorie gehört gerade die ganze Reihe der einfachen diffusen Hautentzündungen, wo auch an den Erkrankungsorten keine erhebliche Fibrinbildung erfolgt. Andererseits gehört dahin eine Menge von Zuständen, welche vom Gesichtspunkt der Faserstoff-Menge als hypinotische (Franz Simon) bezeichnet werden, alle die Processe, welche in die Reihe der typhösen zählen, und die darin übereinkommen, dass sie bald diese, bald jene Art von bedeutender Anschwellung der Lymphdrüsen, aber keine locale Faserstoff-Exsudation hervorbringen. So setzt der Typhus diese Veränderungen nicht nur an der Milz, sondern auch an den Mesenterial-Drüsen.

Den einfachen Zustand von Vermehrung der farblosen Körperchen im Blute, welcher abhängig erscheint von einer Reizung der Blutbereitenden Drüsen, habe ich mit dem Namen der Leukocytose belegt58. Nun weiss man, dass eine andere Angelegenheit lange der Gegenstand meiner Studien gewesen ist, die von mir59 sogenannte Leukämie, und es handelt sich zunächst darum, festzustellen, wie weit sich die eigentliche Leukämie von den leukocytotischen Zuständen unterscheidet.

Schon in den ersten Fällen der Leukämie, welche mir vorkamen, stellte sich eine sehr wesentliche Eigenschaft heraus, nehmlich die, dass in dem Gehalt des Faserstoffes im Blute keine wesentliche Abweichung bestand60. Späterhin hat sich gezeigt, dass der Faserstoff-Gehalt je nach der Besonderheit des Falles vermehrt oder vermindert oder unverändert sein kann, dass aber constant eine immerfort steigende Zunahme der farblosen Blutkörperchen stattfindet, und dass diese Zunahme immer deutlicher zusammenfällt mit einer Verminderung der Zahl der gefärbten (rothen) Blutkörperchen, so dass als endliches Resultat ein Zustand herauskommt, in welchem die Zahl der farblosen Blutkörperchen der Zahl der rothen beinahe gleichkommt, und selbst für die gröbere Betrachtung auffallende Phänomene hervortreten. Während wir im gewöhnlichen Blute immer nur auf etwa 300 gefärbte ein farbloses Körperchen rechnen können, so gibt es Fälle von Leukämie, wo die Vermehrung der farblosen in der Weise steigt, dass auf 3 rothe Körperchen schon ein farbloses oder gar 3 rothe auf 2 farblose kommen, ja wo die Zahlen für die farblosen Körperchen die grösseren werden61.

In Leichen erscheint die Vermehrung der farblosen Körperchen meist beträchtlicher, als sie wirklich ist, aus Gründen, die ich schon früher hervorhob (S. 185); diese Körperchen sind ausserordentlich klebrig und häufen sich bei Verlangsamung des Blutstromes in grösseren Massen an, so dass in Leichen die grösste Menge stets im rechten Herzen gefunden wird. Es ist mir einmal, ehe ich Berlin verliess, der besondere Fall passirt, dass ich das rechte Atrium anstach, und der Arzt, welcher den Fall behandelt hatte, überrascht ausrief: „Ah, da ist ein Abscess!“ So eiterähnlich sah das Blut aus. Diese eiterartige Beschaffenheit des Blutes ist allerdings nicht in dem ganzen Circulationsstrome vorhanden; nie sieht das Blut im Ganzen wie Eiter aus, weil immer noch eine verhältnissmässig grosse Zahl von rothen Elementen existirt; aber es kommt doch vor, dass das aus der Ader fliessende Blut schon bei Lebzeiten weissliche Streifen zeigt, und dass, wenn man den Faserstoff durch Quirlen entfernt und das defibrinirte Blut stehen lässt, sich alsbald eine freiwillige Scheidung macht, in der Art, dass sich sämmtliche Blutkörperchen, rothe und farblose, allmählich auf den Boden des Gefässes senken, und hier ein doppeltes Sediment entsteht: ein unteres rothes, das von einem oberen, weissen, puriformen überlagert wird. Es erklärt sich dies aus dem ungleichen specifischen Gewicht und den verschiedenen Fallzeiten beider Arten von Körperchen (S. 187). Zugleich giebt dies eine sehr leichte Scheidung des leukämischen Blutes von dem chylösen (lipämischen), wo ein milchiges Aussehen des Serums durch Fettbeimischung entsteht; defibrinirt man solches Blut, so bildet sich nach einiger Zeit nicht ein weisses Sediment, sondern eine rahmartige Schicht an der Oberfläche62.

