Kitabı oku: «Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre», sayfa 19
Diese Gruppe von Prozessen muss um so mehr losgelöst werden von der gewöhnlichen Geschichte der Pyämie, als dieselben Vorgänge sich jenseits der Lunge, auf der linken Seite des Stromgebietes wiederfinden; oft mit demselben Verlaufe, mit demselben Resultate, nur noch weniger abhängig von einer ursprünglichen Phlebitis. So bildet die Endocarditis nicht selten den Ausgangspunkt ähnlicher Metastasen95. Auf einer Herzklappe geschieht eine Ulceration, nicht durch Eiterbildung, sondern durch acute oder chronische Erweichung; zertrümmerte Partikeln der Klappenoberfläche oder der auf dieser Oberfläche abgesetzten Parietalthromben werden vom Blutstrome fortgerissen und gelangen mit ihm an entfernte Punkte. Die Art der Verstopfung, welche diese Trümmer erzeugen, ist ganz ähnlich der, welche die Bruchstücke von Venenthromben machen, aber beide haben nicht genau dieselbe chemische Beschaffenheit. Auch begünstigt ihre Kleinheit und Mürbigkeit das Eindringen in die kleinsten Gefässe in hohem Maasse. Daher findet man nicht ganz selten in kleinen mikroskopischen Gefässen, welche mit blossem Auge gar nicht mehr zu verfolgen sind, die Verstopfungsmasse, gewöhnlich bis zu einer Theilungsstelle und noch etwas darüber hinaus. Diese Masse zeigt häufig eine körnige Beschaffenheit, jedoch nicht den groben Detritus, wie an der Vene, sondern eine ganz feine und zugleich sehr dichte Körnermasse; chemisch hat sie die für die Untersuchung überaus bequeme Eigenschaft, dass sie gegen die gewöhnlichen Reagentien sehr widerstandsfähig ist und sich dadurch von anderen Dingen leicht unterscheidet. Dies gibt die Capillarembolie96, eine der wichtigsten Formen der Metastase, welche häufig kleine Heerde in der Niere, in der Milz und im Herzfleische selbst hervorbringt, unter Umständen plötzliche Verschliessungen von Gefässen im Auge oder Gehirn bedingt und je nach Umständen zu metastatischen Heerden oder zu schnellen Functionsstörungen (Amaurose, Apoplexie) Veranlassung gibt. Auch hier kann man sich deutlich überzeugen, dass in frischen Fällen die Gefässwand an der embolischen Stelle ganz intakt ist; ja es würde hier die Lehre von der Phlebitis nicht mehr zureichen, indem dies überhaupt keine Venen, ja nicht einmal Gefässe sind, welche noch Vasa vasorum besitzen, und von welchen man annehmen könnte, dass von der Wand her eine Secretion nach innen ginge. Hier bleibt nichts übrig, als die Verstopfungsmasse als eine primär innen befindliche, die von den Zuständen der Wand in keiner Weise abhängig ist, anzuerkennen.

Fig. 83–84. Capillarembolie in den Penicilli der Milzarterie nach Endocarditis (Vgl. Gesammelte Abhandlungen zur wiss. Medicin 1856. S. 716). 83. Gefässe eines Penicillus bei 10maliger Vergrösserung, um die Lage der verstopfenden Emboli in dem Arteriengebiete zu zeigen. 84. Eine kurz vor ihrer Theilung und in den nächst abgehenden Aesten mit Bruchstücken der feinkörnigen Embolusmasse (vergl. Fig. 82, c) gefüllte Arterie. Vergr. 300.
Diese Darstellung wird hoffentlich dargethan haben, dass die Doctrin der Pyämie von zwei wesentlichen Irrthümern ausgegangen ist: einmal, dass man Eiterkörperchen im Blute zu finden glaubte, wo man nur die farblosen Elemente des Blutes selbst vor sich hatte; andermal, dass man Eiter in Gefässen zu sehen glaubte, wo nichts weiter als Erweichungsprodukte des Fibrins und der Blutkörperchen vorhanden waren. Wir haben gefunden, dass allerdings diese letztere Reihe die wichtigste Quelle für Metastasen abgibt. Nun ist aber nach meiner Meinung die Geschichte derjenigen Prozesse, die man unter dem Namen der Pyämie zusammengefasst hat, mit der Darstellung dieser Vorgänge (Leukocytose, Thrombose, Embolie) nicht zu Ende. Freilich, wenn der Prozess ganz rein verläuft, so dass sich von dem ersten Orte der Störung (Venenthrombose, Endocarditis u. s. w.) nur gröbere Massen ablösen und Verstopfung machen, so kommt in vielen Fällen der eigentliche Prozess nur durch die Metastase zur Beobachtung. Es gibt Fälle, welche so latent verlaufen, dass die ursprünglichen Ausgänge vollkommen übersehen werden, und dass der erste Schüttelfrost, dessen Eintritt den Kranken und den Arzt aufmerksam macht, schon die beginnende Entwickelung der metastatischen Prozesse anzeigt. Für gewöhnlich muss man aber noch ein anderes Moment in Betracht ziehen, welches weder für die gröbere, noch für die feinere anatomische Untersuchung direkt zugänglich ist; das sind gewisse Flüssigkeiten, welche an sich gleichfalls keine unmittelbare und nothwendige Beziehung zum Eiter als solchem, sondern offenbar sehr verschiedene Beschaffenheit und Ableitung haben.
Schon bei der Betrachtung der Lymphveränderungen habe ich hervorgehoben (S. 226), dass Flüssigkeiten, welche von Lymphgefässen aufgenommen wurden, innerhalb der Lymphdrüsen-Filtren nicht nur von körperlichen Theilen befreit, sondern auch von der Substanz der Drüse zum Theil angezogen und zurückgehalten werden, so dass sie in derselben eine Wirksamkeit entfalten können. Aehnliche Einwirkungen scheinen auch über die Drüsen hinaus stattzufinden. Wo primär durch Venen die Resorption erfolgt97, wo also überhaupt keine Drüsen zu passiren sind, da muss natürlich jedesmal eine Wirkung in die Ferne (eine Metastase) eintreten. Hierher gehört vor Allem eine Reihe von eigenthümlichen Erscheinungen, welche sich als constantes Element durch alle infectiösen Prozesse hindurchziehen. Das sind einerseits die Veränderungen, welche die lymphatischen und lymphoiden Drüsen, nicht sowohl am Orte der primären Affection, als vielmehr im Körper überhaupt erleiden können, andererseits die Veränderungen, welche die Secretionsorgane darbieten, durch welche die Stoffe ausgeschieden werden sollen98.
Man hat eine Zeit lang geglaubt, dass der Milztumor für den Typhus pathognomonisch sei, indem er den Drüsenanschwellungen im Mesenterium parallel gehe. Allein eine genauere Beobachtung lehrt, dass eine grosse Reihe von fieberhaften Zuständen, welche einen mehr oder weniger typhoiden Verlauf machen und den Nervenapparat so afficiren, dass ein Zustand der Depression an den wichtigsten Centralorganen zu Stande kommt, mit Milzschwellungen auftreten. Die Milz ist ein ausserordentlich empfindliches Organ, das nicht nur beim Wechselfieber und Typhus, sondern auch (mit Ausnahme der eigentlichen Vergiftungen) bei den meisten anderen Prozessen schwillt, in denen eine reichliche Aufnahme von schädlichen, inficirenden Stoffen in das Blut erfolgte. Allerdings muss die Milz immer in ihrer nahen Verwandtschaft zum Lymphapparate betrachtet werden, aber ihre Erkrankungen stehen ausserdem gewöhnlich in einem sehr direkten Verhältnisse zu analogen Erkrankungen der wichtigen Nachbardrüsen, insbesondere der Leber und der Nieren. Bei den meisten Infectionszuständen zeigen diese drei Apparate correspondirende Vergrösserungen, welche mit wirklichen Veränderungen im Innern verbunden sind, die jedoch selbst bei der mikroskopischen Untersuchung scheinbar nichts Bemerkenswertes darbieten, so dass das grobe Resultat für das blosse Auge, die starke Schwellung, für den Beobachter viel mehr auffällig ist. Bei umsichtiger Vergleichung findet sich indess ziemlich viel, so dass wir mit Bestimmtheit sagen können, dass die Drüsenzellen schnell verändert werden und frühzeitig an den Elementen, durch welche die Secretion geschehen soll, eine Störung sich einstellt. Aehnlich verhält es sich mit den quergestreiften Muskeln und namentlich mit dem Herzen, dessen Veränderungen für die Erklärung der Symptome von höchster Bedeutung sind.
Ich werde darauf zurückkommen, da es mir nützlicher erscheint, zunächst auf ein Paar gröbere Beispiele einzugehen, welche die Möglichkeit einer unmittelbaren Anschauung solcher, aus dem Blute in die Theile eindringender und sich darin absetzender Stoffe gewähren.
Wenn Jemand Silbersalze gebraucht, so erfolgt ein Eindringen derselben in die Gewebe; wenden wir sie nicht in eigentlich ätzender, zerstörender Weise an, so gelangt das Silber in einer Verbindung, deren Natur bis jetzt nicht hinreichend bekannt ist, in die Gewebstheile und erzeugt an der Applicationsstelle, wenn es lange genug angewendet wird, eine Farbenveränderung. Ein Kranker, welchem in der Klinik des verstorbenen v. Gräfe eine Lösung von Argentum nitricum zu Umschlägen auf das Auge verordnet war, gebrauchte als gewissenhafter Patient das Mittel vier Monate lang; das Resultat davon war, dass seine Conjunctiva ein intensiv bräunliches, fast schwarzes Aussehen annahm. Bei Untersuchung eines ausgeschnittenen Stückes derselben fand ich, dass eine Aufnahme des Silbers in die Substanz erfolgt war, so zwar, dass an der Oberfläche das ganze Bindegewebe eine leicht gelbbraune Farbe besass, in der Tiefe aber nur in den feinen elastischen Fasern oder Körperchen des Bindegewebes die Ablagerung stattgefunden hatte; die eigentliche Grund- oder Intercellularsubstanz war vollkommen frei geblieben. – Ganz ähnliche Ablagerungen geschehen auch in entfernteren Organen bei innerem Gebrauche des Mittels. Die anatomische Sammlung des pathologischen Instituts enthält das sehr seltene Präparat von den Nieren eines Menschen, welcher wegen Epilepsie lange Argentum nitricum innerlich genommen hatte. Da zeigt sich an den Malpighischen Knäulen der Niere, wo die Transsudation der Flüssigkeiten geschieht, eine schwarzblaue Färbung der ganzen Gefässhaut, welche sich auf diesen Punkt der Rinde beschränkt und in ähnlicher, obwohl schwächerer Weise nur wieder auftritt in der Zwischensubstanz der Markkanälchen. In der ganzen Niere sind also ausser denjenigen Theilen, welche den eigentlichen Ort der Absonderung ausmachen, nur die verändert, welche der letzten Capillarauflösung in der Marksubstanz entsprechen. – Von der bekannten Silberfärbung der äusseren Haut brauche ich hier nicht zu sprechen.
Ein anderes Beispiel bietet uns die Gicht. Untersuchen wir den Gelenktophus eines Arthritikers, so finden wir ihn zusammengesetzt aus sehr feinen, nadelförmigen, krystallinischen Abscheidungen, aus harnsaurem Natron bestehend, zwischen denen höchstens hier und da ein Eiter- oder Blutkörperchen liegt. Hier handelt es sich also, wie bei dem Silbergebrauch, um eine körperliche Substanz, welche in der Regel durch die Nieren abgeschieden wird, und zwar nicht selten so massenhaft, dass schon innerhalb der Nieren selbst Niederschläge sich bilden, und namentlich in den Harnkanälchen der Marksubstanz grosse Krystalle von harnsaurem Natron sich anhäufen, zuweilen bis zu einer Verstopfung der Harnkanälchen. Wenn jedoch diese Secretion nicht regelmässig vor sich geht, so erfolgt zunächst eine Anhäufung der harnsauren Salze im Blute, wie dies durch eine sehr bequeme Methode von Garrod nachgewiesen worden ist. Dann beginnen Ablagerungen an anderen Punkten, nicht durch den ganzen Körper, nicht an allen Theilen gleichmässig, sondern an bestimmten Punkten und nach gewissen Regeln. Ganz ähnliche Ablagerungen von harnsauren Salzen, und zwar in den Bindegewebskörperchen und den Lymphgefässen des Bauchfells kann man nach den experimentellen Untersuchungen von Zalesky und Chrzonszczewski erzeugen, wenn man bei Vögeln die Ureteren unterbindet.
Dies sind ganz andere Formen der Metastase, als die, welche wir bei der Embolie kennen gelernt haben. Dass die Veränderungen, welche in der Nierensubstanz durch die Aufnahme von Silber vom Magen her erfolgen, mit dem übereinstimmen, was man von Alters her in der Pathologie Metastase genannt hat, ist nicht zweifelhaft. Es ist dies ein materieller Transport von einem Orte zum andern (vom Magen zur Niere), wo an diesem zweiten Orte dieselbe Substanz, wenn auch etwas verändert, liegen bleibt, welche vorher an dem anderen vorhanden war, und wo das Secretionsorgan in sein Gewebe Partikelchen des Stoffes aufnimmt. Dasselbe wiederholt sich in der Geschichte aller jener Metastasen, bei denen im Blute selbst nur gelöste Stoffe und nicht Partikelchen von sichtbarer, mechanischer Art (Körner, Körperchen) sich finden. Denn auch das harnsaure Natron im Blute des Arthritikers kann man so wenig direkt sehen, als die Silbersalze; man müsste sie denn erst durch chemische Prozesse sammeln.
In dieselbe Kategorie gehört eine neue, freilich sehr seltene Art von Metastase, welche ich beschrieben habe. Bei massenhafter Resorption von Kalksalzen aus den Knochen, insbesondere bei ausgedehnter Geschwulstbildung (Knochenkrebs), wird in der Regel die Knochenerde massenhaft durch die Nieren ausgeschieden, so dass sich Sedimente im Harne bilden. Die Kenntniss dieser Erscheinung hat sich von der berühmten Frau Supiot her aus dem vorigen Jahrhundert in der Geschichte der Osteomalacie erhalten. Aber diese regelrechte Abscheidung der Kalksalze wird nicht selten durch Störungen der Nierenfunction in derselben Weise alterirt, wie bei Arthritis die Abscheidung des harnsauren Natrons; dann entstehen ebenso Metastasen von Knochenerde, aber an anderen Punkten, namentlich den Lungen und dem Magen. Die Lungen verkalken bisweilen in grossen Bezirken, ohne dass die Permeabilität der Respirationswege leidet; die erkrankten Theile sehen wie feiner Badeschwamm aus. Die Magenschleimhaut erfüllt sich in ähnlicher Weise mit Kalksalzen, so dass sie sich wie ein Reibeisen anfühlt und unter dem Messer knirscht, ohne dass die Magendrüsen unmittelbar daran betheiligt werden; sie stecken nur in einer starren Masse, und es mag sogar noch eine Secretion aus ihnen erfolgen99.
Diese Art von Metastasen, wo bestimmte Substanzen, aber nicht in einer palpablen Form, sondern in Lösung in die Blutmasse gelangen, muss jedenfalls für die Deutung des Complexes von Zuständen, welche man in den Begriff der Pyämie zusammenfasst, wohl berücksichtigt werden. Ich sehe wenigstens keine andere Möglichkeit der Erklärung für gewisse mehr diffuse Prozesse, die nicht in der Form der gewöhnlichen umschriebenen Metastasen auftreten. Dahin gehört die allerdings seltene metastatische Pleuritis, welche ohne metastatischen Abscess in der Lunge sich entwickelt, die scheinbar rheumatische Gelenkaffection, bei der man an den Gelenken keinen bestimmten Heerd findet, die diffuse gangränöse Entzündung des Unterhautgewebes, welche nicht wohl gedacht werden kann, ohne dass man auf eine mehr chemische Art der Infection zurückgeht. Hier handelt es sich, wie man bei der Pocken- und der Leicheninfection sieht, um eine Uebertragung von verdorbenen, ichorösen Säften auf den Körper, und man muss eine Dyscrasie (ichoröse Infection, Ichorrhämie) zulassen, wo in acuter Weise diese in den Körper gelangte ichoröse Substanz an den Organen, welche eine besondere Prädilection oder Affinität dazu haben, ihre Wirkung entfaltet100.
Allerdings ist es sehr schwer, gegenwärtig genau anzugeben, welcher Natur die sogenannten ichorösen Säfte sind. Insbesondere lässt sich die Möglichkeit nicht verkennen, dass mit den Flüssigkeiten allerlei feste Theile in die Circulation gelangen, und es mag sein, dass in vielen Fällen diese festen Theile eine grössere Bedeutung haben, als die blosse Flüssigkeit. Diese, der Blutmischung fremden Körperchen können wiederum sehr verschiedener Natur sein. In manchen Fällen liegt es nahe, an wirkliche Zellen zu denken, welche von einem Orte des Körpers aus in die Gefässe aufgenommen werden. Nachdem Saviotti selbst eine Pigmentzelle aus dem Bindegewebe der Froschschwimmhaut in ein Gefäss hat einwandern sehen, lassen sich ähnliche Vorgänge leicht in grosser Zahl denken. Daran schliesst sich das Vorkommen fremder Organismen im Blute. Bei verschiedenen Wirbelthieren kennt man Hämatozoen, welche offenbar von aussen her in die Gefässe dringen und im Blute circuliren. Beim Menschen ist ausser dem in Aegypten vorkommenden Distomum haematobium wenig Genaueres bekannt, und es ist namentlich zu erwähnen, dass die Einwanderung der Trichinen, soweit sich übersehen lässt, in der Regel nicht durch die Gefässe, sondern direkt durch die Gewebe und Höhlen des Körpers erfolgt101. Anders verhält es sich dagegen mit einer Reihe jener kleinsten Organismen, die unter den Namen von Vibrionen, Bakterien, Micrococcus aufgeführt werden, und die in der neueren Literatur überwiegend als pflanzliche Organismen betrachtet werden. Sie haben eine um so grössere Bedeutung, als sie eine grosse Zahl maligner Prozesse am Menschenleibe, namentlich die fauligen und brandigen, bewirken und sich den ichorösen Säften vielfach zumischen. Auch finden sie sich bei Leichen sehr häufig in inneren Gefässen des Körpers, und man hat sie im Blute lebender Menschen und Thiere nachgewiesen. Direkte Injectionen von Sporen eines grösseren Fadenpilzes, des Aspergillus, welche Grohe in die Gefässe lebender Thiere veranstaltete, haben überdies gelehrt, dass in den verschiedensten Theilen die Sporen keimten und „metastatische Heerde“ hervorbrachten. – Erinnert man sich endlich daran, dass nach den Untersuchungen v. Recklinghausen's, welche seitdem vielfach wiederholt worden sind, unlösliche Körnchen von Farbstoff, welche in die Höhlen oder Gefässe von Thieren eingespritzt werden, von den farblosen Blutkörperchen und anderen Gewebselementen aufgenommen und von ihnen auf ihren Wanderungen mit fortgetragen werden, so erschliesst sich hier noch ein reiches Gebiet möglicher Veränderungen des menschlichen Körpers, deren genauere Analyse uns erst gestatten wird, zu entscheiden, wie viel von der schädlichen Eigenschaft der ichorösen Säfte körperlichen Beimischungen, wie viel chemischen Stoffen zuzuschreiben ist. Immerhin können wir vor der Hand die ichoröse Infection als ein besonderes Glied neben der Leukocytose und Embolie festhalten.
Bevor wir jedoch dieses Capitel schliessen, müssen wir noch eine wichtige Bemerkung in Beziehung auf die sogenannte Pyämie hinzufügen. Es kommt nicht selten vor, dass im Laufe desselben Krankheitsfalles die drei verschiedenen, von uns betrachteten Veränderungen oder wenigstens zwei derselben neben einander bestehen. Es kann eine Vermehrung der farblosen Körperchen (Leukocytose) der Art stattfinden, dass man an die morphologische Pyämie glauben möchte. Dies wird jedenfalls immer stattfinden, wenn der Prozess mit ausgedehnter Reizung von Lymphdrüsen verbunden war. Man kann ferner Thrombenbildung und Embolie mit metastatischen Heerden finden. Es kann endlich zugleich eine Aufnahme von ichorösen oder fauligen Säften statthaben (Ichorrhämie, Septhämie). Diese in sich verschiedenen Zustände können sich compliciren, fallen aber darum nicht nothwendig zusammen. Will man daher den Begriff der Pyämie festhalten, so kann man es am Besten für solche Complicationen thun; nur muss man nicht einen einheitlichen Mittelpunkt in einer eiterigen Infection des Blutes suchen, sondern die Bezeichnung als einen Sammelnamen für mehrere, ihrem Wesen und ihrem Ausgangspunkte nach verschiedenartige Vorgänge betrachten.
Zwölftes Capitel.
Theorie der Dyscrasien
Abhängigkeit der Dyscrasien und ihrer Dauer von der Zufuhr der Stoffe. Bösartige Geschwülste: Krebs-Dyscrasie. Locale und allgemeine Contagion durch infectiöse Parenchym-Säfte. Bedeutung der Zellen für die Dissemination und Metastase. Natur der virulenten Substanzen. Regressive Stoffe als Mittel der Infection: Rotz, Syphilis, Tuberkel. Impfungen. Wanderung infectiöser Elemente. Homologe und heterologe Infection.
Melanämie. Beziehung zu melanotischen Geschwülsten und Intermittens. Abhängigkeit von Milzfärbung.
Die rothen Blutkörperchen. Entstehung. Die melanösen Formen. Chlorose. Lähmung der respiratorischen Substanz: Kohlenoxyd. Blutgifte, Toxicämie.
Verschiedene Entstehung der Dyscrasien.
Im Vorhergehenden haben wir nicht nur körperliche Theile, sondern auch chemische Stoffe als Vermittler von Dyscrasien kennen gelernt und gefunden, dass diese Dyscrasien eine bald längere, bald kürzere Dauer haben, je nachdem die Zufuhr jener Theile oder Stoffe kürzere oder längere Zeit andauert. Kommen wir nunmehr kurz zu der Frage zurück, ob neben diesen Formen noch irgend eine Art von Dyscrasie nachweisbar ist, bei der das Blut als der dauerhafte Träger bestimmter Veränderungen erscheint, so müssen wir diese Frage entschieden verneinen.
Je deutlicher nachweisbar eine wirkliche Verunreinigung des Blutes mit bestimmten, seiner Mischung fremdartigen Stoffen ist, um so regelmässiger pflegt der Verlauf der dadurch hervorgerufenen Krankheitsprozesse ein relativ acuter zu sein. Man denke an Vergiftungen und acute Exantheme. Dagegen dürften gerade jene Krankheits-Formen, bei denen man sich am liebsten, namentlich über die Mangelhaftigkeit der therapeutischen Erfolge, damit tröstet, dass es sich um eine tiefe und unheilbare, chronische Dyscrasie handele, wohl am wenigsten in einer zugleich ursprünglichen und anhaltenden Veränderung des Blutes beruhen; gerade bei ihnen handelt es sich in der Mehrzahl der Fälle um ausgedehnte und dauerhafte Veränderungen gewisser Organe oder einzelner Theile. So ist es mit Krebs, Tuberculose, Aussatz, Hämorrhaphilie. Ich kann nicht behaupten, dass ein völliger Abschluss der Untersuchungen in Beziehung auf eine dieser Krankheiten vorläge; ich kann nur sagen, dass jedes Mittel der mikroskopischen und chemischen Analyse bis jetzt fruchtlos angewendet worden ist auf die hämatologische Erforschung des Wesens dieser Prozesse, dass wir dagegen bei allen wesentliche Veränderungen kleinerer oder grösserer Complexe von Organen oder Organtheilen nachweisen können, und dass die Wahrscheinlichkeit, auch hier die dauerhafte Dyscrasie als eine secundäre, abhängig von bestimmten organischen Punkten, zu erkennen, mit jedem Tage zunimmt.
Diese Frage ist namentlich genauer zu discutiren bei der Lehre von der Verbreitung der bösartigen Geschwülste102, bei denen man sich ja auch so häufig damit hilft, die Bösartigkeit als im Blute wurzelnd zu denken, so dass das Blut die Localaffectionen hervorbringe. Und doch ist es gerade im Verlaufe dieser Bildungen verhältnissmässig am leichtesten, einen anderen Modus der Verbreitung zu zeigen, sowohl in der nächsten Nachbarschaft der Erkrankungsstelle, als auch an entfernten Organen. Es ergibt sich, dass ein Umstand die Möglichkeit der Ausbreitung solcher Prozesse besonders begünstigt, nehmlich der Reichthum an Parenchym-Säften in dem pathologischen Gebilde103. Je trockener eine Neubildung ist, um so weniger besitzt sie im Allgemeinen die Fähigkeit der Infection, sei es näherer, sei es entfernterer Orte. Das Cancroid, die Perlgeschwulst, selbst der Tuberkel stecken die Nachbarschaft leicht an, während die entfernten Organe häufig gar nicht erkranken: das Carcinom, das Sarcom, der Rotz, selbst specifischer Eiter machen sehr leicht örtliche und zugleich allgemeine Ansteckung.
Der Modus der Verbreitung selbst entspricht bei dem Krebs in der Regel ganz dem, was wir früher betrachteten. Am leichtesten findet eine Leitung innerhalb der Lymphbahnen und ein Ergreifen der Lymphdrüsen statt; erst nach und nach treten an entfernteren Stellen Prozesse ähnlicher Art auf. Oder der Prozess greift auch hier zunächst auf die Venenwandungen über, diese werden wirklich krebsig, und nach einer gewissen Zeit wächst entweder der Krebs direkt durch die Wand hindurch in das Gefäss hinein und schreitet hier fort, oder es bildet sich an diesem Punkte ein Thrombus, welcher den Krebspfropf mehr oder weniger umhüllt, und in welchen die krebsige Masse hineinwächst104. Wir haben also hier in zwei Richtungen die Möglichkeit für eine Verbreitung, aber nur in einer Richtung die Möglichkeit eines sofortigen Ueberganges körperlicher Theile in das Blut, nehmlich nur in dem Falle, dass Venen durchbrochen werden. Eine Resorption von Krebszellen durch Lymphgefässe gehört keineswegs unter die Unmöglichkeiten, aber jedenfalls ist so viel sicher, dass nicht eher eine allgemeine Verbreitung derselben stattfinden kann, ehe die Lymphdrüsen nicht ihrerseits durch und durch krebsig umgewandelt sind, und dieselben krebsigen Massen von ihnen aus in abgehende Gefässe hineinwuchern. Nie kann ein peripherisches Lymphgefäss einfach, wie die Flüssigkeit, so auch die Zellen des Krebses bis zum Blute fortschwemmen; das ist nur denkbar und möglich an den Venen. Allein auch hier verhält es sich so, dass eine Wahrscheinlichkeit dafür, dass häufige Verbreitungen durch losgelöste Krebszellen stattfinden, durchaus nicht vorliegt, aus dem einfachen Grunde, weil die Metastasen des Krebses den Metastasen, die wir bei der Embolie kennen gelernt haben, sehr häufig nicht entsprechen. Die gewöhnliche Form der metastatischen Verbreitung beim Krebs entspricht vielmehr der Richtung zu den Secretionsorganen. Die Lunge erkrankt bekanntlich viel seltener durch Krebs, als die Leber, nicht nur nach Magen- und Uteruskrebs, sondern auch nach Brustkrebs, welcher doch zunächst Lungenkrebs erzeugen müsste, wenn es etwas Körperliches wäre, welches fortgeleitet würde, stagnirte und die neue Eruption bedingte.
Die Art der metastatischen Verbreitung macht es vielmehr wahrscheinlich, dass die Uebertragung häufig durch Flüssigkeiten erfolgt, und dass diese die Fähigkeit besitzen, eine Ansteckung zu erzeugen, welche die einzelnen Theile zur Reproduction derselben Masse bestimmt, die ursprünglich vorhanden war. Man denke sich nur einen ähnlichen Prozess, wie wir ihn bei den Pocken im Grossen haben. Der Pockeneiter, direkt übertragen, leitet allerdings den Prozess ein, aber das Contagium ist auch flüchtig, und es kann Jemand eiterige Pusteln auf der Haut bekommen, nachdem er nur infecte Luft geathmet hat. Einigermaassen ähnlich scheint es sich auch in den Fällen zu verhalten, wo im Laufe heteroplastischer Prozesse Dyscrasien zu Stande kommen, welche ihre neuen Eruptionen nicht an Punkten machen, welche nach der Richtung des Lymph- oder Blutstromes ihnen zunächst ausgesetzt sein würden, sondern an entfernten Punkten. Wie sich das Silbersalz nicht in den Lungen ablagert, sondern hindurchgeht, um sich erst in den Nieren oder der Haut niederzuschlagen, so kann ein contagiöser Saft von einer Krebsgeschwulst durch die Lungen gehen, ohne diese zu verändern, während er doch an einem entfernteren Punkte, z. B. in den Knochen eines weit abgelegenen Theiles, bösartige Veränderungen erweckt.
Damit ist natürlich die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass auch zellige Elemente als Träger der contagiösen Stoffe auftreten. Wenn man die eigenthümlichen Eruptionen betrachtet, welche bei Magenkrebs am Netz, am Gekröse und an anderen Orten des Bauchfells auftreten, so wird es allerdings sehr viel leichter, dieselben durch das zufällige Ablösen, Heruntergleiten, Liegenbleiben und so zu sagen Keimen von krebsigen Zellen von der Oberfläche des Magens zu erklären, als sie auf abgesonderte Flüssigkeiten zu beziehen105. Denn diese secundären Peritonäal-Krebse bieten in Beziehung auf Vielfachheit, Form und Sitz der Heerde die grösste Aehnlichkeit mit den contagiösen Schimmelkrankheiten (Mykosen) der Haut dar, wo, z. B. bei Porrigo (Favus, Tinea), bei Pityriasis versicolor, die sich ablösenden und heruntergleitenden Sporen zuweilen am Rumpfe eine lange Reihe von Eruptionen bilden. Aber auch bei dieser Dissemination von Krebs ist es noch nicht erwiesen, dass es die etwa losgelösten Zellen selbst sind, welche aus sich, durch neue Proliferation, die secundären Knoten erzeugen; vielmehr dürfte auch ihnen nur eine contagiöse, katalytische Einwirkung auf die Gewebe zuzuschreiben sein, etwa wie dem Samen (Sperma) in Beziehung auf das Ei106. Soweit meine Beobachtung reicht, gehen die jungen Geschwulst-Elemente in allen solchen Secundär-Eruptionen aus dem Gewebe des angesteckten Ortes hervor. Deshalb habe ich geschlossen107, dass die locale Contagion, welche sich von der ersten Erkrankungsstelle zunächst in der Nachbarschaft ausbreitet, durch Säfte erfolgen müsse, welche in die gesunden Gewebe eindringen, sie katalytisch erregen und zu neuer selbständiger Wucherung antreiben. Dies wäre eine humorale Infection, die doch nichts mit dem Blute zu thun hat, sondern, wie bei einem Erysipelas migrans, von einem Elemente direkt auf das andere fortschreitet, übertragen wird.
Allerdings ist die Frage, welches die eigentlich infectiöse (virulente) Substanz sei, und namentlich, ob sie an zellige Elemente oder besondere Organismen gebunden oder als ein bloss chemischer Stoff anzusehen sei, eine überaus schwierige, und nichts berechtigt uns, sie für alle infectiösen Prozesse in gleicher Weise zu behandeln. Denn es ist durchaus nicht nöthig, dass dieselbe Erklärung für Pocken gilt, wie für Scharlach oder wie für Rotz oder wie für Syphilis. Würde dargethan, dass der Krebs sich nur durch Zellen fortpflanzte, so folgte daraus noch nicht, dass es bei Tuberkel ebenso sein müsse. Nirgends ist die Generalisation bedenklicher, als gerade hier. Auch muss ich darauf aufmerksam machen, dass selbst da, wo die Infection an Zellen oder Organismen geknüpft ist, noch nicht dargethan ist, dass diese Zellen oder Organismen selbst das Schädliche sind; es kann sehr wohl sein, dass die Zellen erst die schädliche Substanz absondern, etwa wie die Gährungspilze den Alkohol108.
In der That hat das genauere Studium der infectiösen Krankheiten gelehrt, dass selbst zerfallende, regressive Substanzen (Detritus) der Träger der Ansteckung sein können109. Ich habe dies zuerst für den Rotz110 nachgewiesen. Für die Syphilis hat Michaelis einen ähnlichen Nachweis versucht, und die neueren Experimentatoren sind wenigstens sehr getheilter Ansicht111. In grosser Ausdehnung hat sich eine ähnliche, zuerst von Dittrich vermutungsweise aufgestellte Ansicht in der Lehre von der Tuberkulose Anerkennung verschafft, seitdem man dieselbe im Wege der Impfung (Inoculation) bei Thieren studirt hat. Nachdem zuerst Villemin positive Resultate erlangt hatte, indem er Tuberkelsubstanz auf Thiere übertrug, und damit die Ansteckungsfähigkeit des Tuberkels erwiesen schien, hat eine Reihe späterer Experimentatoren, insbesondere Cohnheim und Fränkel dargethan, dass die Fähigkeit, Tuberkel hervorzurufen, nicht an Tuberkelstoff geknüpft ist, sondern dass die Inoculation von zerfallendem Eiter, ja die blosse Einbringung von reizenden Körpern, welche chronische Eiterung mit nekrobiotischem Zerfall hervorrufen, genügt, um eine bald örtliche, bald allgemeine Tuberkulose zu erzeugen. Ja, Versuche von Carl Ruge112 an Meerschweinchen haben gelehrt, dass die Einbringung fremder Körper, z. B. von Korkstückchen in die Bauchhöhle, auch dann Tuberkulose hervorbringen kann, wenn weder Eiter, noch Käse, sondern nur chronische Entzündung entsteht. Nichtsdestoweniger wird man kaum fehlgehen, wenn man den käsigen Stoffen, mögen sie nun aus Eiter oder aus Tuberkel entstanden sein, eine höhere Fähigkeit, die tuberkulöse Infection hervorzubringen, zuschreibt.