Es existiren bis jetzt in der Literatur nur vereinzelte Fälle von Leukämie, wo die Kranken, nachdem sie eine Zeit lang Gegenstand ärztlicher Behandlung gewesen waren, als wesentlich gebessert das Hospital verliessen. In der Regel erfolgt der Tod. Ich will daraus keineswegs den Schluss ziehen, dass es sich um eine absolut unheilbare Krankheit handle; ich hoffe im Gegentheil, dass man endlich auch hier wirksame Heilmittel finden wird, aber es ist gewiss eine sehr wichtige Thatsache, dass es sich dabei, ähnlich wie bei der progressiven Muskelatrophie, um Zustände handelt, welche in einem gewissen Stadium, sich selbst überlassen, oder wenn sie unter einer der bis jetzt bekannten Behandlungen stehen, sich fortwährend verschlimmern und endlich zum Tode führen. Es haben diese Fälle noch ausserdem die besondere Merkwürdigkeit, dass sich gewöhnlich in der letzten Zeit des Lebens eine eigentliche hämorrhagische Diathese ausbildet und Blutungen entstehen, die besonders häufig in der Nasenhöhle stattfinden (unter der Form von erschöpfender Epistaxis), die aber unter Umständen auch an anderen Punkten auftreten können, so in colossaler Weise als apoplectische Formen im Gehirn oder als melänaartige in der Darmhöhle.

Wenn man nun untersucht, von woher diese sonderbare Veränderung des Blutes stammt, so zeigt sich, dass in der grossen Mehrzahl der Fälle ein bestimmtes Organ als das wesentlich erkrankte erscheint, und häufig schon im Anfange der Krankheit den Hauptgegenstand der Klagen und Beschwerden der Kranken bildet, nehmlich die Milz. Daneben leidet sehr häufig auch ein Bezirk von Lymphdrüsen, aber das Milzleiden steht in der Regel im Vordergrunde. Nur in einer kleinen Zahl von Fällen fand ich die Milz wenig oder gar nicht, die Lymphdrüsen überwiegend verändert, und zwar in solchem Grade, dass Lymphdrüsen, die man sonst kaum bemerkt, zu wallnussgrossen Knoten sich entwickelt hatten, ja, dass an einzelnen Stellen fast nichts weiter als Lymphdrüsen-Substanz zu bestehen schien63. Von den Drüsen, welche zwischen den Inguinal- und Lumbal-Drüsen gelegen sind, pflegt man nicht viel zu sprechen; sie haben nicht einmal einen bequemen Namen. Einzelne von ihnen liegen längs der Vasa iliaca, einzelne im kleinen Becken. Im Laufe solcher Leukämien traf ich sie zweimal so vergrössert, dass der ganze Raum des kleinen Beckens wie ausgestopft war mit Drüsenmasse, in welche Rectum und Blase nur eben hineintauchten.

55.Gesammelte Abhandl. S. 105.
56.Archiv 1847. I. 572. Gesammelte Abhandl. 104, 516.
57.Handbuch der spec. Pathologie u. Therapie. 1854. I. 75. Gesammelte Abhandlungen. 135.
58.Gesammelte Abhandlungen 1856. S. 703.
59.Archiv 1847. I. 563.
60.Froriep's Neue Notizen. 1845. No. 780. Gesammelte Abhandl. 149.
61.Archiv 1853. IV. 43 ff.
62.Würzburger Verhandl. 1856. VII. 119. Gesammelte Abhandl. S. 138.
63.Archiv 1847. I. 567.
Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 haziran 2018
Hacim:
863 s. 156 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain
Metin
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок
Metin
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок
Metin
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок
Metin
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок